Bundesfinanzhof, Urteil vom 15.02.2017, Az. VI R 30/16

6. Senat | REWIS RS 2017, 15571

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Keine Steuerfreiheit einer Zulage für Dienst zu wechselnden Zeiten


Leitsatz

Die einem Polizeibeamten gezahlte Zulage für Dienst zu wechselnden Zeiten nach § 17a EZulV ist nicht nach § 3b EStG steuerfrei.

Tenor

Die Revision der Kläger gegen das Urteil des [X.] vom 28. Juni 2016  10 K 146/15 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens haben die Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

I. Streitig ist die Steuerfreiheit von [X.] für Dienst zu wechselnden [X.]en.

2

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind verheiratet und wurden für das Streitjahr (2014) zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Der Kläger ist als [X.] tätig und erzielte im Streitjahr neben seinen Grundbezügen u.a. Zulagen für Dienst zu wechselnden [X.]en gemäß §§ 17a ff. der Erschwerniszulagenverordnung ([X.]) i.d.F. vom 20. August 2013 ([X.], 3286) in Höhe von insgesamt 1.029,80 €. Diese Zulagen behandelte der Arbeitgeber als steuerpflichtigen Arbeitslohn und unterwarf sie dem Lohnsteuerabzug.

3

Nach § 17a Satz 1 [X.] (Allgemeine Voraussetzungen) erhalten Beamte und Soldaten eine monatliche Zulage, wenn sie

1.    

zu wechselnden [X.]en zum Dienst herangezogen werden und

2.    

im Kalendermonat mindestens fünf Stunden Dienst in der [X.] zwischen 20 Uhr und 6 Uhr ([X.]) leisten.

4

Dienst zu wechselnden [X.]en wird gemäß § 17a Satz 2 [X.] geleistet, wenn mindestens viermal im Monat die Differenz zwischen den Anfangsuhrzeiten zweier Dienste mindestens 7 und höchstens 17 Stunden beträgt. Bereitschaftsdienst gilt nicht als Dienst im Sinne dieser Vorschrift.

5

§ 17b [X.] regelt die Höhe der Zulage. Sie setzt sich nach § 17b Abs. 1 [X.] zusammen aus

1.    

einem Grundbetrag von 2,40 € je geleisteter Nachtdienststunde, höchstens jedoch 108 € monatlich,

2.    

einem Erhöhungsbetrag von 1 € für jede zwischen 0 Uhr und 6 Uhr geleistete Stunde sowie

3.    

einem monatlichen Zusatzbetrag von 20 € für Beamte und Soldaten, die im Kalendermonat mindestens dreimal überwiegend an einem Samstag, Sonntag oder Feiertag zu Diensten herangezogen werden.

6

Gemäß § 17b Abs. 2 [X.] werden geleistete [X.], die wegen der Höchstgrenze nach Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 nicht mit dem Grundbetrag abgegolten werden, jeweils in den folgenden Kalendermonat übertragen; angefangene [X.] werden anteilig übertragen. Der Übertrag ist auf 135 [X.] begrenzt. Die übertragenen [X.] werden nach Maßgabe des Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 auch dann vergütet, wenn in dem entsprechenden Kalendermonat die Voraussetzungen des § 17a [X.] nicht vorliegen.

7

Nach § 17d [X.] wird die Zulage unter bestimmten Voraussetzungen bei vorübergehender Dienstunfähigkeit weitergewährt.

8

Zudem erhielt der Kläger --unstreitig steuerfreie-- Zulagen für Dienst zu ungünstigen [X.]en nach § 3 [X.] und damit insbesondere für Dienststunden an Sonn- und Feiertagen sowie zur Nachtzeit zwischen 20 Uhr und 6 Uhr.

9

Den übermittelten Bruttoarbeitslohn legte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) der Einkommensteuerfestsetzung des [X.] zugrunde. Der hiergegen erhobene Einspruch, mit dem die Kläger die Steuerfreiheit der Zulage für Dienst zu wechselnden [X.]en geltend machten, blieb ohne Erfolg. Die daraufhin erhobene Klage wies das [X.] ([X.]) mit den in Entscheidungen der [X.]e (E[X.]) 2016, 1407 veröffentlichten Gründen ab.

Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung formellen wie materiellen Rechts (§ 3b des Einkommensteuergesetzes --EStG--).

Sie beantragen sinngemäß,
das Urteil des Niedersächsischen [X.] vom 28. Juni 2016  10 K 146/15 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 2014 vom 16. März 2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22. Juni 2015 mit der Maßgabe zu ändern, dass die Zulage für den Dienst zu wechselnden [X.]en in Höhe von 1.029,80 € steuerfrei bleibt, sowie
die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Einspruchsverfahren für notwendig zu erklären und das [X.] zu verurteilen, die hieraus entstandenen notwendigen und angemessenen Rechtsverfolgungskosten zu erstatten.

Das [X.] beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision der Kläger ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) zurückzuweisen. Das [X.] hat zutreffend darauf erkannt, dass die streitigen Zulagen nicht in den Anwendungsbereich des § 3b [X.] einzubeziehen sind.

1. Nach § 3b Abs. 1 [X.] sind Zuschläge, die für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit neben dem Grundlohn gezahlt werden, steuerfrei, soweit sie bestimmte Prozentsätze des Grundlohns nicht übersteigen. Nach Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 dieser Vorschrift ist Grundlohn der laufende Arbeitslohn, der dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit für den jeweiligen Lohnzahlungszeitraum zusteht.

a) Die Steuerbefreiung tritt allerdings nur ein, wenn die neben dem Grundlohn gewährten Zuschläge "für" Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit geleistet werden. Die Zahlung des Zuschlags muss folglich entsprechend zweckbestimmt erfolgen (von [X.], in: [X.][X.], [X.], § 3b [X.] B 16; [X.]., in Kirchhof, [X.], 15. Aufl., § 3b [X.] 2; [X.]/Levedag, [X.], 35. Aufl., § 3b [X.] 1; Handzik in [X.]/[X.]/[X.], [X.], Kommentar, § 3b [X.] 21 f.; [X.]/[X.], § 3b [X.] [X.] 14; [X.] in [X.], [X.], [X.] 2011, § 3b [X.] 24; Senatsurteil vom 24. November 1989 VI R 92/88, [X.], 157, [X.] 1990, 315).

b) Der Zahlende entscheidet über den Zweck seiner Leistung und bestimmt bei Bestehen mehrerer Verbindlichkeiten, auf welche er leistet (§ 366 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs). Die Bezeichnung des Zuschlags allein ist jedoch nicht ausschlaggebend (Handzik in [X.]/[X.]/[X.], a.a.[X.], § 3b [X.] 21; von [X.], in: [X.][X.], a.a.[X.], § 3b [X.] B 16). Es muss sich vielmehr objektiv um ein zusätzliches Entgelt für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit handeln (von [X.], in: [X.][X.], a.a.[X.], § 3b [X.] B 17). Begünstigt sind daher nur solche Zuschläge, die ausschließlich eine ungünstig liegende Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit abgelten (Senatsurteil vom 14. Juni 1967 VI R 226/66, [X.], 241, [X.]I 1967, 609; von [X.], in: [X.][X.], a.a.[X.], § 3b [X.] B 24).

c) Zulagen für andere Erschwernisse sind nicht steuerfrei (Senatsurteil vom 15. September 2011 VI R 6/09, [X.], 252, [X.] 2012, 144). Diese einschränkende Auslegung des § 3b [X.] rechtfertigt sich aus der Erwägung, dass er als Ausnahmevorschrift das Leistungsfähigkeitsprinzip durchbricht (vgl. Urteil des [X.] --[X.]-- vom 9. Juni 2005 IX R 68/03, [X.], 37, sowie Senatsurteile in [X.], 252, [X.] 2012, 144, und vom 22. November 1968 VI R 312/66, [X.], 377, [X.] 1969, 182, zu § 34a [X.]).

