Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.02.2011, Az. 10 AZR 96/10

10. Senat | REWIS RS 2011, 9200

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Gegenstand

Berücksichtigung von Vorbeschäftigungszeiten bei der Berechnung von Leistungen nach dem TV Übergangsversorgung für Flugbegleiter der Deutschen Lufthansa AG - Firmenrente und Flugdienstuntauglichkeitsversicherung


Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 16. November 2009 - 17 [X.] 664/09 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des [X.] am Main vom 3. März 2009 - 12/18 [X.]/08 - abgeändert und die Klage abgewiesen.

3. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Berücksichtigung von Vordienstzeiten der Klägerin bei der Fluggesellschaft [X.] (künftig: [X.]) bei der Berechnung von Leistungen nach dem Tarifvertrag Übergangsversorgung für Flugbegleiter.

2

Die 1963 geborene Klägerin ist seit dem 30. Oktober 1994 bei der Beklagten als Flugbegleiterin beschäftigt. Zuvor war sie in gleicher Funktion vom 19. November 1990 bis zum 29. Oktober 1994 bei der [X.] tätig.

3

Die Beklagte war [X.] bei der [X.], die im Zuge der [X.] aufgelöst wurde. Nach vorangegangenen Verhandlungen mit der damaligen [X.] [X.] und dem Betriebsrat der [X.] stellte die Beklagte zeitlich gestaffelt einen Teil der Kabinendienstmitarbeiter der [X.], darunter auch die Klägerin, ein. Anlässlich dieser Verhandlungen hat der Mitarbeiter [X.] der Beklagten am 26. Mai 1993 einen Vermerk verfasst, der auszugsweise wie folgt lautet:

        

„Im o. g. [X.]espräch wurde auf [X.]rundlage des Entwurfes ‚Regelungspunkte zur Einstellung der [X.]-Kabinen-Mitarbeiter bei der [X.]’ vom 10.11.1992 Einigkeit über folgende Punkte herbeigeführt:

        

...     

        

3.    

Vordienstzeiten werden zu 100 % angerechnet. Bezüglich der Seniorität wurde keine Einigkeit erreicht.“

4

In dem abschließend durch die Beklagte und die [X.] erstellten „Ergebnisprotokoll zur Einstellung der [X.]-Kabinenmitarbeiter bei der [X.]“ vom 22. Juni 1993 heißt es auszugsweise:

        

„[X.]     

Regelungen zur Einstellung

        

…       

        
        

3.    

[X.] [X.] erfolgt ohne Probezeit und Eignungsuntersuchung. Die Mitarbeiter werden nach dem sogenannten ‚Ready-Entry-Prinzip’ umgeschult.

        

4.    

Die Vergütung des [X.] ([X.] und FB) bei Einstellung richtet sich nach der [X.]-Vergütungstabelle. Die Mitarbeiter werden entsprechend der Anzahl ihrer vollendeten Dienstjahre eingestuft, maximal jedoch in Stufe vier.

        

5.    

Mitarbeiter, die zum Zeitpunkt der ersten Einstellung eines [X.]-Mitarbeiters bei der [X.] tatsächlich in einem Beschäftigungsverhältnis bei der [X.] standen, aber später bei der [X.] eintreten, erhalten über Ziffer 4 hinaus bei ihrer Einstufung das Datum der ersten Einstellung eines [X.]-Mitarbeiters bei der [X.] (technisches Einstellungsdatum) zugrunde gelegt. Das technische Einstellungsdatum gilt für die zu diesem Zeitpunkt eingestellten Mitarbeiter sowie die im obigen Sinne kollektiv [X.]leichbehandelten, also folgende Tatbestände:

                 

a)    

[X.]

                 

b)    

Seniorität

                 

c)    

Krankengeldzahlungsfristen

                 

d)    

Kündigungsfristen

                 

e)    

Jubiläen

                 

Für alle übrigen Tatbestände gilt das arbeitsrechtliche Eintrittsdatum, d. h., dass [X.] der Zuschlag zum Urlaubsgeld und das 13. [X.]ehalt nach Einstellung bei der [X.] anteilig berechnet werden.

        

6.    

Vordienstzeiten bei der [X.] werden den Mitarbeitern bezüglich folgender Tatbestände angerechnet:

                 

a)    

Krankengeldzahlungsfristen

                 

b)    

Kündigungsfristen

                 

c)    

Jubiläen

                 

d)    

Seniorität

                 

Bis zur Einstellung des letzten [X.]-Mitarbeiters bei der [X.] werden vorher eingestellte [X.]-Mitarbeiter der Senioritätsliste nicht zugeordnet, sondern erhalten eine vorläufige technische Lehrgangsnummer.

