Bundespatentgericht, Beschluss vom 07.12.2018, Az. 28 W (pat) 581/17

28. Senat | REWIS RS 2018, 718

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "TROCKEN-PULPER" – fehlende Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2017 100 593.1

hat der 28. Senat ([X.]) des [X.] am 7. Dezember 2018 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. [X.], des [X.] [X.] und des [X.] Dr. Söchtig

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Anmelderin hat am 23. Januar 2017 beim [X.] beantragt, die Bezeichnung

2

[X.]

3

als Wortmarke für folgende Waren in das Markenregister einzutragen:

4

Klasse 7:

5

Maschinen und Werkzeugmaschinen für Materialbearbeitung und Produktion; Motoren; Antriebe und allgemeine Maschinenteile; Teile und Zubehör für alle vorgenannten Waren, soweit in dieser Klasse enthalten; Mixer (Maschinen); Mischmaschinen; Maschinen für die Papierindustrie; Papiermaschinen; automatische Reiniger; [X.]; Mischmaschinen; Papierherstellungsmaschinen; Papiermaschinen; Zerkleinerungsmaschinen für gewerbliche Zwecke; Querstromzerspaner; Rotoren; Rotorwellen, Zerkleinerungsgeräte für die Papierherstellung und Altpapieraufbereitung; Prallelemente; Prallleisten; [X.]; [X.]; [X.]; [X.]; Schläger für Zerkleinerungsgeräte.

6

Das [X.], Markenstelle für Klasse 7, hat - nach vorangegangener Beanstandung vom 9. März 2017 - die Anmeldung mit Beschluss vom 3. Mai 2017 vollumfänglich zurückgewiesen, da es dem Begriff „[X.]“ an der für eine Eintragung erforderlichen Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] fehle. Zur Begründung hat es ausgeführt, das Anmeldezeichen erschöpfe sich in einer reinen Sachangabe, mit der eine spezielle technologische Weiterentwicklung benannt werde. Das angesprochene Publikum verstehe es damit nicht als betrieblichen Herkunftshinweis. Die Wortkombination „[X.]“ sei [X.] aus dem Adjektiv „trocken“ im Sinne von „keine oder wenig Flüssigkeit“ und dem Kernwort „[X.]“ zusammengesetzt. Es sei als Bezeichnung eines übergroßen Rührbottichs eingeführt, der in der Papier-, Karton- oder Pappenindustrie nach Art eines übergroßen Mixers genutzt werde, um unter Zuführung von Flüssigkeit Altpapier oder Zellstoff aufzulösen und über ein Siebblech abzupumpen. In der Gesamtheit benenne das Anmeldezeichen damit einen [X.], der mit deutlich weniger oder gar keinem Wasser auskomme und daher gegenüber herkömmlichen [X.]n kostengünstiger arbeite.

7

Gegen diesen Beschluss wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde, mit der sie sinngemäß beantragt,

8

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 7 des [X.]s vom 3. Mai 2017 aufzuheben.

9

Sie trägt vor, mit Hilfe eines [X.]s werde Faserstoff unter Zugabe und Einwirken von Wasser in eine pumpfähige Suspension mit einem hohen Anteil von Einzelfasern überführt. Der Begriff „[X.]“ sei angesichts des hohen Flüssigkeitsanteils, den [X.] voraussetzten, eine paradoxe Wortbildung. Er möge zwar Assoziationen zu den bekannten [X.]n auslösen, allerdings entspreche ein „[X.]“ diesen nicht. Das Zeichen verfüge daher über einen erheblichen Fantasiegehalt und eigne sich nicht als beschreibende Angabe. Es sei auch kein Grund ersichtlich, warum es Mitbewerbern möglich sein muss, ein derart sinnwidriges und mit dem Stand der Technik unvereinbares Zeichen zu verwenden.

Zum weiteren Vorbringen wird ergänzend auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Anmelderin bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der Eintragung des [X.] steht das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] entgegen. Die Markenstelle hat die Anmeldung daher zu Recht gemäß § 37 Abs. 1 [X.] zurückgewiesen.

, Rdnr. [X.]). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des [X.] ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. [X.], 301, Rdnr. 11 - Pippi-Langstrumpf-Marke).

