Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.08.2000, Az. 2 StR 204/00

2. Strafsenat | REWIS RS 2000, 1301

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[X.] DES VOLKESURTEIL2 StR 204/00vom30. August 2000in der [X.] versuchten Totschlags- 2 -Der 2. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 30. [X.], an der teilgenommen haben:Vizepräsident des BundesgerichtshofesDr. [X.]als Vorsitzender,[X.] am [X.],Detter,[X.],[X.]als [X.],Oberstaatsanwalt beim [X.]als Vertreter der [X.],Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,für Recht erkannt:- 3 -1.Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das [X.] [X.] vom 10. Juni 1999 mit den [X.] - ausgenommen denjenigen zum [X.] - aufgehoben. Die Sache wird zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten [X.], an eine andere [X.] [X.] weitergehende Revision wird verworfen.Von Rechts wegenGründe:I.1. Das [X.] hat beide Angeklagten des versuchten [X.] gesprochen; die Angeklagte [X.] hat es zu einer [X.] sieben Jahren und sechs Monaten, den Angeklagten [X.]zu einerJugendstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt.Mit ihrer Revision, die vom [X.] vertreten wird, rügt [X.] die Verletzung sachlichen Rechts; sie erstrebt die [X.] beider Angeklagten wegen vollendeten Mordes. Das Rechtsmittel hatüberwiegend Erfolg.- 4 -2. Das [X.] hat im wesentlichen folgenden Sachverhalt [X.]:Die beiden Angeklagten, die damals 17-jährige [X.]undihr seinerzeit 20 Jahre alter Freund Sa. [X.], lebten zusammen ineinem kleinen Haus, das ihnen [X.] zur Verfügung gestellthatte; sie selbst bewohnte mit weiteren Pflegekindern, darunter der 15-jährigen[X.]K. , ein größeres Haus in der Nähe. Zwischen der [X.]traten im Laufe der [X.] auf. Die Angeklagte nahmes [X.]insbesondere übel, daß diese der Pflegemutter R. s Schwan-gerschaft offenbart und sie einmal zu Unrecht verdächtigt hatte, der [X.] 20,00 DM gestohlen zu haben; sie sann daher auf eine Gelegenheit,[X.]eine "gründliche Abreibung" zu verpassen. Diese Gelegenheit botsich, als die Pflegemutter ein Sängerfest im Dorf besuchte und [X.] in de-ren Haus allein war. Die Angeklagte ging am Abend zu ihr, traf sie an und be-gann einen Streit. Die beiden Frauen rauften sich in den Haaren. Die Ange-klagte schlug dabei [X.] zu Boden und brachte ihr mit einem Klappmesserinsgesamt 16 Stichverletzungen bei. Anfangs stach sie ihr in den Bauch und inden Rücken. Mit weiteren Stichen fügte sie ihr Verletzungen an den Armen, derlinken Hand und am Halse zu. Schließlich versetzte sie ihr "in Tötungsabsicht"mehrere wuchtige Messerstiche ins Gesicht, von denen einer das Nasenbeinzertrümmerte, ein anderer den Oberkiefer durchtrennte und drei Zähne her-ausbrach. Beim letzten Stich blieb das Messer so fest im Gesicht stecken, daßdie Angeklagte es nicht mehr herausziehen konnte. [X.]lebte zwar noch,war aber so zugerichtet, daß die Angeklagte sie für tot hielt.Anschließend lief die Angeklagte nach Hause und berichtete ihremFreund, dem Angeklagten, sie habe [X.] erstochen. Beide kehrten [X.] 5 -aufhin zum [X.] zurück, um die Spuren der Tat zu beseitigen. Während [X.] draußen blieb, drang der Angeklagte in das