Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.08.2011, Az. I ZR 84/09

I. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 3985

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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
I
ZR
84/09
Verkündet am:
17.
August 2011
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

[X.]
Erste Richtlinie des [X.]/[X.] vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken ([X.]. [X.] Nr. L 40 vom 11. Februar 1989, [X.]) Art. 10 Abs. 1 und 2 Buchst. a; [X.] § 26 Abs. 3 Satz 1 und 2
Dem Gerichtshof der [X.] werden zur Auslegung
des Art.
10 Abs.
1 und 2 Buchst.
a der [X.]/[X.] vom 21.
Dezember 1988 zur An-gleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken ([X.]. [X.] Nr.
L
40 vom 11.
Februar 1989, S.
1) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorge-legt:
1.
Ist Art.
10 Abs.
1 und 2 Buchst.
a der [X.]/[X.] dahin auszulegen, dass diese Vorschrift generell und allgemein einer nationalen Regelung entgegen-steht, nach der von der Benutzung einer Marke (Marke
1) auch dann auszugehen ist, wenn die
Benutzung der Marke (Marke
1) in einer von der Eintragung abwei-chenden Form erfolgt, ohne dass die Abweichungen die Unterscheidungskraft der Marke (Marke
1) beeinflussen, und wenn die Marke in der Form, in der sie benutzt wird, ebenfalls eingetragen ist (Marke
2)?
2.
Falls die Frage
1 verneint wird:
Ist die vorstehend unter
1 bezeichnete nationale Vorschrift mit der [X.]/[X.] vereinbar, wenn die nationale Vorschrift einschränkend dahin ausgelegt -
2
-
wird, dass sie nicht auf eine Marke (Marke
1) angewandt wird, die nur dazu eingetra-gen ist, um den Schutzbereich einer anderen eingetragenen Marke (Marke
2), die in der Form, in der sie benutzt wird, eingetragen ist, abzusichern oder auszuweiten?
3.
Falls die Frage
1 bejaht oder die Frage
2 verneint wird:
a)
Ist eine Benutzung einer eingetragenen Marke (Marke
1) im Sinne von Art.
10 Abs.
1 und 2 Buchst.
a der [X.]/[X.] nicht gegeben,
aa)
wenn der Markeninhaber die Form eines Zeichens benutzt, die von der [X.] (Marke
1) und einer weiteren Marke (Marke
2) des Markenin-habers nur in Bestandteilen abweicht, ohne dass durch die Abweichungen die Unterscheidungskraft der Marken (Marke
1 und Marke
2) beeinflusst wird;
bb)
wenn der Markeninhaber zwei Formen von Zeichen benutzt, von denen keine der eingetragenen Marke (Marke
1) entspricht, von denen aber eine benutzte Zeichenform (Form
1) mit einer anderen eingetragenen Marke (Marke
2) des Markeninhabers übereinstimmt und die zweite vom Markeninhaber verwandte Zeichenform (Form
2) in Bestandteilen von beiden eingetragenen Marken (Marke
1 und Marke
2) abweicht, ohne dass durch die Abweichungen die Un-terscheidungskraft der Marken beeinflusst wird, und wenn diese Zeichenform (Form
2) die größere Ähnlichkeit mit der anderen Marke (Marke
2) des [X.] aufweist?
b)
Darf ein Gericht eines Mitgliedstaates eine einer Richtlinienbestimmung (hier Art.
10 Abs.
1 und 2 Buchst.
a der [X.]/[X.]) entgegenstehende na-tionale Vorschrift (hier §
26 Abs.
3 Satz
2 [X.]) in Fällen anwenden, deren Sachverhalt vor einer Entscheidung des Gerichtshofs der [X.], aus der sich erstmalig Anhaltspunkte für die Unvereinbarkeit der Vorschrift des Mitgliedstaats mit der Bestimmung der Richtlinie ergeben (vorliegend [X.], Urteil vom 13.
September 2007
C234/06, [X.]. 2007, I7333
[X.]/[X.] [[X.]]), bereits abgeschlossen war, wenn das nationale Gericht das [X.] eines der an dem gerichtlichen Verfahren Beteiligten in die Rechtsbestän-digkeit seiner verfassungsrechtlich gesicherten Position höher bewertet als das [X.] an einer Umsetzung einer Vorschrift der Richtlinie?
