Bundespatentgericht, Beschluss vom 17.01.2013, Az. 8 W (pat) 41/08

8. Senat | REWIS RS 2013, 8922

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Gegenstand

Patenteinspruchsbeschwerdeverfahren – "Mehrschneiden-Reibahle mit innerer Kühlschmiermittelzufuhr" – zum Verständnis eines Fachbegriffs


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend das Patent 101 21 986

hat der 8. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 17. Januar 2013 durch den Vorsitzenden [X.]. [X.] sowie [X.], [X.] und [X.]. Dorfschmidt

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Auf die am 5. Mai 2001 beim Patentamt eingereichte Patentanmeldung ist das Patent 101 21 986 mit der Bezeichnung „[X.] mit innerer [X.]zufuhr“ mit Beschluss vom 9. August 2006 erteilt und die Erteilung am 11. Januar 2007 veröffentlicht worden.

2

Auf den Einspruch der Einsprechenden hat die [X.] des Patentamts das Patent mit Beschluss vom 4. März 2008 in vollem Umfang aufrechterhalten. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Einsprechenden. Sie führt aus, dass der Gegenstand des Streitpatents gegenüber der [X.] 44 556 [X.] ([X.]) oder der [X.] 22 141 C2 ([X.]) nicht neu bzw. gegenüber der [X.] in Verbindung mit der [X.] oder dem [X.] Gebrauchsmuster [X.] (([X.]) bzw. [X.] Übersetzung ([X.]A)) oder dem Fachwissen des Fachmanns nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe. Ihren Vortrag hinsichtlich der noch im Verfahren vor dem Patentamt behaupteten Vorbenutzungshandlung gemäß der Zeichnung [X.] hält sie nicht mehr aufrecht.

3

Die Einsprechende und Beschwerdeführerin stellt den Antrag,

4

den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent zu widerrufen.

5

[X.] und Beschwerdegegnerin stellt den Antrag,

6

die Beschwerde zurückzuweisen,

7

hilfsweise das Patent mit den in der mündlichen Verhandlung eingereichten Ansprüchen 1 und 2 gemäß Hilfsantrag,

8

im Übrigen (Beschreibung, Zeichnung Figuren 1 und 2) gemäß der Patentschrift beschränkt aufrechtzuerhalten

9

und die weitergehende Beschwerde zurückzuweisen.

Sie widerspricht dem Vorbringen der Beschwerdeführerin und führt aus, der im Verfahren befindliche Stand der Technik sei weder einzeln noch in einer Zusammenschau geeignet, Neuheit und erfinderische Tätigkeit des Gegenstands des erteilten Patentanspruchs 1 in Frage zu stellen.

Der erteilte Patentanspruch 1 lautet:

„[X.], bestehend aus einem [X.] mit einem in dessen Innern in axialer Richtung verlaufenden Kanal für das [X.] und einem mit dem [X.] koaxial verbundenen‚ die [X.] und die [X.] aufweisenden [X.], wobei der [X.] und der [X.] vermittels einer aus Bohrung und Zapfen gebildeten kraftschlüssig wirkenden Einsteckverbindung miteinander verbunden sind,

gekennzeichnet durch folgende Merkmale:

- der Zapfen (3) der Einsteckverbindung ist als zylindrischer Passzapfen am Schneidenteil (2) angeformt, während die zugehörige Bohrung (5) als Passbohrung im [X.] (4) ausgebildet ist;

- das Schneidenteil (2) ist mit [X.] (6) ausgestattet, deren [X.] sich über die gesamte [X.] hin erstreckt;

- im hinteren Bereich der Bohrung (5) ist im Mündungsbereich der den [X.] (4) durchgreifenden [X.]bohrung (9) eine Freimachung (8) ausgebildet;

- die Einsteckverbindung ist durch ein im Wesentlichen vom [X.] (4) bewirktes Aufschrumpfen hergestellt.“

Hinsichtlich des Wortlauts des abhängigen Unteranspruchs 2 sowie der Ansprüche gemäß dem Hilfsantrag sowie weiterer Einzelheiten wird auf die Akten Bezug genommen.

Im [X.] und Einspruchsverfahren vor dem Patentamt sind weiterhin die Druckschriften [X.] ([X.]), [X.] 3 055 239 ([X.]), [X.] 199 60 927 [X.] ([X.]), [X.] 42 05 007 [X.] ([X.]), [X.] 37 09 647 [X.] ([X.]), [X.] 1 291 170 B ([X.]0) in Betracht gezogen worden.