Haus ein und fand dort[X.], die mit blutüberströmtem Kopf regungslos auf dem Rücken lag. [X.] Geräusche von sich gab, die sich wie ein Röcheln anhörten, nahm der An-geklagte zutreffend an, daß sie noch lebe. Er zog ihr das Messer aus dem Ge-sicht, wusch sich die Hände und suchte nach einem Gegenstand, um die - [X.] annahm - bereits Sterbende zu töten. Mit einer beidhändig gehaltenen [X.] schlug er auf ihren Kopf ein, so daß ihr [X.] zersplitterte. Dasröchelähnliche Geräusch hielt jedoch an - [X.]war noch nicht tot. Der Ange-klagte legte daraufhin eine Jeansjacke über ihr Gesicht, warf sich mit seinemganzen Gewicht auf sie und würgte sie dann. Danach versuchte er, ihren Kör-per aus [X.] zu schaffen, gab dies jedoch alsbald wieder auf. [X.]starb "entweder infolge der - möglicherweise den Sterbevorgang verkürzen-den - Schläge mit der Wasserflasche oder aber nach diesen" (Schlägen) "infol-ge der Messerstiche durch Verbluten". II.Das angefochtene [X.]eil hält rechtlicher Prüfung nicht stand. [X.] weist Rechtsfehler zum Vorteil der Angeklagten auf; sie betreffenbei der Angeklagten [X.]die Annahme eines nur versuchten Tötungsverbre-chens und die Vorsatzform, außerdem bei beiden Angeklagten die Verneinungvon Mordmerkmalen.1. Was die Verurteilung der Angeklagten [X.]angeht, so ergibt dierechtliche Prüfung:- 6 -a) Zu Unrecht hat die [X.] die Angeklagte nur eines ver-suchten statt eines vollendeten [X.] schuldig gesprochen. [X.] hat sie ausgeführt:Zwar sei jeder der "[X.]" der Angeklagten für sich [X.] gewesen, den Tod des Opfers herbeizuführen - doch habe sich [X.] lassen, "ob der Tod durch Verbluten allein durch die von der Ange-klagten [X.] gesetzten Messerstiche eingetreten ist oder aber die Schlägemit der Wasserflasche den von ihr in Gang gesetzten Kausalverlauf unterbro-chen haben". Daher sei nach dem [X.] zugunsten jedes [X.] unterstellen, daß sein Tatbeitrag nicht den Tod herbeigeführt habe ([X.]. 133).Dem kann nicht gefolgt werden. Die [X.] hat damit den straf-rechtlich maßgebenden Ursachenbegriff verkannt. Ursächlich ist jede Bedin-gung, die den Erfolg herbeigeführt hat; dabei ist gleichgültig, ob neben [X.] noch andere Umstände, Ereignisse oder Geschehensabläufe zurHerbeiführung des Erfolgs beigetragen haben. Anders verhält es sich [X.], wenn ein späteres Ereignis ihre Wirkung beseitigt und unter Eröffnungeiner neuen Kausalreihe den Erfolg allein herbeiführt. Dagegen schließt es [X.] des [X.] nicht aus, daß ein weiteres Verhalten, sei esdes [X.], sei es des Opfers, sei es auch Dritter, an der Herbeiführung [X.] mitgewirkt hat (st. Rspr. und h.M. im Schrifttum, zusammenfassendeDarstellung mit zahlreichen Nachweisen in [X.]St 39, 195, 197 f). [X.] das [X.] selbst dann, wenn ein später handelnder Dritter durchein auf denselben Erfolg gerichtetes Tun vorsätzlich zu dessen Herbeiführungbeiträgt, sofern er nur dabei an das Handeln des [X.] anknüpft, dieses alsodie Bedingung seines eigenen Eingreifens ist. Auch dies entspricht gefestigter- 7 -Auffassung in Rechtsprechung (vgl. die Nachweise in [X.] aaO) und Schrift-tum ([X.], StGB 23. Aufl. vor § 13 [X.]. 11; Tröndle/[X.], [X.]. vor § 13 [X.]. 18 a; [X.] in [X.]