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PDF anzeigen[X.] DES VOLKESURTEIL1 StR 266/02vom11. März 2003in der Strafsachegegen1.2.wegen gefährlicher Körperverletzung- 2 -Der 1. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom11. März 2003, an der teilgenommen haben:[X.] am [X.] [X.] am [X.]. [X.],[X.],[X.],[X.]in am [X.],Oberstaatsanwalt beim [X.]als Vertreter der [X.],Rechtsanwältin als Verteidigerin des Angeklagten [X.],Rechtsanwalt als Verteidiger des Angeklagten [X.],Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,für Recht erkannt:- 3 -Die Revisionen der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil [X.] München I vom 13. Dezember 2001 werden [X.].Die Kosten der Rechtsmittel und die den Angeklagten im Revisi-onsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen hat [X.] zu tragen.Von Rechts wegenGründe:Das [X.] hat den Angeklagten [X.] wegen gefährlicher Kör-perverletzung zur Jugendstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt,deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt und ihn im übrigen freigespro-chen. Den Angeklagten [X.]hat es wegen gefährlicher Körperverletzung inzwei Fällen zur Jugendstrafe von zwei Jahren verurteilt. Die Vollstreckung die-ser Strafe hat es ebenfalls zur Bewährung ausgesetzt.Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit ihren auf die Verletzung sachli-chen Rechts gestützten Revisionen zunächst gegen die Beweiswürdigung [X.]: Sie erstrebt in einem der beiden verfahrensgegenständlichenFälle eine Verurteilung des Angeklagten [X.]auch wegen versuchten [X.] 4 -schlags und beanstandet den Teilfreispruch des Angeklagten [X.] vomVorwurf der Beteiligung an dieser Tat. Überdies rügt sie die Aussetzung derVollstreckung der gegen den Angeklagten [X.] verhängten Jugendstrafe [X.]. Die Rechtsmittel haben keinen Erfolg.[X.] des Verfahrens sind Gewalttätigkeiten, die auf dem [X.] von einer Gruppe junger Leute, zu der auchdie beiden Angeklagten gehörten, gegen den [X.] [X.](erste Tat) und die diesem zu Hilfe eilende Zeugin [X.](zweite Tat) began-gen wurden.1. Der [X.] [X.] forderte die Gruppe um die Ange-klagten auf, den Sicherheitsstreifen am Gleis freizumachen. Ohne Vorwarnungschlug darauf einer der jungen Leute auf ihn ein, so daß er zu Boden ging.Darauf traten und schlugen die Angeklagten [X.] und [X.] sowie weiteresieben Mitglieder der Gruppe auf Kopf und Körper des am Boden liegendenZeugen [X.] ein. Durch die schmerzhaften Mißhandlungen trug [X.] Abschürfungen an der [X.], am [X.] und im linken Rückenbereich da-von.2. Die Zeugin [X.], eine Beamtin des Bundesgrenzschutzes,eilte dem [X.] [X.] zu Hilfe. Sie packte die gesondertVerfolgte [X.] am rechten Oberarm und fragte sie, was das [X.]. Ohne zu antworten griff diese unvermittelt der Zeugin [X.] in die Haa-re und riß sie ruckartig nach hinten; der Kopf der Zeugin stieß dabei an [X.] einer Leuchtreklame und kam auf dem Steinboden auf. Als die Zeugin- 5 -[X.]versuchte, sich wieder aufzurichten, versetzte der Angeklagte [X.], derleichte Wanderstiefel trug, ihr einen Tritt gegen die rechte Kopfseite, den er"etwas abbremste, um ihm an Wucht zu nehmen". Anschließend zog er sichsofort zurück, während [X.]der Zeugin [X.]einen Fußtritt in dielinke [X.]