Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.07.2017, Az. IV ZR 151/15

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 8152

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:[X.]:2017:120717UIVZR151.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
IV ZR 151/15
Verkündet am:

12. Juli 2017

Schick

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja

[X.]Z: nein

[X.]R:

ja

[X.] § 307 Abs. 2 Nr. 2 [X.] Bk, [X.]; [X.] Gebäudevers. (hier [X.] 2001) § 4 Nr. 1 Buchst. b, § 6 Nr. 1, Nr. 3 Buchst. d

1.
Zur Inhaltskontrolle eines Leistungsausschlusses in der Gebäudeversicherung, demzufolge sich der Versicherungsschutz gegen Leitungswasser ohne Rücksicht auf mitwirkende Ursachen nicht auf Schäden "durch Schimmel" erstreckt (Abgren-zung zu Senatsurteil vom 27. Juni 2012 -
IV ZR 212/10, [X.], 490).

2.
Für den [X.]punkt des Versicherungsfalles "[X.]" im Sinne der
§§ 4 Nr. 1 Buchst. b und 6 [X.] 2001 kann nicht darauf abgestellt werden, wann aus einer defekten Leitung erstmals Wasser ausgetreten ist oder begonnen hat, versicherte Gegenstände zu schädigen.

[X.], Urteil vom 12. Juli 2017 -
IV ZR 151/15 -
OLG Koblenz

[X.]

-
2
-

Der [X.]
Zivilsenat des [X.] hat durch die Vorsitzende Richterin [X.], [X.], die Richterin [X.], den Richter [X.] und die Richterin Dr. Bußmann
auf die mündliche Verhandlung vom 12. Juli 2017

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 10.
Zivil-senats des [X.] vom 13.
Februar 2015 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Kläger nehmen die Beklagte
aus einer Wohngebäudeversiche-rung wegen eines [X.]s in ihrem im Jahre
2006 er-richteten und nach dessen Bezugsfertigkeit seit dem 1.
September 2006 auch gegen Schäden durch Leitungswasser versicherten Wohnhaus auf weitere Versicherungsleistungen in Anspruch.

Dem Versicherungsvertrag liegen Allgemeine Bedingungen für die Wohngebäudeversicherung ([X.]
2001) zugrunde. Sie lauten auszugs-weise:

1
2
-
3
-

"§ 4 Versicherungsfall; versicherte und nicht versicherte Gefahren und Schäden

1. Entschädigt werden versicherte Sachen , die durch

b) Leitungswasser ,

zerstört oder

2. Entschädigt werden auch Bruchschäden an Rohren der Wasserversorgung und Frostschäden an sonstigen [X.]swasser führenden Einrichtungen.

§
6 Leitungswasser

1. Leitungswasser ist Wasser, das bestimmungswidrig aus-getreten ist aus

a) Zu-
oder Ableitungsrohren der Wasserversorgung,

3. Der Versicherungsschutz gegen Leitungswasser er-streckt sich ohne Rücksicht auf mitwirkende Ursachen nicht auf Schäden durch

d) Schwamm oder Schimmel,

§
13 Beginn des V

1. Der Versicherungsschutz beginnt zu dem im [X.] angegebenen [X.]punkt, wenn der Versiche-rungsnehmer den ersten oder einmaligen Beitrag rechtzei-tig zahlt.

§
26 Obliegenheiten des Versicherungsnehmers im Versi-cherungsfall

1. [X.] ist verpflichtet, bei Eintritt ei-nes Versicherungsfalles

-
4
-

"

Am 19.
April 2008 stellten die Kläger im Fußbodenbereich der [X.] ihres Hauses Durchfeuchtungen fest, die infolge einer Undichtigkeit der im Fußbodenaufbau verlegten Kaltwasserleitung entstanden waren. Sie ließen die Undichtigkeit beheben und [X.] durch-führen, welche die Beklagte regulierte.

