Bundespatentgericht, Beschluss vom 25.06.2020, Az. 30 W (pat) 518/19

30. Senat | REWIS RS 2020, 154

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "UNICUT friseure (Wort-Bild-Marke)/unicut" – zur Kennzeichnungskraft – Dienstleistungsidentität – unmittelbare klangliche Verwechslungsgefahr


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2016 232 772

hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des [X.] in der Sitzung vom 25. Juni 2020 unter Mitwirkung des Richters [X.] als Vorsitzendem sowie des Richters [X.] und der Richterin Akintche

beschlossen:

Die Beschwerde der Markeninhaberin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die in rot und weiß ausgestaltete Wort-/Bildmarke

Abbildung

2

ist am 21. November 2016 angemeldet und am 19. Januar 2017 unter der Nummer 30 2016 232 772 in das beim [X.] ([X.]) geführte Register für nachfolgenden Dienstleistungen eingetragen worden:

3

[X.]: Dienstleistungen von Salons zur Schönheitspflege; Schönheitspflege für Menschen; Schönheitspflegeberatung.

4

Die Veröffentlichung der Eintragung erfolgte am 24. Februar 2017.

5

Gegen die Eintragung dieser Marke hat der Beschwerdegegner Widerspruch erhoben aus seiner am 5. Oktober 2004 angemeldeten und am 4. November 2004 für die Dienstleistungen der

6

Klasse 43: Dienstleistung zur Verpflegung von Gästen;

7

[X.]: Dienstleistungen im Bereich der Schönheitspflege;

8

eingetragenen Wortmarke 304 57 203

9

[X.]

wobei der Widerspruch nur auf die Dienstleistungen der [X.] gestützt ist.

Nach Übersendung der nachgereichten Widerspruchsbegründung vom 28. Februar 2018 hat die Inhaberin der angegriffenen Marke mit ihrem Schriftsatz vom 23. März 2018 das Fehlen einer Vollmacht gerügt und angekündigt, erst nach Vorlage einer Originalvollmacht zum Widerspruch Stellung zu nehmen. Die Originalvollmacht des Vertreters des Widersprechenden wurde am 18. Mai 2018 dem [X.] vorgelegt. Mit [X.] vom 5. Juni 2018 ist die Inhaberin der angegriffenen Marke unter Beifügung der Vollmacht darauf hingewiesen worden, dass dem Widersprechenden eine Frist zur weiteren Stellungnahme bis 30. Juni 2018 gewährt wurde. Weitere Schriftsätze sind von den Verfahrensbeteiligten nicht mehr eingereicht worden.

Mit Beschluss vom 28. August 2019 hat die mit einem Beamten des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für [X.] die Löschung der Eintragung der angegriffenen Marke angeordnet. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass [X.] vorliege. Nachdem die beanspruchten Dienstleistungen identisch seien und von einer normalen Kennzeichnungskraft auszugehen sei, sei die Ähnlichkeit zwischen den Marken nicht gering genug, um eine [X.] auszuschließen. Auch wenn in ihrer Gesamtheit eine hinreichende schriftbildliche, klangliche und begriffliche Markenähnlichkeit nicht bestehe, messe der Verkehr den Wortbestandteilen einer Wort-/Bildmarke prägende Bedeutung zu. Aus den Wortbestandteilen „[X.] friseure“ könne sodann der Bestandteil „[X.]“ isoliert werden, weil diesem für den Gesamteindruck prägende Kennzeichnungskraft zukäme. Der prägende Bestandteil sei identisch zu der älteren Marke. Daher sei die angegriffene Marke zu löschen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke.