-Nackenregion versetzte, worauf diese bewegungslos auf dem Rük-ken liegen blieb. Der Angeklagte [X.] bemerkte, daß sich die Zeugin [X.]nicht mehr rührte, [X.]jedoch gleichwohl weiter auf sie einschlug.Er ging darauf zu ihr zurück und sagte: "[X.] schon, hör‚ auf, die ist dochschon halb tot." [X.]reagierte darauf nicht, sondern versetzte nun [X.] mit einem anderen, nicht ermittelten Täter aus der Gruppe [X.] der Zeugin [X.]von links und rechts Fußtritte gegen deren Kopf "in [X.] Ping-Pong-Spiels". Nachdem sich dieser dritte Täter entfernt hatte, [X.] sich mit dem Gesäß auf den Bauch der nach wie vor auf dem Rücken lie-genden Zeugin [X.] , packte deren Kopf mit beiden Händen und schlug [X.] voller Wucht drei- bis viermal auf den Steinboden des Bahnsteiges. Mit [X.] hörte sie erst auf, als ihr Bruder sie von der Zeugin [X.] wegzog.Als sie bereits die Rolltreppe zum [X.] erreicht hatte,kehrte sie nochmals um, lief zur Zeugin [X.] zurück und versetzte ihr einenweiteren wuchtigen Fußtritt von links gegen den Kopf, der im Augenbereichtraf. Erst dann ließ sie endgültig von der Zeugin [X.]ab. Diese war [X.] befand sich zunächst aufgrund der Schläge und Tritte gegen ihren Kopfund nach mehrmaligem Erbrechen in konkreter Lebensgefahr. Sie erlitt eineGehirnerschütterung, massive Hämatome am Kopf, [X.] am linken Ohr,eine [X.]wirbel-Schulterdistorsion, ein Brillenhämatom sowie eine Orbitabo-denfraktur links. Weiter wurde bei ihr eine verminderte Konvergenzfähigkeitdes rechten Auges [X.] -Die [X.] hat nicht festzustellen vermocht, welche dieser [X.] durch den Tritt des Angeklagten [X.] verursacht waren. Sie gehtdavon aus, daß der Angeklagte [X.] mit seinem Eingreifen der [X.] helfen wollte, weil er annahm, diese sei in Bedrängnis. Er habe indessen [X.] des Todes der Zeugin [X.]nicht billigend in Kauf genommen und seisich nicht bewußt gewesen, daß ein Tritt, wie er ihn ausführte, auch tödlicheFolgen hätte haben können. Von einer Beteiligung des Angeklagten [X.] ander Mißhandlung der Zeugin [X.]hat sich die [X.] nicht überzeu-gen können. Sie hat dementsprechend beide Angeklagten wegen gefährlicherKörperverletzung zum Nachteil [X.] und den Angeklagten [X.] über-dies wegen gefährlicher Körperverletzung zum Nachteil [X.]schuldig gespro-chen, den Angeklagten [X.] hingegen vom Vorwurf der Beteiligung an [X.] zum Nachteil [X.] freigesprochen.[X.] Die Beschwerdeführerin beanstandet, daß das [X.] sich [X.] der gefährlichen Körperverletzung zum Nachteil [X.](zweite Tat) nichtvom bedingten Tötungsvorsatz des Angeklagten [X.]überzeugt hat. Die [X.] nicht durch.Der Angeklagte [X.]hat sich dahin eingelassen, er habe der [X.]spontan beistehen wollen, Anlauf genommen und gezielt gegen den Kopf derZeugin [X.]getreten, um diese "außer Gefecht zu setzen". Im letzten Augen-blick sei ihm der Gedanke gekommen, er könne diese ernsthaft verletzen,wenn er voll zutrete. Daher habe er seinen Tritt noch etwas abbremsen [X.]