[X.], Beschluss vom 17. August 2011 -
I ZR 84/09 -
[X.]

LG [X.]

-
3
-
Der I.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 30.
Juni 2011 durch [X.] Dr.
Bornkamm und [X.], Prof. Dr.
Büscher, Dr.
Schaffert und Dr.
Koch
beschlossen:
I.
Das Verfahren wird ausgesetzt.
[X.]
Dem Gerichtshof der [X.] werden zur Auslegung des Art.
10 Abs.
1 und 2 Buchst.
a der [X.]/[X.] vom 21.
Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mit-gliedstaaten über die Marken ([X.]. [X.] Nr.
L
40 vom 11.
Februar 1989, S.
1) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1.
Ist Art.
10 Abs.
1 und 2 Buchst.
a der [X.]/[X.] dahin auszulegen, dass diese Vorschrift generell und allgemein einer [X.] Regelung entgegensteht, nach der von der Benutzung [X.] (Marke
1) auch dann auszugehen ist, wenn die Benut-zung der Marke (Marke
1) in einer von der Eintragung abweichen-den Form erfolgt, ohne dass die Abweichungen die [X.] (Marke
1) beeinflussen, und wenn die Marke in der Form, in der sie benutzt wird, ebenfalls eingetragen ist (Mar-ke
2)?
2.
Falls die Frage
1 verneint wird:
Ist die vorstehend unter
1 bezeichnete nationale Vorschrift mit der [X.]/[X.] vereinbar, wenn die [X.] einschränkend dahin ausgelegt wird, dass sie nicht auf eine Marke (Marke
1) angewandt wird, die nur dazu eingetra-gen ist, um den Schutzbereich einer anderen eingetragenen Marke (Marke
2)
abzusichern oder auszuweiten, die in der Form, in der sie benutzt wird, eingetragen ist?
3.
Falls die Frage
1 bejaht oder die Frage
2 verneint wird:
a)
Ist eine Benutzung einer eingetragenen Marke (Marke
1) im Sinne von Art.
10 Abs.
1 und 2 Buchst.
a der [X.]/[X.] nicht gegeben,
aa)
wenn der Markeninhaber die Form eines Zeichens benutzt, die von der Eintragung der Marke (Marke
1) und einer [X.] Marke (Marke
2) des Markeninhabers nur in [X.] abweicht, ohne dass durch die Abweichungen die Un-terscheidungskraft der Marken (Marke
1 und Marke
2) be-einflusst wird;
-
4
-
bb)
wenn der Markeninhaber zwei Formen von Zeichen be-nutzt, von denen keine der eingetragenen Marke (Marke
1) entspricht, von denen aber eine benutzte Zeichenform (Form
1) mit einer anderen eingetragenen Marke (Marke
2) des Markeninhabers übereinstimmt und die zweite vom Markeninhaber verwandte Zeichenform (Form
2) in [X.] von beiden eingetragenen Marken (Marke
1 und Marke
2) abweicht, ohne dass durch die Abweichungen die Unterscheidungskraft der Marken beeinflusst wird, und wenn diese Zeichenform (Form
2) die größere Ähnlichkeit mit der anderen Marke (Marke
2) des Markeninhabers [X.]
b)
Darf ein Gericht eines Mitgliedstaates eine einer Richtlinienbe-stimmung (hier Art.
10 Abs.
1 und 2
Buchst.
a der [X.]/[X.]) entgegenstehende nationale Vorschrift (hier §
26 Abs.
3 Satz
2 [X.]) in Fällen anwenden, deren Sachverhalt vor einer Entscheidung des Gerichtshofs der [X.], aus der sich erstmalig Anhaltspunkte für die
Unverein-barkeit der Vorschrift des Mitgliedstaats mit der Bestimmung der Richtlinie ergeben (vorliegend [X.], Urteil vom 13.
September 2007
C234/06, [X.]. 2007, I7333
Il Ponte Fi-nanziaria/[X.] [[X.]]), bereits abgeschlossen war, wenn das nationale Gericht das Vertrauen eines der an dem gerichtlichen Verfahren Beteiligten in die Rechtsbeständigkeit seiner verfassungsrechtlich gesicherten Position höher bewer-tet als das Interesse an einer Umsetzung einer Vorschrift der Richtlinie?