II.

1. Die form- und fristgerecht erhobene Beschwerde ist zulässig, jedoch nicht erfolgreich, da der Gegenstand des angegriffenen Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag patentfähig ist.

2. Der Streitpatentgegenstand betrifft nach dem geltenden Anspruch 1 eine [X.], bestehend aus einem [X.] mit einem im Innern in axialer Richtung verlaufenden Kanal für das [X.] und einem mit dem [X.] koaxial verbundenen, die [X.] und die [X.] aufweisenden [X.]. Der [X.] und der [X.] sind mittels einer aus Bohrung und Zapfen gebildeten kraftschlüssig wirkenden Einsteckverbindung miteinander verbunden.

Nach den Ausführungen in der Beschreibungseinleitung des Streitpatents sind kraft- und formschlüssige Verbindungen zwischen Zapfen und [X.] bei herkömmlichen [X.]n vielfältig bekannt. Bei einer bekannten [X.] sei dabei der Zapfen mit einer engen Passung in die [X.] einsetzbar und durch Kraftschluss festsetzbar, während durch [X.] an seinem Ende zugleich eine Formschlussverbindung hergestellt werde (Absatz [0014]). Gemäß Absatz [0015] der Patentschrift sei diese Verbindungskombination in technischer Hinsicht nachteilig und verursache relativ hohe Fertigungskosten.

Nach den Ausführungen in Absatz [0017] der Beschreibung besteht die dem Streitpatent zugrunde liegende Aufgabe darin, eine technische Lösung anzugeben, die eine einfache Fertigung ermöglicht und eine vorteilhafte wirksame Zuführung des [X.] in die [X.] des [X.]es gewährleistet.

Die Lösung dieser Aufgabe erfolgt nach den Ausführungen in Absatz [0018] der Streitpatentschrift durch die Merkmale des Patentanspruchs 1, dessen Merkmale sich folgendermaßen gliedern lassen:

1. [X.], bestehend aus

1.1 einem [X.]

1.1.1 mit einem in dessen Innern in axialer Richtung verlaufenden Kanal für das [X.];

1.2 einem [X.],

1.2.1 der mit dem [X.] koaxial verbundenen ist‚ und

1.2.2 [X.] und [X.] aufweist;

1.3 [X.] und [X.] sind mittels einer aus Bohrung und Zapfen gebildeten kraftschlüssig wirkenden Einsteckverbindung miteinander verbunden;

- Oberbegriff -

1.4 der Zapfen (3) der Einsteckverbindung ist als zylindrischer Passzapfen am Schneidenteil (2) angeformt;

1.5 die zugehörige Bohrung (5) ist als Passbohrung im [X.] (4) ausgebildet;

1.6 das Schneidenteil (2) ist mit [X.] (6) ausgestattet;

1.6.1 der [X.] der [X.] (6) erstreckt sich über die gesamte [X.] hin;

1.7 im hinteren Bereich der Bohrung (5) ist im Mündungsbereich der den [X.] (4) durchgreifenden [X.]bohrung (9) eine Freimachung (8) ausgebildet;

1.8 die Einsteckverbindung ist durch ein im Wesentlichen vom [X.] (4) bewirktes Aufschrumpfen hergestellt.

- Kennzeichen -

Der Patentgegenstand betrifft nach dem geltenden Patentanspruch 1 eine [X.]. Die Merkmale 1 bis 1.2.1 und 1.6 beschreiben die typischen und notwendigen Merkmale einer zweiteiligen [X.] mit innerer [X.]zufuhr. Die Merkmale 1.3, 1.4, 1.5 und 1.8 legen eine besondere Art der Verbindung zwischen [X.] und [X.] fest, nämlich eine kraftschlüssige Einsteckschrumpfverbindung mit Passzapfen und Passbohrung.