Eine
Übernahme der Kosten für die Sanierung des mikrobiell be-lasteten [X.] lehnte die Beklagte mit der Begründung ab, es handele sich um durch Schimmel
verursachte Schäden, die
vom Versi-cherungsschutz ausgeschlossen
seien. In einem daraufhin von den [X.] beantragten selbständigen Beweisverfahren stellte der gerichtlich bestellte Sachverständige einen großflächigen aktiven Schimmelpilzbe-fall von Estrich und Estrichdämmung fest und veranschlagte erforderliche Sanierungskosten mit netto 28.540,79

r-satzwohnung und -büro in Höhe von 4.200

Die Kläger halten dies für einen versicherten Schaden und verlan-gen die genannten Beträge als Abschlagszahlung, ferner Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur Erstattung anfallender Mehrwert-steuer.

Die Beklagte hält sich aufgrund des Ausschlusses von Schimmel-schäden für leistungsfrei
und wendet unter anderem weiter
ein, die Un-dichtigkeit der Wasserleitung sei bereits bei Errichtung des Wohnhauses durch fehlerhafte Installation verursacht worden, der Schaden mithin in nicht versicherter [X.] eingetreten.

3
4
5
6
-
5
-

In den Vorinstanzen ist die Klage erfolglos geblieben. Mit ihrer Re-vision verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die
Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und [X.] an das Berufungsgericht.

[X.] Nach dessen Auffassung sind die geltend gemachten Kosten in-folge des Ausschlusses in §
6 Nr.
3 Buchst.
d [X.]
2001 vom [X.] nicht umfasst. Die Klausel,
nach der Schimmelschäden los-gelöst von der Ursache ihrer Entstehung in keinem Fall versichert seien, halte einer Inhaltskontrolle nach den §§
307
ff. [X.] stand. Insoweit [X.] die Erwägungen des [X.] vom 27.
Juni 2012 (IV
ZR
212/10, [X.], 490) zum Schwammschaden-Ausschluss auf den Streitfall
übertragbar. Ebenso
wenig
wie Schwammschäden seien Schimmelschä-den -
selbst wenn sie möglicherweise häufiger als erstere im Zusam-menhang mit Leitungswasserschäden aufträten -
eine regelmäßige oder zumindest sehr häufige,
zwangsläufige und kennzeichnende Folge des Austritts von Leitungswasser. Auch bei ihnen handele es sich um [X.] schwer kalkulierbare und oftmals schwierig nachzuweisende [X.] mit unter Umständen weitreichenden Folgen.

I[X.] Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

1. Nicht zu beanstanden ist es allerdings, dass das Berufungsge-richt die Ausschlussklausel des § 6 Nr.
3 Buchst.
d [X.]
2001 weder als 7
8
9
10
11
-
6
-

unklar im Sinne
von §
305c Abs.
2 [X.] noch als intransparent im Sinne
von §
307 Abs.
1 Satz
2 [X.]
angesehen hat. Der [X.] macht dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer ausreichend deut-lich, dass Schimmelschäden losgelöst von der Ursache ihrer Entstehung in keinem Fall versichert sein sollen.

2. Demgegenüber durfte das Berufungsgericht die Frage, ob die Klausel zu einer unangemessenen Benachteiligung des [X.] führt, weil der umfassende Ausschluss von Schimmelschäden wesentliche Rechte des Versicherungsnehmers in einer die Erreichung des Vertragszwecks
gefährdenden Weise einschränkt (§
307 Abs.
2 Nr.
2 [X.]), nicht verneinen, ohne zu
der Behauptung der Kläger, ein Schim-melschaden sei regelmäßige oder zumindest sehr häufige, zwangsläufi-ge und kennzeichnende Folge des Austritts von Leitungswasser, den [X.] zu erheben.

a) Der durchschnittliche Versicherungsnehmer erwartet von seiner Wohngebäudeversicherung einen umfassenden und -
soweit sich aus ihr keine Einschränkungen ergeben -
lückenlosen Schutz (Senatsurteile vom 25.
März 1998 -
IV
ZR
137/97, [X.], 203 unter
3
c
aa
[juris Rn.
25]; vom 16.
Juni 1993 -
IV
ZR
226/92, [X.], 349
unter
I
3
b
[juris Rn.
27]). In dieser Erwartung sieht er sich durch den weiten Bedin-gungswortlaut des §
4 Nr.
1 Buchst.
b i.V.m. §
6 [X.]
2001 bestätigt.

