Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 15.03.2011, Az. 10 AZB 32/10

10. Senat | REWIS RS 2011, 8629

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Gegenstand

Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten - Kündigung eines GmbH- Geschäftsführers - Aufhebung des früheren Arbeitsverhältnisses - Abschluss eines mündlichen Geschäftsführerdienstvertrags - fehlende schriftliche Vereinbarung


Tenor

1. Die Rechtsbeschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des [X.] vom 5. Juli 2010 - 7 Ta 24/09 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Rechtsbeschwerde zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf 32.318,23 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit von ordentlichen Kündigungen und vorab über die Zulässigkeit des Rechtswegs.

2

Der Kläger war seit dem 1. Juli 1996 als kaufmännischer Angestellter bei der Rechtsvorgängerin der [X.], der [X.], beschäftigt. Die Arbeitsbedingungen waren im schriftlichen Arbeitsvertrag vom 15. Febr[X.]r 2001 niedergelegt, der [X.]. Regelungen über einen besonderen Bestandsschutz nach Vollendung des 50. Lebensjahres und die Rechtsfolgen einer vorzeitigen Pensionierung bei Bereichsleitern beinhaltete. Das Arbeitsverhältnis wurde mit Vereinbarung vom 1. November 2006 auf die [X.] übertragen. Der Kläger erhielt als „Head of Corporate Controlling“ eine Festvergütung in Höhe von 204.515,00 Euro brutto jährlich zuzüglich einer Sonderzahlung und einer variablen Vergütung im Rahmen der Vorgaben der Muttergesellschaft B.

3

Mit Wirkung zum 1. Febr[X.]r 2008 wurde der Kläger in die Geschäftsführung der [X.] berufen. Eine schriftliche Vereinbarung wurde nicht geschlossen.

4

Am 27. Mai 2009 berief der Aufsichtsrat der [X.] den Kläger als Geschäftsführer der [X.] mit Wirkung zum 15. Juni 2009 (24:00 Uhr) aus wichtigem Grund ab. Die Abberufung wurde am 9. Juli 2009 in das Handelsregister eingetragen.

5

Die [X.] kündigte mit Schreiben vom 3. Juni 2009 das „[X.]“ zum 30. Juni 2011. Der Kläger hat diese Kündigung gemäß § 174 BGB zurückgewiesen.

6

Mit Schreiben vom 5. Juni 2009 und mit weiterem Schreiben vom 16. Juni 2009 kündigte die [X.] vorsorglich „alle etwaig bestehenden Arbeits- oder sonstigen Dienstverhältnisse“ zum nächstzulässigen Zeitpunkt.

7

Gegen diese Kündigungen richtet sich die am 24. Juni 2009 beim Arbeitsgericht eingegangene Klage des [X.]. Er hat [X.]. den Feststellungsantrag angekündigt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigungen beendet worden ist. Er meint, der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten sei gegeben, da er sich gegen die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses wende. Sein ursprünglich bestehendes Arbeitsverhältnis sei mit seiner Berufung in die Geschäftsführung der [X.] nicht wirksam aufgehoben und beendet worden. Es fehle an einem notwendigen schriftlichen Auflösungsvertrag. Nach seiner Abberufung als Geschäftsführer sei das ruhende Arbeitsverhältnis deshalb wieder aufgelebt.

8

Die [X.] hält den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für nicht gegeben. Sie hat die Ansicht vertreten, der zuletzt als Geschäftsführer tätig gewordene Kläger sei nach § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG nicht als Arbeitnehmer anzusehen. Mit seiner Beförderung in die Geschäftsführung sei das frühere Arbeitsverhältnis zwar einvernehmlich umgestaltet, die Vertragsbeziehung aber nicht beendet worden. Bei dem Geschäftsführerdienstverhältnis handele es sich nicht um ein völlig neues, von den ursprünglichen vertraglichen Beziehungen losgelöstes, sondern vielmehr um ein an die geänderten Bedingungen angepasstes Rechtsverhältnis. Einer solchen Umwandlung stehe das Schriftformerfordernis des § 623 BGB nicht entgegen. Im Übrigen verhalte sich der Kläger rechtsmissbräuchlich, wenn er sich jetzt auf das Schriftformerfordernis des § 623 BGB berufe. Er habe in Kenntnis des Verlusts seines bisherigen [X.] [X.] einvernehmlich den neuen Aufgaben- und Verantwortungsbereich übernommen und den nunmehr aus seiner Sicht formwidrigen Vertrag über einen langen Zeitraum praktiziert.