/[X.], StGB 25. Aufl.[X.]. §§ 13 ff [X.]. 77; [X.] in [X.] vor § 1 [X.]. 49; [X.] in [X.] Aufl. vor § 13 [X.]. 58; [X.]/[X.]/Mitsch, Strafrecht [X.]. § 14[X.]. 33 ff, 36; [X.]/[X.], Strafrecht AT Teilband 1, 7. Aufl. § 18 IV [X.]. 61ff). Demgemäß ist wegen vollendeten [X.] auch zu bestrafen,wer jemanden mit Tötungsvorsatz niedergeschossen und dadurch einen Drittendazu veranlaßt hat, dem Verletzten den "Gnadenschuß" zu geben ([X.] 2,352, 354 f; [X.] bei [X.] 1956, 526; [X.] in [X.]. § 212[X.]. 3).Soweit der 1. Strafsenat des [X.] in einer älteren, ver-einzelt gebliebenen Entscheidung ([X.] NJW 1966, 1823) zu einem Ergebnisgelangt ist, das hiermit in Widerspruch steht ([X.] NJW 1966, 2418; [X.], 499; [X.] aaO Fußn. 3), kann schon zweifelhaft sein, ob in der [X.] dieses [X.]eils überhaupt eine abweichende Rechtsauffassung [X.] gekommen ist; Ausführungen desselben Senats in einer jüngerenEntscheidung ([X.] NJW 1989, 2479 f) machen jedenfalls deutlich, daß er einesolche Rechtsauffassung nicht oder zumindest nicht mehr vertritt. Für eine An-frage nach § 132 Abs. 3 Satz 1 GVG besteht daher kein Anlaß.Danach hat die Angeklagte durch die Messerstiche den Tod [X.]sverursacht. Daran ändert es nichts, daß der später zum [X.] gekommene An-geklagte dem Opfer durch Schläge mit der Wasserflasche weitere Verletzun-gen zugefügt hat, die gleichfalls geeignet waren, den Tod herbeizuführen. [X.] nicht darauf an, ob die Messerstiche oder die Schläge mit der [X.] jeweils für sich genommen den Tod des Opfers bewirkt hätten oder- 8 -[X.]erst infolge des Zusammenwirkens der ihr von beiden Angeklagten bei-gebrachten Verletzungen gestorben ist. Die Angeklagte hat mit den von [X.] jedenfalls eine Bedingung für den Tod des [X.]; denn ohne diese, ihr von der Angeklagten beigebrachten Verletzungenwäre es nicht dazu gekommen, daß der Angeklagte eingriff und - an das [X.] seiner Freundin anknüpfend - [X.]mit der Wasserflasche auf denKopf schlug, um das von der Angeklagten begonnene [X.] zu vollen-den. Für die Annahme, der Angeklagte habe mit seinen Schlägen die todesur-sächliche Wirkung der von seiner Freundin gesetzten Messerstiche [X.] stattdessen einen neuen, davon unabhängig zum Tod führenden Kausal-verlauf in Gang gesetzt, ist hiernach kein Raum.Die strafrechtliche Haftung der Angeklagten im Sinne eines vollendeten[X.] entfällt auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Abwei-chung des tatsächlichen Kausalverlaufs vom vorgestellten. Eine solche Abwei-chung ist zwar zu bejahen, soweit zugunsten der Angeklagten unterstellt wer-den muß, daß die dem Tatopfer vom Angeklagten [X.]zugefügten [X.] den Eintritt des Todes beschleunigt haben. Abweichungen vom vor-gestellten Kausalverlauf sind jedoch rechtlich bedeutungslos, wenn sie sichinnerhalb der Grenzen des nach allgemeiner Lebenserfahrung Voraussehba-ren halten und keine andere Bewertung der Tat rechtfertigen ([X.]St 38, 32,34 mit Nachweisen aus Rechtsprechung und Schrifttum). So liegt es hier. [X.] ist nicht etwa Folge einer außerhalb jeder Wahrscheinlichkeitliegenden Verkettung unglücklicher Umstände, bei der eine Haftung der Ange-klagten für den Erfolg ausscheiden