Dieses Hauptleistungsversprechen des Versicherers, einen

grundsätzlich umfassenden -
Ausgleich für durch Leitungswasser ver-ursachte Schäden am versicherten Gebäude zu gewähren, schränkt die Ausschlussklausel in §
6 Nr.
3 Buchst.
d [X.] 2001 ein, indem sie die durch Schimmel verursachten Schäden ausnimmt. Solche lediglich leis-tungsbeschränkenden Klauseln sind nach ständiger Rechtsprechung des 12
13
14
-
7
-

Senats kontrollfähig (Senatsurteile vom 27.
Juni 2012 -
IV
ZR
212/10, [X.], 490 Rn.
30; vom 23.
Juni 2004 -
IV
ZR
130/03, [X.]Z 159, 360 unter
II
2
b [juris Rn.
25], jeweils m.w.N.).

b) Nicht jede Begrenzung dieses
Leistungsversprechens bedeutet allerdings für sich genommen eine
Vertragszweckgefährdung.
Vielmehr bleiben Leistungsbegrenzungen zunächst grundsätzlich der freien unter-nehmerischen Entscheidung des Versicherers überlassen,
soweit er nicht mit der Beschreibung der Hauptleistung beim Versicherungsnehmer falsche Vorstellungen weckt
(Senatsurteil vom 20.
Juli 2011 -
IV
ZR 42/10, [X.], 467 Rn.
26; Senatsbeschlüsse vom 6.
Juli 2011 -
IV
ZR 217/09, [X.], 192 Rn.
23; vom 11.
Februar 2009 -
IV
ZR
28/08, [X.], 248 Rn.
19 m.w.N.). Eine Gefährdung des Vertragszwecks liegt erst dann vor, wenn die Einschränkung den Vertrag seinem Gegenstand nach aushöhlt und in Bezug auf das zu versichernde Risiko zwecklos macht (Senatsurteile
vom 25.
Juli 2012 -
IV
ZR
201/10, [X.]Z 194, 208
Rn.
18; vom 20.
Juli 2011 aaO; Senatsbeschlüsse vom 6.
Juli 2011 aaO Rn.
24; vom 11.
Februar 2009 aaO Rn.
21; st. Rspr.).

c) Daran gemessen hat das Berufungsgericht
im Ausgangspunkt zwar noch
zutreffend
erkannt, der
Vertragszweck
könne durch den Aus-schluss allenfalls
dann gefährdet werden, wenn Schimmelschäden re-gelmäßige oder zumindest sehr häufige, zwangsläufige und kennzeich-nende Folge des Austritts von Leitungswasser wären, weil sich der durchschnittliche Versicherungsnehmer mit dem Abschluss einer [X.]
dann
vorwiegend auch vor solchen Schimmel-schäden schützen
wolle und sich der Versicherer mit der Ausschluss-klausel von der Kardinalpflicht des Versicherungsvertrages, [X.] zu entschädigen, freizeichnen würde (vgl. Senatsurteil vom 27.
Juni 2012 -
IV
ZR
212/10, [X.], 490 Rn.
33).
15
16
-
8
-

Soweit das Berufungsgericht aber
eine solche Typizität
des [X.] als Folge des Austritts von Leitungswasser ohne die vom Kläger beantragte sachverständige Hilfe verneint hat, be-ruht dies auf einer nicht hinreichend gesicherten
Tatsachengrundlage.