Das Merkmal 1.6.1 des Patentanspruchs 1 bedarf der Auslegung. Die Einsprechende hat zu diesem Merkmal ausgeführt, dass durch dieses Merkmal auch eine Lösung umfasst sei, bei der der [X.] der [X.] durch weitere, die [X.] fortsetzende Nuten gebildet sei. Betrachtet man den reinen Wortlaut des Merkmals, dann mag dem noch zuzustimmen sein, denn die Verwendung des Genitivs beschreibt rein sprachlich nicht nur den Fall, dass der [X.] Teil der [X.] ist, sondern auch in einem weiteren Sinn die Möglichkeit, dass der [X.] den [X.] zugeordnet ist. Bei der Auslegung eines Patentanspruchs kommt es jedoch letztlich nicht auf den Wortlaut, sondern auf den aus dem Wortlaut abgeleiteten Wortsinn an.

Bei der Feststellung des [X.] ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Begriff „[X.]“ eindeutig eine geometrische Bedeutung hat. Der Fachmann, ein Diplom-Ingenieur (FH) der Fachrichtung Maschinenbau mit mehrjähriger Erfahrung in der Konstruktion von [X.], versteht diesen Begriff so, dass die geometrische Form der [X.] ausläuft, womit gemeint ist, dass die Querschnittsfläche der Nut kleiner wird. Bereits aus diesem Verständnis des Begriffs „[X.]“ bzw. „[X.] der Nuten“ als Bereich auslaufender [X.] ergibt sich, dass sich die auslaufenden [X.] nach dem Merkmal 1.6.1 über den gesamten [X.] erstrecken, so dass nach dem Patentanspruch 1 Varianten, bei denen die [X.] im [X.] durch gesonderte Nuten oder einen ringförmigen Bereich fortgesetzt werden, ausgeschlossen sind.

Zudem ist zu berücksichtigen, dass es sich bei dem Begriff „[X.]“ bzw. „[X.] der Nuten“ nach Überzeugung des Senats um einen Fachbegriff handelt, der von der Fachwelt immer in der gleichen Weise so verstanden wird, dass er den Bereich des (geometrischen) Auslaufens der [X.] bezeichnet. Dem steht nicht entgegen, dass dieser Begriff nur aus einigen wenigen, durch Zitierung aufeinander Bezug nehmenden Patentveröffentlichungen zu entnehmen ist, wie die Einsprechende wohl zutreffend ausführt. Dass der Fachbegriff in der Literatur nur wenig Verwendung findet, ist darauf zurückzuführen, dass es sich bei dem Fachgebiet der Entwicklung von [X.] um ein enges Fachgebiet handelt, auf dem im [X.] Raum nur wenige Fachleute tätig sind. Die Ausgestaltung des [X.]s beeinflusst in erster Linie die Herstellungskosten der Reibahle und ist daher nur bei der Entwicklung und Herstellung der Reibahle von Bedeutung. Bei der fertigen Reibahle ist der [X.] dagegen abgedeckt und nicht einsehbar. Seine Ausgestaltung ist daher bei Vertrieb und Einsatz des Werkzeugs für den Anwender in der Regel nicht von Interesse. Dies erklärt, warum der Fachbegriff nur in einigen Patentveröffentlichungen, aber nicht in vorrangig dem Marketing dienenden Vertriebsprospekten und Internetveröffentlichungen auftaucht.

Nach Merkmal 1.7 ist im hinteren Bereich der (Pass-)Bohrung und im Mündungsbereich der den [X.] durchgreifenden [X.]bohrung gelegen eine Freimachung ausgebildet, so dass entsprechend den Ausführungen in Absatz [0027] das [X.] zu den als [X.] dienenden [X.] im „[X.] der [X.]“ und durch diese hindurch bis zu dem Nutenbereich des [X.] befördert werden kann.

3. Die geltenden Patentansprüche 1 und 2 gemäß Hauptantrag sind zulässig, weil sie den ursprünglichen Ansprüchen entsprechen.

4. Der unbestritten gewerblich anwendbare Gegenstand des angegriffenen Patentanspruchs 1 des Streitpatents gemäß Hauptantrag ist gegenüber dem aufgezeigten Stand der Technik neu.

