Bundessozialgericht, Urteil vom 13.12.2022, Az. B 12 KR 10/20 R

12. Senat | REWIS RS 2022, 9554

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Krankenversicherung - Kapitalleistungen einer Direktversicherung - Handelsvertreter - Kürzung des handelsrechtlichen Ausgleichsanspruchs um Altersvorsorgeleistungen - beitragspflichtiger Versorgungsbezug


Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 16. Juni 2020 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist die Erhebung von Beiträgen zur gesetzlichen [X.]rankenversicherung ([X.]) und [X.] Pflegeversicherung ([X.]) auf die [X.]apitalleistung einer Lebensversicherung iHv 81 681,92 [X.] ab 1.7.2016 streitig.

2

Der 1950 geborene [X.]läger war vom 1.1.1977 bis zum 31.5.1980 als selbstständiger Handelsvertreter tätig. Anschließend war er bei der [X.] (im Folgenden: [X.]) als Arbeitnehmer beschäftigt. Aufgrund einer Zusage der [X.] vom 26.1.1981, den [X.]läger in ihr Versorgungswerk des hauptberuflichen Außendienstes aufzunehmen, schloss sie mit ihm am 11.3.1981 eine entsprechende Vereinbarung und gleichzeitig mit ihm als Versicherungsnehmer einen Lebensversicherungsvertrag mit Versicherungsbeginn zum [X.] wurde mit [X.]irkung ab 1.7.1993 die Versicherung in eine Direktversicherung umgewandelt und die Versicherungsnehmereigenschaft des [X.]lägers auf die [X.] als Arbeitgeberin übertragen. Die Beiträge entrichteten weiter je zur Hälfte der [X.]läger und die [X.].

3

Vom 1.1.1995 bis zum [X.] war der [X.]läger erneut als selbstständiger Handelsvertreter ausschließlich für die [X.] bzw deren Rechtsnachfolgerin, die [X.] (im Folgenden: [X.]), tätig. Er bezieht seit 1.10.2015 eine Altersrente für langjährig Versicherte und ist seit 1.7.2016 bei den Beklagten kranken- und pflegeversichert. Nach seinem Ausscheiden als selbstständiger Handelsvertreter errechnete [X.] einen Ausgleichsanspruch des [X.]lägers nach § 89b Handelsgesetzbuch (HGB) mit einem Ausgangswert von 77 960,09 [X.], von dem sie Altersvorsorgeleistungen iHv 37 733,96 [X.] in Abzug brachte. Die insoweit erhobene [X.]lage wurde vom [X.] mit vom [X.] in Bezug genommenen Urteil vom 31.5.2017 abgewiesen ([X.]/17). Zum 1.1.2016 wurde ihm aus der Lebensversicherung ein Betrag iHv 127 112,01 [X.] ausgezahlt. Die Beklagte zu 1. (im Folgenden: Beklagte) legte den Betrag - neben einer weiteren [X.]apitalzahlung aus einer anderen Versicherung - auch im Namen der Beklagten zu 2. der Beitragserhebung in der [X.] und [X.] ab 1.7.2016 zugrunde (Bescheide vom 7.9.2016; [X.]iderspruchsbescheid vom 12.4.2017).