Der Tatrichter kann, wenn es um die Beurteilung einer Fachwissen voraussetzenden Frage geht, auf die Einholung eines [X.] nur verzichten, wenn er entsprechende eigene besondere Sachkunde auszuweisen vermag (Senatsurteil
vom 17.
Oktober 2001

IV
ZR
205/00, [X.], 83 unter
II
1
a
[juris Rn.
10]; [X.], Urteile vom 8.
Juni 2004 -
VI
ZR
230/03, [X.]Z 159, 254 unter
II
3 [juris Rn.
31]; vom 14.
Februar 1995 -
VI
ZR
106/94, VersR
1995, 681
unter
II [juris Rn.
6]). Derartiges Fachwissen hat das Berufungsgericht hier jedoch weder im Berufungsurteil noch, wie es außerdem geboten gewesen wäre (vgl. [X.], Urteil vom 13.
Januar 2011
-
III
ZR
146/10, NJW 2011, 1509 Rn.
16 m.w.N.), in einem vorherigen Hinweis an die Parteien dargetan.

d) Der Verfahrensmangel ist entscheidungserheblich. Anders als die Revisionserwiderung
meint, kommt es nicht darauf an, ob die von den Klägern unter Beweis gestellte
Regelmäßigkeit nur zum Tragen ge-langen kann, wenn der bestimmungswidrige Austritt von
Leitungswasser zunächst unerkannt bleibt und es deshalb zu einer anhaltenden Durch-feuchtung der später von Schimmel befallenen Bausubstanz kommt. Es bedurfte demnach
auch keiner weiteren Darlegungen und Beweisange-bote dazu, dass der längere [X.] unentdeckte [X.]
den Regelfall bildet.

aa) Vertragszweck der Leitungswasserversicherung ist die [X.] für durch Leitungswasser beschädigte versicherte Sachen
(vgl. Senatsurteil vom 27.
Juni 2012

IV ZR 212/10, [X.], 490 17
18
19
20
-
9
-

Rn.
32).
Dieser Zweck wird dann in Frage gestellt, wenn regelmäßige oder
zwangsläufige Folgeschäden eines zunächst unerkannt gebliebenen [X.]s von der Deckung ausgeschlossen
werden.

Zwar
gibt es keinen Rechtssatz, wonach in der [X.] in jedem Falle sämtliche Folgeschäden vom [X.] umfasst sein müssten
(Senatsurteil vom 27.
Juni 2012 -
IV
ZR 212/10, [X.], 490 Rn.
32), so dass der Vertragszweck nicht jede auf derartige Folgeschäden bezogene Einschränkung der Leistung verbietet. Dem durch §
4 Nr.
1 Buchst.
b i.V.m. §
6 [X.]
2001 vorgegebenen Zu-sammenhang zwischen Eintritt des Versicherungsfalles und daran ge-knüpftem
Leistungsversprechen kann aber, anders als die Revisionser-widerung meint, nicht entnommen werden, der "Kernbereich" der [X.] sei nur der Ersatz der Kosten für Trocknung, Reparatur oder Wiederherstellung unmittelbar vom Wasser [X.] Bauteile. Ein Unmittelbarkeitserfordernis im Sinne einer
Einschrän-kung des Versicherungsschutzes auf Schäden, die durch unmittelbare Einwirkung der versicherten Gefahr "Leitungswasser" auf versicherte Sa-chen entstanden sind, enthalten die Versicherungsbedingungen -
anders als etwa für Blitzschlag und [X.] (§
5 Nr.
2 und §
8 Nr.
2 Buchst.
a [X.]
2001) -
nicht
(vgl. dazu auch Senatsurteil vom 20.
April 2005

IV
ZR
252/03, [X.], 290 unter
II
2
a [juris Rn.
22]).