Sie rügt die Verletzung rechtlichen Gehörs. Da ihr in dem letzten [X.] mitgeteilt worden sei, dass die Gegenseite noch eine Fristverlängerung zur Einreichung einer weiteren Stellungnahme erhalte, hätte sie nach Ablauf dieser Frist ihrerseits nochmals die Möglichkeit zur Stellungnahme erhalten müssen. Soweit der Widersprechende in seiner Widerspruchsbegründung vorgetragen habe, die Anmeldung ihrer Wort-/Bildmarke sei eine Reaktion auf eine Berechtigungsanfrage, entbehre dies jeglicher Grundlage; weder der Widersprechende selbst noch sein Anwalt hätten sich jemals mit ihr in Verbindung gesetzt. Richtig sei, dass sie von mehreren Inhabern von Friseursalons aus dem gesamten [X.], die die Bezeichnung [X.] in irgendeiner Form in ihrem Firmennamen verankert hätten, daraufhin angesprochen worden sei. Um einen sich anbahnenden Streit um Markenrechte zuvor zu kommen, habe sie Markenschutz für die hier angegriffene Wort-/Bildgestaltung beantragt, die bereits seit der Gründung ihres Geschäfts im Jahr 2005 existiere. Am 8. Oktober 2006 habe sie für ihr Ladengeschäft die Domain „…“ und am 9. Oktober 2015 die Domain „… “ aktiviert und seither auch jeweils die Gebühren für die Domains bezahlt, was durch eine beigefügte E-Mail belegt werde. Die Beschwerdeführerin ist ferner der Auffassung, dass eine [X.] nicht bestehe, da die Widerspruchsmarke eine simple Zusammensetzung aus sechs Buchstaben und die jüngere Marke dagegen ein gestalterisch hochwertiges Logo sei. Auch sei der Bestandteil „[X.]“ bereits seit den 1980er-Jahren aus [X.] für Friseursalons bekannt. In der angegriffenen Marke beziehe sich das Wort „uni“ zudem auf den Umstand, dass sich ihr Ladengeschäft gegenüber der [X.] befinde. Weiter macht die Beschwerdeführerin geltend, dass sich die Wortbestandteile „[X.]“ in den Marken in Groß- und Kleinschreibung unterschieden. Vom Widersprechenden würde permanent geleugnet werden, dass der vollständige Name „[X.] friseure“ laute, mithin im Gesamteindruck auch das Wort „friseure“ umfasse. Ferner sei auch der optisch gestaltete Buchstabe „[X.]“ ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal. [X.] bestreitet die Beschwerdeführerin eine klangliche [X.] und verweist auf von ihr getätigte Telefonanrufe bei [X.] Salons.

Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,

den Beschluss der Markenstelle für [X.] des [X.]s vom 28. August 2019 aufzuheben und den Widerspruch aus der Marke 304 57 203 zurückzuweisen.

Der Widersprechende und Beschwerdegegner hat sich im Beschwerdeverfahren weder zur Sache geäußert noch einen Antrag gestellt. Im Amtsverfahren hat er vorgetragen, dass die Widerspruchsmarke durch eine Reihe von Gewerbebetrieben und Niederlassungen sowie in Form einer Lizenz benutzt werde. Der Widerspruch basiere auf der Gefahr von Verwechslungen zwischen den Marken. Bei identischen Dienstleistungen bestehe im Hinblick auf das kennzeichnungskräftige, die jüngere Marke prägende Wort „[X.]“ die Gefahr von Verwechslungen mit der identischen Widerspruchsmarke.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die gemäß §§ 66, 64 Abs. 6 Satz 1 [X.] statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde der Markeninhaberin hat keinen Erfolg. Zwischen den Vergleichsmarken besteht die Gefahr von klanglichen Verwechslungen, §§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.]. Die Markenstelle hat daher zu Recht die Löschung angeordnet, § 43 Abs. 2 Satz 1 [X.].

A. Eine Verletzung rechtlichen Gehörs liegt nicht vor. Die Markenstelle hat dem Widersprechenden nach Vorlage der Anwaltsvollmacht eine Fristverlängerung zur weiteren Stellungnahme bis 30. Juni 2018 gewährt, wobei sich insoweit die Notwendigkeit für eine solche Verlängerung tatsächlich nicht erschließt. Schließlich hatte dieser den Widerspruch bereits begründet. Nachdem eine Stellungnahme des Widersprechenden innerhalb der Frist nicht eingegangen ist, hat die Markenstelle erst nach Ablauf von ca. 14 Monaten Beschluss gefasst. Innerhalb dieses Zeitraums hätte die Markeninhaberin ausreichend Zeit für eine Stellungnahme gehabt, zumal sie eine solche nach Übersendung der Vollmacht angekündigt hatte. Dass die Markenstelle ihr nicht mitgeteilt hat, dass eine weitere Stellungnahme seitens des Widersprechenden nicht eingegangen ist und sie nicht (nochmals) ausdrücklich zu einer Stellungnahme aufgefordert hat, stellt keinen Gehörsverstoß bzw. Verfahrensmangel dar.