Gründe:
I. Der
Kläger ist Inhaber der Wortmarken Nr.
397
02
429 "[X.]"
(einge-tragen am 3.
März 1997) und Nr.
395
49
559.8 "[X.]PLUS"
(eingetragen am 20.
Mai 1996) sowie der nachfolgend wiedergegebenen [X.] Nr.
396
08
644.6 (eingetragen am 5.
März 1997):
1
-
5
-

Die Marken sind unter anderem für Eiweiß
eingetragen. Die Marke Nr.
397
02
429 "[X.]"
ist auch für Eiweiß mit dem Zusatz von Vitaminen und Mineralstoffen sowie Kohlenhydraten und für Lebensmittelzubereitungen mit hohen Eiweißanteilen zur Anreicherung für
Lebensmittel registriert.
Der Kläger vertrieb zunächst über die P.
R. &
M. Gesellschaft bürgerli-chen Rechts und anschließend über die P.
GmbH Nahrungsergänzungsproduk-te unter den Bezeichnungen "[X.]", "[X.]PLUS", "[X.][X.]"
und "[X.]
4-K"
in verschiedenen Aufmachungen und mit weiteren Zusätzen ("Plus
80", "[X.]", "Power
75, 80 oder 90").
Der Beklagte bietet unter der am 11.
Februar 2003 für näher beschriebe-ne Nahrungsergänzungsmittel, Vitaminpräparate und diätetische Lebensmittel eingetragenen
und am 14.
März 2003 veröffentlichten Wortmarke Nr.
302
47
818 "[X.]"
ein [X.] an.
Nachdem der Beklagte die Einrede mangelnder Benutzung der Marke "[X.]"
erhoben hatte, hat der Kläger geltend gemacht, diese Marke durch die Bezeichnungen "[X.]"
und "[X.]PLUS"
in Preislisten und grafisch ge-stalteten, nachfolgend wiedergegebenen Aufmachungen verwandt zu haben:
2
3
4
5
-
6
-

Der Kläger begehrt unter Berufung auf seine prioritätsälteren Marken vom Beklagten die Einwilligung in die Löschung der Marke "[X.]"
sowie das Verbot, dieses Zeichen zu verwenden. Der Kläger verfolgt weiter einen [X.] und die Feststellung der [X.].
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen (vgl. [X.], [X.]
2009, 958 =
[X.], 1286).
6
7
-
7
-
Mit der (vom Senat zugelassenen) Revision verfolgt der Kläger sein Kla-gebegehren weiter. Der Beklagte beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.
[X.] Der Erfolg der Revision hängt von der Auslegung des Art.
10 Abs.
1 und 2
Buchst.
a der Ersten Richtlinie des [X.]/[X.] zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken vom 21.
Dezember 1988 ([X.]. Nr.
L
40 vom 11.
Februar 1989, S.
1) ab. Vor einer Entscheidung über das Rechtsmittel ist deshalb das Verfahren auszusetzen und gemäß Art.
267 Abs.
1 Buchst.
b und Abs.
3 AEUV eine Vorabentscheidung des [X.] der [X.] einzuholen.
1. Das Berufungsgericht hat die auf die Wortmarke "[X.]"
gestützten Ansprüche nach §
22 Abs.
1 Nr.
2, §
49 Abs.
1 Satz
1, §
51 Abs.
4 Nr.
1 Mar-kenG verneint. Es hat angenommen, der Kläger habe eine rechtserhaltende Benutzung seiner Marke in den fünf Jahren vor der [X.] der Eintra-gung der angegriffenen Marke im Sinne von §
26 [X.] nicht dargelegt. Die Benutzung der Bezeichnungen "[X.]PLUS"
und "[X.]"
sei keine rechtserhaltende Benutzung der Marke "[X.]", weil diese Zeichen für den Kläger als Marken eingetragen seien und der Markeninhaber nach der Recht-sprechung des Gerichtshofs der [X.] eine eingetragene Marke nicht durch die Verwendung eines abgewandelten, ebenfalls als Marke re-gistrierten Zeichens rechtserhaltend benutzen könne.