4

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem [X.] hat die Beklagte durch vom [X.]läger angenommenes Teilanerkenntnis die Beitragsfestsetzung auf eine beitragspflichtige [X.]apitalleistung von 81 681,92 [X.] beschränkt. Ferner einigten sich die Beteiligten darauf, dass nur über die Bescheide vom 7.9.2016 in der Gestalt des [X.]iderspruchsbescheids vom 12.4.2017 entschieden, das Ergebnis des Rechtsstreits aber auf nicht erfasste [X.]räume erstreckt werden solle. Das [X.] hat die über das Teilanerkenntnis hinausgehende [X.]lage abgewiesen (Urteil vom [X.]). Das [X.] hat die Berufung des [X.]lägers zurückgewiesen. Die Lebensversicherung sei zu einem [X.]punkt in eine Direktversicherung umgewandelt worden, als der [X.]läger Arbeitnehmer gewesen sei. An der Durchführung als Direktversicherung habe sich auch nichts mit der erneuten Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit zum 1.1.1995 geändert. Die Vertragsbedingungen seien insoweit nicht geändert worden. [X.] bzw [X.] seien bis zum Ende der Vertragslaufzeit Versicherungsnehmerin geblieben. Die der Beitragserhebung zugrunde gelegte [X.]apitalleistung beruhe auf Beitragszahlungen in der [X.] der fehlenden Versicherungsnehmereigenschaft des [X.]lägers. Die [X.]ürzung des Ausgleichsanspruchs nach § 89b HGB um die durch die [X.] bzw [X.] finanzierten Versorgungsleistungen ändere am Charakter der [X.]apitalleistung als Leistung der betrieblichen Altersversorgung nichts. Nach der Rechtsprechung des B[X.] sei selbst dann ein Versorgungsbezug anzunehmen, wenn ein Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters durch eine Rente der betrieblichen Altersversorgung vollständig ersetzt werde. Da sich die Anrechnung auf den Ausgleichsanspruch unter [X.] ohnehin nur auf die vom Unternehmer finanzierten Teile der [X.]apitalleistung beziehen könne, sei es unerheblich, dass in dem früheren vom B[X.] entschiedenen Verfahren der Handelsvertreter nur geringe eigene Beiträge zur Altersversorgung aufgebracht habe (Urteil vom 16.6.2020).

5

Mit seiner Revision rügt der [X.]läger eine Verletzung von §§ 237, 229 Abs 1 Satz 1, Satz 2 Nr 5 [X.]B V sowie Art 3 und 14 GG. [X.]egen der konkreten Umstände des Falls handele es sich bei der Lebensversicherung um keine betriebliche Altersversorgung. [X.] sei nur versehentlich Versicherungsnehmerin geblieben. Die Beiträge habe er auch nicht aus Arbeitsentgelt erbracht, sondern aus bereits versteuerten und verbeitragten Einnahmen. Es fehle an einem betrieblichen Bezug, weil die Direktversicherung mangels Arbeitsverhältnis nicht mit einem Arbeitgeber bestanden habe. Zudem verkenne das [X.] die [X.]irkungen des Ausgleichsanspruchs auf die Auszahlung der Versicherungssumme. Im Rahmen der Billigkeit iS des § 89b HGB habe er sich einen beträchtlichen Teil der erhaltenen Lebensversicherung anrechnen lassen müssen. Dadurch habe sich sein Ausgleichsanspruch erheblich verringert. Im umgekehrten Fall einer Anrechnung des Ausgleichsanspruchs auf die Lebensversicherung würde keine Beitragspflicht drohen.

6

Der [X.]läger beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Baden-[X.]ürttemberg vom 16. Juni 2020 und des [X.] vom 10. Juli 2019 sowie die Bescheide der Beklagten vom 7. September 2016 in der Gestalt des [X.]iderspruchsbescheids vom 12. April 2017 und des [X.] vom 12. Dezember 2018 aufzuheben.

7

Die Beklagten beantragen,
die Revision des [X.]lägers zurückzuweisen.

8

Die Revision des [X.]lägers sei bereits unzureichend begründet worden und deshalb unzulässig. Er sei auf die konkreten Gedankengänge, erheblichen Argumente und tatsächlichen Feststellungen sowie die in Bezug genommene Rechtsprechung (ua) des B[X.] im angefochtenen Urteil nicht oder nur am äußersten Rande eingegangen. Abgesehen davon weise das angefochtene Urteil keine Rechtsfehler zu Lasten des [X.]lägers auf.

