Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.01.2018, Az. 1 StR 264/17

1. Strafsenat | REWIS RS 2018, 14976

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:250118B1STR264.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1
StR 264/17

vom
25. Januar
2018
in der Strafsache
gegen

wegen Steuerhinterziehung u.a.

-
2
-
Der 1.
Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundes-anwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 25.
Januar 2018 ge-mäß §
349 Abs.
2 und 4 StPO beschlossen:

1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Land-gerichts [X.] vom 15.
Februar 2017 aufgehoben
a)
soweit der Angeklagte in den Fällen
II.5. Nr.
1 bis 7 der Urteilsgründe wegen Hinterziehung von Umsatzsteuer verurteilt worden ist,
b)
im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe.
2.
Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verwor-fen.
3.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des [X.]s zurückverwiesen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in 31
Fällen sowie wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 45
Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Zudem hat es Feststellungen gemäß §
111i Abs.
2 [X.] getroffen. 1
-
3
-
Die Revision des Beschwerdeführers, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, erzielt den
aus der [X.] ersichtlichen Teil-erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet.
1.
Die Verurteilung wegen Hinterziehung von Umsatzsteuer in den Fäl-len
II.5. Nr.
1 bis 7 der Urteilsgründe (UA S.
17
f.) hat keinen Bestand.
a)
Ausgehend von den getroffenen Feststellungen ist das [X.] der Ansicht, der Angeklagte habe dadurch, dass er in der Umsatzsteuerjahres-erklärung für die Einzelfirma F.

betreffend das [X.], in den [X.]jahreserklärungen für die F.

GmbH betreffend die Jahre 2009 bis 2012 und in den Umsatzsteuervoranmeldungen der Monate April und Juni 2013 für die F.

GmbH jeweils zu Unrecht Vorsteuerbeträge gel-tend gemacht habe, Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt 92.503,52
Euro [X.]. Die Urteilsfeststellungen lassen jedoch nicht erkennen, ob in den [X.] Fällen jeweils Tatvollendung eingetreten oder nur Versuch gegeben ist. Dies führt zur Aufhebung des Schuldspruchs wegen Hinterziehung von [X.] in sieben Fällen.
aa)
Bei der Straftat der Steuerhinterziehung, bei der es sich nicht ledig-lich um ein Erklärungsdelikt, sondern auch um ein [X.] handelt (vgl. [X.], Beschluss vom 8.
Juni 2017

1
StR
217/17, Rn.
2), tritt Vollendung erst dann ein, wenn der Täter durch seine Tathandlung Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt (§
370 Abs.
1 [X.]). Betreffen die Taten

wie hier

die Hinterziehung von [X.] durch Abgabe inhaltlich unzutreffender Steuererklärungen, hängt die [X.] davon ab, ob die unrichtigen Steueranmeldungen

sei es [X.]jahreserklärungen oder Umsatzsteuervoranmeldungen (§
150 Abs.
1 Satz
3 2
3
4
-
4
-
[X.] i.V.m. §
18 Abs.
1 Satz
1 bzw. §
18 Abs.
3 Satz
1 UStG)

zu einer Zahllast oder zu einer Steuervergütung geführt haben. Zwar steht eine [X.] gemäß §
168 Satz
1 [X.] einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich. Führt allerdings die Steueranmeldung zu einer Herabset-zung der bisher zu entrichtenden Steuer oder zu einer
Steuervergütung, so gilt dies erst dann, wenn die Finanzbehörde zugestimmt hat (§
168 Satz
2 [X.]). Das Tatgericht muss daher Feststellungen dazu treffen, ob die jeweilige Steu-eranmeldung eine Zahllast oder eine Steuervergütung zum Inhalt hatte und

im Falle der Steuervergütung

ob die Finanzbehörden dieser zugestimmt haben (st. Rspr.; vgl. zuletzt [X.], Beschluss vom 24.
August 2017

