Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.07.2014, Az. X ZR 119/11

X. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 4066

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
X ZR 119/11
Verkündet am:

15. Juli 2014

Wermes

Justizamtsinspektor

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache

-
2
-
Der X.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom
15.
Juli 2014 durch [X.], Dr.
Grabinski, Dr.
[X.], Hoffmann
und
Dr.
[X.]

für Recht erkannt:

Die Berufung gegen das am 3. August 2011 verkündete Urteil des 5. Senats ([X.]) des [X.] wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen
-
3
-
Tatbestand:
Die Beklagte war Inhaberin des am 25.
August 1989 angemeldeten und nach Klageerhebung durch Zeitablauf erloschenen [X.] Patents 39
28
195 (Streitpatent). Das Streitpatent umfasst vier Patentansprüche, von denen Anspruch
1 folgenden Wortlaut hat:
"1.
Schaltungsanordnung, die mit einem [X.] (3) angesteuert wird, wobei ein elektronischer Leistungsschalter (1) zum Schalten einer
Last vorgesehen ist, der ein sourceseitig mit [X.] und drainseitig mit Last verbundener Feldeffekttransistor ist, dessen [X.]
(5) mit einem [X.] (4) und einem zweiten, sourceseitig an [X.] angeschlossenen [X.] (9) verbunden ist, und wobei dem [X.] (4) das [X.] (3) und der [X.] (8) des zweiten [X.]s (9) ein invertiertes [X.] (3') mittels einer [X.]
(7) zugeführt ist."
Die Klägerin, die von der Beklagten wegen Patentverletzung in Anspruch genommen wird,
hat
geltend
gemacht, der Gegenstand des Streitpatents gehe über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung hinaus. Zudem sei der [X.] weder neu,
noch beruhe er auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Das Patentgericht hat die Nichtigkeitsklage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie weiterhin die Nichtigerklärung in vollem [X.] begehrt.
Im Auftrag des Senats hat Prof. Dr.-Ing.

D.

, Technische
Universität

, ein schriftliches Gutachten erstattet, das sie in der mündli-
chen Verhandlung erläutert und ergänzt hat.
1
1
2
2
3
3
-
4
-
Entscheidungsgründe:
I.
Das Streitpatent betrifft eine Schaltungsanordnung mit einem Feldeffekttransistor
([X.]), der als elektronischer Leistungsschalter dient.
1.
Bei der Verwendung von [X.]
als Leistungsschalter
haftet diesen eine hohe Eingangskapazität an. Dabei kann es vorkommen, dass der [X.] nicht schnell genug ausgeschaltet werden kann, weil in Folge der ihm [X.] der bis zur Sättigung betriebene Leistungs-schalter nicht schnell genug entladen werden kann.
2.
Dem Gegenstand des Streitpatents liegt demnach das Problem zugrunde, einen als Leistungsschalter verwendeten [X.] mit einem möglichst geringen zusätzlichen Schaltungsaufwand in kürzester Zeit abschalten zu [X.].
Zur Lösung schlägt Patentanspruch
1 eine Schaltungsanordnung mit fol-genden Merkmalen vor:
1.
Die Schaltung wird mit einem [X.] (3) angesteuert.
2.
Ein elektronischer Leistungsschalter
(1) ist zum Schalten einer Last vorgesehen,
3.
der ein sourceseitig mit [X.] und drainseitig mit Last verbundener [X.] ist,
4.
dessen [X.] (5) mit einem [X.] (4) und
5.
einem zweiten, sourceseitig an [X.] angeschlossenen [X.]
(9) verbunden ist.
6.
Dem [X.] (4) ist das [X.] (3) zugeführt.
7.
Der [X.] (8) des zweiten [X.]
(9) ist ein invertiertes [X.] (3') mittels einer Inverterstufe (7) zugeführt.
4
4
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6
7
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-
5
-