Entscheidungsgründe

9

A. Die Revision des [X.] ist zulässig.

Nach § 164 Abs 2 Satz 1 und 3 [X.]G ist die Revision fristgerecht zu begründen; die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben. Diese gesetzlichen Anforderungen hat das B[X.] in ständiger Rechtsprechung präzisiert. Danach muss, wenn mit der Revision - wie hier - die Verletzung einer Rechtsnorm gerügt wird, in der Begründung dargelegt werden, weshalb eine Vorschrift im materiellen Sinn von der Vorinstanz nicht oder nicht richtig angewendet worden ist (vgl § 546 ZPO). Mit diesem Erfordernis soll zur Entlastung des [X.] erreicht werden, dass der Revisionskläger bzw sein Prozessbevollmächtigter die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels eingehend prüft und von aussichtslosen Revisionen rechtzeitig Abstand nimmt. Dabei darf die Revisionsbegründung nicht nur die eigene Meinung wiedergeben, sondern muss sich - zumindest kurz - mit den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils auseinandersetzen sowie erkennen lassen, dass sich der [X.] mit der angefochtenen Entscheidung befasst hat und inwieweit er bei der Auslegung der dort angewandten Rechtsvorschriften anderer Auffassung ist. Der [X.] darf sich nicht darauf beschränken, die angeblich verletzte Rechtsnorm zu benennen oder auf die Unvereinbarkeit der von der Vorinstanz vertretenen Rechtsauffassung mit der eigenen hinzuweisen. Notwendig ist vielmehr eine Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung, indem dargelegt wird, dass das [X.] sein Urteil auf eine Verletzung von Bundesrecht gestützt habe, und mit rechtlichen Erwägungen aufgezeigt wird, dass und weshalb die Rechtsansicht des Tatsachengerichts nicht geteilt wird. Erforderlich sind Rechtsausführungen, die aus der Sicht des [X.]s geeignet sind, zumindest einen der das angefochtene Urteil tragenden Gründe in Frage zu stellen (vgl ua B[X.] Beschluss vom 13.6.2018 - [X.] 1/17 - [X.], 133 = [X.] 4-1500 § 164 [X.], Rd[X.]3; B[X.] Urteil vom [X.] [X.]R 16/14 R - [X.], 40 = [X.] 4-2600 § 163 [X.], Rd[X.]2 ff mwN; B[X.] Urteil vom [X.] [X.]R 5/16 R - juris Rd[X.]1 mwN). Diesen Anforderungen wird die Revisionsbegründung gerecht.

Der [X.]läger hat den Antrag gestellt, die Urteile der Vorinstanzen und Verwaltungsakte der Beklagten aufzuheben, soweit darin über das angenommene Teilanerkenntnis hinaus Beiträge gefordert werden, und die streitentscheidenden Normen (§§ 237 und 229 [X.]) benannt. Er hat im Revisionsverfahren mit der Besonderheit des handelsrechtlichen Ausgleichsanspruchs nach § 89b HGB argumentiert und dabei erläutert, weshalb sich die Abzugsfähigkeit der Altersvorsorgeaufwendungen der Arbeitgeberin auf die Verbeitragung der [X.]apitalleistung auswirken müsse.

B. Die Revision des [X.] ist aber unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 [X.]G). Das [X.] hat die Berufung des [X.] gegen das klageabweisende Urteil des [X.] zu Recht zurückgewiesen. Die Bescheide der Beklagten vom 7.9.2016 in der Gestalt des [X.]iderspruchsbescheids vom 12.4.2017 sind in dem nach angenommenen Teilanerkenntnis verbliebenen Umfang rechtmäßig und verletzen den [X.]läger nicht in seinen Rechten.

Rechtsgrundlage für die Beitragserhebung auf die [X.]apitalleistung ist § 237 Satz 1 Nr 2 in Verbindung mit § 229 Abs 1 Satz 1 Nr 5 [X.] idF des Gesundheits-Reformgesetzes vom 20.12.1988 ([X.] 2477) sowie § 57 Abs 1 Satz 1 [X.]B XI idF des Gesetzes zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf vom 23.12.2014 ([X.] 2462). Danach wird der Bemessung der Beiträge bei in der [X.] und [X.] pflichtversicherten Rentnern neben dem Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung ([X.]) auch der Zahlbetrag der der Rente vergleichbaren Einnahmen zugrunde gelegt. Als der Rente vergleichbare Einnahmen (Versorgungsbezüge) gelten "Renten der betrieblichen Altersversorgung", soweit sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung erzielt werden. Tritt an die Stelle der Versorgungsbezüge eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung oder ist eine solche Leistung vor Eintritt des Versicherungsfalls vereinbart oder zugesagt worden, gilt nach § 229 Abs 1 Satz 3 [X.] idF des [X.]-Modernisierungsgesetzes vom 14.11.2003 ([X.] 2190) ein 1/120 der Leistung als monatlicher Zahlbetrag der Versorgungsbezüge, längstens jedoch für 120 Monate.

Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die dem [X.]läger ausgezahlte [X.]apitalleistung erfüllt die wesentlichen Merkmale der betrieblichen Altersversorgung (dazu 1.) und dient seiner Versorgung im Alter (dazu 2.). Daran ändert die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit zum 1.1.1995 (dazu 3.), die Reduzierung des Ausgleichsanspruchs nach § 89b HGB (dazu 4.) und die konkrete Finanzierung der Lebensversicherung (dazu 5.) nichts. Schließlich begegnet die Heranziehung von Versorgungsbezügen bei der Beitragsbemessung in der [X.] und [X.] keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (dazu 6.).

1. Die dem [X.]läger ausgezahlte Lebensversicherung ist eine betriebliche Altersversorgung iS des § 229 Abs 1 Nr 5 [X.]. [X.]esentliche Merkmale einer Rente der betrieblichen Altersversorgung als einer mit der Rente aus der [X.] vergleichbaren Einnahme im Sinn des Beitragsrechts der [X.] und [X.] sind ein Zusammenhang zwischen dem Erwerb dieser Rente und der früheren Beschäftigung sowie ihre Entgelt-Ersatzfunktion. Hierzu gehören auch Leistungen, die aus einer vom Arbeitgeber für den Arbeitnehmer vereinbarten Direktversicherung iS des § 1 Abs 2 [X.] (idF des [X.] vom 21.6.2002, [X.] 2167) gezahlt werden. Um eine solche Direktversicherung handelt es sich, wenn - wie hier - für die betriebliche Altersversorgung eine Lebensversicherung auf das Leben des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber als Versicherungsnehmer abgeschlossen wird und der Arbeitnehmer oder seine Hinterbliebenen hinsichtlich der Leistung des Versicherers ganz oder teilweise bezugsberechtigt sind (stRspr; zuletzt B[X.] Urteil vom [X.] - B 12 [X.]R 32/19 R - [X.] 4-2500 § 229 [X.] Rd[X.] mwN; B[X.] Urteil vom [X.] [X.]R 22/18 R - B[X.]E 130, 116 = [X.] 4-2500 § 229 [X.], Rd[X.]7; B[X.] Urteil vom 26.2.2019 - B 12 [X.]R 17/18 R - [X.], 254 = [X.] 4-2500 § 229 [X.], Rd[X.]4 mwN). Dass die Direktversicherung durch eine Umwandlung einer zuvor vom [X.]läger als Versicherungsnehmer abgeschlossenen Versicherung zum 1.7.1993 entstanden ist, ändert daran nichts. Zu diesem [X.]punkt waren der [X.]läger Arbeitnehmer und [X.] seine Arbeitgeberin.