2. Die Vorentscheidung entspricht diesen Rechtsgrundsätzen. Die Zulagen für Dienst zu wechselnden Zeiten gemäß §§ 17a ff. [X.] werden nicht für geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit gewährt. Sie sind daher nicht nach § 3b Abs. 1 [X.] steuerbefreit.

a) Die streitige Zulage ist vielmehr finanzieller Ausgleich für wechselnde Dienste und die damit verbundenen besonderen Belastungen durch den Biorhythmuswechsel.

aa) Dieser Zweck der Zahlung ergibt sich zum einen aus der Stellung der Regelung in Abschnitt 3 der [X.]. [X.], Feiertags- oder Nachtarbeit werden durch den in Abschnitt 2 der [X.] geregelten Zuschlag für Dienst zu ungünstigen Zeiten abgegolten. Nach § 3 [X.] erhält diese Zulage insbesondere derjenige, der zum Dienst an Sonn- und Feiertagen sowie zur Nachtzeit zwischen 20 Uhr und 6 Uhr herangezogen wird. Demgemäß hat der Kläger für tatsächlich geleistete Dienststunden zu ungünstigen Zeiten auch die entsprechenden Sonntags-, Feiertags- und Nachtzuschläge erhalten. Zum anderen erschließt sich die Zweckbestimmung der Zulage für Dienst zu wechselnden Zeiten aus der Durchführungsverordnung des [X.] vom 12. November 2013 ([X.]. [X.]-30200/41#10; [X.]-30105/7#1) unter 1.4.1. Danach soll mit der Zulage für Dienst zu wechselnden Zeiten dem Umstand Rechnung getragen werden, dass Dienstformen mit Belastung des Biorhythmus durch häufig wechselnde Arbeitszeiten und einem hohen Anteil an [X.] eine besondere Belastung darstellen.

Es ist nicht ersichtlich, dass der Verordnungsgeber mit den in §§ 3 ff. [X.] und §§ 17a ff. [X.] geregelten Zuschlägen die nämlichen Erschwernisse mehrfach entgelten wollte. Vielmehr bildet das als Anspruchsvoraussetzung in § 17a [X.] geregelte [X.], das einen bestimmten Zeitunterschied bei den ([X.] verlangt, die besonderen Belastungen durch den Biorhythmuswechsel typisierend ab.

bb) Dass zusätzlich zum [X.] im Kalendermonat mindestens fünf (nach § 3 [X.] zulagefähige) [X.] (zwischen 20 Uhr bis 6 Uhr) tatsächlich geleistet werden müssen und sich die Höhe der streitigen Zulage auch nach der Anzahl der tatsächlich geleisteten [X.] sowie der tatsächlichen Belastung durch Wochenend- und Feiertagsdienste bemisst, steht der ausschließlichen Zweckbestimmung "Belastung durch den Biorhythmuswechsel" nicht entgegen.

Denn das [X.] (§ 17a Satz 1 Nr. 1 [X.]) zieht regelmäßig die geforderte Anzahl an [X.] (§ 17a Satz 1 Nr. 2 [X.]) nach sich. Nach der in § 17a Satz 2 [X.] enthaltenen Definition der Wechselschicht ([X.]) ist dieser zumindest bei Vollzeitbeschäftigung die Ableistung der Arbeitszeit auch in den Nachtstunden (zwischen 20 Uhr und 6 Uhr) eigen. Überdies --darauf weist das [X.] zutreffend [X.] würde die Zulage für Dienst zu wechselnden Zeiten gemäß §§ 17a ff. [X.] beispielsweise nicht gezahlt werden, wenn der Betroffene regelmäßig nur in den Nachtstunden tätig ist. Auch dies zeigt, dass diese Zulage die [X.] und nicht die Mühen des [X.] abgelten soll. Dafür spricht weiter, dass die als Bemessungsgrundlage dienenden geleisteten [X.], die wegen der Höchstgrenze nach § 17b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] von 45 Stunden im Monat nicht mit dem Grundbetrag abgegolten werden, jeweils in den folgenden Kalendermonat zu übertragen sind (§ 17b Abs. 2 Satz 1 [X.]). In diesem Fall wird die streitige Zulage im "Übertragungsmonat" unabhängig von den tatsächlich geleisteten [X.] gewährt.