3.
Zur näheren Erläuterung ist Folgendes auszuführen:
a)
Das Schalten einer Last gemäß Merkmal
2 ist das Anschalten
oder
Ausschalten eines Laststroms. Ein Umschalten zwischen zwei Verbindun-gen ist damit nicht gemeint; ein einzelner [X.] ist dazu bauartbedingt nicht in der Lage.
b)
Eine Last im Sinne von Merkmal 2 ist, wie die gerichtliche Sach-verständige eingehend erläutert hat, ein Strom, der im Vergleich zu den Strö-men, die durch die Ansteuerschaltung fließen, verhältnismäßig groß ist. Nähere Festlegungen zur Beschaffenheit dieses Stroms lassen sich weder Patentan-spruch
1 noch dem zur Auslegung heranzuziehenden weiteren Inhalt der Pa-tentschrift entnehmen.
Insbesondere lässt sich aus dem Umstand, dass in der (einzigen) Zeich-nung der [X.] die Last mit einem Schaltzeichen dargestellt wird, das üblicherweise für ohm'sche Lasten verwendet wird, nicht herleiten, dass andere, insbesondere induktive Lasten nicht erfasst sein sollen. In der [X.] des Streitpatents finden sich weder eine dahingehende Einschrän-kung noch sonstige Festlegungen dazu, wie die geschaltete Last beschaffen sein soll. Daraus ist zu folgern, dass grundsätzlich alle Lasten erfasst sind, die typischerweise mit Anordnungen der betreffenden Art geschaltet werden. Wie die gerichtliche Sachverständige dargelegt hat, gehören dazu auch induktive Lasten; rein ohm'sche Lasten sind in der Praxis demgegenüber eher selten. Vor diesem Hintergrund ist das in der Zeichnung
verwendete Schaltzeichen als schematische Darstellung
anzusehen, der keine zusätzliche Beschränkung ent-nommen werden kann.
c)
Der [X.] gemäß Merkmal
4 ist

entsprechend den [X.] und von der Sachverständigen bestätigten Ausführungen des Patentge-8
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6
-
richts

ein bipolarer Transistor, der einen Emitterausgang aufweist.
Soweit Un-teranspruch
4 des Streitpatents dies nochmals präzisierend klarstellt, folgt [X.] nicht, dass der [X.] gemäß Patentanspruch
1 auch ein anders
be-schaffener Transistor sein könnte.

Entsprechend der Funktion des [X.]s
im Gegenstand des Streit-patents sitzt dieser zwischen dem
[X.]
(3) und dem als
Leistungs-schalter fungierenden [X.], um das [X.]
(3) zu verstärken.
d)
Das [X.] gemäß den Merkmalen
3 und
5 wird in Zeichnungen für elektronische Schaltungen im Allgemeinen unter anderem mit dem Symbol

dargestellt

wie auch in der Zeichnung zum Streitpatent. Es be-deutet, dass alle Leitungen, die damit verbunden sind, dasselbe Potential auf-weisen, zwischen ihnen also keine Spannung anliegt. Zudem ist das [X.] der Bezugspunkt für Spannungen, die an die Schaltung angelegt wer-den.
e)
Das invertierte [X.]
(3') gemäß Merkmal
7 ist ein Sig-nal, das invers zum [X.]
(3) gemäß den Merkmalen
1 und
6
verläuft. Gemäß Merkmal
7 muss es ferner mittels einer Inverterstufe (7) zugeführt wer-den. Aus der Beschreibung des Streitpatents
(Sp.
1 Abs.
6 Z.
56 bis
61) und aus der Zeichnung in der [X.] ist zu entnehmen, dass hierzu das [X.] (3) mittels einer Inverterstufe in das invertierte Signal (3') um-gewandelt wird.
Dass der Gegenstand von Patentanspruch
1 darüber hinaus-gehend auch Ausgestaltungen umfasst, bei denen das invertierte [X.] auf andere Weise erzeugt und mittels einer (weiteren) Inverterstufe der [X.] des zweiten [X.] zugeführt wird, lässt sich der [X.] demgegenüber nicht entnehmen.
Die gerichtliche Sachverständige hat insoweit darauf hingewiesen, dass in der [X.] schon die [X.] des [X.]s 3 nicht näher beschrieben, sondern dieses Signal in 13
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-
7
-
der nachstehend eingefügten Figur nur angedeutet wird und der Fachmann aus der [X.] vor dem Hintergrund dieser spärlichen Informationen hin-sichtlich der Erzeugung des invertierten Signals 3' keine weitergehenden Schlussfolgerung zieht, als die, dass das [X.] 3 (mittels [X.]) in das invertierte Signal umgewandelt wird.
II.
Das Patentgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
1.
Der Gegenstand des Streitpatents gehe nicht deshalb über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung hinaus, weil die Schaltungsanordnung gemäß Patentanspruch
1 auch einen elektri-schen Leistungsschalter umfasse. Der ne-benstehenden Zeichnung zur ursprünglichen Patentanmeldung, die der Zeichnung zum Streitpatent
entspricht, entnehme der [X.], dass
der [X.]
(1) als elektronischer
Leistungsschalter einen integralen Bestand-teil der erfindungsgemäßen Schaltungsan-ordnung
darstelle. Ersichtlich wirke dieser mit den weiteren Transistoren (4, 9) zusammen. Ebenso zeige die Zeichnung, dass das [X.]
(3) nicht nur über die Inverterstufe
(7) dem zweiten [X.]
(9),
sondern über den Emitterfol-ger
(4) auch dem Leistungsschalter
(1) zugeführt werde. Weiterhin zeige die Zeichnung, dass der zweite [X.] sourceseitig an das [X.] ange-schlossen sei.
2.
Der Gegenstand des Streitpatents sei auch neu und beruhe auf erfinderischer Tätigkeit.
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-