2. Die im Januar 2016 ausgezahlte Direktversicherung diente der Versorgung des [X.] im Alter. Eine Versicherungsleistung ist dann der betrieblichen Altersversorgung im Sinn des Beitragsrechts der [X.] und [X.] zuzurechnen, wenn sie die Versorgung des Arbeitnehmers im Alter oder bei Invalidität bezweckt, also der Sicherung des Lebensstandards nach dessen Ausscheiden aus dem Erwerbsleben dienen soll. Dieser [X.] kann sich auch aus der vereinbarten Laufzeit ergeben (B[X.] Urteil vom 26.2.2019 - B 12 [X.]R 13/18 R - [X.] 4-2500 § 229 [X.] Rd[X.]1 mwN) und dadurch objektivieren. Eine zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ausdrücklich vereinbarte Zweckbestimmung ist hingegen nicht erforderlich. Bei einem im Versicherungsvertrag geregelten Laufzeitende mit dem "rechnungsmäßige(n) Endalter 65 Jahre" (vgl [X.] der Vereinbarung vom [X.]) ist der [X.] schon deshalb erfüllt, weil der [X.]läger zu diesem [X.]punkt nach dem bei [X.] im Jahre 1993 geltenden Recht das erforderliche Alter für den Bezug einer Altersrente (Vollendung des 65. Lebensjahres, vgl § 35 [X.] [X.]I idF des Rentenreformgesetzes 1992 vom 18.12.1989, [X.] 2261) erreicht hatte.

3. An dem Charakter der Direktversicherung als betriebliche Altersversorgung hat sich dadurch nichts geändert, dass der [X.]läger ab 1.1.1995 wieder als selbstständiger Handelsvertreter tätig war. Nach ständiger Rechtsprechung sowohl des B[X.] (zuletzt Urteil vom [X.] [X.]R 22/18 R - B[X.]E 130, 116 = [X.] 4-2500 § 229 [X.], Rd[X.]7; Urteil vom 26.2.2019 - B 12 [X.]R 13/18 R - [X.] 4-2500 § 229 [X.] Rd[X.]3) als auch des [X.] (zuletzt <[X.]ammer> Beschluss vom 17.6.2020 - 1 BvR 1134/15 - juris Rd[X.]5; <[X.]ammer> Beschluss vom 28.9.2010 - 1 BvR 1660/08 - [X.] 4-2500 § 229 [X.]1 Rd[X.]2) zur Einordnung als Leistung der betrieblichen Altersversorgung ist es notwendig, aber auch ausreichend, dass der Durchführungsweg der Direktversicherung gewählt und der institutionelle Rahmen des Betriebsrentenrechts genutzt wird, weil der Arbeitgeber Versicherungsnehmer und der Arbeitnehmer Begünstigter des [X.] ist. Auch nach dem Ende eines Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer eingezahlte Beiträge sind betrieblich veranlasst, solange der institutionelle Rahmen des Betriebsrentenrechts zur Durchführung der betrieblichen Altersversorgung nicht verlassen wird (hierzu zuletzt B[X.] Urteil vom 26.2.2019 - B 12 [X.]R 13/18 R - [X.] 4-2500 § 229 [X.] Rd[X.]3 mwN). Den institutionellen Rahmen des Betriebsrentenrechts hat der [X.]läger nicht verlassen. Denn dem Tätigkeitswechsel wurde nicht durch eine Änderung des [X.], insbesondere eine (Rück-)Übertragung der Eigenschaft als Versicherungsnehmer auf den [X.]läger, Rechnung getragen. Dass ein [X.]echsel in der [X.] nach den Angaben des [X.] beabsichtigt gewesen sei, ändert nichts daran, dass er nicht vollzogen wurde. Ohne Einrücken in die Position des Versicherungsnehmers ist es unerheblich, dass ein ursprünglich von einem Arbeitgeber als Direktversicherung abgeschlossener Vertrag nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers von Letzterem bis zum Auszahlungstermin mit eigenen Beiträgen fortgeführt wird (vgl insoweit bereits B[X.] Urteil vom 12.11.2008 - B 12 [X.]R 10/08 R - [X.] 4-2500 § 229 [X.] Rd[X.]4; B[X.] Urteil vom 12.12.2007 - B 12 [X.]R 6/06 R - juris). Mangels Einrücken des [X.] in die Position des Versicherungsnehmers ist es daher auch ohne Bedeutung, dass [X.] bzw [X.] als durchgehende Versicherungsnehmerin ab 1.1.1995 nicht mehr Arbeitgeberin des [X.] waren.