9

Das [X.] hat den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das [X.] ([X.]) verwiesen. Auf die sofortige Beschwerde des [X.] hat das [X.] den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten für zulässig erklärt. Mit der vom [X.] zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt die [X.] die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

II. Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. Das [X.] hat die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Gerichten für Arbeitssachen zu Recht angenommen.

1. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b ArbGG sind die Gerichte für Arbeitssachen ausschließlich zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses. Wer Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsgerichtsgesetzes ist, bestimmt § 5 ArbGG. Nach § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG gelten in Betrieben einer juristischen Person oder [X.] Personen nicht als Arbeitnehmer, die kraft Gesetzes, Satzung oder Gesellschaftsvertrags allein oder als Mitglieder des [X.] zur Vertretung der juristischen Person oder der [X.] berufen sind. Die Fiktion des § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG gilt unabhängig davon, ob das der Organstellung zugrunde liegende Rechtsverhältnis materiellrechtlich ein freies Dienstverhältnis oder ein Arbeitsverhältnis ist. Auch wenn ein Anstellungsverhältnis zwischen der juristischen Person und dem Mitglied des [X.] wegen dessen starker interner Weisungsabhängigkeit als ein Arbeitsverhältnis zu q[X.]lifizieren ist und deshalb materielles Arbeitsrecht zur Anwendung kommt, sind zur Entscheidung eines Rechtsstreits aus dieser Rechtsbeziehung die ordentlichen Gerichte berufen. Deshalb scheidet für eine Klage eines GmbH-Geschäftsführers gegen die Kündigung seines [X.] durch die GmbH der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen aus ([X.] 6. Mai 1999 - 5 [X.] - zu II 3 b der Gründe, [X.] ArbGG 1979 § 5 Nr. 46 = EzA ArbGG 1979 § 5 Nr. 33; 20. August 2003 - 5 [X.] - zu [X.] 2 bis 4 der Gründe, [X.]E 107, 165). Nur dann, wenn der Rechtsstreit zwischen dem Mitglied des [X.] und der juristischen Person nicht das der Organstellung zugrunde liegende Rechtsverhältnis, sondern eine weitere Rechtsbeziehung betrifft, greift die Fiktion des § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG nicht ein ([X.] 3. Febr[X.]r 2009 - 5 [X.] - Rn. 8, [X.] ArbGG 1979 § 5 Nr. 66 = EzA ArbGG 1979 § 5 Nr. 43; 20. August 2003 - 5 [X.] - zu [X.] 2 der Gründe, [X.]E 107, 165). Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] ist aber nach der Bestellung eines Arbeitnehmers zum Geschäftsführer einer GmbH eine weitere Rechtsbeziehung in dem genannten Sinne regelmäßig zu verneinen. Mit dem Abschluss des [X.] wird vielmehr das bisherige Arbeitsverhältnis des angestellten Mitarbeiters im Zweifel aufgehoben ([X.] 19. Juli 2007 - 6 [X.] - Rn. 10, [X.]E 123, 294; 5. Juni 2008 - 2 [X.] 754/06 - Rn. 23, [X.] BGB § 626 Nr. 211; 3. Febr[X.]r 2009 - 5 [X.] - Rn. 8, aaO). Nach dem Willen der vertragsschließenden Parteien soll neben dem neu abgeschlossenen Dienstverhältnis kein „ruhendes“ Arbeitsverhältnis fortbestehen, das nach der Abberufung als Geschäftsführer ggf. [X.]. Dem Arbeitnehmer ist im Regelfall auch klar, dass, wenn nichts anderes vereinbart worden ist, mit dem Abschluss eines [X.] die vertragliche Beziehung der Parteien auf eine neue Grundlage gestellt wird und er seinen Status als Arbeitnehmer aufgibt. Eine andere Auslegung der anlässlich bei Abschluss des [X.] abgegebenen Parteierklärungen kommt nur dann in Betracht, wenn deutliche Anhaltspunkte für die Absicht einer Fortführung des Arbeitsverhältnisses vorliegen. Es müssen insoweit weitere Umstände hinzutreten, aus denen sich ergibt, dass die Parteien neben dem [X.] noch einen Arbeitsvertrag ruhend fortbestehen lassen und nach der Abberufung wieder realisieren wollten (vgl. [X.] 14. Juni 2006 - 5 [X.] 592/05 - Rn. 18, [X.]E 118, 278; 19. Juli 2007 - 6 [X.] - Rn. 14, aaO; 5. Juni 2008 - 2 [X.] 754/06 - Rn. 23, aaO; 3. Febr[X.]r 2009 - 5 [X.] - Rn. 8, aaO).