B. Im Laufe des Widerspruchsverfahrens haben sich die Vorschriften des Markengesetzes mit Wirkung vom 14. Januar 2019 geändert. Eine für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Änderung der Rechtslage folgt daraus nicht (vgl. [X.], 1316 Rn. 11 – KNEIPP). Da die Anmeldung der angegriffenen Marke zwischen dem 1. Oktober 2009 und dem 14. Januar 2019 eingereicht wurde, sind bei hiergegen erhobenen Widersprüchen weiterhin die Vorschriften nach § 42 Abs. 1 und 2 [X.] in der bis zum 14. Januar 2019 geltenden Fassung anzuwenden (§ 158 Abs. 3 [X.]).

[X.]. Soweit die Beschwerdeführerin geltend macht, sie habe ihren Friseurbetrieb bereits im Jahr 2005 gegründet und seither das Logo hierfür verwendet, ist dieser Einwand der Vorbenutzung der angegriffenen Marke unbeachtlich und führt insbesondere nicht zur Unzulässigkeit des Widerspruchs. Denn im Hinblick auf die Rechtsnatur des Widerspruchsverfahrens, das als registerrechtliches Verfahren ausgestaltet ist, sind Einwendungen außerhalb des formellen Markenrechts unbeachtlich. Hierzu zählen vertragliche Verpflichtungen, Rechtsmissbrauch, Verwirkung oder die Vorbenutzung der angegriffenen Marke sowie [X.] (vgl. [X.] in Ströbele/Hacker/Thiering, [X.], 12. Aufl., § 42 Rn. 62; von [X.] in Büscher/[X.]/[X.], Gewerblicher Rechtsschutz Urheberrecht Medienrecht, 3. Aufl., § 42 Rn. 4). Ungeachtet dessen ist die Widerspruchsmarke ohnehin prioritätsälter, weil sie schon im [X.] angemeldet (und eingetragen) worden ist. Schließlich könnte der Umstand, dass die Benutzung des Begriffs „[X.]“ durch die Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit ihrem Friseurladen bislang offenbar unbeanstandet geblieben ist, allenfalls als Einwendung der Verwirkung im Rahmen einer Eintragungsbewilligungsklage nach § 44 [X.] geltend gemacht werden.

D. Ob [X.] vorliegt, ist unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (vgl. z. B. [X.] [X.], 1098 Rn. 44 – [X.]/[X.]; [X.], 933 Rn. 32 – [X.]; [X.], 82 Rn. 9 – [X.]/Oxford [X.]lub; [X.], 1040 Rn. 25 – [X.]/pure). Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit die Identität oder Ähnlichkeit der zum Vergleich stehenden Marken sowie der von diesen erfassten Waren oder Dienstleistungen. Darüber hinaus ist die Kennzeichnungskraft der älteren Marke und – davon abhängig – der dieser im Einzelfall zukommende Schutzumfang in die Betrachtung miteinzubeziehen. Dabei impliziert der Begriff der [X.] eine gewisse Wechselwirkung zwischen den genannten Faktoren (vgl. z. B. [X.] GRUR 2020, 52 (Nr. 41 bis 43) – [X.] [[X.]/ROSLAGSÖL]; [X.], 343 ([X.]) – [X.]/[X.]; [X.], 356 (Nr. 45) – Éditions Albert René/[X.] [[X.]/[X.]]; [X.], 336 – [X.]; [X.] 2016, 46 ([X.]) – [X.]/[X.] DEUTS[X.]HE [X.]; GRUR 2015, 1008 (Nr. 18) – [X.]/ISP).

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist zwischen den Vergleichsmarken eine unmittelbare Gefahr von klanglichen Verwechslungen zu besorgen.

1. Zwischen den sich gegenüberstehenden Dienstleistungen der [X.] besteht nach der vorliegend maßgeblichen [X.] Identität, was die Beschwerdeführerin auch nicht in Abrede stellt.

2. Die Widerspruchsmarke „[X.]“ verfügt über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft (zu den Graden der Kennzeichnungskraft vgl. [X.], 833 (Nr. 55) – [X.]ulinaria/Villa [X.]ulinaria). Ausreichende Anhaltspunkte für eine Schwächung sind nicht erkennbar.