. Die Zeugin [X.] sei erst im weiteren Verlauf bewußtlos geworden. Er- 7 -habe die [X.] aufgefordert, von weiteren Tätlichkeiten abzulassen und seiweggegangen. Die nachfolgenden Mißhandlungen der Zeugin [X.] habe ernicht mitbekommen, weil es auf dem Bahnsteig zu weiteren [X.] zwischen U-Bahn-Fahrgästen und seinen Freunden gekommen sei.Tödliche Folgen seines [X.] habe er nie in Erwägung gezogen, geschweigedenn billigend in Kauf genommen.Die [X.] folgt im wesentlichen dieser Einlassung. Sie siehtsie bestätigt durch die Angaben der [X.] im Ermittlungsverfahren. [X.] angegeben, daß [X.]zugetreten habe, als sich die Zeugin [X.]geradewieder habe aufrichten wollen. Erst danach sei sie, [X.] , "völlig ausgera-stet" und habe wie wild auf die Zeugin eingeschlagen. Die Kammer geht [X.] davon aus, daß der Tritt des Angeklagten [X.] zu einem Zeitpunkt er-folgte, in dem die Zeugin [X.] noch nicht "schwer angeschlagen" war. [X.] zudem hervor, daß der Angeklagte [X.] kein schweres Schuhwerk [X.] einmal zutrat" und die [X.]aufforderte aufzuhören, da die Zeugin "jaschon halb tot" sei. Da auch der in Augenschein genommene Videofilm [X.] bestätigt hat, daß sich der Angeklagte [X.] zu dem vonihm angegebenen Zeitpunkt von diesem Geschehen entfernte und sich eineranderen Auseinandersetzung mit dem [X.] zuwandte, hat ihm [X.] das nachfolgende Verhalten der gesondert verfolgten [X.] und eines weiteren Täters nicht zugerechnet und darin einen Exzeß gesehen.Diese Würdigung ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden. Die [X.] der Revision gegen die Beweiswürdigung des [X.]s erschöpfensich in dem revisionsrechtlich unzulässigen Versuch, die Wertung des hierzuberufenen Tatgerichts durch eine eigene zu ersetzen (vgl. BGHR StPO § 261Beweiswürdigung 2 und Überzeugungsbildung 21). Die Würdigung der erho-- 8 -benen Beweise ist Sache des Tatrichters. Sie ist vom Revisionsgericht grund-sätzlich hinzunehmen, auch wenn auf der Grundlage des Beweisergebnisseseine abweichende Überzeugungsbildung möglich erschienen wäre. Das [X.] kann nur dann eingreifen, wenn die Beweiswürdigung rechtsfeh-lerhaft ist, etwa weil sie gegen die Denkgesetze oder gesichertes Erfahrungs-wissen verstößt, in sich widersprüchlich oder lückenhaft ist oder sich so weitvon einer festen Tatsachengrundlage entfernt, daß die gezogenen [X.] sich letztlich als reine Vermutungen erweisen.Einen derartigen Rechtsfehler vermag die Beschwerdeführerin nicht auf-zuzeigen; er ist auch sonst nicht ersichtlich. Die Überzeugungsbildung der Ju-gendkammer beruht auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage. Die von ihr ge-zogenen Folgerungen sind möglich; zwingend müssen sie nicht sein.Schließlich erweist es sich nicht als rechtlicher Mangel, daß die Jugend-kammer nicht ausdrücklich erörtert hat, ob die lebensgefährdende Behandlungder Zeugin [X.] durch die [X.] dem Angeklagten unter dem Gesichts-punkt einer Garantenhaftung aufgrund eigenen gefährdenden Vorverhaltenszuzurechnen ist (sog. Ingerenz). Dem Zusammenhang der Urteilsgründe ist zuentnehmen, daß solches nicht in Betracht kam. Der Angeklagte hatte sich [X.] ab- und einer anderen Auseinandersetzung zugewandt. Als Ga-rant hätte er indessen den weiteren lebensgefährlichen Angriff der [X.] erkennen müssen, um die Möglichkeit zu rechtzeitigem, hinderndem