Auch Wortneubildungen steht das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] entgegen, wenn sie unmissverständlich als Sachangaben wahrgenommen werden. Anders verhält es sich, sofern ein merklicher Unterschied zwischen dem Wort und der bloßen Summe seiner Bestandteile besteht (vgl. [X.] Int. 2004, 410, 413, Rdnr. 41 - [X.]; [X.], a. a. O., Rdnr. 16 - DüsseldorfCongress).

Nach diesen Maßstäben fehlt dem Anmeldezeichen die erforderliche Unterscheidungskraft. Das Anmeldezeichen „[X.]“ wird von den angesprochenen gewerblichen Nutzern der beanspruchten Waren lediglich als eine Aussage über die Art und Wirkungsweise der Maschinen bzw. über die Zweckbestimmung der in ihnen verbauten Teile verstanden. Das für die Beurteilung der Unterscheidungskraft maßgebliche Fachpublikum wird dem Zeichen daher keinen betrieblichen Herkunftshinweis entnehmen.

a) Obwohl die angemeldete Wortbildung noch nicht verwendet wird, eignet sie sich wegen des klaren Bedeutungsgehalts ihrer Einzelbestandteile und wegen ihrer [X.]en wie sinnfälligen Verknüpfung als unmittelbar beschreibende Sachangabe. Wäre die Unterscheidungskraft bereits im Falle der Neuheit eines Kombinationszeichens zu bejahen, könnte ein [X.] durch die Eintragung eines Ausdrucks, der sich als Gattungsbegriff oder als sonstige beschreibende Angabe für ein neuartiges Produkt eignet, die Einführung von [X.] auf diesem Gebiet ohne zeitliche Begrenzung erheblich be- oder sogar verhindern.

Der Begriff „[X.]“ steht für einen „Apparat zur Herstellung einer breiigen Masse“ (vgl. [X.], Suchbegriff: „[X.]“). Im Bereich der Papier-, Karton- oder Pappenindustrie, für die die angemeldeten Waren entweder auf Grund ihrer Bezeichnung ausdrücklich bestimmt oder auf Grund ihrer Funktionsweise geeignet sind, wird unter einem „[X.]“ ein großer Rührbottich verstanden, der dazu dient, Altpapier oder Zellstoff aufzulösen (vgl. „www.wikipedia.org“, Suchbegriff: „[X.]“).

Die Anmelderin weist zutreffend darauf hin, dass ein [X.] regelmäßig zunächst mit Wasser und anschließend mit Altpapier oder Zellstoff befüllt wird. Allerdings sind neuere technische Lösungen bekannt, die den bisher hohen Wasserverbrauch vermeiden, indem bereits gequollene Altpapierfasern trocken unter einer kontinuierlichen Schlageinwirkung aufgeschlossen werden (vgl. [X.] Patentschrift EP 2 788 544 [X.], Absätze [0013] ff., als Anlage 2 zur gerichtlichen Mitteilung vom 13. Juni 2018). Dieses neue Verfahren zur Altpapieraufbereitung ist damit kostengünstiger als auch effektiver. Die hierbei zum Einsatz kommenden Maschinen, die im Wesentlichen denselben Aufbau wie herkömmliche [X.] aufweisen, können zwanglos als „[X.]“ bezeichnet werden.

Auch wenn den Verkehrskreisen diese neue Verfahrensweise nicht bekannt sein sollte, so werden sie dennoch das Anmeldezeichen mit Blick auf den typischerweise hohen Wasserverbrauch, den der Betrieb herkömmlicher [X.] mit sich bringt, als Hinweis auf ein Gerät verstehen, das im Unterschied dazu ganz oder jedenfalls annähernd trocken arbeitet. Einem rein beschreibenden Wortverständnis steht dabei abweichend zur Auffassung der Anmelderin nicht entgegen, dass - nach herkömmlichem Verständnis - das Attribut „trocken“ im Zusammenhang mit einem [X.] unpassend oder sogar widersinnig ist, weil diesem [X.] ein „nasses“ Verfahren zugrunde liegt. Bei der Entwicklung einer neuen Technik liegt es nahe, entsprechend den Sprachgepflogenheiten terminologisch an eingeführte Begrifflichkeiten anzuknüpfen. Auch wenn die daraus resultierende Wortkombination im Einzelfall sprachlich nicht völlig korrekt sein mag, so bietet sie sich doch an, um in einfacher und griffiger Weise einen Bezug zu vertrauten Bezeichnungen herzustellen. Dadurch wird eine neue Eigenschaft (hier: trocken) einer bekannten Technik (hier: [X.]) und demzufolge eine Innovation zum Ausdruck gebracht. So spricht man ungeachtet des gegebenen Widerspruchs beispielsweise auch von einer „vegetarischen Wurst“ oder von einem „Tretauto“.