                 

Die Tarifpartner sind sich darüber einig, dass hinsichtlich Ziffer 5 b) und Ziffer 6 d) eine Regelung im Tarifvertrag Förderungsaufstieg vom 9. Febr[X.]r bzw. 10. April 1979 notwendig ist und insoweit eine redaktionelle Umsetzung erfolgen muss.“

5

Im Folgenden schlossen die Parteien den von der Beklagten für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten und gestellten Arbeitsvertrag vom 26. Oktober 1994, der auszugsweise lautet:

        

„2. Rechte und Pflichten

        

(1)     

        

Die gegenseitigen Rechte und Pflichten ergeben sich aus den für [X.] geltenden Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen in ihrer jeweils geltenden Fassung, sowie aus den für [X.] gültigen Dienstvorschriften und Arbeitsanweisungen und aus den Bestimmungen dieses Vertrages.

        

...     

        

4. Vergütung

        

(1)     

        

Im Hinblick auf die vorgesehene Tätigkeit und unter Anrechnung der bei der [X.] Fluggesellschaft vollendeten Dienstjahre wird Frau P in die Beschäftigungsgruppe der Stewardessen/Stewards/[X.] Stufe 04 des Vergütungstarifvertrages eingruppiert.

        

...     

        

5. Zusätzliche Altersversorgung

        

[X.] hat für die Mitarbeiter der Division [X.] eine Zusatzversorgung bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder ([X.]) geschaffen. Der entsprechende Versorgungstarifvertrag und die [X.]-Satzung finden in ihrer jeweils geltenden Fassung Anwendung.

        

6. Sonstiges

        

(1)     

        

Vordienstzeiten bei der [X.] Fluggesellschaft werden für die Berechnung

        

-       

der Dauer der Zahlung von Krankenbezügen gemäß [X.]

        

-       

von Jubiläen und Fristen für Firmenleistungen

        

-       

der Seniorität

        

-       

der Kündigungsfrist

        

-       

hinsichtlich der [X.]ewährung von Flugpreisermäßigungen (ohne Rechtsanspruch)

        

in vollem Umfang angerechnet.

        

Maßgeblich ist das Eintrittsdatum bei der [X.] Fluggesellschaft, also der 19.11.1990.

        

(2)     

        

Maßgebend für die Festlegung des Datums für [X.] gemäß [X.] Bord (max. Stufe 4) ist das Datum der ersten Einstellung eines [X.]-Mitarbeiters bei der Deutschen [X.], also der 01.01.1994.“

6

Der bei der Beklagten zur Anwendung gelangende Tarifvertrag Übergangsversorgung für Flugbegleiter in der Neufassung vom 1. Juli 2003 (künftig: [X.]) regelt [X.].:

        

„§ 2   

[X.]

        

(1) Flugbegleiter haben einen Anspruch auf Zahlung der [X.], wenn sie wegen Erreichens der tarifvertraglichen Altersgrenze (§ 19 [X.] Kabine) mit dem 55. oder ggf. einem späteren Lebensjahr aus dem fliegerischen Arbeitsverhältnis ausscheiden, ohne dass sie bereits Anspruch auf Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Tarifvertrag [X.]-Betriebsrente haben.

        

(2) Die Zahlung der [X.] beginnt in dem Monat nach dem altersbedingten Ausscheiden aus dem fliegerischen Arbeitsverhältnis und endet im Zeitpunkt der frühestmöglichen Inanspruchnahme der gesetzlichen Altersrente, spätestens mit dem vollendeten 63. Lebensjahr.

        

...     

        

(3) Die [X.] besteht aus einem [X.]rundbetrag und aus einem Zusatzbetrag. Der [X.]rundbetrag beträgt nach einer [X.]esamtbeschäftigungszeit von 23 Jahren** 60 % der vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses zuletzt bezogenen und mit dem [X.] 0,9717 (100 : 95 : 13 x 12) multiplizierten [X.]esamtvergütung ([X.]rundvergütung, [X.], Schichtzulage).

        

** Siehe Protokollnotiz II

        

...     