würde. Die Abweichung vom vorgestelltenKausalverlauf ist vielmehr unwesentlich und rechtfertigt auch keine andere Be-wertung der [X.] 9 -b) Rechtsfehlerhaft ist es ferner, daß die Kammer bei der rechtlichenBewertung des Handelns der Angeklagten nur bedingten Tötungsvorsatz an-genommen hat; in den [X.]eilsgründen heißt es dazu, ihr Vorsatz sei "bei [X.] in den Kopf zumindest in der Form des dolus eventualis - einesbewußten [X.] - vorhanden" gewesen ([X.]). [X.] in Widerspruch zu der Feststellung, daß die Angeklagte bei den letzten,in das Gesicht geführten Stichen "in Tötungsabsicht", also mit direktem [X.], gehandelt hat ([X.]) Darüber hinaus hält auch die Verneinung des [X.] Beweggründe rechtlicher Prüfung nicht stand.Die [X.] hat hierzu ausgeführt, es habe zwar nahe gelegen,"aus der brutalen Vorgehensweise" der Angeklagten "beim Setzen der Messer-stiche ins Gesicht - in ihren Augen eine besondere Demütigung - auf niedrigeBeweggründe zu schließen"; hierfür spreche auch "die in der Bezeichnung [X.] als Fotze zum Ausdruck kommende Verachtung". Niedrige Beweg-gründe seien jedoch "bei Würdigung der Gesamtumstände, wie schon in [X.] ausgeführt", nicht sicher feststellbar ([X.]).Diese Ausführungen reichen nicht aus, um erkennbar zu machen, ob dietatrichterliche Beurteilung insoweit frei von [X.] ist.Das gilt schon deshalb, weil die Kammer keine Feststellungen zum Tö-tungsmotiv der Angeklagten getroffen hat. Die Sachverhaltsschilderung [X.] enthält hierzu nichts. Mitgeteilt wird darin zwar, aus welchemGrund sich die Angeklagte entschloß, [X.]am [X.] aufzusuchen ([X.]. 30: "... mit ihr einmal unter vier Augen über die 'verpetzte Schwangerschaft'und die Verdächtigung wegen der 20,00 DM zu sprechen", weitergehend zuvor- 10 -[X.] 27: "... [X.] einmal bei sich bietender Gelegenheit ... eine gründli-che Abreibung ... zu geben"). Welche Tatantriebe die Angeklagte aber [X.] haben, den Entschluß zur Tötung zu fassen, ist nicht festgestellt.Die Kammer beruft sich allerdings auf eine "Würdigung der Gesamtum-stände", die sie "schon in der Beweiswürdigung" vorgenommen haben will.Doch geht diese Verweisung ins Leere. Denn im beweiswürdigenden Abschnittder [X.]eilsgründe finden sich zwar einzelne Zusatzfeststellungen, denen Be-deutung für den Schluß auf das Tötungsmotiv zukommen kann ([X.] 118:"eine Art Bestrafungsaktion"; [X.] 124: "Bestrafungsaktion"; [X.] 120: "[X.]"; "Verärgerung und Abneinung"; [X.] 119: "Verdruß", "[X.]") - diese werden aber weder dort noch an anderer Stelle unterdem Gesichtspunkt des Tötungsmotivs gewürdigt.Daß die Kammer im Rahmen der rechtlichen Wertung die Brutalität [X.] und die im Gebrauch eines Schimpfworts zum Ausdruck ge-brachte Verachtung des Opfers als mögliche Anhaltspunkte für das Vorliegenniedriger Beweggründe erwogen hat, belegt nicht, daß sie die gebotene Ge-samtwürdigung angestellt hätte. Diese muß Vorgeschichte, Anlaß und Umstän-de der Tat, die Lebensverhältnisse des [X.] und seine Persönlichkeit ein-schließen ([X.]St 35, 116, 127; [X.]R StGB § 211 Abs. 2 Niedrige [X.], 39), sich mithin auf alle äußeren und inneren für die Handlungsan-triebe des [X.] maßgeblichen Faktoren erstrecken ([X.]R StGB § 211Abs. 2 Niedrige Beweggründe 23, 24, 31). In die Würdigung wäre hier vor [X.] die Entwicklung des Verhältnisses zwischen der Angeklagten und demspäteren Tatopfer einzubeziehen gewesen, ihre sich daraus entwickelnde [X.] Einstellung zu [X.] , für die der [X.] [X.] zahlreiche Anhaltspunkte bietet, nicht zuletzt auch die Äußerung der [X.] -klagten gegenüber einer Zeugin, "die", nämlich [X.] , "werde sie mal um-bringen" ([X.] 120). Der Erörterung hätte insbesondere bedurft, ob und ge-gebenenfalls inwieweit die feindseligen Gefühle und Empfindungen, welche [X.] gegenüber [X.] hegte, als Beweggründe der Tötung wirksamgeworden und vor dem Hintergrund der sie auslösenden Anlässe zu wertensind.Eine solche Gesamtwürdigung fehlt. Sie war hier auch nicht etwa [X.] entbehrlich, weil die Angeklagte den [X.] nach den [X.] erst im Laufe der heftigen körperlichen Auseinandersetzung, alsospontan gefaßt hat; denn dies braucht der Bejahung niedriger Beweggründenicht entgegenzustehen ([X.]R StGB § 211 Abs. 2 niedrige Beweggründe 11;[X.], [X.]. v. 19. Juli 2000 - 2 StR 96/00; zu den dann gesteigerten [X.] vgl. [X.]R StGB § 211 Abs. 2 niedrige Beweggründe 16 und31; [X.], [X.]. v. 11. Januar 2000 - 1 StR 505/[X.] Die Verurteilung des Angeklagten [X.]weist ebenfalls Rechts-fehler auf.a) Die Annahme eines nur versuchten [X.] ist bei [X.] rechtlich nicht zu beanstanden. Auf die Beurteilung seiner Tat hatsich der Rechtsfehler, der die Bewertung der Ursächlichkeit des Handelns [X.]n [X.] betrifft, nicht ausgewirkt. Gleiches gilt für die von [X.] offenbar vorausgesetzte, aber unrichtige Annahme, der Tod des [X.] könne - alternativ - nur entweder dem einen oder dem anderen Angeklag-ten als von ihm verursachter [X.] zurechenbar sein ([X.] 36, 129,133). Denn die Kammer hat jedenfalls nicht verkannt, daß der Angeklagte denTod [X.]s verursacht und mithin ein vollendetes Tötungsverbrechen be-gangen hätte, wenn durch sein Handeln der Eintritt des - womöglich ohnehin- 12 -schon nahenden - Todes nur noch beschleunigt worden wäre ([X.]St 7, 287 f;21, 59, 61; [X.] NStZ 1981, 218 f; 1985, 26 f; [X.] StV 1986, 59, 200; [X.]StGB vor § 1/Kausalität, Angriffe, mehrere 1; [X.] in [X.]/[X.], StGB25. Aufl. § 212 [X.]. 3). Den [X.]eilsausführungen ist zu entnehmen, daß [X.] den Todeseintritt beschleunigende Wirkung der vom Angeklagten gegenden Kopf [X.]s geführten Schläge nicht festzustellen vermochte. Dies kommtin der Tatschilderung des [X.]eils dadurch zum Ausdruck, daß dort diesenSchlägen nur eine den Sterbevorgang "möglicherweise" verkürzende [X.] wird ([X.] 36), und gründet sich auf die Ausführungen des rechts-medizinischen Sachverstänigen, der - wie das [X.]eil ebenfalls mitteilt - erklärthatte, durch die Schläge "könne" auch eine deutlich verkürzte [X.] bewirkt worden sein ([X.] 128 unten). Wenn die Kammer sich hiernachaußerstande gesehen hat, eine Beschleunigung des [X.] als Folgeder mit der Wasserflasche geführten Schläge festzustellen, so liegt darin [X.] selbständiger, der Beweiswürdigung anhaftender Rechtsfehler. [X.] das Ergebnis - wie die Revision meint - [X.], [X.] die [X.]eilsausführungen zu diesem Punkt - wie