Allerdings setzt die wirksame Aufhebung des früheren Arbeitsverhältnisses die Einhaltung des Schriftformerfordernisses nach § 623 BGB voraus ([X.] 3. Febr[X.]r 2009 - 5 [X.] - Rn. 8, [X.] ArbGG 1979 § 5 Nr. 66 = EzA ArbGG 1979 § 5 Nr. 43; 19. Juli 2007 - 6 [X.] - Rn. 22, [X.]E 123, 294). Nach der zutreffenden Rechtsprechung des [X.], Fünften und Sechsten Senats des [X.] wird das Schriftformerfordernis in diesen Fällen aber schon regelmäßig durch den Abschluss eines schriftlichen [X.] gewahrt ([X.] 19. Juli 2007 - 6 [X.] - Rn. 23, aaO; 5. Juni 2008 - 2 [X.] 754/06 - Rn. 22, [X.] BGB § 626 Nr. 211; 3. Febr[X.]r 2009 - 5 [X.] - Rn. 8, aaO). Aus der schriftlichen Vereinbarung ergibt sich regelmäßig hinreichend deutlich die gleichzeitige Beendigung des ursprünglichen Arbeitsverhältnisses.

2. In Anwendung dieser Grundsätze ist der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen gegeben. Der Streit der Parteien betrifft die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses, das nicht Grundlage der Geschäftsführerbestellung war. Eine formwirksame Beendigung des bisherigen Arbeitsverhältnisses der Parteien ist nicht, insbesondere nicht im Zusammenhang mit der Bestellung des [X.] zum Geschäftsführer der [X.], erfolgt. Die Parteien haben das Arbeitsverhältnis vor Ausspruch der streitgegenständlichen Kündigung nicht rechtswirksam beendet. Es hat vielmehr auch während der Dauer der Geschäftsführertätigkeit des [X.] fortbestanden und ist nach dessen Abberufung als Geschäftsführer der [X.] wieder aufgelebt.

a) Es ist zwar davon auszugehen, dass die Parteien im Zusammenhang mit der Bestellung des [X.] zum Geschäftsführer der [X.] einen [X.] abgeschlossen haben. Dies entspricht den Feststellungen des [X.]s und leugnet auch die [X.] nicht. Wird ein Arbeitnehmer während des bestehenden Arbeitsverhältnisses, das keine Geschäftsführerbestellung vorsieht, zum Geschäftsführer bestellt, liegt dem notwendig eine weitere vertragliche Regelung zugrunde, die von dem bisherigen Arbeitsverhältnis unabhängig ist. Nur für den zusätzlichen Vertrag, der regelmäßig ein [X.] sein wird, nicht aber für das bisherige Arbeitsverhältnis, gilt § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG. Mit dem [X.] haben die Parteien jedoch das Arbeitsverhältnis des [X.] nicht wirksam aufgehoben. Da sie den [X.] lediglich mündlich geschlossen haben, ist für eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses die Schriftform des § 623 BGB nicht eingehalten worden. Weder die Eintragung des [X.] in das Handelsregister noch seine Mitwirkung hieran haben den [X.] geheilt oder gar die erforderliche Schriftform ersetzt.