Eine rechtserhaltende Benutzung der Marke "[X.]"
durch die [X.] "[X.] Power
90", "Proti [X.]"
oder "Proti
85"
sei nicht gegeben. Mit diesen Zeichen habe der Kläger vor der [X.] der Eintragung der Marke des Beklagten keine Umsätze erzielt. Die Verwendung der Zeichen "[X.]
4-K"
und "[X.]"
sei keine rechtserhaltende Benutzung der Marke 8
9
10
11
-
8
-
"[X.]", weil deren kennzeichnender Charakter durch die Zusätze "4-K"
und "[X.]"
verändert werde.
Ansprüche aus den Marken "[X.]PLUS"
und "[X.]"
gegen die angegriffene Marke "[X.]"
des Beklagten hat das Berufungsgericht mangels Verwechslungsgefahr verneint.
2. Der Kläger hat sein Klagebegehren in erster Linie auf Ansprüche aus der Marke Nr.
397
02
429 "[X.]"
und nur hilfsweise auf die weiteren Marken Nr.
395
49
559.8 "[X.]PLUS"
und Nr.
396
08
644.6 "[X.]"
gestützt. Es ist deshalb zunächst abschließend über die Ansprüche aus der Klagemarke "[X.]"
zu entscheiden;
nur wenn dem Kläger die gegen den Beklagten gel-tend gemachten Ansprüche aufgrund dieser Marke nicht zustehen, ist auch über die Ansprüche aus den weiteren Marken "[X.]PLUS"
und "[X.]"
zu befinden.
Das Berufungsgericht hat
-
aus seiner Sicht folgerichtig
-
keine Feststel-lungen dazu getroffen, ob die Bezeichnungen "[X.]PLUS"
und "[X.]"
trotz ihrer Abweichungen von der Marke "[X.]"
den kennzeichnenden Cha-rakter dieser Marke nicht verändern (Art.
10 Abs.
2 Buchst.
a der [X.]/[X.] =
§
26 Abs.
3 Satz
1 [X.]). Die Ausführungen des [X.] im Zusammenhang mit den Zeichen "Proti®4"
und "[X.]-[X.]"
können auch nicht dahin ausgelegt werden, dass die Marken "[X.]"
und "[X.]"
die Voraussetzungen des §
26 Abs.
3 Satz
1 Mar-kenG nicht erfüllen. Das Berufungsgericht hat in die Begründung zu der Frage der rechtserhaltenden Benutzung der Klagemarke "[X.]"
durch die Zeichen "Proti®4"
und "[X.][X.]"
zwar auch Ausführungen zur rechtserhaltenden Benutzung durch die Marken "[X.]PLUS"
und "[X.]"
eingestreut. [X.] als die Revisionserwiderung meint, können diese Darlegungen dem Revi-12
13
14
-
9
-
sionsverfahren aber nicht zugrunde gelegt werden. Es handelt sich um keine das Berufungsurteil tragenden Ausführungen, weil das Berufungsgericht sie in Klammern gesetzt, zum Teil im Konjunktiv gehalten und nicht weiter begründet hat. Mangels abweichender Feststellungen des Berufungsgerichts ist daher im Revisionsverfahren zugunsten des [X.] davon auszugehen, dass die [X.] "[X.]PLUS"
und "[X.]"
trotz ihrer Abweichungen von der Marke "[X.]"
den kennzeichnenden Charakter dieser Marke nicht verändern und der Kläger die Marken "[X.]PLUS"
und "[X.]"
vor der Veröffentli-chung der Eintragung der angegriffenen Marke "[X.]"
ernsthaft benutzt hat (Art.
10 Abs.
1 und 2 Buchst.
a der [X.]/[X.], §
26 Abs.
1 und 3 Satz
1 [X.]). Der Senat geht ferner im Hinblick darauf, dass das [X.] zur Frage der Verwechslungsgefahr nicht Stellung genommen hat, zugunsten des [X.] davon aus, dass zwischen den kollidierenden Marken "[X.]"
und "[X.]"
Verwechslungsgefahr (Art.
5 Abs.
1 Buchst.
b der [X.] 89/104/[X.] =
§
14 Abs.
2 Nr.
2 [X.]) besteht. In diesem Fall wäre die Marke "[X.]"
nicht verfallen; der Kläger könnte sein Klagebegehren mit Erfolg auf die Marke "[X.]"
stützen (Art.
4 Abs.
1 Buchst.
b, Art.