sie ebenfalls rügt - Lük-ken auf. Die Bezugnahme auf das vorbereitende schriftliche Gutachten desrechtsmedizinischen Sachverständigen ist im Rahmen der allein erhobenenSachrüge unzulässig, ganz abgesehen davon, daß der zitierte Abschnitt [X.] für die Deutung, der Sachverständige habe eine Beschleunigungdes [X.] als Folge der Schläge für gesichert erachtet, nichts hergibt.Konnte die Kammer aber nicht ausschließen, daß [X.]auch [X.] Eingreifen des Angeklagten zur selben Zeit gestorben wäre, zu der ihr Todtatsächlich eintrat, dann mußte sie nach dem [X.] von dieser Möglich-keit ausgehen und durfte den Angeklagten - wie geschehen - nur wegen einesversuchten [X.] [X.] 13 -b) Dagegen ist die Ablehnung des [X.] der Verdeckungsab-sicht rechtsfehlerhaft; das [X.]eil beruht insoweit auf einem Beweiswürdigungs-mangel.Die Kammer hat hierzu im Rahmen der rechtlichen Wertung lediglichausgeführt, eine Verdeckungsabsicht des Angeklagten habe "bei verständigerWürdigung des Gesamtgeschehens nicht als bestimmender Faktor seines [X.] festgestellt werden" können ([X.] 133). Dies entspricht der Sachver-haltsschilderung des [X.]eils insofern, als Feststellungen zum Tötungsmotivfehlen. Der Beweggrund, von dem der Angeklagte sich bei seinem Vorgehenleiten ließ, bleibt offen. Soweit festgestellt ist, daß er, nachdem er [X.] das Messer aus dem Kopf gezogen, sich die Hände gewaschen und das Zim-mer wieder betreten hatte, einen Gegenstand suchte, um das vom Opfer her-rührende "Geräusch zu beenden und die in seinen Augen sterbende [X.] zu töten" ([X.] 34), belegt dies allein den Tötungsvorsatz, gibt aber keineAuskunft über das Tötungsmotiv. Das gilt auch für die inhaltsgleiche, im be-weiswürdigenden Teil des [X.]eils enthaltene Feststellung, wonach der Ange-klagte lediglich noch versuchte, "dem Ganzen ein Ende zu setzen" ([X.] 131),und ebenso für deren Grundlage, nämlich die Erklärung des Angeklagten [X.] polizeilichen Vernehmung vom 6. August 1998, er habe [X.]denKehlkopf einzudrücken versucht, "weil er es habe beenden wollen" ([X.] 68).Weshalb die Kammer gemeint hat, das Tötungsmotiv des Angeklagtennicht feststellen zu können, ist jedoch nicht erklärt. Eine Begründung hierfürfehlt. Die Frage nach dem Beweggrund bleibt unerörtert. Die [X.] insofern lückenhaft. Denn es gab erörterungsbedürftige Umstände, die dafürsprechen konnten, daß der Angeklagte das von seiner Freundin begonnene- 14 -[X.] fortgeführt hat, um sie vor der Entdeckung ihrer Straftat zu schüt-zen:Einerseits war er selbst [X.] nicht feindlich gesonnen und hatte [X.] auch keinen eigenen, in seiner Person liegenden Grund. Andererseits stander zu der Angeklagten, mit der er zusammenlebte, in einem engen, auf Liebegegründeten Verhältnis, das gegenseitige Hilfe in schwierigen Situationen er-warten ließ. Als die Angeklagte ihm nach ihrer Rückkehr vom Hause der [X.] erzählt hatte, sie habe [X.] erstochen, überlegte er demgemäß,"wie er seiner Freundin in dieser Situation helfen" könne, und ging mit ihr zum[X.] zurück, "um die Tatspuren zu vernichten" ([X.] 33). Diese in der Sach-verhaltsschilderung enthaltene Feststellung kehrt im [X.] [X.] wieder und ist dort in die Worte