a) Marken, die für die angesprochenen Verkehrskreise erkennbar an beschreibende Angaben angelehnt sind, verfügen zwar nur über eine geringe Kennzeichnungskraft ([X.], 1104 ff. – [X.]/Medico Apotheke).Es handelt sich bei „[X.]“ aber weder um eine beschreibende Angabe noch um eine Begriffsbildung mit erkennbar beschreibenden Anklängen.Das [X.] Wort „cut“ in seiner Bedeutung „Schnitt“ (bekannt aus der [X.] „undercut“) ist allerdings ein beschreibender Hinweis auf die Widerspruchsdienstleistungen der Schönheitspflege, nämlich dass u. a. ein Haarschnitt angeboten wird. Das vorangestellte Wort „uni“ hat unterschiedliche Bedeutungen. So ist es erfasst als „einheitlicher Farbton“ bzw. als Adjektiv „einfarbig gefärbt/nicht gemustert“. Als Bestimmungswort in Zusammensetzungen hat es die Bedeutung „einzig, nur einmal vorhanden, einheitlich“ (z. B. unilateral, Uniform). Schließlich stellt es die Kurzform von Universität dar (vgl. jeweils [X.]). In seiner Gesamtheit vermittelt die Widerspruchsmarke allenfalls vage und zudem unterschiedliche Begriffsanklänge, so scheint die Bedeutung „einfarbiger Schnitt“, „[X.]“ (vergleichbar wie [X.]), „nicht geschlechtsspezifischer Schnitt“ im Sinne von Serviceangebot für alle Geschlechter durch, oder auch – wie es die Beschwerdeführerin in ihrer Marke verstanden wissen will – „Schnitt an der Universität“ im Sinne eines Dienstleistungsangebots in der Nähe einer Universität.

Bei allen Deutungsmöglichkeiten handelt es sich aber jeweils um ungewöhnliche Begriffsbildungen; insbesondere lässt sich nicht nachweisen, dass „[X.]“ eine übliche Verkürzung von „unisex cut“ ist. Auch in der Bedeutung „Einheitsschnitt/ einheitlicher Schnitt“ wird der Verkehr nicht lediglich einen beschreibenden Hinweis darauf sehen, dass nur eine einzige Frisur bzw. ein einziger einheitlicher Schnitt angeboten wird. Dies erscheint fernliegend, zumal in der Werbung für Friseurdienstleistungen mit der Aussage „weg vom Einheitsschnitt, hin zu individuell passenden Schnitten“ geworben wird, keinesfalls mit einem Einheitsschnitt. Von Haus aus ist die Widerspruchsmarke daher durchschnittlich kennzeichnungskräftig.

b) Aus dem Vortrag der Beschwerdeführerin ergibt sich zudem keine nachträgliche Schwächung der Kennzeichnungskraft.

Ihr bloßer Hinweis darauf, es gebe bereits seit den 1980iger-Jahren in [X.] Friseursalons mit dem Namen „[X.]“ und auch im [X.] viele weitere Friseurläden mit dem Begriff „[X.]“ im Firmennamen, bietet keinen Anlass, von einer Entwicklung der Widerspruchsmarke zu einer Gattungsbezeichnung oder üblichen Bezeichnung im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 3 [X.] auszugehen.

Auch eine Schwächung der Kennzeichnungskraft durch (benutzte) [X.] ist nicht feststellbar. Dies setzte eine beträchtliche Anzahl an [X.] voraus, die in gleichen oder eng benachbarten Branchen und in einem Umfang in Erscheinung treten, der geeignet erscheint, die erforderliche Gewöhnung des Verkehrs an die Existenz weiterer Kennzeichnungen im Ähnlichkeitsbereich zu bewirken. Diesen Anforderungen genügt der Vortrag der Beschwerdeführerin insoweit nicht. So fehlt es schon an der Angabe einer beträchtlichen Anzahl an [X.]; zudem ist über deren Benutzungslage jedenfalls nichts bekannt bzw. konkret vorgetragen. Zudem ist im Register ist nur noch eine relevante Drittmarke zu recherchieren, nämlich die im Jahr 2012 eingetragene Marke „[X.] [X.]OMPANY“ Nr. 30 2012 000 087.

Soweit die Beschwerdeführerin auf die Existenz verschiedener Friseurläden mit dem Namensbestandteil „[X.]“ verweist (ohne diese konkret zu nennen), so hat sie selbst ausgeführt, dass diese offensichtlich eine Berechtigungsanfrage des hiesigen Beschwerdegegners erhalten haben. Zum anderen reicht selbst die Duldung kollidierender lokaler Etablissementbezeichnungen nicht aus, um von einer relevanten Schwächung auszugehen (vgl. Hacker in [X.]/Hacker/Thiering, a. a. O., § 9 Rn. 186 m. w. N.).