Die [X.] zeigt ein rotierendes Schaftwerkzeug mit mehreren Schneiden, das nach Anspruch 27 als Reibwerkzeug Verwendung finden kann - also eine [X.]. Die bekannte [X.] ist zweiteilig ausgeführt und besteht aus einem [X.] (12) und einem [X.] (13). Im Innern des [X.]s ist ein in axialer Richtung verlaufender Kanal (Hauptkanal 23) für das [X.] angeordnet. Der [X.] (13), der in herkömmlicher Weise [X.] und [X.] (15) aufweist, ist mit dem [X.] (12) koaxial verbunden (Merkmal 1.2.1). Er ist mehrstufig aufgebaut und umfasst:

• einen vorderen Bereich mit den [X.] und [X.] (15), der den größten Durchmesser aufweist;

• einen [X.] (16) mit einem etwas kleineren Durchmesser, an dem eine Hülse (27) gelagert ist;

• einen „zylindrischen Körper“ (21) mit kleinstem Durchmesser;

• eine konische Spitze am Ende des „zylindrischen Körpers“ (21).

Nach den Ausführungen in Spalte 3, Zeilen 14 - 20 sind der [X.] und [X.] mittels einer im [X.] angeordneten Bohrung (22) und dem ersichtlich als Zapfen ausgebildeten zylindrischen Körper (21) kraft- und/oder formschlüssig miteinander verbunden - insbesondere durch eine Presspassung. Somit bildet der zylindrische Körper (21) den „Zapfen“ der Einsteckverbindung und ist entsprechend Merkmal 1.4 somit als zylindrischer Passzapfen am Schneidenteil angeformt. Folglich ist auch die zugehörige Bohrung (22) als eine Passbohrung im [X.] (12) ausgebildet (Merkmal 1.5). Nach den Ausführungen in Spalte 4, Zeilen 41 ff. wird die Einsteckverbindung in Form einer Presspassung durch ein vom [X.] (12) bewirktes Aufschrumpfen hergestellt (Merkmal 1.8). Im hinteren Bereich der Bohrung (22) ist bei der bekannten [X.] im Mündungsbereich der den [X.] (12) durchgreifenden [X.]bohrung (13) eine Freimachung ausgebildet, die durch das Zusammenwirken der konischen Spitze mit dem abgestuften Ende der Bohrung (22) entsteht (Merkmal 1.5).

Der vordere Schneidenteil bzw. Schneidenbereich der bekannten [X.] ist mit [X.] (15) ausgestattet (Merkmal 1.6).

Anders als beim Streitpatentgegenstand gemäß Merkmal 1.6.1 erstreckt sich jedoch der [X.] der [X.] bei der bekannten [X.] nach der [X.] nicht über die gesamte [X.]. Denn der [X.] der [X.] ist bei dem Gegenstand des Patentanspruchs 1, entsprechend den vorstehenden Ausführungen in Abschnitt 2 ein integraler Bestandteil der [X.]. Vielmehr endet bei der bekannten [X.] nach der [X.] der [X.] (16) der [X.] am Absatz (17), so wie es in Spalte 2, Zeilen 68 bis Spalte 3, Zeilen 10 der [X.] auch beschrieben ist. Der sich an den [X.] (16) der [X.] anschließende zylindrische Körper hat einen deutlich geringeren Durchmesser und weist ersichtlich keine [X.] auf, sondern als Strömungskanäle (31) ausgebildete [X.] für das Kühl-/Schmiermittel, die am Außenmantel des zylindrischen Körpers achsparallel zur Längsmittelachse angeordnet sind. Selbst für den Fall der in Spalte 4, Zeilen 35 ff. beschriebenen bevorzugten Ausführungsform der bekannten [X.], bei der die Anzahl der [X.] an die Anzahl der [X.] angepasst ist und diese gemäß Spalte 4, Zeilen 37 direkt in den [X.] (16) der [X.] (15) übergehen, bilden die [X.] - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin - keinen [X.] der [X.] im Sinne des Streitpatents. Denn diese Strömungsnuten sind hinsichtlich Ort und Art ihrer Anordnung sowie ihrer geometrischen Ausgestaltung unterschiedlich zu den [X.] ausgebildet und angeordnet und daher notwendigerweise auch durch ein anderes oder zusätzliches Verfahren hergestellt.

Die [X.] vermittelt dem Fachmann insgesamt eine Reibahle, bei der der [X.] mehrere Stufen aufweist und jede Stufe eine bestimmte Funktion hat. Wesentlicher Gesichtspunkt für die technische Lehre der [X.] ist nach den Ausführungen auf Spalte 1, Zeilen 62 bis Spalte 2, Zeilen 2, dass eine strömungsgünstige Ausgestaltung für Kühl-/Schmiermittel geschaffen und eine hohe Festigkeit auch bei kleinerem Durchmesser der [X.] erreicht wird. Der zylindrische Körper (21) ist mit den achsparallel zur Längsmittelachse verlaufenden Strömungskanälen am Außenmantel für das Kühl-/Schmiermittel, der in dem Schaft der bekannten [X.] kraft- und/oder stoffschlüssig verbunden.