4. Die Berechnung des dem [X.]läger nach dem Ende seiner Tätigkeit als Handelsvertreter zustehenden Ausgleichsanspruchs nach § 89b Abs 1 Satz 1 HGB (idF des [X.] aus Gesamtemissionen und zur verbesserten Durchsetzbarkeit von Ansprüchen von Anlegern aus Falschberatung vom [X.], [X.] 2512) unter Abzug der von der [X.] bzw [X.] erbrachten Altersvorsorgeleistungen ändert ebenfalls am Charakter der [X.]apitalleistung als betriebliche Altersversorgung nichts. Der (reduzierte) Ausgleichsanspruch steht mit der [X.]apitalleistung in keinem unmittelbaren Zusammenhang.

Nach § 89b Abs 1 Satz 1 HGB kann der Handelsvertreter von dem Unternehmer nach Beendigung des Vertragsverhältnisses einen angemessenen Ausgleich verlangen, wenn und soweit 1. der Unternehmer aus der Geschäftsverbindung mit neuen [X.]unden, die der Handelsvertreter geworben hat, auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses erhebliche Vorteile hat und 2. die Zahlung eines Ausgleichs unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der dem Handelsvertreter aus Geschäften mit diesen [X.]unden entgehenden Provisionen, der Billigkeit entspricht. Anders als Versorgungsrenten knüpft der Ausgleichsanspruch nicht an den Umstand einer Erwerbsminderung oder das Erreichen einer bestimmten Altersgrenze an. Daher hat der [X.] bereits entschieden, dass in der [X.] eine Rente der betrieblichen Altersversorgung auch dann zu den beitragspflichtigen Versorgungsbezügen gehört, wenn sie den Ausgleichsanspruch eines Handelsvertreters ersetzt (B[X.] Urteil vom 10.3.1994 - 12 R[X.] 30/91 - [X.] 3-2500 § 229 [X.]).

Nichts anderes gilt, wenn der Abzug im Rahmen der Billigkeit (§ 89b Abs 1 Satz 1 Nr 2 HGB) nicht die Rente aus der Direktversicherung betrifft, sondern - wie hier allenfalls - die Beiträge des Arbeitgebers zum Aufbau der Altersversorgung. Anders als der [X.]läger vorträgt, stützen die Feststellungen des [X.] und des [X.] jedenfalls nicht dessen Behauptung, er habe sich einen beträchtlichen Teil der "erhaltenen" Lebensversicherung anrechnen lassen müssen. Ausweislich der Feststellungen des [X.] im Urteil vom 31.5.2017 ([X.]/17) bewerteten der [X.]läger und [X.] den Ausgleichsanspruch unstreitig mit 77 960,09 Euro. Hiervon brachte [X.] einen Betrag von 37 733,96 Euro in Abzug, der den Leistungen "in die betriebliche Altersversorgung des [X.]" entsprach. Unabhängig davon, dass damit ein Betrag von [X.] der ausgezahlten [X.]apitalleistung angerechnet worden ist, bestehen Zweifel, ob es sich dabei überhaupt um die von [X.] und [X.] im Rahmen der Direktversicherung erbrachten [X.] handelt. Denn das [X.] hat auch festgestellt, dass nach den Ausführungen der [X.] "Ansprüche und Leistungen aus dem Versorgungswerk … auf den Ausgleichsanspruch anzurechnen" seien, "soweit sie nicht aus den vom [X.]läger selbst entrichteten Beträgen resultieren". Nicht ausgeschlossen ist daher eine Reduzierung des Ausgleichsanspruchs aufgrund anderer von [X.] bzw [X.] an ein Versorgungswerk erbrachten Altersvorsorgeleistungen. Einer abschließenden [X.]lärung bedarf dies jedoch nicht. Selbst wenn es sich bei dem von [X.] in Abzug gebrachten Betrag um die von ihr bzw [X.] zur Direktversicherung erbrachten [X.] handeln sollte, hätte dies wirtschaftlich betrachtet nur zur Folge, dass die Direktversicherung überwiegend oder sogar vollständig vom [X.]läger selbst finanziert worden wäre. Für die Beitragspflicht einer [X.]apitalleistung aus einer Direktversicherung ist deren Finanzierung jedoch ohne Relevanz. Es ist unerheblich, ob der Versorgungsbezug im Einzelfall ganz oder zum Teil auf Leistungen des Arbeitgebers oder allein auf Leistungen des Arbeitnehmers oder des Bezugsberechtigten beruht (vgl ua B[X.] Urteil vom 26.2.2019 - B 12 [X.]R 17/18 R - [X.], 254 = [X.] 4-2500 § 229 [X.], Rd[X.]6 mwN; vgl auch [X.] <[X.]ammer> Nichtannahmebeschluss vom 17.6.2020 - 1 BvR 1134/15 - juris Rd[X.]5).