        

(4) Der Anspruch auf [X.] entsteht bereits vorzeitig, wenn der/die Flugbegleiter(in) nach dem vollendeten 45. Lebensjahr dauernd flugdienstuntauglich im Sinne von § 20 [X.] Kabine geworden ist. Die Zahlung der [X.] beginnt am [X.] nach Beendigung des fliegerischen Arbeitsverhältnisses.“

7

Die [X.] zum [X.] lautet auszugsweise:

        

„(2) Für Flugbegleiter, die bei ihrer Einstellung/Wiedereinstellung das 32. Lebensjahr vollendet hatten, gilt § 2 Abs. (3) mit folgender Maßgabe:

        

Beträgt die [X.]esamtbeschäftigungszeit bis zur Vollendung des 55. Lebensjahres rechnerisch weniger als 276 volle Beschäftigungsmonate, wird die [X.] gemäß § 2 Abs. (3) je fehlendem Beschäftigungsmonat um 1/276 gekürzt.“

8

Der zum Zeitpunkt des Eintritts der Klägerin bei der Beklagten geltende Tarifvertrag Übergangsversorgung für Flugbegleiter idF vom 31. August 1992 ([X.] 1992) hatte in Auszügen folgenden Inhalt:

        

„§ 1   

[X.]eltungsbereich und [X.]egenstand

        

...     

        

(2) Leistungen aus diesem Tarifvertrag werden gewährt als:

        

a)    

[X.]

        

b)    

Versichertenrente

        

c)    

Leistungen aus der Berufsuntauglichkeitsversicherung

        

Die Vorschriften über die [X.] und die Versichertenrente (§ 2 ff.) gelten nur für Flugbegleiter, die das 32. Lebensjahr vollendet haben und in einem ungekündigten fliegerischen Arbeitsverhältnis stehen. Die Zusage der [X.] gilt von dem Zeitpunkt an, in dem der Flugbegleiter vom [X.]eltungsbereich des Satzes 2 erfasst wird.

        

...     

        

§ 2     

[X.]

        

(1) Der Flugbegleiter hat einen Anspruch auf Zahlung der [X.], wenn er wegen Erreichens der tarifvertraglichen Altersgrenze mit dem 55. oder ggf. einem späteren Lebensjahr aus dem fliegerischen Arbeitsverhältnis ausscheidet, ohne dass er bereits Anspruch auf Versorgungsleistungen der [X.]/AV hat.

        

...     

        

(3) Die [X.] besteht aus einem [X.]rundbetrag und aus einem Zusatzbetrag. Der [X.]rundbetrag beträgt 60 % der vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses zuletzt bezogenen [X.]esamtvergütung ([X.]rundvergütung, [X.], Schichtzulage).

        

...     

        

(5) Der Anspruch auf [X.] entsteht bereits vorzeitig, wenn das fliegerische Arbeitsverhältnis nach vollendetem 45. Lebensjahr deshalb vorzeitig endet, weil der Flugbegleiter dauernd fluguntauglich im Sinne von § 20 Abs. (1) a) und b) [X.] BO geworden ist. Der Anspruch auf [X.] entsteht jedoch nicht, wenn die Fluguntauglichkeit zugleich Versorgungsleistungen der [X.]/AV auslöst.

        

...     

        

Protokollnotiz IV

        

(1) Für Flugbegleiter, die bei ihrer Einstellung/Wiedereinstellung das 32. Lebensjahr vollendet hatten, gilt § 2 Abs. (3) mit folgender Maßgabe:

        

Beträgt die [X.]esamtbeschäftigungszeit bis zur Vollendung des 55. Lebensjahres rechnerisch weniger als 276 volle Beschäftigungsmonate, wird die [X.] gemäß § 2 Abs. (3) je fehlendem Beschäftigungsmonat um 1/276 gekürzt.“

9

Die Klägerin hat geltend gemacht, ihre bei der [X.] verbrachten [X.] seien bei der Berechnung [X.] nach dem [X.] zu berücksichtigen. Dies folge aus Ziff. 6 Abs. 1 Satz 1 zweiter Spiegelstrich ihres Arbeitsvertrags („Fristen für Firmenleistungen“).