Die [X.] zeigt gemäß ihrem Anspruch 10 ebenfalls eine [X.], die zweiteilig ausgeführt ist und aus einem [X.] (12) und einem [X.] (13) besteht. Auf dem [X.] (13) sind [X.] und [X.] (15) angeordnet. Der [X.] (13) weist als Zapfen zwei stufenförmige Absätze (17, 18) mit einem kegeligen Ende auf, wobei der Zapfen mit dem [X.] (12) koaxial verbunden ist. Im Innern des [X.]s ist ein in axialer Richtung verlaufender Kanal (Hauptkanal 21) für das [X.] angeordnet. Über [X.] (22) am Ende des [X.] (21) gelangt das [X.] über einen zwischen einer Hülse (19) und dem Schaft entstehenden [X.] zu dem [X.] (16) der [X.] (15). Wie aus den Figuren 1 und 3 der [X.] zu entnehmen, erstrecken sich die [X.] (15) des bekannten [X.]es nicht gemäß Merkmal 1.6.1 des Patentanspruchs 1 des Streitpatents vollständig über die gesamte [X.]. Vielmehr enden die [X.] (15) und somit auch der [X.] (16) der [X.] (15) deutlich vor dem Ende des Absatzes (18), so dass ein schmaler Bereich des Absatzes (18) und auch das kegelförmige Ende des Zapfens ersichtlich keine [X.] (15) und auch keine auslaufenden [X.] mehr aufweisen. Soweit die Beschwerdeführerin auf die Figur 2 des Streitpatents verweist und ausführt, dass sich auch dort die [X.] nicht über die gesamte [X.] hin erstreckten, weil an der am Zapfen zeichnerisch angedeuteten Fase (Nähe Bezugszeichen 17) keine [X.] eingezeichnet seien, vermag ihr der Senat nicht zu folgen. Denn der Fachmann erkennt anhand der Figur 2 des Streitpatents unzweifelhaft, dass die Linien für die Kanten der dargestellten Nuten über die gesamte Länge parallel verlaufen und sich damit auch über die Fase erstrecken - so wie es im Patentanspruch 1 und zudem im Absatz [0026] des Streitpatents festgelegt ist. Demgegenüber laufen bei der bekannten [X.] nach den Figuren 1 und 3 der [X.] die Kanten der dargestellten Nuten spitz zu und enden damit auf der Mantelfläche des Absatzes (18).

Auch erfolgt anders als beim Streitpatent gemäß Merkmal 1.3 bei der in den Figuren 1 bis 3 dargestellten Ausführungsform die Verbindung zwischen dem [X.] (12) und dem [X.] (13) nicht durch eine kraftschlüssig wirkende Einsteckverbindung, sondern stoffschlüssig, indem ein kegelförmiges Ende des [X.]es mit einer entsprechenden Ausnehmung an der Stirnseite des Schaftes (12) verlötet wird. Mangels einer kraftschlüssig wirkenden Einsteckverbindung können bei dieser Ausführungsform der bekannten [X.] auch nicht die Merkmale 1.4, 1.5 und 1.8 verwirklicht sein, die einzelne Elemente dieser kraftschlüssig wirkenden Einsteckverbindung weiterbilden. Insbesondere ist auch keine Bohrung im [X.] vorhanden, die als Passbohrung der Einsteckverbindung ausgebildet ist. Anders als beim Streitpatent entsprechend Merkmal 1.7 des Patentanspruchs 1 ist der [X.], der eine Freimachung für das [X.] ausbildet, daher auch nicht im hinteren Bereich der (Pass-)Bohrung und im Mündungsbereich der den [X.] (12) durchgreifenden [X.]bohrung (21) angeordnet, sondern am Außenumfang des Schafts (12).