b) Alle angemeldeten Maschinen können dem trockenen Aufschließen von Papierfasern dienen und damit „[X.]“ darstellen. Dies gilt nicht nur für die „Maschinen und Werkzeugmaschinen für Materialbearbeitung und Produktion; Mixer (Maschinen); Mischmaschinen; Maschinen für die Papierindustrie; Papiermaschinen; Mischmaschinen; Papierherstellungsmaschinen; Papiermaschinen; Zerkleinerungsmaschinen für gewerbliche Zwecke; Zerkleinerungsgeräte für die Papierherstellung und Altpapieraufbereitung“, die als Oberbegriffe [X.] mit umfassen. Auch die Waren „[X.]; Querstromzerspaner; Hammermühlen; Prallmühlen“ sind für die Zerkleinerung bestimmt (vgl. beispielsweise „www.zeno.org“, Suchbegriff: „Desintegrator“) und können, da sie ohne Wasser arbeiten, auch Altpapier trocken aufspalten. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob dies tatsächlich bereits geschieht, sondern vielmehr, dass auf Grund technischer Innovationen, wie sie u. a. in der oben genannten [X.]n Patentschrift EP 2 788 544 [X.] beschrieben sind, eine solche Verwendung ernsthaft in Betracht kommt.

Die weiterhin beanspruchte Ware „automatische Reiniger“ ist ein wesentlicher Bestandteil auch eines „[X.]S“. Bei der Verarbeitung von Altpapier gelangen regelmäßig Störstoffe in den [X.]. Drähte und Plastikteile verheddern sich nach und nach miteinander und müssen entfernt werden. Dies kann mit Hilfe eines sogenannten Zopfs geschehen, bei dem es sich um ein langes Seil handelt, an dem sich die Drähte und Plastikteile verfangen (vgl. „www.wikipedia.org“, Suchbegriff: „[X.]“). Jedoch sind auch andere Reinigungssysteme denkbar, deren Bestimmung durch das Anmeldezeichen deutlich zum Ausdruck gebracht wird.

Die beanspruchten Waren „Motoren; Antriebe und allgemeine Maschinenteile; Teile und Zubehör für alle vorgenannten Waren, soweit in dieser Klasse enthalten; Rotoren; Rotorwellen; Prallelemente; Prallleisten; [X.]; [X.]; Schläger für Zerkleinerungsgeräte“ sind ebenfalls in „[X.]“ einsetzbar. Es handelt sich um die Zerkleinerungswerkzeuge selbst („Prallelemente; Prallleisten; [X.]; Schläger für Zerkleinerungsgeräte“), um ihre Antriebsaggregate („Motoren; Antriebe; Rotoren; Rotorwellen“), um Zubehörteile für „[X.]“ („Allgemeine Maschinenteile; Teile und Zubehör für alle vorgenannten Waren, soweit in dieser Klasse enthalten“) oder um Mittel zur Absonderung der einzelnen Faserfraktionen („[X.]“). Damit kommt dem angemeldeten Zeichen auch insoweit lediglich eine den Zweck dieser Waren benennende Bedeutung zu.

2. Ob der Eintragung des angemeldeten Zeichens auch das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entgegensteht, wofür nach Sachlage einiges spricht, bedarf daher keiner Entscheidung.

Meta

28 W (pat) 581/17

07.12.2018

Bundespatentgericht 28. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 07.12.2018, Az. 28 W (pat) 581/17 (REWIS RS 2018, 718)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 718

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