5 Abs.
1 Buchst.
b, Art.
11 Abs.
1 und 3,
Art.
12 Abs.
1 der [X.]/[X.], §
9 Abs.
1 Nr.
2, §
14 Abs. 2 Nr.
2 und Abs.
5 und 6, §
22 Abs.
1 Nr.
2, §
49 Abs.
1 Satz
1, §
51 Abs.
4 Nr.
1 [X.]).
Für die Beurteilung des Streitfalls kommt es daher auf die Frage an, ob eine eingetragene
Marke nicht in einer Form rechtserhaltend benutzt werden kann, die von der Eintragung nur in Bestandteilen abweicht, die die [X.] nicht beeinflussen, wenn die Marke in der Form, in der sie benutzt worden ist, ebenfalls eingetragen ist (Vorlagefrage
1). Ist diese
Frage zu verneinen, muss das Urteil des Berufungsgerichts aufgehoben und die Sa-che zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurück-verwiesen werden, weil die Sache noch nicht zur Endentscheidung reif ist 15
-
10
-

563 Abs.
1 und 3 ZPO). Dasselbe gilt, wenn die Vorlagefrage
2 bejaht, die Vorlagefrage
3
a verneint oder die Vorlagefrage
3
b bejaht wird. Andernfalls hat das Berufungsgericht die Ansprüche aus der Marke "[X.]"
zu Recht für un-begründet erachtet. Die
gegen sein Urteil gerichtete Revision hätte in diesem Fall keinen Erfolg, weil die Marke "[X.]"
des [X.] zu dem nach §
51 Abs.
4 Nr.
1 [X.] maßgeblichen Zeitpunkt der [X.] der Eintra-gung der angegriffenen Marke "[X.]"
wegen Verfalls
löschungsreif gewesen wäre.
3. Nach Art.
10 Abs.
1 der [X.]/[X.] unterliegt eine Marke den in dieser Richtlinie vorgesehenen Sanktionen, wenn der Inhaber der Marke diese für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, innerhalb von fünf Jahren nach dem Tag des Abschlusses des [X.] nicht ernsthaft in dem betreffenden Mitgliedstaat benutzt oder eine solche Be-nutzung während eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren ausge-setzt hat, es sei denn, es liegen berechtigte Gründe für die Nichtbenutzung vor. Als Benutzung im vorbezeichneten Sinn gilt nach Art.
10 Abs.
2 Buchst.
a der [X.]/[X.] auch eine Benutzung der Marke in einer Form, die von der Eintragung nur in Bestandteilen abweicht, ohne dass
dadurch die [X.] beeinflusst wird. Die Vorschriften entsprechen Art.
10 Abs.
1 Unterabs.
1 und Unterabs.
2 Buchst.
a der Richtlinie 2008/95/[X.] und des [X.] der Rechtsvor-schriften der Mitgliedstaaten über die Marken vom 22.
Oktober 2008 ([X.]. Nr.
L
299, S.
25), die an die Stelle der [X.]/[X.] getreten ist. Im vorliegenden Rechtsstreit findet jedoch im Hinblick auf den für die Beurteilung des Sachverhalts maßgeblichen Zeitraum, der vor dem Inkrafttreten der [X.] 2008/95/[X.] am 28.
November 2008 liegt, die [X.]/[X.]
-
nach-folgend [X.]
-
Anwendung (vgl. [X.], Beschluss vom 28.
Oktober 2010

449/09, [X.]. 2011, 135 Rn.
7
-
Canon/IPN Bulgaria).
16
-
11
-
Die Vorschrift des Art.
10 Abs.
2 Buchst.
a [X.] wird im [X.] [X.] durch §
26 Abs.
3 [X.] umgesetzt. Dieser hat folgenden Wortlaut:
Als Benutzung einer eingetragenen Marke gilt auch die Benutzung der Marke in einer Form, die von der Eintragung abweicht, soweit die Abweichungen den kennzeichnenden Charakter der Marke nicht verändern. Satz
1 ist auch dann anzuwenden, wenn die Marke in der Form, in der sie benutzt worden ist, eben-falls eingetragen ist.
Da es sich um vollständig harmonisiertes Recht handelt, ist die Bestimmung des §
26 Abs.
3 [X.] richtlinienkonform auszulegen.
a) Nicht als geklärt angesehen werden kann, ob die Vorschrift des §
26 Abs.
3 Satz
2 [X.] mit Art.
