Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.05.2003, Az. XI ZR 283/02

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 3237

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[X.] DES VOLKESURTEILXI ZR 283/02Verkündet am:6. Mai 2003Herrwerth,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 6. Mai 2003 durch [X.] unddie Richter [X.], [X.], [X.] und Dr. Applfür Recht erkannt:Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des24. [X.] in [X.] vom5. Juni 2002 aufgehoben.Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entschei-dung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens,an das Berufungsgericht zurückverwiesen.Von Rechts [X.]:Der Kläger, Verwalter in der am 19. Oktober 1993 eröffneten Ge-samtvollstreckung über das Vermögen der [X.] (im folgenden:Schuldnerin), nimmt die beklagte Bank auf Auszahlung einem Girokontoder Schuldnerin gutgeschriebener Beträge in Anspruch.Das [X.] erließ am 16. Juli 1993 ein all-gemeines Verfügungsverbot gegen die Schuldnerin, die einen Gesamt-vollstreckungsantrag gestellt hatte, und bestellte den Kläger zum [X.] 3 -ster. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten (im folgenden: Beklagte) teilteder Schuldnerin am 22. Juli 1993 mit, daß sie alle Kredite kündige, unddaß ihre auf dem bisherigen Konto [X.] gebuchte Kreditforderung [X.] von 2.860.770,46 DM künftig auf dem Konto [X.] geführt werde.Sie nahm die Hauptgesellschafterin der Schuldnerin, die [X.], auf-grund eines Schuldbeitritts auf Zahlung in Anspruch.Am 29. Juli 1993 löste die Beklagte zwei Festgeldkonten [X.] auf und brachte die ihr verpfändeten Guthaben in Höhe von357.535,50 DM und [X.] dem Konto [X.] gut. Ferner schriebsie diesem Konto am 5. August 1993 weitere 2.860.770,46 DM gut undbelastete es am 13. September 1993 in Höhe von 357.535,50 DM und[X.].Der Kläger hat behauptet, der Gutschrift vom 5. August 1993 [X.] von 2.860.770,46 DM liege eine an die Schuldnerin gerichteteÜberweisung ihrer Hauptgesellschafterin zugrunde. Nach der [X.] das Konto ein die Klagesumme übersteigendes Guthaben [X.]. Er hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei nicht berechtigtgewesen, die Gutschrift vom 5. August 1993 oder die Gutschriften [X.] rückgängig zu machen.Die Beklagte hat hingegen vorgetragen, sie habe die Hauptgesell-schafterin der Schuldnerin nur zur Zahlung der Differenz zwischen derVerbindlichkeit der Schuldnerin und den [X.], die sie irr-tümlich auf 2.414.431,17 DM, d.h. um 1.213,09 DM zu hoch, bezifferthabe, aufgefordert. Diesen Betrag habe die Hauptgesellschafterin [X.] auf ihre Verbindlichkeit aus dem Schuldbeitritt an sie, die- 4 -Beklagte, gezahlt und auf das Konto [X.] überwiesen. Am 5. [X.] habe sie, die Beklagte, 2.860.770,46 DM von dem Konto [X.] aufdas Konto [X.] umgebucht. Dadurch sei auf dem Konto [X.] ein [X.] entstanden, weil sie zuvor die [X.] versehentlichnicht dem Konto [X.], sondern dem Konto [X.] gutgeschrieben habe.Bei der Korrektur dieses Fehlers sei ihr ein weiteres Versehen unterlau-fen. Sie habe die dem Konto [X.] belasteten Festgeldbeträge irrtümlichnicht dem Konto [X.], sondern dem Konto der [X.] Schuldnerin gutgeschrieben. Dies sei durch eine Stornierung zugun-sten des Kontos [X.] ausgeglichen worden.Das [X.] hat die Klage auf Zahlung von 447.552,38 [X.] Zinsen abgewiesen. Mit der Berufung hat der Kläger seinen Zah-lungsantrag weiterverfolgt und hilfsweise die Feststellung begehrt, [X.] Beklagte verpflichtet sei, ihm die Kosten des Rechtsstreits zu erstat-ten, weil sie ihn durch falsche vorprozessuale Auskünfte über die erfolg-ten Zahlungen und Buchungen zur Klageerhebung veranlaßt habe. DasBerufungsgericht hat dem [X.] in Höhe von 228.829,89 u-züglich Zinsen stattgegeben. Mit der - zugelassenen - Revision erstrebtdie Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.Entscheidungsgründe:Die Revision der Beklagten ist begründet. Sie führt zur [X.] angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an [X.] -I.Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im wesentlichen wiefolgt begründet:Die Klage sei wegen positiver Vertragsverletzung begründet. [X.] habe ihre nachvertraglichen Nebenpflichten verletzt, indem [X.] Konto [X.] in Höhe von 357.535,50 DM und [X.] belastetund diese Beträge dem Konto der Hauptgesellschafterin der Schuldneringutgeschrieben habe. Soweit darin eine Überweisung zu sehen sei, fehleein entsprechender Auftrag des Klägers. Auch zu einer [X.] und Be-richtigungsbuchung sei die Beklagte nicht berechtigt gewesen.Die Berechtigung von Stornierungen richte sich nach Nr. 4 der [X.] Geschäftsbedingungen der Banken in der Fassung von 1988.Nach dieser Regelung sei die Belastung des Kontos [X.] in Höhe von357.535,50 DM und [X.] nicht zulässig gewesen. [X.] bereits, ob die Gutschriften dieser Beträge überhaupt rückgängiggemacht worden seien. Da die Gutschriften nach Verwertung der Fest-geldguthaben erfolgt seien, hätte ihre Rückgängigmachung vorausge-setzt, daß die Beträge wieder den Festgeldkonten gutgeschrieben [X.] wären. Tatsächlich seien sie aber zunächst dem Konto der Hauptge-sellschafterin der Schuldnerin und anschließend dem Konto [X.] gutge-schrieben worden. Außerdem setze ein Stornorecht einen sachlich-rechtlichen Rückgewähranspruch der Bank gegen den Kontoinhaber ge-mäß § 812 BGB voraus. Daran fehle es hier, weil der Kläger mit [X.] der [X.] einen Anspruch auf Gutschrift auf dem- 6 -Girokonto erworben habe, dem die Beklagte mit den Gutschriften [X.] sei.Ob die Gutschrift des Betrages von 2.860.770,46 DM in Höhe [X.] stornofähig sei, bedürfe keiner Entscheidung, weil dieseBuchung nicht storniert worden sei.[X.] Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagte schulde [X.] wegen positiver Vertragsverletzung die Zahlung von447.552,38 DM, ist rechtsfehlerhaft. Das Berufungsgericht hat nicht fest-gestellt, daß der Kläger durch die Rückgängigmachung der [X.] von 357.535,50 DM und [X.] einen [X.] in dieser Höhe erlitten hat. Dies wäre selbst dann nicht der Fall,wenn die Beklagte zur Stornierung der Gutschriften nicht berechtigt ge-wesen sein sollte. [X.] haben nur deklaratorische Be-deutung und lassen, wenn sie zu Unrecht erfolgen, das [X.] daraus resultierende Zahlungsansprüche des [X.] ([X.], 98, 106; [X.], in: [X.]/Bunte/[X.],[X.]. § 47 Rdn. 28).- 7 -III.Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen alsrichtig dar (§ 561 ZPO).1. Nach dem Sachvortrag der Beklagten, der im [X.] mangels gegenteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts [X.] zu legen ist, ist die Klageforderung weder gemäß § 700 Abs. 1 Satz 1,§ 607 Abs. 1 BGB a.F. noch gemäß § 780 Satz 1 BGB begründet.Ob das [X.] zwischen der Schuldnerin und [X.] durch den Erlaß des Verfügungsverbots am 16. Juli 1993 be-endet worden ist (vgl. hierzu: [X.], Das Girokonto in der Insolvenz, in:[X.] (Hrsg.), Insolvenzrecht 1996, [X.], 1997, [X.], 117m.w.Nachw.), so daß die Ansprüche aus den abstrakten Schuldverspre-chen gemäß § 780 Satz 1 BGB, die in den Gutschriften vom 29. Juli und5. August 1993 zu sehen sind, selbständig geltend gemacht werden [X.], oder ob bei fortbestehendem [X.] nur ein [X.] gemäß § 700 Abs. 1 Satz 1, § 607 Abs. 1 BGB a.F. auf Auszah-lung des Kontoguthabens erhoben werden kann, bedarf keiner Entschei-dung. Dem Anspruch gemäß § 780 Satz 1 BGB steht in Höhe der Klage-forderung die im Schreiben der Beklagten vom 8. November 1999 erho-bene Einrede der ungerechtfertigten Bereicherung (§ 812 Abs. 2, § 821BGB) entgegen (vgl. hierzu: Senat, Urteile vom 16. April 1991 - [X.], [X.], 1152, 1153 und vom 7. Juli 1992 - [X.]