Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.07.2000, Az. 1 StR 162/00

1. Strafsenat | REWIS RS 2000, 1557

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Nachschlagewerk: ja[X.]St: neinVeröffentlichung: ja_______________________StGB § 263 Abs. 1, § 13 Abs. 1Zur [X.] bei Verkauf eines Grundstücks als [X.].[X.], [X.]. vom 25. Juli 2000 - 1 [X.] NAMEN DES VOLKESURTEIL1 StR 162/00vom25. Juli 2000in der [X.] -wegen Betrugs- 3 -Der 1. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 25. Juli 2000,an der teilgenommen haben:[X.] am [X.]. [X.] [X.] am [X.]. [X.],[X.],Dr. Wahl,[X.],Oberstaatsanwalt beim [X.] als Vertreter der [X.],Rechtsanwalt als Verteidiger,Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,für Recht erkannt:- 4 -Auf die Revision des Angeklagten wird das [X.]eildes [X.] vom 21. Dezember 1999mit den Feststellungen aufgehoben.Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entschei-dung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, aneine andere Strafkammer des [X.]. Von Rechts wegenGründe:I.Nach den Feststellungen verkaufte der Angeklagte mit notariell [X.] vom 23. Januar 1992 zwei in [X.]. gelegene Anwesen zu einem Gesamtpreis von 1.600.000 DM an die [X.] Geschäftsführerin und Gesellschafterin einer Bauträgergesellschaft. Es handeltsich um das Grundstück [X.] 49, das rund 300.000 DM wert war [X.] 10,86 Ar große Grundstück [X.], dessen Wert die Beteiligten [X.] 1.300.000 DM ansetzten und das im hinteren Bereich mit einem Haus mit einerWohnfläche von ca. 1.000 qm bebaut werden sollte. Dieses Anwesen hatte [X.], die an damals sehr knappem Bauträgergrund stark interessiert war,erst wenige Tage zuvor - am 18. Januar 1992 - besichtigt. Sie wollte sich noch beider [X.]verwaltung über das Maß der Bebaubarkeit versichern, erreichte [X.] zum Notartermin den Sachbearbeiter nicht. Die erste Kaufpreisrate von 500.000- 5 [X.] bezahlte sie, wie vereinbart, einige Wochen nach Vertragsschluß. Vor [X.] zweiten Rate von 1.100.000 DM stellte sich heraus, daß der angestrebtenBebauung baurechtliche Hindernisse entgegenstanden. Die genannte [X.],die schon einige Zeit vor Abschluß des Kaufvertrags in einem noch nicht veröffent-lichten städtebaulichen Rahmenplan intern für baurechtliche Entschließungen indiesem Gebiet eine "grüne Lunge" vorgesehen hatte, beschloß die Aufstellung einesBebauungsplans, der den hinteren Teil des Grundstücks Christof-straße 10 als private Grünfläche auswies, und erließ eine entsprechende Verände-rungssperre.Um dem Angeklagten zu seinem Geld und der Geschädigten zu ihrem Bau-grund zu verhelfen, schlossen beide am 7. September 1992 einen schriftlichenTauschvertrag, nach dem sie, wenn sie nicht innerhalb von zwei Jahren [X.] wie gewünscht bebauen kann, von ihm ein geeignetes anderes Baugrund-stück erhalten sollte. Daraufhin überwies die Geschädigte den Restkaufpreis. [X.] sich der Angeklagte auf die Formnichtigkeit dieses vom Notar nicht [X.], sondern nur beglaubigten Vertrags.In diesem Zusammenhang legte die gerichtlich zugelassene Anklage [X.] zwei Taten zur Last: Bei den Vertragsverhandlungen habe er [X.] vorgespiegelt, das Grundstück [X.] dürfe im rückwärti-gen Teil bebaut werden; im Vertrauen hierauf habe diese den Betrag von 500.000DM an ihn bezahlt. Nachdem die Geschädigte erfahren hatte, mit der geplantenBebauung sei die [X.] nicht einverstanden, habe er ihr zum [X.]ein [X.] zum Austausch angeboten, um sie so zu der Auszahlung des [X.] von 1.100.000 DM zu [X.] 6 -Was den zuletzt genannten Vorwurf angeht, ist das Verfahren gemäß § 154Abs. 2 StPO vorläufig eingestellt worden. Wegen im ersten Fall begangenen [X.] das [X.] den Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr undsechs Monaten bei Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt.Mit seiner Revision, die sich auf die Sachrüge und eine Aufklärungsrüge zumentstandenen [X.]aden stützt, erstrebt der Angeklagte seine Freisprechung. [X.] hat Erfolg. Die Verfahrensrüge bedarf keiner Erörterung, weil einsachlich-rechtliches Bedenken der Revision - das der [X.] teilt -durchgreift. II.1. Das [X.] macht dem Angeklagten zum Vorwurf, er habe die Ge-schädigte getäuscht mittels Unterlassens der Angabe der ihm bekannten [X.], "daß auf dem als Bauplatz verkauften Grundstück eine [X.]"; dies habe bei einem tatsächlichen Wert des Anwesens von 300.000 DM zueinem [X.]aden von einer Million DM geführt. Eine entsprechende [X.] istjedoch nicht hinreichend dargetan.Begehen durch Unterlassen ist nach § 13 Abs. 1 StGB nur dann strafbar,wenn der Täter rechtlich dafür einzustehen hat, daß der Erfolg nicht eintritt, [X.] das Unterlassen der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes durch ein[X.] entspricht. Während bei den [X.] die objektive Zurechnung aufder Verursachung des tatbestandsmäßigen Erfolgs beruht, reicht bei den unechtenUnterlassungsdelikten die Tatsache, daß eine mögliche Handlung den [X.] hätte, nicht aus, um die Beeinträchtigung des Rechtsguts jedem [X.] 7 -lungsfähigen als von ihm zu verantwortendes Unrecht zur Last legen zu können.Vielmehr muß ein besonderer Rechtsgrund nachgewiesen werden, wenn [X.] dafür verantwortlich gemacht werden soll, daß er es unterlassenhat, zum [X.]utz fremder Rechtsgüter positiv tätig zu werden. Die Gleichstellung [X.] mit [X.] setzt deshalb voraus, daß der Täter als "Garant"für die Abwendung des Erfolgs einzustehen hat. Alle [X.] auf dem Grundgedanken, daß eine bestimmte Person in besonderer Weisezum [X.]utz des gefährdeten Rechtsguts aufgerufen ist und daß sich alle übrigenBeteiligten auf das helfende Eingreifen dieser Person verlassen und verlassendürfen ([X.]/Weigend, Lehrbuch des Strafrechts, Allgemeiner Teil, 5. Aufl.S. 620).Ob eine solche Garantenposition besteht, die es rechtfertigt, das Unterlassender [X.]adensabwendung dem Herbeiführen des [X.]adens gleichzustellen, ist [X.] abstrakten Maßstäben zu bestimmen, mögen sich auch in der [X.] für eine [X.] herausgebildet haben.Die Entscheidung hängt letztlich von den Umständen des Falles ab; dabei bedarf eseiner Abwägung der Interessenlage und des Verantwortungsbereichs der [X.]. Vertragliche Pflichten aus gegenseitigen Rechtsgeschäften reichen demgemäßnicht ohne weiteres zur Begründung einer strafbewehrten [X.] aus([X.]St 39, 392, 399). Das gilt erst recht für vorvertragliche Pflichten in Fällen, indenen das Gesetz wie § 313 Satz 1 BGB den Vertragsabschluß selbst einerbesonderen Form unterwirft, die dem [X.]utz der Beteiligten vor Übereilung dient. ImRahmen vertraglicher Beziehungen setzt eine strafrechtlich relevante Aufklärungs-pflicht voraus, daß besondere Umstände vorliegen wie etwa ein besonderesVertrauensverhältnis oder eine ständige Geschäftsverbindung - Situationen, indenen der eine darauf angewiesen ist, daß ihm der andere die für seine [X.] 8 -ßung maßgebenden Umstände offenbart ([X.] GA 1967, 94 f.; wistra 1988, 262 [X.] in [X.]. § 263 Rdn. 63 sowie [X.] in [X.]önke/[X.],StGB 25. Aufl. § 263 Rdn. 22, 23; zur Gefahrerhöhung durch [X.] Unfallversicherungen vgl. [X.] NJW 1985, 1563 f.).Die Strafkammer leitet die Pflicht des Angeklagten, die Geschädigte über dieeingeschränkte Bebaubarkeit zu informieren, daraus her, daß er der Eigentümer [X.] und Verkäufer von [X.] war. Diese Erwägung genügt hier nicht [X.] einer [X.] in dem vom Senat dargelegten Sinn. Bei [X.] berücksichtigt das [X.] zugunsten des Angeklagten, daß"die Geschädigte ein ganz erhebliches Mitverschulden trifft, weil sie, obwohl sieerkannte, daß das Grundstück zusammen mit anderen eine grüne Lunge im [X.], sich nicht - wie andere auch - bei der [X.] vergewisserte". [X.] - das von der Geschädigten eingegangene Risiko der Unbebaubar-keit - hätte das Gericht schon bei der nach § 13 Abs. 1 StGB