10 [X.] in Einklang steht. Während die Vorschrift des §
26 Abs.
3 Satz
1 [X.] Art.
10 Abs.
2 Buchst.
a [X.] umsetzt, hat §
26 Abs.
3 Satz
2 [X.] keine unmittelbare Grundlage in der [X.]. Mit dieser Bestimmung bezweckte der [X.] Ge-setzgeber eine Klarstellung des Geltungsbereichs des in
§
26 Abs.
3 Satz
1 [X.] verankerten Grundsatzes (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf eines [X.], BT-Drucks. 12/6581, S.
83).
b) Der Gerichtshof der [X.] hat in der Entscheidung "[X.]/[X.] (Bainbridge)"
angenommen, die Vorschriften über die rechtserhaltende Benutzung erlaubten es nicht, den einer Marke zukommenden Schutz mittels des Nachweises ihrer Benutzung auf eine andere eingetragene Marke, deren Benutzung nicht nachgewiesen ist, mit der Begründung auszuwei-ten, die letztgenannte Marke stelle nur eine leichte Abwandlung der erstgenann-ten Marke dar (Urteil vom 13.
September 2007
-
234/06, [X.]. 2007, [X.] =
[X.], 343 Rn.
82 bis 86). Die Entscheidung ist zwar zu Art.
15 Abs.
1 und 2 Buchst.
a der Verordnung Nr.
40/94 des Rates vom 20.
Dezember 1993 über die [X.]smarke ergangen. Diese Vorschriften der Gemein-17
18
19
-
12
-
schaftsmarkenverordnung (nachfolgend [X.]) entsprechen aber inhaltlich
wie der Gerichtshof der [X.] in der Entscheidung hervorhebt

Art.
10 Abs.
1 und 2 Buchst.
a [X.]. In der [X.] Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, welche Auswirkungen die Entscheidung für die An-wendung und Auslegung des §
26 Abs.
3 Satz
2 [X.] hat.
aa) Teilweise wird angenommen, §
26 Abs.
3 Satz
2 [X.] stehe in Widerspruch zur Auslegung des Art.
10 Abs.
1 und 2 Buchst.
a [X.] durch den Gerichtshof der [X.]. Eine richtlinienkonforme Auslegung von §
26 Abs. 3 Satz
2 [X.] sei nicht möglich, die Bestimmung
sei deshalb nicht mehr anwendbar (vgl. [X.], [X.], 958; [X.], [X.], 693, 696
ff.). Ob §
26 Abs.
3 Satz
2 [X.] generell und allgemein mit Art.
10 Abs.
1 und 2 Buchst.
a [X.] nicht in Einklang steht, ist Gegenstand der Vorlagefrage
1.
bb) Nach der Gegenansicht sollen Art.
10 Abs.
1 und 2 Buchst.
a [X.]L der Anwendung des §
26 Abs.
3 Satz
2 [X.] im Grundsatz nicht entgegenstehen (vgl. [X.], [X.], 134, 135
f.
-
Superillu; [X.], Markenrecht, 4.
Aufl., §
26 Rn.
179
f.; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 9.
Aufl., §
26 Rn.
138; [X.], Marken und andere Kennzei-chen, 2.
Aufl., §
8 Rn.
30; [X.], [X.] 2009, 1, 6; Eichelberger, [X.], 1490, 1494). Zum Teil wird angenommen, die rechtserhaltende Benut-zung einer eingetragenen Marke durch ein abweichendes ebenfalls registriertes Zeichen sei nur dann in den Grenzen des Art.
10 Abs.
2 Buchst.
a [X.] (=
§
26 Abs.
3 Satz
1 [X.]) ausgeschlossen, wenn das nicht identische benutzte Zeichen ein sogenanntes Defensivzeichen sei. Teilweise wird die [X.] vertreten, die Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] habe in der [X.] keine Grundlage (v.
Mühlendahl, [X.], 1, 9).
20
21
-
13
-
cc) Nach Ansicht des Senats ist §
26 Abs.
3 Satz
2 [X.] grundsätz-lich mit der [X.] und insbesondere mit Art.