1
StR
625/16, Rn.
22). Daran fehlt es hier.
bb)
Zwar belegen die vom [X.] rechtsfehlerfrei getroffenen Fest-stellungen, dass es sich bei den zugrunde liegenden Rechnungen um Schein-rechnungen (Abdeckrechnungen) sowie um Rechnungen von in Wirklichkeit als Voraussetzungen eines Vorsteuerabzugs gemäß §
15 Abs.
1 Nr.
1 UStG nicht gegeben sind. Auch hat das [X.] Feststellungen zu den Abgabezeit-punkten der verfahrensgegenständlichen Steueranmeldungen und zur Höhe der zu Unrecht geltend gemachten Vorsteuerbeträge getroffen. Die Feststellungen beschränken sich jedoch auf die bloße Addition der zu Unrecht geltend ge-machten Vorsteuerbeträge. Demgegenüber fehlen Feststellungen dazu, ob in den einzelnen Steueranmeldungen eine Zahllast oder ein [X.] angemeldet wurde. Die erforderlichen Feststellungen lassen sich auch nicht dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe entnehmen. Daher kann der [X.] anhand der Urteilsfeststellungen in keinem der Fälle der Hinterziehung von Umsatzsteuer nachprüfen, ob
Tatvollendung eingetreten ist.
5
-
5
-
b)
Die Aufhebung des Schuldspruchs in den Fällen II.5.
Nr.
1 bis 7 der Urteilsgründe zieht die Aufhebung der zugehörigen Einzelstrafen nach sich.
2.
Angesichts der Aufhebung der Einzelstrafen in den Fällen II.5.
Nr.
1 bis 7 der Urteilsgründe kann auch der Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe keinen Bestand haben. Der [X.] kann nicht ausschließen, dass das [X.] ohne diese Einzelstrafen eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe verhängt hätte.
3.
Einer Aufhebung von Feststellungen bedarf es nicht, da diese von dem Rechtsfehler, der zur [X.] führt, nicht betroffen sind. Der neue Tatrichter wird allerdings zum Inhalt der verfahrensgegenständlichen Umsatzsteuerjahreserklärungen und Umsatzsteuervoranmeldungen ergänzen-de Feststellungen zu treffen
haben. Auch darüber hinaus kann er weitergehen-de Feststellungen treffen, die mit den bisherigen nicht in Widerspruch stehen.
4.
Im Übrigen ist die Revision des Angeklagten aus den in der [X.] genannten Gründen unbegründet im Sinne des §
349 Abs.
2 StPO.
5.
Für die neue Hauptverhandlung bemerkt der [X.]:
Ausgehend von den noch zu treffenden ergänzenden Feststellungen im
Fall
II.5.
Nr.
1 der Urteilsgründe (Hinterziehung von Umsatzsteuer für das [X.]) wird der neue Tatrichter auch zu prüfen haben, ob insoweit Verfol-gungsverjährung eingetreten ist (§
78 Abs.
1 Satz
1 StGB). Bislang ist weder den Urteilsgründen noch den insoweit heranzuziehenden Verfahrensakten zu 6
7
8
9
10
11
-
6
-
entnehmen, ob mit der eingereichten Umsatzsteuervoranmeldung für das [X.] ein Steuervergütungsbetrag geltend gemacht worden ist und ob die
Finanzbehörden diesem gegebenenfalls zugestimmt haben. Da hiervon aber der Zeitpunkt der [X.] abhängt (vgl. [X.], Beschluss vom 5.
April 2000

5
StR
226/99, [X.], 219, 222; [X.] in [X.], [X.], 13.
Aufl., §
376 Rn.
36), ist dem [X.] eine abschließende Prüfung der Frage der Verjährung nicht möglich.
Raum
[X.]
Bellay

Cirener
Fischer

Meta

1 StR 264/17

25.01.2018

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.01.2018, Az. 1 StR 264/17 (REWIS RS 2018, 14976)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 14976

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