3. Die Vergleichsmarken sind sich sehr ähnlich.

Maßgebend für die Beurteilung der Markenähnlichkeit ist der Gesamteindruck der Vergleichsmarken unter Berücksichtigung der unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente, wobei von dem allgemeinen Erfahrungsgrundsatz auszugehen ist, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. [X.] GRUR 2013, 922 (Nr. 35) – [X.]/[X.]; [X.], Beschluss vom 6. Februar 2020 – [X.] (Nr. 25) – [X.]/[X.]; GRUR 2013, 833 (Nr. 30) – [X.]ulinaria/Villa [X.]ulinaria; [X.], 1151 – marktfrisch). Die Frage der Ähnlichkeit sich gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit in Klang, ([X.] und Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken (vgl. [X.] GRUR 2006, 413 (Nr. 19) – [X.]/SIR; [X.] [X.], 235 (Nr. 15) – [X.]/[X.]; [X.], 484 (Nr. 32) – [X.]). Dabei genügt für die Annahme einer [X.] regelmäßig bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Richtung ([X.] a. a. O. (Nr. 18) – [X.]/[X.]; [X.], 724 (Nr. 37) – idw).

a) Die Vergleichsmarken

Abbildung

und

[X.]

zeigen zwar in ihrer Gesamtheit wegen der grafischen Ausgestaltung der jüngeren Marke sowie des dort enthaltenen zusätzlichen [X.] „friseure“ begrifflich, klanglich und schriftbildlich ausreichende Unterschiede. Insofern sind die Marken leicht voneinander zu unterscheiden, worauf die Beschwerdeführerin zutreffend hinweist.

b) Allerdings wird der Gesamteindruck der angegriffenen Wort-/Bildmarke in phonetischer Hinsicht durch seinen Wortbestandteil „[X.]“ geprägt.

Der Grundsatz der Maßgeblichkeit des Gesamteindrucks zwingt nämlich nicht dazu, die Kollisionsmarken stets in ihrer Gesamtheit miteinander zu vergleichen. Vielmehr ist nicht ausgeschlossen, dass ein oder mehrere Bestandteile eines zusammengesetzten Zeichens für den Gesamteindruck prägend sein und insoweit eine rechtlich relevante [X.] begründen können (vgl. [X.] GRUR 2005, 1042 (Nr. 28 f.) – [X.] LIFE; [X.] [X.], 64 ([X.]) – [X.]/[X.]; [X.], 484 (Nr. 32) – [X.]). Voraussetzung hierfür ist, dass die anderen Bestandteile für die angesprochenen Verkehrskreise weitgehend in den Hintergrund treten und den Gesamteindruck nicht mitbestimmen, so dass sie für den Gesamteindruck vernachlässigt werden können ([X.] [X.], 64 (Nr. 15) – [X.]/[X.]). Zudem ist bei der Feststellung des klanglichen Gesamteindrucks einer Wort-/Bildmarke von dem in ständiger Rechtsprechung anerkannten Erfahrungssatz auszugehen, dass der Wortbestandteil – sofern er kennzeichnungskräftig ist – den Gesamteindruck prägt, weil er die einfachste Möglichkeit bietet, die Marke zu benennen (vgl. [X.] GRUR 2014, 378 (Nr. 39) – [X.] [X.]AP).

Ausgehend hiervon werden die angesprochenen Verkehrskreise die angegriffene Marke nur mit ihrem Wortbestandteil „[X.]“ benennen. Der weitere Wortbestandteil „friseure“ tritt als glatt beschreibende Angabe für die hier in Rede stehenden Dienstleistungen in seiner Bedeutung für den klanglichen Gesamteindruck zurück. Auch die konkrete Ausgestaltung führt nicht zu der Annahme, dass ausnahmsweise der schutzunfähige Bestandteil „friseure“ zum klanglichen Gesamteindruck der angegriffenen Marke mit beitragen würde.

Es können sich daher mit „[X.]“ und „[X.]“ klanglich identische Markenwörter gegenüberstehen, so dass die Gefahr unmittelbarer klanglicher Verwechslungen besteht.

Die Beschwerde ist daher zurückzuweisen.

E. Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 Satz 2 [X.], da Billigkeitsgründe für die Auferlegung der Kosten auf einen Beteiligten weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich sind.

Meta

30 W (pat) 518/19

25.06.2020

Bundespatentgericht 30. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG, § 158 Abs 3 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 3 MarkenG

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 25.06.2020, Az. 30 W (pat) 518/19 (REWIS RS 2020, 154)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 154

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