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

        

festzustellen, dass hinsichtlich der Berechnung ihrer Ansprüche auf Zahlung der [X.] gemäß §§ 2, 3 des Tarifvertrags Übergangsversorgung für Flugbegleiter in der Neufassung vom 1. Juli 2003 die seitens der Klägerin bei der Fluggesellschaft [X.] verbrachten Vordienstzeiten seit dem 19. November 1990 anzurechnen sind.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie ist der Meinung, der Formulierung im Arbeitsvertrag der Parteien sei auch unter Beachtung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 B[X.]B nicht die ihr durch die Klägerin gegebene Bedeutung beizumessen. Aus der Systematik des Arbeitsvertrags und der Zusammenfassung der Begriffe „Jubiläen und Fristen für Firmenleistungen“ folge, dass mit den Firmenleistungen nur untergeordnete und mit [X.] vergleichbare Leistungen gemeint sein könnten. Die Übergangsversorgung werde wegen ihrer besonderen finanziellen Bedeutung hiervon nicht erfasst.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das [X.] hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision ist begründet. Das [X.] hat der Klage zu Unrecht stattgegeben.

A. Der zulässige Klageantrag ist unbegründet. Für eine Berücksichtigung der durch die Klägerin bei der [X.] zurückgelegten Vordienstzeiten bei der Berechnung der [X.] (§§ 2, 3 [X.]) besteht keine rechtliche [X.]rundlage.

I. Das erforderliche Feststellungsinteresse nach § 256 Abs. 1 ZPO liegt vor. Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses kann erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt wird. Die Feststellungsklage kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken. Das Feststellungsinteresse ist dann gegeben, wenn durch die Entscheidung über den Feststellungsantrag der Streit insgesamt beseitigt wird und das Rechtsverhältnis der Parteien abschließend geklärt werden kann ([X.] 21. April 2010 - 4 [X.] - Rn. 19, EzA ZPO 2002 § 256 Nr. 9). Diese Voraussetzungen liegen vor.

II. Die Beklagte ist unter keinem rechtlichen [X.]esichtspunkt zur Anrechnung der Vordienstzeiten bei der [X.] verpflichtet.

1. Die kraft einzelvertraglicher Bezugnahme auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbaren Tarifverträge, insbesondere der [X.], sehen keine Berücksichtigung der bei der [X.] zurückgelegten Vordienstzeiten vor.

2. Ein Anspruch auf Berücksichtigung der bei der [X.] zurückgelegten Beschäftigungsjahre folgt auch nicht aus den Regelungen des Arbeitsvertrags. Die in Ziff. 6 Abs. 1 Satz 1 vereinbarte Anrechnung von Vordienstzeiten für die Berechnung von „Fristen für Firmenleistungen“ bezieht sich nicht auf Beschäftigungszeiten im Sinne des [X.] 2003. Dies ergibt die Auslegung der Vertragsklausel.

a) Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des [X.]s handelt es sich bei den Bestimmungen des Arbeitsvertrags vom 26. Oktober 1994 um [X.] iSv. § 305 Abs. 1 Satz 1 B[X.]B.

b) Die Auslegung von Allgemeinen [X.]eschäftsbedingungen unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung (Senat 20. Januar 2010 - 10 [X.] - Rn. 12, [X.] § 305c Nr. 12 = EzA B[X.]B 2002 § 305c Nr. 18). Sie sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die [X.] des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner [X.]eschäftsbedingungen ist in erster Linie der [X.]. Ist der Wortlaut eines [X.] nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an [X.]eschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der [X.] verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten (Senat 25. August 2010 - 10 [X.]/09 - Rn. 19, [X.], 1355).

Bleibt nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel, geht dies gemäß § 305c Abs. 2 B[X.]B zulasten des Verwenders. Die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 B[X.]B setzt voraus, dass die Auslegung der einzelnen [X.] mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt, von denen keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmung nicht. Der die Allgemeinen [X.]eschäftsbedingungen verwendende Arbeitgeber muss bei Unklarheiten die ihm ungünstigste Auslegungsmöglichkeit gegen sich gelten lassen (Senat 25. August 2010 - 10 [X.]/09 - Rn. 20, [X.], 1355).

c) Ausgehend von diesen [X.]rundsätzen verpflichtet Ziff. 6 Abs. 1 Satz 1 des Arbeitsvertrags die Beklagte nicht, die bei der [X.] zurückgelegten Vordienstzeiten bei der Berechnung der [X.] anzurechnen. Nach dem Verständnis eines durchschnittlich informierten Arbeitnehmers der beteiligten Verkehrskreise kann der Klausel keine solche Bedeutung beigemessen werden.

