Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.09.2023, Az. 1 StR 164/23

1. Strafsenat | REWIS RS 2023, 7471

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Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 21. Oktober 2022, soweit es diesen Angeklagten betrifft,

a) im Schuldspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte in den [X.], 36, 38, 40, 44 und 50 der Urteilsgründe jeweils der gewerbsmäßigen Steuerhehlerei schuldig ist,

b) im Strafausspruch dahingehend ergänzt, dass die vom Angeklagten in [X.] erlittene Freiheitsentziehung im Maßstab 1:1 auf die verhängte Gesamtfreiheitsstrafe angerechnet wird, und

c) im Ausspruch über die Einziehung des Wertes von Taterträgen aufgehoben, soweit ein Betrag von mehr als 707.000 Euro eingezogen worden ist; die weitergehende Einziehung entfällt. Die im Verfahren entstandenen notwendigen Auslagen des Angeklagten, die die Einziehung betreffen, trägt zu drei Vierteln die Staatskasse; die insoweit angefallene Gerichtsgebühr wird um drei Viertel ermäßigt.

2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird als unbegründet verworfen.

3. Der Beschwerdeführer hat die weiteren Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in acht Fällen und wegen Steuerhehlerei in sechs Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt und die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 2.643.530,58 Euro – gesamtschuldnerisch mit dem Mitangeklagten Z.      – angeordnet. Die hiergegen gerichtete, auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der [X.] ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

2

1. Der Schuldspruch bedarf der Korrektur dahin, dass die Taten des Angeklagten in den [X.], 36, 38, 40, 44 und 50 der Urteilsgründe nicht nur den Grundtatbestand der Steuerhehlerei (§ 374 Abs. 1 [X.]) erfüllen, sondern vielmehr den Qualifikationstatbestand der gewerbsmäßigen Steuerhehlerei (§ 374 Abs. 2 Satz 1 Alternative 1 [X.]).

3

2. Die vom [X.] entgegen § 51 Abs. 4 Satz 2 StGB rechtsfehlerhaft unterlassene Bestimmung des [X.] für die vom Angeklagten in dieser Sache in [X.] erlittene Auslieferungshaft hat der Senat in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO selbst bestimmt, da hier ersichtlich nur ein Anrechnungsmaßstab von 1:1 in Betracht kommt (vgl. [X.], Beschluss vom 1. September 2020 – 1 StR 279/20 Rn. 3).

4

3. Die auf § 73 Abs. 1 Alternative 1, § 73c Satz 1 StGB gestützte [X.] begegnet in Bezug auf die Verkürzung von Tabaksteuer in den [X.], 16, 18, 20, 24, 26, 29 und 31 der Urteilsgründe durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

5

a) Der Angeklagte und der Mitangeklagte Z.      hatten sich, was das [X.] verkannt hat, in den vorgenannten Fällen beim gemeinsamen Verbringen von unversteuerten Zigaretten aus [X.] (konkludent) zu einer offenen Handelsgesellschaft (§ 105 Abs. 1, 2, § 1 Abs. 2 HGB), zumindest aber zu einer [X.] bürgerlichen Rechts zusammengeschlossen (insbesondere [X.] f.). Die [X.] schlug sich im Vermögen der [X.] nieder. Eine [X.] wäre daher gegen die [X.] als Dritteinziehungsbeteiligte (§ 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB, § 105 Abs. 1, 3 HGB, § 718 BGB, § 424 Abs. 1 StPO) zu richten gewesen (vgl. [X.], Beschluss vom 17. November 2022 – 1 [X.] Rn. 7 mwN). Die [X.] hat insoweit zu entfallen.

6

Der Wert der in den acht genannten Fällen in das Gebiet der [X.] verbrachten Zigaretten bzw. die anschließenden Verkaufserlöse wären allenfalls dann abzuschöpfen gewesen, wenn die Übernahme der Zigaretten, an denen auch keine [X.] Steuerzeichen angebracht waren, als (gewerbsmäßige) Steuerhehlerei ausgeurteilt worden wäre (§ 374 Abs. 4, § 370 Abs. 6 Satz 2, Abs. 7 [X.]; vgl. dazu [X.], Beschlüsse vom 20. Januar 2016 – 1 StR 530/15 Rn. 3 und vom 28. August 2008 – 1 [X.], [X.]R [X.] § 374 Konkurrenzen 3). Zwischen der Übernahme in einem anderen Mitgliedstaat der [X.] und dem anschließenden [X.] im Inland könnte ein die Einziehung rechtfertigender ausreichender Kausal- und Zurechnungszusammenhang bestehen.

7

b) Davon unberührt bleibt aber die weitergehende Einziehung des Wertes von Taterträgen in den sechs Fällen der gewerbsmäßigen Steuerhehlerei nach § 374 Abs. 1, Abs. 2 [X.]. Jedenfalls dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ist zu entnehmen, dass der Angeklagte und der Mitangeklagte Z.      nach Belieben auf die im Inland erworbenen Zigaretten sowie anschließend auf die Verkaufserlöse zugriffen und damit die Verselbständigung des [X.]svermögens unterliefen (insbesondere [X.]; vgl. [X.], Beschluss vom 10. August 2021 – 1 StR 399/20 Rn. 38 f. mwN). In Höhe des verbleibenden Geldbetrages von 707.000 Euro haftet der Angeklagte mit dem Mitangeklagten Z.        (Fälle 34, 36, 38, 40, 44 und 50 der Urteilsgründe).

8

4. [X.] bezüglich der Einziehung beruht auf § 473 Abs. 4 und § 465 Abs. 2 StPO analog (vgl. [X.], Beschlüsse vom 5. April 2023 – 1 StR 49/23 Rn. 10; vom 6. Oktober 2021 – 1 [X.] Rn. 9 ff. und vom 25. Februar 2021 – 1 [X.], [X.]R StPO § 473 Abs. 4 Quotelung 8 Rn. 6 ff.).

Jäger     

      

Bellay     

      

Bär     

      

Leplow     

      

Munk     

      

Meta

1 StR 164/23

20.09.2023

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend BGH, 20. September 2023, Az: 1 StR 164/23, Beschluss

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.09.2023, Az. 1 StR 164/23 (REWIS RS 2023, 7471)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 7471

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