10 Abs.
2 Buchst.
a [X.] vereinbar. Ein Ausschluss der Anwendung des §
26 Abs.
3 Satz
2 [X.] ist vielmehr nur in Betracht zu ziehen, wenn nur eine Marke benutzt wird und die Eintragung weiterer,
nicht benutzter Marken dazu bestimmt und geeignet ist, den Schutzbereich der allein verwendeten Marke durch die unbenutzten Zeichen auszuweiten.
Der Bestimmung des §
26 Abs.
3 Satz
2 [X.] liegt der Gedanke zu-grunde, dass durch die Benutzung eines Zeichens als Marke mehr als eine ein-getragene Marke rechtserhaltend benutzt werden kann. Dieser Grundsatz steht sowohl mit dem Wortlaut als auch mit Sinn und Zweck der Vorschriften der [X.] über den Benutzungszwang in Einklang.

(1) Nach dem 12.
Erwägungsgrund der [X.] müssen sich ihre Vorschriften in vollständiger Übereinstimmung mit der [X.] zum Schutz des gewerblichen Eigentums ([X.]) befinden. Nach Art.
5
C Abs.
2 [X.]
soll der Gebrauch einer Fabrik-
oder Handelsmarke durch den Inhaber in einer Form, die von der Eintragung in einem der [X.] nur in Bestandteilen abweicht, ohne dass dadurch die [X.] beeinflusst wird, die Ungültigkeit der Eintragung nicht nach sich ziehen und den der Marke gewährten Schutz nicht schmälern. Auf die Frage, ob das benutzte Zeichen ebenfalls eingetragen ist, stellt die Vorschrift nicht ab. In der Rechtsprechung des Senats ist deshalb die rechtserhaltende Benutzung eines Zeichens in abgewandelter Form unter der Geltung des Wa-renzeichengesetzes nicht deshalb verneint worden, weil für den Markeninhaber weitere,
der benutzten Form entsprechende oder ihr ähnliche Marken eingetra-gen worden waren (vgl. [X.], Urteil vom 12.
Juli 1984
-
I
ZR
2/82, [X.], 46
-
IDEE-Kaffee). Eine Ausnahme hiervon hat der Senat in Fällen gemacht, in 22
23
24
-
14
-
denen der [X.] ein neues Zeichen eintragen ließ und dieses den Charakter eines Defensivzeichens hatte (vgl. [X.], Urteil vom 24.
Oktober 1985
I
ZR
209/83, [X.] 1986, 315
COMBURTEST).
Art.
10 Abs.
2 Buchst.
a [X.] stellt ebenso wie Art.
5
C Abs.
2 [X.] für die Frage der rechtserhaltenden Benutzung der registrierten Marke durch eine abweichende Verwendungsform nicht darauf ab, ob das benutzte Zeichen registriert ist. Der Wortlaut dieser Vorschriften spricht daher nicht dafür, die An-nahme einer Benutzung im Sinne von Art.
10 Abs.
1 und
2 Buchst.
a [X.] von der Erfüllung weiterer Voraussetzungen abhängig zu machen.

(2) Für die Annahme einer rechtserhaltenden Benutzung der eingetra-genen Marke durch eine abgewandelte ebenfalls als Marke eingetragene Form, wie sie §
26 Abs.
3 Satz
2 [X.] vorsieht, sprechen ebenfalls Sinn und Zweck des Benutzungszwangs. Dieser dient dazu, die Gesamtzahl der in der [X.] eingetragenen und geschützten Marken und damit die Anzahl der zwischen ihnen möglichen Konflikte zu verringern (Erwägungsgrund
8 Satz
1 [X.]). Mit diesem Ziel des Benutzungszwangs steht der Ausschluss so-genannter [X.]
in Einklang. Eine gesetzliche Regelung von Defen-sivmarken enthält das [X.] [X.] nicht. Mit [X.] wer-den von Rechtsprechung und Literatur in [X.] Marken bezeichnet, die der Markeninhaber eintragen lässt, um den Schutzbereich einer eingetragenen und benutzten Marke abzusichern oder auszuweiten (vgl. [X.], Beschluss vom 20.
September 1984
-
I
ZB
9/83, [X.], 383, 384
-
BMW-Niere; [X.], Urteil vom 17.
Juni 2010
-
29
U
3867/09, juris Rn.