Eine Leistungsbegrenzung, die jedwede Leistung auch für typische Folgen eines längere [X.] unentdeckt gebliebenen Leitungswasserscha-dens ausschlösse, löste
sich vom Leistungsversprechen, das eine Kos-tenerstattung für solche Folgeschäden grundsätzlich einschließt. Sie grif-fe
zudem in die zentralen Leistungserwartungen des Versicherungsneh-mers in erheblicher Weise ein
und tangierte sein Bedürfnis, sich gegen solche Gefahren zu versichern, bei denen die abstrakte Möglichkeit be-21
22
-
10
-

steht, dass sie bei der Mehrzahl der Versicherungsnehmer eintreten
(vgl. insoweit Armbrüster in [X.]/[X.], [X.] 29.
Aufl. Einl.
Rn.
117; [X.], NVersZ 2000, 153, 158). Das führte zu einer einseitigen Begünstigung des Versicherers und zugleich zu einer Vernachlässigung des berechtig-ten Interesses des Versicherungsnehmers,
gerade für solche Schäden Versicherungsschutz zu erhalten, für die er die Versicherung nimmt. Da-rin läge
ein so wesentlicher Eingriff in die Rechte des [X.], dass der Vertragszweck partiell ausgehöhlt
wäre.

bb) Entgegen der Auffassung des
Berufungsgerichts
lassen sich die Erwägungen des [X.] vom 27.
Juni 2012 (IV
ZR
212/10, [X.], 490), nach denen der Ausschluss von Schwammschäden keinen Wirksamkeitsbedenken begegnet (aaO Rn.
28-33), auf den Ausschluss von Schimmelschäden nicht ohne weiteres übertragen.
Dort war nichts dafür ersichtlich oder vorgetragen, dass Schwammschäden regelmäßige oder zumindest sehr häufige, zwangsläufige und kennzeichnende Folge eines [X.] wären (vgl. Senatsurteil vom 27. Juni 2012 aaO Rn. 33), während dies im Streitfall für Schimmelschäden von den
Klägern behauptet und unter Beweis gestellt worden ist.

II[X.] Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht aus anderen Grün-den als zutreffend (§
561 ZPO).

Der Einwand der
Revisionserwiderung, der Schaden habe bereits bei Errichtung des versicherten Gebäudes vorgelegen und sei damit in nicht versicherter [X.] eingetreten, geht fehl. Die ihm zugrunde liegende Annahme, der Versicherungsnehmer könne Versicherungsleistungen nur beanspruchen, wenn der Leitungswasseraustritt erst in versicherter [X.] begonnen hat, trifft nicht zu.
Dies ergibt die Auslegung der [X.]
2001.
23
24
25
-
11
-

1.
Allgemeine Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdi-gung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkenn-baren Sinnzusammenhangs verstehen kann. Dabei kommt es auf die [X.] eines Versicherungsnehmers ohne versiche-rungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch auf seine Interessen an. In erster Linie ist vom [X.] auszugehen. Der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der [X.] sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den Versiche-rungsnehmer erkennbar sind (Senatsurteil vom 6.
Juli 2016 -
IV
ZR 44/15, [X.]Z 211, 51
Rn.
17 m.w.N.; st. Rspr.).

2.
Dieser kann
den [X.]
2001 nicht
entnehmen, dass [X.] nur dann versichert sind, wenn aus einer defekten [X.] erstmals in versicherter [X.] Wasser ausgetreten ist oder begonnen hat, versicherte Gegenstände zu schädigen.

a) §
4 Nr.
1 Buchst.
b i.V.m.
§
6 [X.]
2001 und §
4 Nr.
2 [X.] 2001 enthalten
-
für den Versicherungsnehmer erkennbar -
Leistungs-versprechen für zwei selbständige, an unterschiedliche Voraussetzungen geknüpfte und mit unterschiedlichen Entschädigungsregeln einherge-hende Versicherungsfälle (vgl. [X.], [X.], 397, 398).