b) Entgegen der Auffassung der [X.] bedurfte es für Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Schriftform. Ihr Hinweis, das ursprüngliche Arbeitsverhältnis sei nicht beendet, sondern nur angepasst und „umgewandelt“ worden, rechtfertigt es nicht, von der Einhaltung der gesetzlichen Schriftform abzusehen. Eine solche Umgestaltung beinhaltet im [X.] eine Beendigung der bisherigen Vertragsbeziehungen und damit des Arbeitsverhältnisses. [X.] man hierin keine Beendigung der ursprünglichen arbeitsvertraglichen Beziehungen, so würde erst recht das ursprüngliche Arbeitsverhältnis neben der [X.] weiter fortbestanden haben. Für die von der [X.] befürwortete teleologische Reduktion des § 623 BGB besteht kein Bedürfnis. Die Parteien können jederzeit eine schriftliche Vereinbarung treffen. Fehlt es daran, wird gerade auch im Falle einer konkludenten Aufhebung des Arbeitsverhältnisses weder der gesetzlichen Warnfunktion noch der [X.] hinreichend Rechnung getragen; denn der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses kann für die Parteien durchaus eine sinnvolle Alternative darstellen.

3. Entgegen der Auffassung der [X.] hat sich der Kläger nicht rechtsmissbräuchlich iSv. § 242 BGB verhalten. Seine Geltendmachung eines Formmangels verstößt nicht gegen [X.] und Glauben (§ 242 BGB).

a) Ein Berufen auf einen Formmangel kann ausnahmsweise das Gebot von [X.] und Glauben verletzen. Aus § 242 BGB folgt [X.]. der Grundsatz des Verbots widersprüchlichen Verhaltens (sog. „venire contra factum proprium“). Das Verbot widersprüchlichen Verhaltens als Ausprägung des Grundsatzes von [X.] und Glauben bildet eine allen Rechten, Rechtslagen und Rechtsnormen immanente Inhaltsbegrenzung ([X.] 4. Dezember 1997 - 2 [X.] 799/96 - zu II 1 a der Gründe, [X.]E 87, 200; 12. März 2009 - 2 [X.] 894/07 - Rn. 17, [X.]E 130, 14). Die gegen § 242 BGB verstoßende Rechtsausübung oder Ausnutzung einer Rechtslage wird wegen der Rechtsüberschreitung als unzulässig angesehen. Ein Verhalten kann [X.]. dann als rechtsmissbräuchlich angesehen werden, wenn ein Berechtigter sich mit der Geltendmachung eines Rechts in Widerspruch zu seinem eigenen vorausgegangenen Verhalten setzt und er durch dieses Verhalten beim Anspruchsgegner ein schutzwürdiges Vertrauen erweckt hat, er wolle sein Recht zukünftig nicht mehr in Anspruch nehmen ([X.] 4. Dezember 1997 - 2 [X.] 799/96 - aaO; siehe auch [X.] 19. Oktober 2005 - [X.]/03 - [X.] 2006, 562). Wann dies der Fall ist, ist grundsätzlich von den Tatsachengerichten, die den vorgetragenen Sachverhalt eigenverantwortlich zu würdigen haben ([X.] 17. Jan[X.]r 2007 - 7 [X.] 23/06 - DB 2007, 1034; 23. Juli 2009 - 8 [X.] 357/08 - Rn. 36, [X.] BGB § 613a Widerspruch Nr. 10 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 113), unter Berücksichtigung der Einzelfallumstände zu entscheiden ([X.] 12. März 2009 - 2 [X.] 894/07 - Rn. 17, aaO).