Der Einwand des [X.], im umgekehrten Fall einer "Anrechnung des Ausgleichsanspruchs auf die Lebensversicherung" würde hinsichtlich der Ausgleichsleistung "keine Beitragspflicht drohen", trägt nicht. Es ist in der Rechtsprechung des [X.] anerkannt, dass die einem Handels- oder Versicherungsvertreter gewährte Alters- und Hinterbliebenenversorgung, soweit sie aus Mitteln des Unternehmens finanziert wird, auf den Ausgleichsanspruch angerechnet werden kann, wenn das nach den gesamten Umständen des Falles der Billigkeit entspricht ([X.] Urteil vom 14.6.2006 - [X.]/04 - NJ[X.]-RR 2006, 1542; [X.] Urteil vom [X.] - [X.]Z 45, 268). Die [X.] ist dem Ausgleichsanspruch aufgrund ihrer "funktionellen Verwandtschaft" immanent (vgl hierzu Thume in Röhricht/Graf von [X.]estphalen/[X.], HGB, 5. Aufl 2019, § 89b Rd[X.]10 mwN; von [X.] in [X.] [X.]ommentar, HGB, 4. Aufl 2016, § 89b Rd[X.]08). Die Minderung des Ausgleichsanspruchs um Altersvorsorgeaufwendungen gehört damit von vornherein zu seinem "nachrangigen" [X.]esen (vgl B[X.] Urteil vom 10.3.1994 - 12 R[X.] 30/91 - [X.] 3-2500 § 229 [X.] S 12 = juris RdNr 21). Sie beruht nicht auf einer externen Ursache und Rechtsgrundlage; daher kann es in diesem Zusammenhang von vornherein nicht zu einer Anrechnung mit umgekehrten Vorzeichen kommen. Soweit die Argumentation des [X.] darauf abzielt, eine wirtschaftliche "Entwertung" der [X.]apitalleistung zu behaupten, folgt daraus nichts anderes. Ebenso wie Verfügungen des originär Berechtigten über den Zahlbetrag einer [X.]apitalleistung ist auch der um [X.] zur Direktversicherung reduzierte Ausgleichsanspruch nicht geeignet, die Beitragspflicht der [X.]apitalleistung zu beeinflussen (vgl zuletzt B[X.] Urteil vom 10.10.2017 - B 12 [X.]R 1/16 R - B[X.]E 124, 188 = [X.] 4-2500 § 240 [X.]3, Rd[X.]4 mwN).

5. Es ist ferner unerheblich, ob die Beiträge zur Lebensversicherung aus dem Brutto- oder Nettoarbeitsentgelt aufgebracht worden sind. Ein Anspruch auf Erhalt der in der Ansparphase gegebenen Beitragsfreiheit bis in die [X.] lässt sich aus dem Gesetz und der Verfassung nicht herleiten. Auch kommt es nicht darauf an, dass die Lebensversicherung gegebenenfalls aus einem Arbeitsentgelt oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze finanziert wird (B[X.] Urteil vom 26.2.2019 - B 12 [X.]R 17/18 R - [X.], 254 = [X.] 4-2500 § 229 [X.], Rd[X.]7 mwN). Zudem existiert kein Grundsatz, dass mit aus bereits der Beitragspflicht unterliegenden Einnahmen vom Versicherten selbst finanzierte Versorgungsbezüge der Beitragspflicht überhaupt nicht oder jedenfalls nicht mit dem vollen Beitragssatz unterworfen werden dürfen (B[X.] Urteil vom 8.10.2019 - B 12 [X.]R 2/19 R - [X.] 4-2500 § 229 [X.] Rd[X.]9 mwN; vgl auch [X.] <[X.]ammer> Beschluss vom 6.9.2010 - 1 BvR 739/08 - [X.] 4-2500 § 229 [X.]0 Rd[X.]0).