Eingreifenzu haben (vgl. nur BGHSt 38, 356, 358; BGHR StGB § 13 Abs. 1 Garanten-stellung 7).Ergänzend nimmt der Senat Bezug auf die zutreffenden [X.] Generalbundesanwalts in dessen Antragsschrift vom 6. Dezember 2002,die dieser auch in der Hauptverhandlung vorgetragen [X.] -2. Die Beschwerdeführerin rügt überdies, daß die [X.] denAngeklagten [X.] im Falle zum Nachteil [X.](zweite Tat) freigesprochenhat. Die Beweiswürdigung des [X.]s ist indessen auch insoweit [X.] nicht zu beanstanden.Spricht der Tatrichter einen Angeklagten frei, weil er Zweifel an seinerTäterschaft nicht überwinden kann, so ist auch dies durch das [X.] hinzunehmen. Allerdings ist der Tatrichter gehalten, sich mit [X.] ihm festgestellten Tatsachen unter allen für die Entscheidung wesentlichenGesichtspunkten auseinanderzusetzen, wenn sie geeignet sind, das [X.] zu beeinflussen. Das ist vorliegend geschehen. Entgegen der [X.] der Revision erweist es sich nicht als Widerspruch, daß die [X.] sich zur Frage der Identifizierung des Angeklagten [X.] als "drittemTäter" mangels anderer unterstützender Beweismittel auf frühere [X.] der gesondert verfolgten [X.] nicht meinte verlassen zu [X.]. Dafür führt die [X.] Gründe an. Unter anderem habe [X.] den Angeklagten [X.] erst als Mittäter genannt, als sie mit dem Verdachtder Beteiligung ihres Bruders konfrontiert worden sei. Schließlich ist es [X.] verfehlt, daß die Kammer auch brieflichen Andeutungender [X.]Zweifel dahin entnimmt, diese könne mit der Benennung des Ange-klagten [X.] bezweckt haben, ihren Bruder zu entlasten. Angesichts weitererUngereimtheiten und im Blick auf die Entstehung der polizeilichen Angaben der[X.](in der Hauptverhandlung hat diese die Aussage verweigert) ist [X.] wegen nichts dagegen zu erinnern, wenn das [X.] Zweifel ander Schuld des Angeklagten [X.] insoweit nicht zu überwinden [X.] Schließlich begegnet die Aussetzung der gegen den Angeklagten[X.] verhängten Jugendstrafe von einem Jahr und drei Monaten zur [X.] -rung keinen rechtlichen Bedenken (§ 21 Abs. 1, 2 JGG). Zum Zeitpunkt [X.] hatte sich dieser erstmals inhaftierte Angeklagte bereits seit einem [X.] Untersuchungshaft befunden. Die [X.] hat seine Entwicklung als"günstig" beurteilt. Sie hat auch sonst die erforderlichen Wertungen vorge-nommen. Rechtliche Mängel sind nicht erkennbar. Eine ins einzelne gehendeRichtigkeitskontrolle der [X.] ist ausgeschlossen.4. Der Senat hält zudem die angesichts des aggressiven Vorgehens [X.] und der Brutalität des Tatgeschehens eher milden Strafen fürnicht so niedrig, als daß sie nicht mehr geeignet wären, den Zweck einer Ju-gendstrafe im konkreten Fall zu erfüllen.5. Die sachlichrechtliche Nachprüfung des angefochtenen Urteils hatauch im übrigen keinen die Angeklagten zu Unrecht begünstigenden oder siebeschwerenden (vgl. § 301 StPO) Rechtsfehler ergeben.[X.][X.] [X.] [X.] Elf
Meta
11.03.2003
Bundesgerichtshof 1. Strafsenat
Sachgebiet: StR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.03.2003, Az. 1 StR 266/02 (REWIS RS 2003, 4034)
Papierfundstellen: REWIS RS 2003, 4034
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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