Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.04.2008, Az. 3 StR 74/08

3. Strafsenat | REWIS RS 2008, 4335

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[X.] vom 22. April 2008 in der Strafsache gegen wegen besonders schwerer [X.]stiftung u. a. - 2 - Der 3. Strafsenat des [X.] hat auf Antrag des Generalbundes-anwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 22. April 2008 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen: 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 30. August 2007 im [X.]; jedoch bleiben die Feststellungen aufrechterhalten. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere [X.] des [X.]. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen. Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten wegen besonders schwerer [X.]stiftung und versuchten Betruges zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Seine hiergegen gerichtete [X.], mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts beanstandet, führt auf die Sachrüge zur Aufhebung des Strafausspruchs; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. 1 - 3 - Nach den Feststellungen setzte der Angeklagte, der sich in wirtschaftli-chen Schwierigkeiten befand und bereits die eidesstattliche Versicherung abge-geben hatte, ein Wohnhaus in [X.], das im Eigentum seiner Ehefrau stand. Ihm kam es darauf an, seiner Ehefrau, auf deren Namen auch der [X.] lief, die Versicherungsleistung zukommen zu lassen, um damit einen geplanten Umbau des Hauses zu finanzieren. Zu einer Auszah-lung der Versicherungssumme an die Ehefrau des Angeklagten kam es jedoch nicht. 2 [X.] Zu den Verfahrensrügen, es liege ein Verstoß gegen § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO vor, weil die den [X.]