Der [X.] gemäß § 17b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 [X.] (für Dienst an Samstagen, Sonntagen und Feiertagen) knüpft zudem an Dienste an, die lediglich überwiegend zu begünstigten Zeiten abgeleistet worden sein müssen. § 17d [X.] (Weitergewährung bei vorübergehender Dienstunfähigkeit) orientiert sich ebenfalls nicht an tatsächlich geleisteter Arbeit zu begünstigten Zeiten. Die dementsprechend gezahlten Zuschläge sind schon aus diesem Grund nicht begünstigt.

b) Da der Zuschlag für Dienst zu wechselnden Zeiten ausschließlich auf die Vergütung der [X.] zielt, kommt auch eine teilweise Steuerfreistellung nicht in Betracht.

c) Folglich kann der Senat dahinstehen lassen, ob die Zulage für Dienst zu wechselnden Zeiten gemäß §§ 17a ff. [X.] wie vom [X.] angenommen tatsächlich als Zuschlag neben dem Grundlohn gewährt wird. Für Zuschläge für Wechselschichtarbeit, die der Arbeitnehmer für seine Wechselschichttätigkeit regelmäßig und fortlaufend bezieht, hat der [X.] das verneint. Solche Zuschläge seien dem steuerpflichtigen Grundlohn zugehörig und auch nicht während der durch § 3b [X.] begünstigten Nachtzeit steuerbefreit ([X.]-Urteil vom 7. Juli 2005 IX R 81/98, [X.]E 210, 503, [X.] 2005, 888, m.w.N.).

3. Das angefochtene Urteil ist auch nicht wegen eines Verfahrensfehlers aufzuheben. Der erkennende Senat hat den von den Klägern gerügten Verstoß wegen Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 [X.]O) geprüft. Er erachtet diese Rüge indes nicht für durchgreifend und sieht insoweit von einer weiteren Begründung ab (§ 126 Abs. 6 Satz 1 [X.]O).

4. Der Antrag, die Zuziehung des Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären (§ 139 Abs. 3 Satz 3 [X.]O), ist im Revisionsverfahren unzulässig. Die Entscheidung nach § 139 Abs. 3 Satz 3 [X.]O gehört sachlich zum Kostenfestsetzungsverfahren; zuständig ist deshalb das Gericht des ersten [X.], im Streitfall das [X.] ([X.]-Urteil vom 26. August 2010 III R 47/09, [X.]E 230, 563, [X.] 2011, 589, m.w.N.).

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

VI R 30/16

15.02.2017

Bundesfinanzhof 6. Senat

Urteil

vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 28. Juni 2016, Az: 10 K 146/15, Urteil

§ 3b EStG 2009, § 3 EZulV vom 20.08.2013, § 17aff EZulV vom 20.08.2013, § 76 FGO, § 139 Abs 3 S 3 FGO, § 17a EZulV vom 20.08.2013, EStG VZ 2014

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 15.02.2017, Az. VI R 30/16 (REWIS RS 2017, 15571)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 15571

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

VI R 20/16 (Bundesfinanzhof)

Keine Steuerfreiheit einer Zulage für Dienst zu wechselnden Zeiten


VI R 16/19 (Bundesfinanzhof)

(Steuerfreiheit der sog. Theaterbetriebszulage gemäß § 3b EStG)


VI R 31/19 (Bundesfinanzhof)

(Steuerfreiheit der sog. Theaterbetriebszulage gemäß § 3b EStG)


VI R 50/09 (Bundesfinanzhof)

(Steuerfreiheit gemäß § 3b EStG trotz Vereinbarung eines durchschnittlichen Auszahlungsbetrags pro Stunde - Auslegung eines …


VI R 27/10 (Bundesfinanzhof)

(Steuerfreiheit von pauschalen Zuschlägen für Sonntagsarbeit, Feiertagsarbeit oder Nachtarbeit - Grundlohn i.S. des § 3b …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.