Nach §
4 Nr.
2 [X.]
2001 werden Bruchschäden an Rohren der Wasserversorgung und Frostschäden an sonstigen Leitungswasser füh-renden Einrichtungen entschädigt. Versicherungsschutz wird somit für ein meist punktuelles Ereignis, den Rohrbruch, gewährt.
Demgegenüber hat der Versicherer nach §
4 Nr.
1 Buchst.
b i.V.m. §
6 [X.]
2001 dieje-nigen Schäden zu ersetzen, die bestimmungswidrig austretendes [X.]swasser an allen denkbaren versicherten Gegenständen
verursacht. 26
27
28
29
-
12
-

Das setzt ein Geschehen voraus, das sich -
anders als ein Rohrbruch -
regelmäßig über einen -
oft längeren -
[X.]raum erstreckt und bei dem sich
der Schaden mit zunehmender Dauer infolge ständig nachlaufenden Wassers vergrößert.
Die genannten Bestimmungen der [X.] 2001 geben dem Versicherungsnehmer keinen Anlass für die Annahme, [X.] für Leitungswasserschäden werde nur dann gewährt, wenn in versicherter [X.] zugleich auch die bedingungsgemäßen Vorausset-zungen eines [X.]s erfüllt sind
(vgl. [X.] [X.], 451 Rn.
18; so auch [X.], 325).

b) Der durchschnittliche Versicherungsnehmer wird den §§
4 Nr.
1 Buchst.
b und
6 [X.]
2001 entnehmen, dass der Versicherungsfall "[X.]swasserschaden" so lange
andauert, wie Wasser aus den in §
6 Nr.
1 [X.]
2001 aufgeführten Anlagen bestimmungswidrig austritt und versicherte Sachen, insbesondere das versicherte Gebäude zerstört oder beschädigt.

Die Bestimmungen der [X.]
2001 zum [X.] verdeutlichen ihm
nicht, dass Leitungswasserschäden ungeachtet des [X.]punkts ihrer Entstehung oder Vergrößerung vom [X.] bereits dann vollständig ausgenommen sein sollen, wenn aus [X.] schadhaften Leitung schon in nicht versicherter
[X.] bestimmungs-widrig Wasser ausgetreten ist. Eine dahin gehende ausdrückliche zeitli-che Begrenzung des Versicherungsschutzes enthalten die [X.]
2001 für den [X.] nicht.
Dieser Versicherungsfall ist in den §§
4
und 6
[X.]
2001 -
anders als in früheren Bedingungswerken zur Wohngebäudeversicherung, die der durchschnittliche Versicherungs-nehmer allerdings weder kennt noch kennen muss -
nicht vollständig de-finiert (vgl. dazu [X.], Sachversicherungsrecht 3.
Aufl.
B
I
Rn.
16, 19, 20; B
IV
Rn.
7). Es fehlt eine Festlegung, zu welchem [X.]punkt der Ver-30
31
-
13
-

sicherungsfall als eingetreten gilt
(so auch [X.]/[X.], [X.], 2433, 2434).

Der durchschnittliche Versicherungsnehmer kann die von der [X.] angenommene zeitliche Begrenzung auch nicht dem [X.] der §§
4 und
6 [X.] 2001 mit anderen Klauseln des Bedingungs-werks entnehmen. Die strikte Unterscheidung der Versicherungsfälle Rohrbruch und [X.] in §
4 [X.]
2001 legt ihm viel-mehr nahe, es komme für die Entschädigung des letztgenannten Scha-dens auf den [X.] und dessen -
auch zeitliche -
Voraus-setzungen nicht an
(so auch [X.] [X.], 451 Rn.
18).

c) Der so verstandene Versicherungsfall hat sich jedenfalls auch in der versicherten [X.] ab dem 1.
September 2006
ereignet; denn darüber, dass aus der undichten Wasserleitung bis zur Entdeckung der Feuchtig-keitsschäden im Frühjahr
2008 ständig Wasser ausgetreten
ist, herrscht zwischen den Parteien kein Streit.

Für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer entsteht nach den vorgenannten Bedingungen der Eindruck, er genieße in Bezug auf von ihm nach Vertragsschluss entdeckte Leitungswasserschäden umfas-senden Versicherungsschutz, weil es für die zeitliche Festlegung des Versicherungsfalles nicht auf den Beginn des schädigenden Vorgangs, sondern auf die Entdeckung des Schadens ankommt
(so auch OLG Schleswig [X.], 2431 Rn.
22; [X.] [X.], 451 Rn.
18; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], Der [X.] 3.
Aufl. §
4 Rn.
20; [X.], [X.], 374, 375).