aa) Nach ihrem Wortlaut bestimmt die Vertragsklausel die Anrechnung der Vordienstzeiten für die Berechnung der „Fristen für Firmenleistungen“. Unter den Begriff der Firmenleistung können grundsätzlich auch Leistungen aus dem [X.] fallen; in § 2 Abs. 6 [X.] 1992 wurde dieser Begriff ausdrücklich verwendet. Die tarifliche Regelung enthält auch Fristen. Eine Frist ist ein abgegrenzter, also bestimmter oder jedenfalls bestimmbarer Zeitraum. Nach allgemeinem Sprachverständnis ist eine Frist ua. als Wartezeit aufzufassen (vgl. [X.] Deutsches Wörterbuch 8. Aufl.). Eine Frist kann dabei unterschiedlichen Zwecken dienen; sie kann beispielsweise Rechte begründen oder erlöschen lassen ([X.]/[X.]. § 186 Rn. 3). In diesem Sinne bestimmen die [X.]esamtbeschäftigungszeiten darüber, ob die [X.] als [X.]sleistung anteilig oder in voller Höhe zu gewähren ist.

bb) Die gebotene Berücksichtigung des Wortlauts und der Systematik des gesamten [X.] steht aber mit einer die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 B[X.]B ausschließenden Deutlichkeit der Annahme entgegen, Ziff. 6 Abs. 1 Satz 1 zweiter Spiegelstrich des Arbeitsvertrags erfasse auch Leistungen der [X.]. Der Begriff „Fristen für Firmenleistungen“ umfasst vielmehr erkennbar nur solche Sachverhalte, die mit den weiteren genannten Tatbeständen nach der Art des Anspruchs und seiner Bedeutung für das Arbeitsverhältnis vergleichbar sind.

(1) Ziff. 2 des Arbeitsvertrags bestimmt unter der Überschrift „Rechte und Pflichten“ allgemein, dass sich die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien aus den jeweils geltenden Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen ergeben. Dabei handelt es sich um eine dynamische Verweisungsklausel. Eine besondere Erwähnung der [X.] findet sich im Arbeitsvertrag nicht, sondern nur in den in Bezug genommenen Tarifregelungen. Ebenso wenig enthält Ziff. 2 eine allgemeine Regel zur Anrechnung von Vordienstzeiten.

(2) [X.]emäß Ziff. 4 Abs. 1 des Arbeitsvertrags sind bei der [X.] vollendete Dienstjahre insofern angerechnet worden, als die Klägerin (entsprechend Abschn. I Ziff. 4 des [X.] vom 22. Juni 1993) in Stufe 04 des Vergütungstarifvertrags ([X.]) eingruppiert wurde. Ziff. 6 Abs. 2 des Arbeitsvertrags trifft dazu eine ergänzende Regelung und legt das Datum für Stufensteigerungen gemäß dem [X.] Bord fest. Ziff. 6 Abs. 1 Satz 1 des Arbeitsvertrags zählt in insgesamt fünf [X.] weitere Tatbestände auf, bei denen die Vordienstzeiten zur Anrechnung gelangen sollen. Die „Dauer der Zahlung von [X.] gemäß [X.]“, die „Seniorität“, die „Kündigungsfrist“ sowie die „[X.]ewährung von Flugpreisermäßigungen“ sind gesondert aufgeführt; „Jubiläen“ und „Fristen für Firmenleistungen“ werden unter einem [X.]liederungspunkt gemeinsam genannt. Aus dieser Vertragsgestaltung wird deutlich, dass mit dem Begriff „Fristen für Firmenleistungen“ gerade nicht sämtliche arbeitgeberseitigen Zuwendungen gemeint sind. Anderenfalls hätte es keiner gesonderten Erwähnung bestimmter Leistungen bedurft.

(3) Die in Ziff. 6 Abs. 1 Satz 1 des Arbeitsvertrags neben den „Firmenleistungen“ genannten Anrechnungstatbestände unterscheiden sich nach ihrer Art und ihrer Bedeutung für das Arbeitsverhältnis so erheblich von den Leistungen der [X.], dass sie bei verständiger Betrachtungsweise nicht miteinander in Bezug gebracht werden können.

(a) Die in Ziff. 6 Abs. 1 Satz 1 des Arbeitsvertrags konkret beschriebenen Anrechnungstatbestände sind solche, die nur im bestehenden Arbeitsverhältnis Bedeutung erlangen. Demgegenüber kommt die [X.] erst dann zum Tragen, wenn das Arbeitsverhältnis entweder vorzeitig wegen [X.] (§ 2 Abs. 4 [X.] 2003 iVm. § 20 [X.] Kabine) oder aufgrund der tarifvertraglichen besonderen Altersgrenze (§ 19 [X.] Kabine) endet.