a)
Die internationale Patentanmeldung 89/06070 ([X.].
[X.]) offenbare -
zur nebenstehenden Figur
1
der [X.]
-
eine von einem [X.]
Q
angesteuerte Schaltungs-anordnung mit einem elektroni-schen Leistungsschalter in Form einer hybriden Transistorschal-tung
(12) vom [X.], die aus einem [X.] [X.] am Eingang und einem Bipolartransistor [X.] am Ausgang bestehe und eine Last am Anschluss
14 oder
16 schalte. Zum schnel-len Ausschalten der Transistoren [X.] und [X.] seien einerseits ein weiterer Bipo-lartransistor
20 und andererseits ein weiterer [X.]
22 vorgesehen, die mit dem [X.]
Q bzw. einem aus dem dazu invertierten Signal

angesteuert würden. Der weitere Bipolartransistor schließe zur Beschleunigung des Ab-schaltvorgangs die [X.] des Transistors
[X.] kurz, wodurch [X.] Kapazität schnell entladen werde.
Der weitere [X.]
22 werde von einem in-vertierten Signal
gesteuert und
sei drainseitig mit der Basis des Bipolartran-sistors
[X.] verbunden sowie sourceseitig an [X.] angeschlossen.
Die [X.] gebe an, dass die Typen der in der Schaltung verwendeten [X.] und Bipolartransistoren geändert werden könnten, ohne von der Erfindung ab-zuweichen. Damit sei jedoch nur ein Austausch des konkreten Bauelements innerhalb der jeweiligen [X.] offenbart. Der Fachmann verstehe diese Angabe nicht dahin, einen Bipolartransistor mit einem [X.] zu ersetzen, weil damit der Halbleiteraufbau strukturell und die daraus resultierenden elek-trophysikalischen Eigenschaften
verändert würden. Demnach unterscheide sich der Gegenstand des Streitpatents von der Lehre der [X.] zumindest dadurch, 19
19
20
20
-
9
-
dass der Leistungsschalter ein [X.] sei (Merkmal
3), dessen [X.] mit einem [X.] verbunden sei (Merkmal
4).
b)
Das Buch "[X.]"
von [X.]/[X.], 8.
Auflage, 1989
([X.].
[X.]), zeige in der