32
33
34
-
14
-

Darin wird er auch dadurch bestärkt, dass §
26 Nr.
1 Buchst.
a [X.]
2001 die Obliegenheit begründet, den Versicherungsfall "bei [X.]" unverzüglich anzuzeigen. Da eine
solche Anzeigeobliegenheit [X.] voraussetzt, dass der Versicherungsnehmer den anzeigepflichtigen Umstand positiv kennt (vgl. dazu Senatsurteil vom 30.
April 2008 -
IV
ZR 227/06, [X.], 905 Rn.
15, 18; vgl. auch Senatsurteil vom 5.
No-vember 2014 -
IV
ZR
8/13, [X.], 445 Rn.
14),
wird der Versiche-rungsnehmer daraus, dass die Anzeigeobliegenheit des §
26 Nr.
1 Buchst.
a [X.]
2001 an den "Eintritt" des Versicherungsfalles anknüpft, den Schluss ziehen, dieser Eintritt liege in der Entdeckung des [X.]swasserschadens.

3.
Anderes folgt auch nicht aus allgemeinen versicherungsrechtli-chen Grundsätzen.

a) Allerdings wird in der versicherungsrechtlichen Literatur über-wiegend angenommen, für so genannte gedehnte Versicherungsfälle [X.] nur dann Versicherungsschutz, wenn bereits ihr Beginn in die ver-sicherte [X.] falle ([X.] in [X.], [X.] 9.
Aufl. §
1 Rn.
113; MünchKomm-[X.]/[X.], 2.
Aufl. §
1 Rn.
35; [X.] in [X.]/Möl-ler, [X.] 8.
Aufl. [X.]. §§
49-80 Anm.
34; Armbrüster in [X.]/[X.], [X.] 29.
Aufl. §
1 Rn.
169; [X.] in Langheid/[X.], [X.] 5.
Aufl. §
1 Rn.
7;
[X.] in [X.] Kommentar zum [X.], §
1 Rn.
48;
Wriede, Der gedehnte Versicherungsfall Diss.
1950
S.
72
f.; [X.] in Festschrift Eichler, 1977 S.
411, 421
f.; a.[X.], Neubegrün-dung der Lehre vom gedehnten Versicherungsfall und ihre Bedeutung für moderne versicherungsrechtliche Probleme 1996 S.
97-113).

35
36
37
-
15
-

Bei einem
gedehnten
Versicherungsfall erstreckt sich der mit sei-nem Eintritt geschaffene Zustand über einen gewissen [X.]raum, dessen Fortdauer den Umfang der Versicherungsleistung bestimmt, wie dies [X.] in der [X.], der Unfall-, der Be-rufsunfähigkeits-
oder der Betriebsunterbrechungsversicherung
der Fall
sein kann
(Senatsurteil vom 9.
Mai 2012 -
IV
ZR
19/11, [X.], 1042 Rn.
37 m.w.N.). Demgegenüber stellt es keinen gedehnten Versi-cherungsfall dar, wenn der Versicherer in den Bedingungen keine fortlau-fenden Leistungen, sondern lediglich eine einmalige Zahlung verspricht und der dafür vorausgesetzte Schaden schrittweise eintritt (Senatsurteil vom 12.
April 1989 -
IVa
ZR 21/88, [X.]Z 107, 170 unter
II
1
a
[juris Rn.
6]; vgl. auch Senatsurteil vom 9.
Mai 2012 aaO).

b) Ob der hier in Rede stehende Versicherungsfall danach als ge-dehnter
oder lediglich als ein schrittweise eingetretener anzusehen wäre,
kann ebenso offen bleiben wie die Frage, ob auch bei einem schrittweise eintretenden Versicherungsfall die zeitliche Geltung des [X.]es allein vom Beginn des Geschehens abhinge.