betreffenden Beweisanträge von der [X.] mit einer ungenügenden Begründung abgelehnt worden seien, bemerkt der [X.] ergänzend zu den Ausführungen des [X.]: 3 Die Begründung der [X.] des [X.]s enthalten zwar allenfalls knappe Ausführungen zu der Frage, aus welchen tatsächlichen Gründen der Tatrichter die Bedeutungslosigkeit der [X.] ange-nommen hat. Hierin liegt indes im vorliegenden Fall kein durchgreifender Rechtsfehler; denn die maßgeblichen Erwägungen des Tatrichters lagen auf der Hand. Sämtliche unter Beweis gestellten Tatsachen betrafen Umstände, die für den [X.] von derart entfernter Bedeutung waren, dass es hierfür ausnahmsweise näherer Darlegung nicht bedurfte; vielmehr reichten die knap-pen Begründungen der angegriffenen Beschlüsse auch mit Blick auf die berech-tigten [X.] der Verfahrensbeteiligten aus (vgl. [X.]R StPO § 244 Abs. 3 Satz 2 Bedeutungslosigkeit 14; [X.] StV 1994, 635; Herdegen in KK 5. Aufl. § 244 Rdn. 58; [X.], StPO 50. Aufl. § 244 Rdn. 41 a) und 4 - 4 - ermöglichten noch in hinreichender Weise eine rechtliche Überprüfung der [X.] durch den [X.]. I[X.] Die Sachrüge hat zum Schuldspruch keinen Erfolg. Soweit die [X.] ausführt, der Angeklagte habe sich auf der Grundlage der getroffenen Fest-stellungen nur wegen schwerer [X.]stiftung (§ 306 a Abs. 1 Nr. 1 StGB) straf-bar gemacht, zeigt sie keinen durchgreifenden Rechtsfehler auf. 5 1. Die Voraussetzungen einer besonders schweren [X.]stiftung (§ 306 b Abs. 2 Nr. 2 StGB) sind auch dann erfüllt, wenn die [X.]legung wie hier zum Zwecke eines Betruges zum Nachteil der Versicherung begangen wird (vgl. [X.]St 45, 211, 216 ff.; [X.], 3581; NStZ-RR 2000, 209; 2004, 366). 6 2. Das [X.] hat mit Recht angenommen, dass der Angeklagte durch die Inbrandsetzung des Hauses einen derartigen Betrug ermöglichen wollte. Insbesondere war die vom Angeklagten erstrebte Bereicherung seiner Ehefrau rechtswidrig, weil diese keinen Anspruch auf Auszahlung der Versiche-rungssumme hatte; dies war dem Angeklagten nach den Feststellungen [X.]. 7 a) Nach § 61 [X.] ist der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung frei, wenn der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeiführt. Diese Bestimmung findet hier Anwendung; denn die Ehefrau des Angeklagten muss sich zurechnen lassen, dass dieser das [X.] vorsätzlich in [X.] setzte, weil der Angeklagte als ihr Repräsentant im versicherungsrechtlichen Sinne anzusehen ist (vgl. hierzu [X.], 229; 122, 250; Prölss/[X.], [X.] 27. Aufl. § 61 Rdn. 5, § 6 Rdn. 57 ff.). 8 - 5 - Zwar ist - worauf die Revision im Ausgangspunkt zu Recht hinweist - nach der neueren Rechtsprechung des IV. Zivilsenats des [X.] ([X.], 2038) in den Fällen, in denen der Versicherungsnehmer ei-nem [X.] die selbstständige Wahrnehmung seiner für das [X.] relevanten Befugnisse nur in einem bestimmten, abgrenzbaren [X.] überträgt, die Zurechnung des Repräsentantenverhaltens auf diesen Bereich beschränkt und kann nicht auf andere Tätigkeitsbereiche aus-gedehnt werden. Der Versicherungsnehmer braucht sich deshalb namentlich die vorsätzliche [X.]stiftung durch einen [X.], der nur in die Verwaltung des Versicherungsvertrages eingebunden ist, nicht mit der Folge zurechnen lassen, dass die Versicherung von ihrer Leistungspflicht befreit wird (vgl. [X.] aaO S. 2039). Jedoch belegen die Feststellungen des angefochtenen Urteils hinrei-chend, dass der Angeklagte nicht nur bezüglich der versicherungsvertraglichen Angelegenheiten, sondern auch im Bereich der Gefahrverwaltung als Reprä-sentant seiner Ehefrau zu gelten hat. Der [X.] hat hierzu in seiner Antragsschrift ausgeführt: 9 "Der Angeklagte hatte das Anwesen 1990 in eigenem Namen erworben ([X.] f.). Er betrieb dort seine Putenmast und war Vermieter für die in dem Wohnhaus lebenden Personen. Aus den Urteilsgründen ergibt sich nichts dafür, dass seine Ehefrau in irgendeiner Weise in die Verwaltung des Wohnhauses involviert gewesen wäre. So schloss der Angeklagte auch einen Gebäudeversi-cherungsvertrag mit der [X.] in eigenem Namen ab ([X.]). Auf Grund der wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Angeklagten musste das Anwesen 1996 zwangsversteigert werden ([X.]). [X.] war ihm ein Rückerwerb wirtschaftlich wieder möglich, wegen der von ihm abgegebenen Versicherung an Eides statt konnte er jedoch nicht mehr als Vertragspartner für Banken und Versicherungen auftreten ([X.]). Allein aus diesem Grunde wurde das [X.] - wesen auf den Namen seiner Ehefrau erworben, wurden Kredite auf ihren Na-men aufgenommen und der Gebäudeversicherungsvertrag mit der [X.] auf sie umgestellt ([X.] f.). Die [X.] hat nicht festgestellt, dass die Ehefrau des Angeklagten nach dem Rückerwerb anders als in den Jahren 1990 bis 1996 - abgesehen von den rechtlich erforderlichen Unterschriftsleistungen - ne-ben dem Angeklagten am Betrieb der Mast oder der Verwaltung des [X.] beteiligt gewesen wäre. Soweit einzelne Tätigkeiten festgestellt wurden, z.B. die Regelung der Modalitäten von Auszug und Schlüsselübergabe des [X.] [X.]([X.] f., 30) wurden diese vom Angeklagten ohne Beteiligung seiner Ehefrau erledigt. Besonders deutlich wird die Befugniswahr-nehmung durch den Angeklagten bei der Regelung des Versicherungsfalls mit dem Vertreter der [X.]. Dies übernahm der Angeklagte allein, lediglich zur Un-terschriftsleistung kam seine Ehefrau hinzu ([X.], 17). So stellen sich auch insgesamt die von der Revision herausgestellten Aktivitäten der Ehefrau ([X.] [X.]) nicht als eigenständige Befugniswahrnehmung dar, sondern als rechtlich zwingend erforderliche Mitwirkungshandlungen, die nur von ihr als Eigentümerin erledigt werden konnten, etwa die Unterzeichnung von [X.], Bauvoranfragen etc. (vgl. [X.] f.)