(b) Die wirtschaftliche Bedeutung der Leistungen für den Beschäftigten bei Jubiläen ist begrenzt. Beim 10-jährigen Jubiläum erhält der Beschäftigte eine Anstecknadel, beim 25-jährigen bzw. 40-jährigen Jubiläum eine Urkunde, einen Freiflug, und - abhängig von den Regelungen des [X.] - eine tarifliche Sonderzuwendung sowie zwei bis vier Tage Sonderurlaub. Darüber hinaus findet jeweils eine Feierstunde unterschiedlicher Ausgestaltung statt.

(c) Demgegenüber kommt der [X.] eine herausgehobene Bedeutung für das fliegerische Personal zu. Nach § 19 [X.] Kabine endet das Arbeitsverhältnis, ohne dass es einer Kündigung bedarf, mit Ablauf des Monats, in dem das 55. Lebensjahr vollendet wird. Die [X.] dient dem Ausgleich dieser Verkürzung der Erwerbsbiografie in der Luftfahrt und hat den Charakter einer [X.] Absicherung bis zum Erreichen des Alters, in dem [X.] erbracht werden. Sie dient mithin der Überbrückung einer erwarteten Arbeitslosigkeit ([X.] 14. Oktober 2003 - 9 [X.] [X.] 5 der [X.]ründe, [X.] § 1 Tarifverträge: [X.] Nr. 31). Darüber hinaus sichert das tarifliche System der [X.] das branchenspezifische Risiko der [X.] ab. Bis zum vollendeten 45. Lebensjahr erfolgt dies durch die [X.]sversicherung, danach durch die vorzeitige [X.]ewährung der [X.] (§ 2 Abs. 4 [X.] 2003).

(d) Die Annahme des [X.]s, die Bedeutung der Anrechnung von Vordienstzeiten bei Leistungen nach dem [X.] relativiere sich dadurch, dass der [X.] 1986 keine der Protokollnotiz II des [X.] entsprechende Regelung enthalten habe, ist rechtsfehlerhaft. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses galt nicht der [X.] 1986, sondern der [X.] 1992, dessen Protokollnotiz IV Abs. 1 inhaltlich der Protokollnotiz II Abs. 2 des [X.] entspricht. Damit war bereits bei Einstellung der früheren [X.]-Beschäftigten die [X.]esamtbeschäftigungszeit für die Berechnung der [X.] jedenfalls für solche Flugbegleiter von Bedeutung, die das 32. Lebensjahr vollendet hatten.

(4) Es bleibt auch ein hinreichender Anwendungsbereich für die streitgegenständliche [X.]. So gewährt die Beklagte ihren Beschäftigten ab einer bestimmten Beschäftigungszeit vergünstigte Baudarlehen. Ebenso ist die Leistung von Sterbegeld von einer Mindestbeschäftigungszeit abhängig. Dabei handelt es sich um Leistungen, die nach Art und Werthaltigkeit mit den Leistungen bei einem Firmenjubiläum vergleichbar sind.

3. Eine Verpflichtung zur Anrechnung der Vordienstzeiten folgt nicht aus dem Vermerk des Mitarbeiters [X.] vom 26. Mai 1993. Dieser enthält kein nach außen gerichtetes Leistungsversprechen an die Belegschaft. Es handelt sich um eine mit „Intern“ deklarierte Zusammenfassung eines [X.]esprächs mit [X.]ewerkschaftsvertretern am 27. Januar 1993. [X.] der Beklagten lässt sich daraus nicht ableiten. Das abschließende Ergebnisprotokoll vom 22. Juni 1993 nennt unter Abschn. I Ziff. 6 nur noch bestimmte Anrechnungstatbestände, ohne die [X.] zu erwähnen.

4. Ebenso wenig ergibt sich ein Anspruch aus dem Schreiben der Beklagten aus Dezember 1995. Dieses bezieht sich ausschließlich auf Leistungen der [X.]sversicherung.

B. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO.

        

    Mikosch    

        

    [X.]    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    Zielke    

        

    Züfle    

                 

Meta

10 AZR 96/10

23.02.2011

Bundesarbeitsgericht 10. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Frankfurt, 3. März 2009, Az: 12/18 Ca 5762/08, Urteil

§ 611 Abs 1 BGB, § 157 BGB, § 133 BGB, § 305 Abs 1 S 1 BGB, § 305c Abs 2 BGB, § 1 Abs 1 TVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.02.2011, Az. 10 AZR 96/10 (REWIS RS 2011, 9200)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 9200

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