vorzunehmendenWertung in seine Betrachtung einbeziehen müssen. In diesem [X.] objektive und subjektive Umstände tatrichterlicher Erörterung bedurft:Zur Zeit des Vertragsschlusses bestand weder ein Bebauungsplan, der [X.] des Kaufgrundstücks im hinteren Teil untersagte, noch eine [X.] Veränderungssperre. Gemäß § 34 Abs. 1 des Baugesetzbuchs (BauGB) wäredas innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile gelegene Vorhabenzulässig gewesen, "wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, [X.] und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart dernäheren Umgebung einfügt" und die Erschließung gesichert ist. Diese Merkmalehätten vor Abschluß des Kaufvertrags geklärt werden können. In einem solchen Fallentscheidet über die Zulässigkeit eines Vorhabens die [X.] -"im Einvernehmen mit der [X.]" (§ 36 Abs. 1 BauGB); dieses Einvernehmendarf nach § 36 Abs. 2 BauGB nur aus den gesetzlich genannten Gründen versagtwerden. Gemäß einem noch nicht veröffentlichten städtebaulichen Rahmenplan [X.] bereits bei Vertragsschluß, wie der Angeklagte wußte, im hinteren Bereich [X.] eine grüne Freifläche vorgesehen. Dabei handelt es sich indes nurum eine interne Richtlinie für den [X.]rat bei Entschließungen über [X.] der [X.], nicht um eine verbindliche Regelung. Die von [X.] ins Auge gefaßte Bebauung war zweifelhaft, aber nicht von [X.] ausgeschlossen (vgl. auch [X.] GA 1965, 208).Als Geschäftsführerin einer Bauträgergesellschaft übte die Geschädigte,worauf die Revision hinweist, eine Tätigkeit aus, für die sie gemäß § 34c Abs. 1 [X.] der Erlaubnis der zuständigen Behörde bedurfte. Von ihr war [X.] besondere Sachkunde im Immobiliengeschäft zu erwarten. Es kommt hinzu,daß sie das Anwesen besichtigt hatte, die tatsächlichen Verhältnisse mithin kannteund daß sie es offen übernommen hatte, sich bei der [X.] noch über das [X.] möglichen Bebauung zu erkundigen. Obwohl es ihr nicht gelungen war, [X.] einzuholen, schloß sie in Anwesenheit des früheren Mitangeklagten (dasgegen diesen gerichtete Verfahren ist gemäß § 153a StPO eingestellt worden) dennotariell beurkundeten Kaufvertrag mit dem Angeklagten.Bei dieser Sachlage kann die Verurteilung des Angeklagten nicht bestehenbleiben.2. Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden (§ 354 Abs. 1 StPO;vgl. [X.] wistra 2000, 257, 258). Es liegt nahe, daß in einer erneuten [X.] -handlung Tatsachen festgestellt werden, die eine Verurteilung des Angeklagten zutragen vermögen.Dem angefochtenen [X.]eil ist zu entnehmen, daß der Angeklagte den hinte-ren Teil des Anwesens "als [X.] zum entsprechenden Preis verkaufte" und daßder Vertrag "nach dem Willen aller" den [X.]preis für das gesamte [X.]. Angesprochen wird auch eine Verhandlung, bei welcher "bei der Geschä-digten mangels eingeholter Auskunft der [X.] noch bestehende Zweifel überdas Maß der möglichen Bebauung" in Anwesenheit des Angeklagten und einesBeraters zerstreut wurden. All dies gibt Anlaß, in der neuen Verhandlung zu prüfen,ob der Angeklagte ausdrücklich oder zumindest durch schlüssiges Verhalten [X.] a k t i v die Geschädigte über die Bebaubarkeit des [X.] (zur Abgrenzung von [X.] und Unterlassen vgl. [X.] in LK 11. Aufl. vor § 13Rdn. 90). Für die vom [X.] vorgenommenen [X.] wird dabeikaum Raum sein. Bei der neuen Entscheidung wird es sich auch empfehlen, denwesentlichen Inhalt des notariellen Kaufvertrags mitzuteilen und dessen Zweck [X.] 11 -An der Erfüllung des [X.] ändert sich im übrigen nichts da-durch, daß die Geschädigte bei hinreichend sorgfältiger Prüfung die [X.] erkennen können ([X.]St 34, 199, 201).[X.]äfer [X.] [X.] Wahl [X.]

Meta

1 StR 162/00

25.07.2000

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.07.2000, Az. 1 StR 162/00 (REWIS RS 2000, 1557)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 1557

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