neben-stehend wiedergegebenen

Abbildung 18.67 eine Schaltungsanordnung mit einem [X.]
[X.]
und einem elektronischen Leistungsschalter
[X.], der eine Last RV
schalte und sourceseitig mit Bezugs-potenzial sowie drainseitig mit der Last
RV
verbun-den sei.
Die [X.] des [X.] [X.]
sei mit einem [X.] [X.]
sowie mit einem Bipolartransistor [X.]
verbunden, der emitterseitig an das [X.] angeschlossen sei. Von diesem Stand der Technik unterscheide sich die Lehre des Streitpatents jedenfalls dadurch, dass der zweite, sourceseitig an [X.] angeschlossene und mit der [X.] des [X.] verbundene Transistor ein [X.] sei.
3.
Der Gegenstand des Streitpatents beruhe auch auf erfinderischer Tätigkeit.
Es liege nicht auf der Hand, zur Beschleunigung des Abschaltvorgangs am Gate-Anschluss des
[X.] sowohl einen [X.]
als auch einen weite-ren [X.] vorzusehen. Die [X.] zeige zwar sowohl einen [X.] als auch einen weiteren [X.];
diese arbeiteten als kurzschließendes Element aber ge-trennt an zwei verschiedenen Transistoren ([X.] und [X.]) der [X.]. Für den Übergang von dieser hybriden Darlington-Schaltung zu einem [X.]-Leistungsschalter biete der Stand der Technik keine Anregung. Vielmehr sei insoweit weiterer Entwicklungsaufwand erforderlich
gewesen.
Ausgehend von der [X.] unterscheide sich die Lehre des Streitpatents von der dort offenbarten
Lösung auf den ersten Blick nur dadurch, dass anstelle des 21
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-
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-
Bipolartransistors [X.]
ein [X.] vorgesehen sei. Der Fachmann erkenne jedoch, dass die Verwendung eines gleichen Typs für die Transistoren [X.], [X.]
und T4
bei der Schaltung der [X.] von besonderer Bedeutung sei. Der bipolare Typ dieser Transistoren mache diese auf einfache Weise integrationsfähig, worauf die [X.] ausdrücklich hinweise. Der Fachmann sei deshalb von einem Wechsel zu ei-nem [X.] abgehalten
worden. Zudem seien weitere aufwändige Änderungen an der Schaltung der [X.] vorzunehmen
gewesen, ohne die diese bei Verwendung eines [X.] anstelle des Bipolartransistors [X.]
nicht funktionsfähig wäre.
III.
Dies hält der Nachprüfung im Berufungsverfahren stand.
1.
Wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt
hat, geht der Gegen-stand des Streitpatents nicht über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung hinaus.
a)
Zur angemeldeten Erfindung gehört nach ständiger Rechtspre-chung alles, was der mit durchschnittlichen Kenntnissen und Fähigkeiten aus-gestattete Fachmann des betreffenden Gebiets der Technik der ursprünglichen Anmeldung unmittelbar und eindeutig als zur angemeldeten Erfindung gehö-rend oder als mögliche Ausführungsform dieser Erfindung entnehmen kann (vgl. [X.], Urteil vom 17.
Juli 2012

X
ZR
117/11, [X.]Z
194, 107 Rn.
52 mwN

Polymerschaum). Patentansprüche, Beschreibung und Zeichnungen der An-meldeunterlagen sind dabei grundsätzlich gleichwertige Offenbarungsmittel ([X.], Urteile vom 30.
Januar 2007

X
ZR
156/02, [X.], 578, 580

[X.]; vom 18.
Februar 2010

Xa
ZR
52/08, [X.], 599 Rn.
22

Formteil).
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25
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-
11
-