Dies gilt auch für die in Spalte 4, Zeilen 4 bis 15 offenbarte alternative Ausführungsform. Denn dort ist zwar eine kraftschlüssige Verbindung zwischen dem [X.] (13) und dem [X.] (12) mit einer Presspassung in Form einer Nut-/Feder-Verbindung erwähnt, wobei auch die Hülse (19) einstückig an dem Schaft (12) angeformt sein kann. Dadurch wird jedoch keine Einsteckverbindung mit einem zylindrischen Passzapfen und einer entsprechenden (zylindrischen) Passbohrung im [X.] gemäß den Merkmalen 1.4 und 1.5 des Patentanspruchs 1 des Streitpatents beschrieben. Auch hinsichtlich der im ersten Ausführungsbeispiel bereits fehlenden Merkmale 1.6.1 und 1.7 beschreibt das zweite Ausführungsbeispiel der [X.] keine anderen Lösungsansätze als das erste Ausführungsbeispiel.

Das [X.] Gebrauchsmuster [X.] ([X.]) zeigt eine zweiteilige [X.], bestehend aus einem [X.] (1), in dessen Innern gemäß Figur 2 ein in axialer Richtung verlaufender Kanal für das [X.] verläuft und einem [X.] (Schneideteil 10), der mit dem [X.] koaxial verbundenen ist und [X.] und [X.] aufweist. Der [X.] (10) ist mit dem [X.] über einen Bolzen (14) durch eine Art Bajonettverbindung formschlüssig und lösbar verbunden. Nach den Ausführungen auf Seite 3, 2. und 3. Absatz der [X.]A, soll die Verbindung zwischen [X.] (10) und [X.] derart als Spielpassung ausgebildet werden, dass eine Abweichung von der Werkzeugachse und somit eine Selbstzentrierung innerhalb der Bohrung möglich ist. Die bekannte [X.] nach der [X.] zeigt somit keine kraftschlüssige Schrumpfverbindung entsprechend den Merkmalen 1.3 und 1.8 des Patentanspruchs 1 des Streitpatents, sondern eine formschlüssige Spielpassung mit dem Bolzen (14). Während am [X.] (10) nach der Darstellung in Figur 1 neben den Schneiden (11) offenbar auch [X.] angeordnet sind, weist die zylindrische Oberfläche (12) des [X.]zapfens (Trageschaft (9)) eine oder mehrere [X.] (13) für die Zuführung der Kühlflüssigkeit auf. Auch hier handelt es sich bei den [X.] (13), ähnlich wie bei der [X.], nicht um auslaufende [X.] oder „Reste“ von [X.], sondern um spezielle Strömungskanäle, die sich nach Ort und Art ihrer Anordnung sowie ihrer geometrischen Ausgestaltung deutlich von den [X.] unterscheiden und daher notwendigerweise auch durch ein zusätzliches oder anderes Verfahren hergestellt sind.

Auch die [X.]n nach der [X.] und [X.], die keine kraftschlüssig wirkenden Schrumpfverbindungen, sondern form- und stoffschlüssige Einsteckverbindungen aufweisen, sowie die übrigen im Zuge des Verfahrens in Betracht gezogenen Druckschriften, die von der Beschwerdeführerin zuletzt in der mündlichen Verhandlung hinsichtlich Neuheit und erfinderischer Tätigkeit nicht mehr aufgegriffen worden sind, liegen weiter ab vom Streitgegenstand des Patentanspruchs 1 und bringen hinsichtlich der Beurteilung der Patentfähigkeit keine neuen Gesichtspunkte.

5. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Die aus der [X.] bekannte Reibahle kommt dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 am nächsten. Da sich die [X.] wie das Streitpatent mit der Strömungsmittelführung und dem [X.] einer Reibahle befasst, bildet sie für das Streitpatent den geeigneten Ausgangspunkt.