b) Zu Recht hat das [X.] angenommen, die Formvorschrift des § 623 BGB dürfe im Hinblick auf ihren Sinn und Zweck, nämlich einen Schutz vor Übereilung zu gewähren (Warnfunktion) und Rechtssicherheit zu gewährleisten ([X.]), nicht ausgehöhlt werden und ein Formmangel könne deshalb nach § 242 BGB nur ganz ausnahmsweise als unbeachtlich q[X.]lifiziert werden (vgl. [X.] 16. September 2004 - 2 [X.] 659/03 - zu [X.] 1 der Gründe, [X.] BGB § 623 Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 623 Nr. 1). Dies entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des [X.], nach der Formvorschriften im Interesse der Rechtssicherheit nicht aus bloßen [X.] außer acht gelassen werden dürfen ([X.] 20. September 1984 - III ZR 47/83 - zu II 3 der Gründe, [X.]Z 92, 164; 24. April 1998 - V ZR 197/97 - zu II 5 der Gründe, [X.]Z 138, 339; 16. Juli 2004 - V ZR 222/03 - zu II 3 b der Gründe, NJW 2004, 3330). Eine Ausnahme kann danach nur in ganz besonderen Ausnahmefällen gemacht werden. An die Bejahung eines Ausnahmefalls sind strenge Anforderungen zu stellen; dass die Nichtigkeit den einen Vertragsteil hart trifft, reicht nicht aus, für diesen muss das Ergebnis schlechthin untragbar sein ([X.] 24. April 1998 - V ZR 197/97 - zu II 5 der Gründe, aaO; 20. September 1984 - III ZR 47/83 - zu II 3 der Gründe, aaO; 16. Juli 2004 - V ZR 222/03 - zu II 3 b aa der Gründe, aaO). Ein „untragbares Ergebnis“ liegt nicht ohne Weiteres vor, wenn lediglich die Voraussetzungen der Verwirkung erfüllt sind. Es müssen vielmehr Umstände hinzukommen, die das Verhalten des Berechtigten in hohem Maße als widersprüchlich erscheinen lassen ([X.] 16. Juli 2004 - V ZR 222/03 - zu II 3 b bb der Gründe, aaO).

c) Diese strengen Kriterien für die Annahme eines Verstoßes gegen den Grundsatz von [X.] und Glauben sind im [X.] nicht erfüllt. Allein in der längeren Ausübung der Geschäftsführertätigkeit liegt kein solcher Umstand, der es schon rechtfertigen würde, den Formmangel als unbeachtlich und ein Berufen auf ihn als rechtsmissbräuchlich zu q[X.]lifizieren. Die Widersprüchlichkeit, die darin liegen kann, dass der Berechtigte die Wirksamkeit eines Vertrags nicht bezweifelt, um sich dann aber später auf dessen Formnichtigkeit zu berufen, reicht hierfür grundsätzlich nicht aus (vgl. [X.] 24. April 1998 - V ZR 197/97 - zu II 5 der Gründe, [X.]Z 138, 339; 16. Juli 2004 - V ZR 222/03 - zu II 3 b bb der Gründe, NJW 2004, 3330). Dementsprechend konnte die [X.] allein aufgrund des Abschlusses des [X.] und der Durchführung des [X.] schon nicht darauf vertrauen, der Kläger werde nach einer Abberufung als Geschäftsführer nicht wieder seine Rechte aus dem - noch nicht aufgehobenen - Arbeitsverhältnis geltend machen. Dies gilt umso mehr, als die Parteien entgegen § 623 BGB keine Klarheit und hinreichende Rechtssicherheit über den weiteren Status des [X.] als Arbeitnehmer herbeigeführt haben, obwohl es die [X.] in der Hand gehabt hatte, hier durch eine schriftliche Vereinbarung für ausreichende Klärung zu sorgen. Auch liegen nach den Feststellungen des [X.]s neben der Durchführung des [X.] keine weiteren deutlichen Anhaltspunkte für ein widersprüchliches Verhalten des [X.] vor; denn die Vereinbarung eines ruhenden Arbeitsverhältnisses wäre rechtlich zulässig gewesen und während der Durchführung des [X.] war die Geltendmachung eines ruhenden Arbeitsverhältnisses in keiner Weise erforderlich. Anhaltspunkte dafür, der [X.] sei wegen § 139 BGB insgesamt nichtig gewesen, bestehen nicht.

III. Die [X.] hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

        

    Mikosch    

        

    Mestwerdt    

        

    Eylert    

        

        

        

        

        

        

                 

Meta

10 AZB 32/10

15.03.2011

Bundesarbeitsgericht 10. Senat

Beschluss

Sachgebiet: AZB

vorgehend ArbG Hamburg, 20. Oktober 2009, Az: 9 Ca 331/09, Beschluss

§ 623 BGB, § 2 Abs 1 Nr 3 Buchst b ArbGG, § 5 Abs 1 S 3 ArbGG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 15.03.2011, Az. 10 AZB 32/10 (REWIS RS 2011, 8629)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 8629

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