6. Schließlich begegnet die Heranziehung von Versorgungsbezügen bei der Beitragsbemessung in der [X.] im Grundsatz keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl zuletzt B[X.] Urteile vom 18.8.2020 - [X.] [X.]R 4/19 R - juris RdNr 22 mit Hinweisen auf die Rspr des [X.] und des B[X.]; zuletzt [X.] <[X.]ammer> Nichtannahmebeschluss vom 17.6.2020 - 1 BvR 1134/15 - juris). Das [X.] hat nur in Sonderfällen bestimmte Leistungsanteile von der Beitragspflicht als Versorgungsbezug ausgenommen. Voraussetzung dafür ist einerseits die Auflösung des beruflichen Bezugs und andererseits der [X.]echsel in der [X.]. [X.]apitalleistungen aus Direktversicherungen iS von § 229 Abs 1 Satz 1 Nr 5 [X.] dürfen (nur) insoweit nicht als Versorgungsbezüge der Beitragspflicht unterworfen werden, als sie auf Prämien beruhen, die ein Arbeitnehmer nach dem Ende seines Arbeitsverhältnisses auf einen [X.]apitallebensversicherungsvertrag unter Einrücken in die Stellung des Versicherungsnehmers eingezahlt hat ([X.] <[X.]ammer> Beschluss vom 28.9.2010 - 1 BvR 1660/08 - [X.] 4-2500 § 229 [X.]1 Rd[X.]5 ff). Letzteres war von Juli 1993 bis Dezember 2015 (s hierzu 3.) nicht der Fall. Auch liegt eine gegen das verfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgebot des Art 3 Abs 1 GG verstoßende Doppelverbeitragung nicht vor. Der [X.] hat bereits entschieden, dass die Beitragspflicht auf einen Versorgungsbezug nach §§ 237, 229 Abs 1 Satz 1 Nr 5 [X.] nicht den allgemeinen Gleichheitssatz verletzt, soweit ungerechtfertigte Ungleichbehandlungen bei der Verbeitragung von Aufwendungen für die betriebliche Altersversorgung in der Ansparphase geltend gemacht werden. Dem Gesetzgeber ist es grundsätzlich nicht verboten, "Doppelverbeitragungen" zu regeln (vgl zuletzt B[X.] Urteile vom 18.8.2020 - [X.] [X.]R 4/19 R - juris RdNr 20 mwN).

7. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte die Höhe der berechneten Beiträge unzutreffend festgesetzt hätte, sind nicht ersichtlich. Die Beklagten haben nur den Teil der [X.]apitalleistung der Beitragserhebung unterworfen, der auf Zahlungen während der [X.] beruht, in der der [X.]läger nicht Versicherungsnehmer war (1.7.1993 bis 31.12.2015). Die konkrete Beitragsberechnung wird vom [X.]läger auch nicht beanstandet.

8. Die [X.]ostenentscheidung beruht auf § 193 [X.]G.

Heinz 

Bergner

Beck   

Meta

B 12 KR 10/20 R

13.12.2022

Bundessozialgericht 12. Senat

Urteil

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Reutlingen, 10. Juli 2019, Az: S 1 KR 1120/17, Urteil

§ 229 Abs 1 S 1 Nr 5 SGB 5, § 237 S 1 Nr 2 SGB 5, § 57 Abs 1 S 1 SGB 11, § 89b Abs 1 HGB

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 13.12.2022, Az. B 12 KR 10/20 R (REWIS RS 2022, 9554)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 9554

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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1 BvR 739/08

1 BvR 1660/08

1 BvR 1134/15

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