b)
Nach diesen Grundsätzen ist der Gegenstand des Streitpatents in der
Zeichnung zur Anmeldung und der dazugehörigen Beschreibung mit allen Merkmalen des Patentanspruchs
1 und seiner [X.] offenbart.
aa)
Der Gegenstand des Streitpatents geht nicht deshalb über den In-halt der ursprüngliche eingereichten Unterlagen hinaus, weil die ursprünglich formulierten Ansprüche auf eine Schaltung zur Ansteuerung einer aus einem [X.] bestehenden Leistungsschaltstufe gerichtet waren, die [X.] selbst also nicht umfassten. Aus der Gesamtheit der Anmeldung geht unmit-telbar und eindeutig hervor, dass der Gegenstand der Erfindung die gesamte Schaltung umfasst, wie sie in Beschreibung und Zeichnung dargestellt ist. Dazu gehört nicht nur die Ansteuerschaltung, sondern auch der Leistungsschalter selbst.
bb)
Zutreffend hat das Patentgericht entschieden, dass für den [X.], einen Elektroingenieur mit zumindest Fachhochschulabschluss, guten Kenntnissen in analoger Schaltungstechnik und mehrjähriger Berufserfahrung im Entwickeln von [X.],
aus der in der Anmeldung wiedergege-benen Zeichnung -
die mit der in der [X.] enthaltenen Zeichnung übereinstimmt -
unmittelbar und eindeutig erkennbar ist, dass die beiden [X.] (1 und 9) sourceseitig mit [X.] verbunden sind.
Wie die gerichtliche Sachverständige bestätigt hat, ist für den Fachmann aufgrund der verwendeten Schaltzeichen erkennbar, dass es sich bei den Bau-teilen
(9) und
(1) um [X.] handelt, die einen Source-, einen Drain-
und einen Gate-Anschluss aufweisen. Die [X.] beider [X.] sind jeweils mit einer Leitung verbunden, die mit einem Querstrich (.
Daraus ergibt sich die Verbindung mit dem [X.].
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-
12
-
[X.])
Der Gegenstand von Patentanspruch
1 geht auch insoweit nicht über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung hinaus, als es um die Erzeugung und Zuführung des invertierten [X.]s (3') geht. Wie bereits oben [X.] wurde, ist Merkmal
7 trotz des im Detail von der Anmeldung abweichen-den Wortlauts dahin auszulegen, dass das invertierte [X.] (3') mittels eines Inverters aus dem [X.] (3) erzeugt wird. Dies
ist auch in der Anmeldung so beschrieben.
[X.])
Der Gegenstand von Patentanspruch
1 geht auch nicht deshalb über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung hinaus, weil zusätzlich zu den Merkmalen 3 und 5 nicht auch weitere Details aus der Zeichnung in den [X.] übernommen worden sind.

Nach der Rechtsprechung des Senats ist es dem Anmelder grundsätzlich nicht verwehrt, von mehreren Merkmalen eines Ausführungsbeispiels, die zu-sammengenommen, aber auch für sich betrachtet dem erfindungsgemäßen Erfolg förderlich sind, nur eines oder einzelne in den Patentanspruch aufzu-nehmen
([X.], Urteil vom 17. Juli 2012

X
ZR
117/11, [X.]Z 194, 107 Rn.
52

Polymerschaum mwN). Unzulässig sind lediglich
Abstraktionen, mit denen
auf eine Eigenschaft abgehoben wird,
die in den ursprünglichen Unterlagen als sol-che nicht genannt wird und für den Fachmann daraus auch nicht ohne weiteres erkennbar ist (vgl. [X.], Urteil vom 14. August 2012