Der durchschnittliche Versicherungsnehmer, auf dessen [X.] es für die Auslegung der Versicherungsbedingungen ankommt, kennt weder die Lehre vom gedehnten Versicherungsfall noch dessen Abgren-zung zu einem schrittweise eintretenden Versicherungsfall. Ebenso we-nig ist ihm die juristische Diskussion darüber bekannt, welche Bedeutung der Beginn solcher Versicherungsfälle für die zeitliche Geltung des [X.] haben soll. Ihm bleibt nur die Möglichkeit, die Frage, ob ein
in vorversicherter [X.] begonnener, nach Vertragsbeginn entdeck-ter [X.] zu Versicherungsleistungen führt, mittels der 38
39
40
-
16
-

in den Versicherungsbedingungen aufgestellten Regeln zu beantworten, wie dies dargelegt worden ist.

[X.] Das Berufungsgericht wird nach allem mit sachverständiger [X.] zu klären haben, ob die Behauptung der Kläger zutrifft, dass [X.] regelmäßige oder zumindest sehr häufige, zwangsläufige und kennzeichnende Folge eines [X.]
sind, um nach Klärung dieser Frage zu entscheiden, ob der Leistungsausschluss für Schäden durch Schimmel wirksam ist oder den Versicherungsnehmer unangemessen benachteiligt.

Diese Prüfung erübrigt sich nicht wegen der hilfsweise von den Klägern erhobenen Rüge, auch im Falle der Wirksamkeit der [X.] sei
die Beklagte jedenfalls deshalb leistungspflichtig, weil der Leitungswasseraustritt zugleich zu einem (nicht von der [X.] ausgenommenen) Bakterienbefall geführt habe, der für sich ge-nommen ebenfalls eine Sanierung der befallenen Gebäudeteile erforder-te und identische Kosten verursachte.

Damit
können die Kläger nicht durchdringen. §
6 Nr.
3 Buchst.
d [X.]
2010 schließt Versicherungsleistungen für Schäden durch Schim-mel "ohne Rücksicht auf mitwirkende Ursachen" aus. Wäre dieser Aus-schluss wirksam, griffe er auch in Fällen
ein, in denen die ausgeschlos-sene Schadensursache "Schimmel" lediglich eine von mehreren scha-densstiftenden Ursachen ist.
Eine Aufteilung bzw. Zurechnung des Schadens auf einerseits versicherte und andererseits vom [X.] ausgeschlossene Ursachen fände dann nicht statt (vgl. [X.] in Dietz/[X.]/[X.], Wohngebäudeversicherung 41
42
43
-
17
-

3.
Aufl. §
3
A
[X.]
2010 Rn.
133; [X.] in [X.], [X.] 9.
Aufl. A
§
3 [X.]
2008/2010 Rn.
12).

[X.] [X.]

[X.]

[X.] Dr. Bußmann

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 19.02.2014 -
2 O 159/12 -

OLG Koblenz, Entscheidung vom 13.02.2015 -
10 U 338/14 -

Meta

IV ZR 151/15

12.07.2017

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.07.2017, Az. IV ZR 151/15 (REWIS RS 2017, 8152)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 8152

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

IV ZR 151/15 (Bundesgerichtshof)

Versicherungsschutz gegen Leitungswasser in der Gebäudeversicherung: Inhaltskontrolle eines Leistungsausschlusses für Schimmelschäden; Eintrittszeitpunkt des Versicherungsfalles "Leitungswasserschaden"


IV ZR 212/10 (Bundesgerichtshof)


IV ZR 212/10 (Bundesgerichtshof)

Wohngebäudeversicherung: Reichweite und Wirksamkeit des Leistungsausschlusses für Schäden "durch Schwamm" nach einem Leitungswasseraustritt


20 W 19/15 (Oberlandesgericht Hamm)


IV ZR 227/06 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

IV ZR 151/15

IV ZR 212/10

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.