gefaßt, der Angeklagte habe"R. vor Entdeckung bewahren und für sich als seine Freundin erhalten"wollen ([X.] 142). Freilich bezieht sich dies auf einen Zeitpunkt, in dem [X.] glaubte, [X.]sei bereits tot; doch lag angesichts dieser [X.] die Folgerung nahe, daß derselbe Beweggrund ihn dann auch [X.] hat, die Tötung des schwerverletzt aufgefundenen Opfers zu vollen-den. Diesen Schluß scheint die Kammer im übrigen selbst gezogen zu [X.] im beweiswürdigenden Abschnitt der [X.]eilsgründe heißt es, "im zweitenHandlungsteil" habe der Angeklagte "vorrangig eine Hilfsaktion für [X.]" durchgeführt ([X.] 118). "Hilfsaktion" für die Angeklagte konnte indiesem Zusammenhang aber nur ein Handeln sein, durch das sie vor der [X.] geschützt werden würde - eine andere Deutung kommt [X.] Betracht. Ein Indiz, das in die nämliche Richtung weist, bot schließlich auchdas Einlassungsverhalten des Angeklagten im Ermittlungsverfahren, das - [X.] [X.]eil in breiter Darstellung der polizeilichen Vernehmungen deutlich macht- über weite Strecken von dem entschiedenen Bemühen geprägt war, die [X.] 15 -leinschuld am Tode [X.] auf sich zu nehmen, um die Überführung und Be-strafung der Angeklagten zu verhindern.Mit diesen Umständen, die für die Bejahrung der Verdeckungsabsichtsprechen konnten, hätte sich die Kammer auseinandersetzen müssen. [X.] unterblieben ist, begründet einen Beweiswürdigungsmangel und damiteinen Rechtsfehler. III.1. Das [X.]eil ist daher mit den Feststellungen aufzuheben. [X.] bleiben jedoch die Feststellungen zum äußeren Tathergang, soweit siedie Kammer in den [X.]eilsgründen von [X.] 30 bis 36 (beginnend mit [X.] "Das engere Tatgeschehen" und endend vor der Überschift "[X.] nach der Tat") dokumentiert hat; das erscheint angebracht, weil [X.], rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen in Verbindung mit der recht-lichen Wertung durch den Senat bereits abschließend geklärt ist, daß die An-geklagte [X.] eine vollendete Tötung, der Angeklagte [X.]dagegennur einen Tötungsversuch zu verantworten hat. Soweit die [X.] Verurteilung des Angeklagten [X.]wegen vollendeten Tötungsverbre-chens erstrebt, hat ihr Rechtsmittel keinen Erfolg.2. Für die neue Verhandlung und Entscheidung weist der Senat vorsorg-lich darauf hin, daß die Annahme erheblich verminderter Schuldfähigkeit (§ 21StGB) bei keinem der beiden Angeklagten eine Grundlage in den bisherigenFeststellungen findet; von den akut wirksamen und latent vorhandenen Stör-faktoren, die nach Meinung des Sachverständigen und der ihm folgendenKammer die Schuldfähigkeit der Angeklagten beeinträchtigt haben sollen (beider Angeklagten [X.] ein "vorübergehender Impulskontrollverlust", bei- 16 -dem Angeklagten [X.]Unreife, geringe Konfliktverarbeitungsfähigkeit,Streß und Panik), erfüllt keiner eines der in § 20 StGB bezeichneten [X.].[X.] Niemöller Detter [X.] Hebenstreit

Meta

2 StR 204/00

30.08.2000

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.08.2000, Az. 2 StR 204/00 (REWIS RS 2000, 1301)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 1301

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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