." Dem stimmt der [X.] zu. Die Repräsentantenstellung des Angeklagten für den Bereich der Gefahrverwaltung des Anwesens wird entgegen der [X.] der Revision auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Ehefrau des Angeklagten mit diesem nach dem geplanten Umbau in das Haus ziehen wollte. Dass sie über diesen ihre private Lebensgestaltung betreffenden persönlichen Entschluss und die zu seiner Umsetzung rechtlich erforderlichen Mitwirkungs-handlungen hinaus irgendeinen Einfluss auf die Verwaltung des Objekts nahm, ist nicht festgestellt. Es begegnet deshalb keinen Bedenken, dass die [X.] aus den dargelegten Umständen sowie den im Übrigen in der [X.] - 7 - genheit von dem Angeklagten gewählten Firmenkonstruktionen den Schluss gezogen hat, seine Ehefrau sei als Eigentümerin des Hofes und Versiche-rungsnehmerin lediglich vorgeschoben gewesen. Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich somit wesentlich von demjenigen, welcher der von der Revi-sion angeführten Entscheidung [X.]R StGB § 265 Abs. 1 Betrugsabsicht 1 zu Grunde lag. b) Danach kann dahinstehen, ob die Versicherung - was die getroffenen Feststellungen nahe legen - auch deshalb von ihrer Leistungspflicht frei gewor-den ist, weil der Angeklagte bei der Abwicklung des Schadensfalles die [X.] mit der Versicherung geführt und dabei arglistig über die [X.]ur-sache getäuscht hat (vgl. [X.] aaO S. 2039 f.). 11 Im Übrigen weist der [X.] ergänzend noch darauf hin, dass die von § 306 b Abs. 2 Nr. 2 StGB vorausgesetzte Ermöglichungsabsicht auch dann gegeben ist, wenn der Täter nur irrig glaubt, die Versicherung sei leistungsfrei und ihre geplante Inanspruchnahme daher betrügerisch; auch in diesem Fall läge in der Schadensmeldung bei der Versicherung darüber hinaus ein versuch-ter Betrug. 12 II[X.] [X.] kann indes keinen Bestand haben. 13 1. Das [X.] hat eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung festgestellt, weil zwischen dem Eingang der Anklageschrift bei Gericht am 21. März 2005 und dem Erlass des [X.] am 23. März 2007 ein unvertretbar langer Zeitraum gelegen habe. Es hat diese Verzögerung [X.] kompensiert, dass es zunächst die an sich verwirkten Einzelstrafen be-nannt, sodann den Strafrahmen gemäß § 49 Abs. 1 StGB herabgesetzt, [X.] - 8 - gere Einzelstrafen festgesetzt und aus diesen eine verminderte Gesamtstrafe gebildet hat. Diese Verfahrensweise ("Strafabschlagslösung") steht, soweit das Land-gericht die Einzelstrafen einem nach § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen entnommen hat, bereits mit den Grundsätzen der bisherigen Rechtsprechung (vgl. hierzu [X.], 3294) nicht in Einklang. Sie entspricht im Übrigen nicht der - nach dem Erlass der angefochtenen Entscheidung - geänderten Rechtsprechung des [X.] zur Kompensation des Verstoßes ge-gen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK ("Vollstreckungsmodell"; vgl. [X.] - GS - NJW 2008, 860). Dadurch ist der Angeklagte beschwert, weil sich durch das Vollstre-ckungsmodell der Zeitpunkt, zu dem ein Strafrest zur Bewährung ausgesetzt werden kann, nach vorne verlagert. Der Angeklagte könnte deshalb - bei Vorliegen der übrigen, nicht von vornherein ausgeschlossenen Vorausset-zungen des § 57 StGB - früher als nach dem Strafabschlagsmodell aus dem Strafvollzug entlassen werden. 15 2. Bei der nunmehr gebotenen Durchführung der Kompensation im Wege des [X.] wird der neue Tatrichter Folgendes zu beachten ha-ben (s. im Einzelnen [X.] aaO S. 866 f.): 16 Zunächst hat er in der neuen Hauptverhandlung nach den Kriterien des § 46 StGB und unter Beachtung der gesetzlichen Strafrahmen schuldangemes-sene, die festgestellte rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung außer [X.] lassende Einzelstrafen festzusetzen und aus diesen eine Gesamtstrafe zu [X.]. Sodann hat er die gebotene Kompensation dadurch vorzunehmen, dass er in der Urteilsformel - zusätzlich zu der neu gebildeten Gesamtstrafe - aus-spricht, dass ein bezifferter Teil dieser Strafe als vollstreckt gilt. Dabei ist er durch § 358 Abs. 2 StPO nicht gehindert, höhere Einzelstrafen als die bisher 17 - 9 - erkannten zu verhängen und auch eine höhere Gesamtstrafe auszusprechen. Indes dürfen die neuen Einzelstrafen die im angefochtenen Urteil als an sich verwirkt und - ohne [X.] - als schuldangemessen ausge-wiesenen Strafen nicht übersteigen. Außerdem darf die im Falle vollständiger Vollstreckung zu verbüßende Strafe (schuldangemessene [X.] abzüglich des als vollstreckt geltenden Teils) nicht höher sein, als die im [X.] Urteil ausgesprochene Gesamtfreiheitsstrafe. Damit wird [X.], dass der Angeklagte, auch wenn der neue Tatrichter auf eine Gesamtfrei-heitsstrafe von mehr als sechs Jahren und sechs Monaten erkennt, durch die Kompensation in Form der [X.] im Ergebnis nicht schlechter steht; denn die höchst mögliche Gesamtverbüßung kann im Vergleich zum bis-herigen Straferkenntnis auch dann nicht länger dauern. - 10 - 3. Die Feststellungen sind von dem Rechtsfehler nicht betroffen; sie [X.] deshalb bestehen bleiben. Der neue Tatrichter ist nicht gehindert, ergän-zende Feststellungen zum Strafausspruch zu treffen, die indes zu den [X.] nicht in Widerspruch stehen dürfen. 18 Ri[X.] von [X.] ist erkrankt und daher an der Unterzeichnung gehindert. [X.] Pfister [X.] Ri[X.] Hubert befindet sich in Urlaub und ist daher an der Unterzeichnung gehindert. [X.] Schäfer

Meta

3 StR 74/08

22.04.2008

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.04.2008, Az. 3 StR 74/08 (REWIS RS 2008, 4335)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 4335

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