/91,WM 1992, 1522, 1523), so daß ein Kontoguthaben, dessen Auszahlungder Kläger verlangen könnte, nicht [X.] -2. Die Beklagte kann die gegenüber der Schuldnerin abgegebenenSchuldversprechen, die in den auf dem Konto [X.] vorgenommenenGutschriften über 357.535,50 DM und [X.] vom 29. Juli 1993sowie über 2.860.770,46 DM vom 5. August 1993 liegen, nach § 812 Abs. [X.] kondizieren, soweit sie ohne Rechtsgrund erfolgt [X.]) Die Gutschriften über 357.535,50 DM und [X.] resultie-ren aus wirksam verpfändeten [X.] der Schuldnerin bei [X.]. Nach der Verwertung ihres Pfandrechts war die Beklagte ver-pflichtet, diese Guthaben der Schuldnerin auf dem Konto [X.] gutzu-schreiben. Eine Kondiktion dieser Gutschriften, die zu einer Reduzierungder unstreitigen Verbindlichkeiten der Schuldnerin von 2.860.770,46 [X.] 2.413.218,08 DM geführt haben, scheidet deshalb aus.b) Bei der Gutschrift über 2.860.770,46 DM vom 5. August 1993handelt es sich nach dem Vorbringen der Beklagten um eine bloßebankinterne Umbuchung vom [X.] [X.] auf das Konto[X.], auf die die Schuldnerin in dieser Höhe auch unter Berücksichti-gung der Überweisung ihrer Hauptgesellschafterin vom 6. August 1993über 2.414.431,17 DM keinen Anspruch hatte. Diese Überweisung istnach Darstellung der Beklagten nicht an die Schuldnerin, sondern an sie,die Beklagte, auf ihren eigenen Anspruch gegen die Hauptgesellschafte-rin aus deren Schuldbeitritt auf das [X.] [X.] erfolgt.Durch diese Überweisung ist die nur noch in Höhe von 2.413.218,08 [X.] Verbindlichkeit der Schuldnerin erloschen (§ 422 Abs. 1Satz 1 BGB). Das in der Gutschrift vom 5. August 1993 liegende Schuld-versprechen ist mithin in Höhe von 447.552,38 DM (2.860.770,46 DM -- 9 -2.413.218,08 DM), d.h. in Höhe der Klageforderung, ohne Rechtsgrundabgegeben worden.Soweit der von der Hauptgesellschafterin der Schuldnerin an die [X.] überwiesene Betrag die Verbindlichkeiten der Schuldnerin [X.] (2.414.431,17 DM - 2.413.218,08 DM) übersteigt, hat eineLeistungskondiktion nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB im Verhältniszwischen ihr und der Beklagten oder aber eine Verrechnung auf andereVerbindlichkeiten der Hauptgesellschafterin stattzufinden. Der Schuldne-rin steht dieser Betrag nach dem Vorbringen der Beklagten nicht zu.3. Die Beklagte kann ihren Bereicherungsanspruch gegenüber [X.] einredeweise geltend machen (§ 812 Abs. 2, § 821BGB).a) Die Eröffnung der Gesamtvollstreckung steht der [X.] nicht entgegen. Einreden und Einwendungen, die gegeneinen Anspruch des Schuldners erhoben werden können, sind grund-sätzlich auch dem Verwalter gegenüber zulässig. Ein Ausschluß der [X.] war in der Gesamtvollstrek-kungsordnung nicht vorgesehen. Der Wert der Masse wird dadurch nichtgeschmälert, weil eine mit der [X.] behaftete Forde-rung von vornherein wertlos ist ([X.], Urteil vom 15. Dezember 1994- [X.], [X.], 352, 353 [X.]) Die Beklagte hat die [X.] unanfechtbar [X.]. Eine Anfechtung gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 4 [X.] kommt nicht [X.], weil es an einer Gläubigerbenachteiligung fehlt. Da die [X.] -rung gegen die Beklagte bereits im Zeitpunkt ihrer Entstehung einrede-behaftet und wertlos war, stand den Gläubigern zu keinem Zeitpunkt eineinredefreier Anspruch als Zugriffsobjekt zur Verfügung (vgl. [X.], [X.] 15. Dezember 1994 - [X.], [X.], 352, 354).IV.Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO)und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dieses wirdnunmehr Feststellungen dazu zu treffen haben, ob die Hauptgesell-schafterin der Schuldnerin aufgrund ihres Schuldbeitritts an die Beklagteauf das Konto [X.] 2.414.431,17 DM oder aber an die Schuldnerin aufderen Konto [X.] 2.860.770,46 DM überwiesen hat. [X.] stün-de der Beklagten weder die [X.] noch ein Stornie-rungsrecht zu.[X.] Müller Joeres [X.]

Meta

XI ZR 283/02

06.05.2003

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.05.2003, Az. XI ZR 283/02 (REWIS RS 2003, 3237)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 3237

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