X
ZR
3/10, [X.], 1133 Rn. 32

UV-empfindliche Druckplatte).
In
Patentanspruch
1 war danach nicht der konkrete Typus eines [X.] zu bezeichnen, welcher in der Zeichnung wiedergegeben wird. Für den Fachmann waren andere Typen ebenso als zur Erfindung gehörend
offenbart.
Ebenso war der Gegenstand von Patentanspruch
1 nicht
auf ohm'sche Lasten zu beschränken. In der Beschreibung der Anmeldung ist -
ebenso wie in der [X.] -
nicht näher spezifiziert, wie die geschaltete Last be-32
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-
13
-
schaffen ist (BK
2, Sp.
1 Z.
28 bis
30). Die Verwendung eines Schaltzeichens für ohm'sche Lasten ist deshalb auch in der Anmeldung als schematische [X.] anzusehen, aus der nicht zu entnehmen ist, dass abweichend von der Beschreibung nur Schaltungen mit ohm'schen Lasten zum Gegenstand der Er-findung gehören sollen.
Desgleichen kann der mehrfachen Verwendung des Zeichens "+" zur Bezeichnung eines Potenzials
in der Zeichnung nicht entnommen werden, dass an diesen Anschlüssen dieselbe Spannung mit gleicher Spannungshöhe ange-schlossen werden soll.
Auch insoweit lassen sich der Beschreibung der Anmel-dung keine näheren Festlegungen entnehmen. Das Funktionieren der offenbar-ten Schaltung hängt nicht davon ab, dass es sich um dieselbe Spannung han-delt. Angesichts dessen ist das nicht näher spezifizierte Plus-Zeichen als sche-matische Darstellung anzusehen, der nur entnommen werden kann, dass eine im Vergleich zum [X.] positive Spannung anliegen soll.
2.
Der Gegenstand von Patentanspruch
1 ist patentfähig.
a)
Das Patentgericht hat zu Recht dessen Neuheit erkannt.
Entgegen der Auffassung der Berufung ist der Gegenstand von Pa-tentanspruch
1 in [X.] nicht vollständig offenbart. Dieses Dokument zeigt nicht die Merkmale
4
und
6, wonach der Leistungsschalter mit einem [X.] verbunden ist, dem das [X.] (3) zugeführt wird. Der [X.] [X.] ist in [X.] zwar mit einem bipolaren
Transistor
(20) verbunden. Dieser dient aber nicht zum Einschalten des [X.], sondern der Beschleunigung des Ausschaltvor-gangs. Damit fehlt es zugleich an den Merkmalen 5 und 7, die für den [X.] einen zweiten [X.] vorsehen.
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39
39
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-
14
-
Auch in Figur
2 der [X.] ist die genannte Kombination nicht offenbart.
Dort ist zwar ein [X.]
36 vorgesehen, der dem Einschalten des [X.] dient. Dieser ist aber entgegen Merkmal
4 nicht mit dem Gate-Anschluss des [X.]
[X.] verbunden. An dieser Stelle ist vielmehr ein [X.] (42) angeordnet. Weiterhin fehlt es auch in Figur
2 an einem zweiten [X.] gemäß den Merkmalen
5 und
7
für den [X.]. Für diesen Zweck wird auch in Figur
2 der bipolare Transistor
(20) eingesetzt.
Der
Klarstellung in der [X.] am Anfang der Beschreibung des [X.], wonach die Pegel der Signale zum Kontrollieren des An-
oder Ausschaltens
verschiedener Schaltungselemente verändert werden können und der Typ der [X.] und bipolaren Transistoren von den gezeigten Elementen [X.] kann ([X.] S.
9 Z.
9 bis
16), lässt sich entgegen der Auffassung der [X.] nicht eindeutig und unmittelbar entnehmen, dass der bipolare Transistor (20) durch einen [X.] und zugleich der [X.] (42) durch einen bipolaren Transis-tor ersetzt werden kann. Die zitierten Ausführungen lassen nicht erkennen, was mit "Typ" gemeint sein soll. Selbst wenn sie
dahin zu verstehen wären, dass unter bestimmten Voraussetzungen ein [X.] durch einen bipolaren Transistor ersetzt werden kann oder umgekehrt, ergibt sich daraus nicht unmittelbar und eindeutig die Anweisung, einen solchen Austausch sowohl hinsichtlich des Transistors (20) als auch hinsichtlich des Transistors (42) vorzunehmen.
b)
Der Gegenstand des Patentanspruchs
1 beruht auch auf erfinderi-scher Tätigkeit.
Zwar waren die dem Streitpatent zugrunde liegenden Funktionsprinzi-pien, wie die gerichtliche Sachverständige erläutert hat, dem Fachmann am [X.] aus allgemeinen Darstellungen zugänglich. Hieraus ergab sich aber keine hinreichende Anregung, diese Prinzipien gerade in der in Patentan-spruch
1 geschützten Weise umzusetzen.
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-
15
-
aa)
Ausgehend von der
