Bundesgerichtshof, Beschluss vom 15.09.2010, Az. IV ZR 240/08

4. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 3355

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Gegenstand

Aufhebung der Rechtsanwaltsbeiordnung: Vertrauensverlust durch negative Äußerungen des Ehegatten der Partei


Tenor

Der Antrag der Rechtsanwaltssozietät … und ... vom 26. November 2009, ihre Beiordnung gemäß Senatsbeschluss vom 18. Februar 2009 aufzuheben, wird zurückgewiesen.

Gründe

1

Die Aufhebung der Beiordnung des einer [X.] gemäß § 121 ZPO beigeordneten Rechtsanwalts setzt nach § 48 Abs. 2 [X.] das Vorliegen wichtiger Gründe voraus. Das ist der Fall, wenn das Vertrauensverhältnis zwischen Anwalt und Mandant nachhaltig und tief greifend gestört ist ([X.], Beschluss vom 31. Oktober 1991 - [X.] - NJW-RR 1992, 189 unter 1; [X.]Prütting, [X.] 3. Aufl. § 48 Rdn. 19 f.; Feurich/[X.]/[X.], [X.] 7. Aufl. § 48 Rdn. 19).

2

Die von den Antragstellern vorgetragenen Äußerungen des Ehemannes der Klägerin reichen nicht aus, eine derartige Zerstörung des Vertrauensverhältnisses anzunehmen, zumal sie lediglich in der internen Kommunikation zwischen Mandant und Rechtsanwalt stattfanden und sich auf die konkrete Vorgehensweise des Rechtsanwalts, nicht etwa auf dessen Person oder Qualifikation bezogen. Gegenüber dem Gericht hat sich der Ehemann der Klägerin über … und dessen Arbeit dagegen nicht negativ geäußert, sondern im Gegenteil zum Ausdruck gebracht, an dem Mandatsverhältnis festhalten zu wollen. Damit unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt wesentlich von demjenigen, der dem Beschluss des [X.] vom 31. Oktober 1991 (aaO) zugrunde lag. In jenem Fall hatte der Mandant selbst die Prozessvollmacht entzogen und die Entpflichtung beantragt (vgl. zur besonderen Maßgeblichkeit dieses Umstands [X.] aaO Rdn. 20).

3

Es gehört zur Aufgabe eines Rechtsanwalts, sich mit dem Mandanten über die Zweckmäßigkeit des Vorgehens auszutauschen und ihm dieses gegebenenfalls auf seine Kritik hin zu erläutern. Daher halten sich die mitgeteilten Anwürfe des Ehemannes der Klägerin auch unter Berücksichtigung der teilweise unangemessenen Ausdrucksweise gerade noch im Rahmen einer sachlichen Auseinandersetzung innerhalb des Mandatsverhältnisses.

4

Dies gilt insbesondere wegen der strengen Anforderungen, die an die Annahme eines wichtigen Grundes zu stellen sind (so zutreffend [X.]/[X.], ZPO 28. Aufl. § 121 Rdn. 33). Ein strenger Maßstab ist wegen der der [X.] drohenden Nachteile, die mit der Aufhebung einer Beiordnung verbunden wären, geboten. Denn wenn die Klägerin ihren beigeordneten Anwalt verliert, ohne einen anderen beigeordnet zu bekommen, weil sie oder ihr für sie auftretender Ehemann das Vertrauensverhältnis durch sachlich nicht gerechtfertigtes und [X.] Verhalten zerstört hat, läuft sie Gefahr, den Rechtsstreit durch Versäumnisurteil zu verlieren. Dies kann sie nur dann noch dadurch vermeiden, dass sie einen zur Vertretung bereiten Anwalt findet, der auf die vom bisher beigeordneten Anwalt verdienten Gebühren verzichtet ([X.] aaO Rdn. 35) oder den sie selbst bezahlt. Vor diesem Hintergrund kann nicht jede unangemessene Äußerung bereits die Annahme eines tief greifenden Vertrauensverlustes rechtfertigen - insbesondere wenn die [X.], wie hier, gegenüber dem Gericht geltend macht, weiter von dem beigeordneten Anwalt vertreten werden zu wollen.

[X.]                               [X.]                                  Dr. Kessal-Wulf

                  Felsch                                [X.]

Meta

IV ZR 240/08

15.09.2010

Bundesgerichtshof 4. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend BGH, 18. Februar 2009, Az: IV ZR 240/08, Beschluss

§ 121 ZPO, § 48 Abs 2 BRAO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 15.09.2010, Az. IV ZR 240/08 (REWIS RS 2010, 3355)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 3355


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. IV ZR 240/08

Bundesgerichtshof, IV ZR 240/08, 15.09.2010.


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6 B 59/10, 6 B 59/10 (6 PKH 15/10) (Bundesverwaltungsgericht)

Rechtsanwalt; Prozesskostenhilfe; Prozessvollmacht; Beiordnung; Aufhebung der Beiordnung; Entpflichtung; Mutwilligkeit; Vertreter ohne Vertretungsmacht; Kostenentscheidung


Referenzen
Wird zitiert von

B 4 AS 84/22 B

IV ZR 240/08

2 WF 204/17

11 WF 159/22

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