Bei der aus [X.] bekannten Reibahle werden zwar eine günstige Strömungsmittelführung und eine hohe Festigkeit erreicht. Hierfür werden jedoch ersichtlich auch die Nachteile vergleichsweise großer Längsabmessungen des [X.]es und erhöhter Fertigungskosten wegen der mehrstufigen Ausgestaltung des [X.]es in Kauf genommen. Der Fachmann richtet bei der Weiterentwicklung von Werkzeugen stets auch sein Augenmerk auf eine kostengünstige Herstellung. Kommt es bei dem vorgesehenen Anwendungszweck der Reibahle nicht auf die Längserstreckung des [X.]es an, zieht er daher eine verkürzte Konstruktion des [X.]es in Betracht. Hierzu mag es für ihn zwar noch auf der Hand liegen, auf die Hülse (27) zu verzichten und den [X.] entsprechend zu verkürzen. [X.] zieht er aber in Erwägung, Änderungen an dem für die Presspassung notwendigen Zapfen (zylindrischer Körper 21) vorzunehmen, da dieser für die Festigkeit und damit für die Funktion des Werkzeugs von entscheidender Bedeutung ist. Nicht in Frage kommt daher für den Fachmann insbesondere auch eine Lösung, bei der auf den für die Presspassung notwendigen zylindrischen Körper sogar ganz verzichtet wird und die Presspassung stattdessen mit dem [X.] (16) hergestellt wird. Denn aufgrund der geringen Längserstreckung des [X.]s kann eine derartige Presspassung nicht zu einer ausreichend festen Verbindung zwischen [X.] und [X.] führen. Zudem wären für eine derartige Lösung weitere konstruktive Änderungen am [X.] und am [X.] notwendig, um eine Presspassung überhaupt erst zu ermöglichen. Dem stünde jedoch wiederum entgegen, dass sich der Durchmesser des [X.]s wegen der begrenzten Tiefe der auslaufenden Nuten nicht beliebig verkleinern lässt und eine zu starke Verkleinerung des Durchmessers dann lediglich zu einem zylindrischen Zapfen führen würde, wie er bei der bekannten Reibahle bereits jetzt mit dem zylindrischen Körper vorgesehen ist.

Die Überlegungen zur kostengünstigen Herstellung eines in der Längserstreckung kleineren [X.]es führen den Fachmann somit zu einer Lösung, bei der das Kühlmittel im Bereich der Presspassung nach wie vor durch gesonderte Kanäle geführt wird. Dies entspricht nicht der Lösung nach Patentanspruch 1, bei der sich der [X.] der [X.] über die gesamte Länge des die Presspassung durch Aufschrumpfen ermöglichenden Zapfens erstreckt.

Die [X.] liegt schon insofern weiter ab, als sie keine kraftschlüssige Verbindung durch Aufschrumpfen zeigt, die durch eine Bohrung und einen Zapfen gebildet wird. Schon aus diesem Grund erhält der Fachmann aus [X.] keinen Hinweis, den [X.] auf der gesamten Länge eines für eine Presspassung vorgesehenen Zapfens auszubilden. Vielmehr ist in der [X.] angegeben, dass die Presspassung mit einer Nut/Federverbindung verwirklicht werden kann. Sie führt den Fachmann daher ausgehend von der Reibahle nach [X.] eher in eine andere Richtung, da sie ihm - bei vielen ähnlichen Merkmalen der Reibahle wie vergleichsweise kurzer [X.], zentrale Kühlmittelzuführung usw. - allenfalls veranlasst, die Presspassung mittels Zapfen und Bohrung zugunsten einer Nut/Federlösung aufzugeben.

Die Reibahle nach [X.] gibt ebenfalls keinen Hinweis darauf, den [X.] der [X.] über die gesamte Länge eines Zapfens einer kraftschlüssigen Verbindung zu erstrecken, denn bei dieser Reibahle ist eine kraftschlüssige Verbindung zwischen Schaft und [X.] überhaupt nicht vorgesehen. Die dort verwirklichte Spielpassung, die eine Selbstzentrierung innerhalb der Bohrung ermöglicht, stellt eine völlig andere Lösung dar. Bei der Weiterentwicklung der aus [X.] bekannten Reibahle orientiert sich der Fachmann daher nicht an [X.], zumal diese Druckschrift auch hinsichtlich des kurzen [X.]s und der daran anschließenden Zuführungskanäle nicht über [X.] hinausgeht.

Somit gelangt der Fachmann ausgehend von [X.] auch unter Berücksichtigung seines Fachwissens und Fachkönnens nicht in naheliegender Weise zum Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents.

 Bei dieser Sachlage war die Beschwerde der Einsprechenden und Beschwerdeführerin zurückzuweisen.

Meta

8 W (pat) 41/08

17.01.2013

Bundespatentgericht 8. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 17.01.2013, Az. 8 W (pat) 41/08 (REWIS RS 2013, 8922)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 8922

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