nebenstehenden
Figur
18.66 in der [X.] war dem Fachmann eine Schaltungsanordnung für einen Leistungsschalter bekannt, die von einem [X.] ([X.]) angesteuert wird und einen elektronischen Leistungsschalter ([X.]) zum Schalten einer Last (RV) aufweist, welcher ein sourceseitig mit [X.] und drainseitig mit der Last verbundener [X.] ist. Die [X.] dieses [X.] ist mit einem [X.] ([X.]) verbunden, dem das [X.] ([X.]) zugeführt ist. Zum Entladen und damit Ausschal-ten des Leistungsschalters ([X.]) ist ein
weiterer
bipolarer
Transistor ([X.]) vorge-sehen, der aufgrund seiner Bauart ohne Inverterstufe angesteuert werden kann.
Um von dieser Schaltung zum Gegenstand des Streitpatents zu gelan-gen, musste der Fachmann zwar lediglich den Transistor [X.]
durch einen [X.] ersetzen und diesen aufgrund seines abweichenden Schaltverhaltens mit einem invertierten Signal ansteuern. Dafür ergab sich jedoch weder aus [X.] noch aus dem sonstigen Stand der Technik eine hinreichende Anregung.
bb)
Aus dem von der gerichtlichen Sachverständigen aufgezeigten und durch einen Auszug
aus einem Lehrbuch belegten allgemeinen Fachwis-sen ergibt sich keine abweichende Beurteilung. Danach war dem Fachmann im Prioritätszeitpunkt zwar eine Schaltungsanordnung
be-kannt,
bei der
für das Entladen und Abschalten eines als Leistungsschalter eingesetzten
[X.] ein zweiter
[X.] ge-nutzt wird, wie dies in der nebenstehenden, dem Sachver-ständigengutachten entnommenen
Schaltungsanordnung
gezeigt wird.
Hieraus ergaben sich aber keine Hinweise darauf, dieses [X.] in einer Anordnung einzu-setzen, bei der das [X.] über einen bipolaren Transistor zugeführt wird.
45
45
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47
-
16
-
Um zu einer solchen Lösung zu gelangen, musste der Fachmann die aus [X.], [X.] und der oben wiedergegebenen Abbildung bekannten Anordnungen in einem wesentlichen Punkt einer Abwandlung unterziehen, für die es kein [X.] gab. Hierzu gab der Stand der Technik schon deshalb keine hinreichende Veranlassung, weil der Einsatz unterschiedlicher Transistortechnologien nach den Ausführungen der gerichtlichen Sachverständigen aus Sicht des [X.]s eher
ungewöhnlich ist und einer Integration in einem gemeinsamen Baustein entgegensteht. Der Vorteil des Einsatzes eines zweiten [X.] für die Ausschaltung liegt insbesondere auch darin, damit wiederum einen [X.] und damit den gleichen Transistortyp entsprechend dem als Leistungsschalter ein-gesetzten [X.] zu verwenden. Dieser Vorteil würde aufgegeben, wenn zusätz-lich ein bipolarer Transistor als [X.] für die Endstufenschaltung vorge-sehen würde. Da es weder im druckschriftlichen Stand der Technik noch aus dem allgemeinen Fachwissen einen Hinweis gab, diesen Nachteil in Kauf zu nehmen, lag eine solche Weiterentwicklung, wie sie der Gegenstand des Streit-patents lehrt, für den Fachmann nicht nahe.
[X.])
Eine abweichende Beurteilung ergibt sich auch
nicht aus [X.]. Dort ist zwar eine Schaltung
offenbart, bei der zum Einschalten ein anderer Transis-tortyp eingesetzt wird als
zur Beschleunigung des
[X.]s. Wie be-reits oben dargelegt wurde, ergab sich daraus jedoch nicht die Anregung, an beiden Stellen jeweils einen Transistor des anderen Typs einzusetzen. Aus [X.] und dem allgemeinen Fachwissen ergaben sich keine weitergehenden [X.] in diese Richtung. Die dort wiedergegebenen Überlegungen sprachen aus den ebenfalls bereits dargelegten Gründen vielmehr eher dafür, für beide [X.] Transistoren desselben Typs einzusetzen.
48
48
49
49
-
17
-
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
121 Abs.
2 [X.], §
97 Abs.
1
ZPO.
[X.]
Ri[X.] Dr. Grabinski kann
[X.]
seine Unterschrift wegen urlaubsbedingter Ortsab-wesenheit nicht beifügen.

[X.]

Hoffmann

[X.]
Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 03.08.2011 -
5 Ni 70/09 -

50
50

Meta

X ZR 119/11

15.07.2014

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.07.2014, Az. X ZR 119/11 (REWIS RS 2014, 4066)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 4066

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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X ZR 119/11

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