39; [X.] aaO §
3
Rn.
37). Die Aufrechterhaltung derartiger Defensivzeichen entspricht nicht Sinn und Zweck des Benutzungszwangs.
25
26
-
15
-
Davon zu unterscheiden sind die Fälle, in denen der eingetragenen, in abgewandelter Form benutzten Marke dieser [X.] fehlt. Dies ist etwa in einer Konstellation der Fall, in der der Markeninhaber über eine einge-tragene und in der Vergangenheit benutzte Marke verfügt, die er innerhalb der Grenzen des Art.
10 Abs.
2 Buchst.
a [X.] (=
§
26 Abs.
3 Satz
1 Mar-kenG) fortentwickeln möchte (zur Anpassung jahrzehntelang benutzter Marken an den jeweiligen Zeitgeschmack Beispiele bei [X.], Strategie und Technik der Markenführung, 6.
Aufl., S.
235 zur Veränderung der [X.] im Zeitraum von 1900 bis 1999; [X.], Ein Unternehmen schreibt Geschichte, S.
13 zur Änderung des Zeichens "[X.]"
im vergangenen Jahrhundert; [X.], [X.] 2003, 259, 266 und 269
f. zur Änderung des Bildzeichens des Erdal-Froschs und des Dosendesigns dieser Marke im Laufe des 20.
Jahrhunderts; Internetauftritt des [X.] Schneidwarenunternehmens J.
Henckels, Ge-schichte der Marke [X.] von 1731 bis 1969). Kann der Markeninhaber allein durch die Benutzung der modernisierten registrierten Form nicht beide einge-tragenen Marken rechtserhaltend benutzen, verliert er die Priorität der
-
häufig wertvollen
-
älteren Marke. Verzichtet der Markeninhaber deshalb auf die Ein-tragung der neuen Marke, trägt er in zweifacher Hinsicht das Risiko, dass das neu gestaltete Zeichen sich nicht innerhalb der durch Art.
10 Abs.
2 Buchst.
a [X.] (=
§
26 Abs.
3 Satz
1 [X.]) bestimmten Grenzen hält. Wo diese Grenze verläuft, ist der Beurteilung im Einzelfall vorbehalten. Ergibt diese [X.] durch die Gerichte, dass die abweichenden Bestandteile des neuen [X.] den kennzeichnenden Charakter der eingetragenen Marke verändern (§
26 Abs.
3 Satz
1 [X.]) bzw. die Unterscheidungskraft der eingetragenen Marke beeinflussen, verliert der Markeninhaber mangels rechtserhaltender Be-nutzung seiner eingetragenen älteren Marke nach Ablauf von fünf Jahren deren Schutz, ohne für das neue Zeichen Markenschutz durch Registrierung erwor-ben zu haben. Der Benutzungszwang dient aber nicht dazu, die in älteren Mar-ken verkörperten wirtschaftlichen Werte ohne zwingenden Grund zu zerstören 27
-
16
-
und den
Markeninhaber in der Fortentwicklung und Modernisierung seiner be-reits vorhandenen
-
wertvollen
-
Marke zu behindern.
Eine Beschränkung der rechtserhaltenden Benutzung der Form eines Zeichens auf jeweils nur eine der eingetragenen Marken hat zudem zur Folge, dass der Markeninhaber den als Marke eingetragenen [X.] einer Markenfamilie rechtserhaltend nicht durch die Verwendung der einzelnen re-gistrierten Zeichen der Markenfamilie benutzen kann. Für die Absicherung des [X.]s der Serienzeichen durch den Schutz einer ebenfalls einge-tragenen Marke besteht jedoch ein praktisches Bedürfnis. Dieses ist etwa für den Zeitraum des Aufbaus der Markenserie gegeben. Während dieses [X.], in dem die einzelnen Marken noch nicht in einem solchen Ausmaß auf dem Markt präsent sind, dass sie die an eine Markenserie zu stellenden Anfor-derungen erfüllen (vgl. hierzu [X.], [X.], 343 Rn.
62 bis 65
[X.]/[X.] [[X.]]), hat der Markeninhaber regelmäßig ein be-achtenswertes Interesse daran, den
[X.] durch die Eintragung als Marke zu schützen, auch wenn er den [X.] nicht isoliert be-nutzt.
In der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] ist [X.], dass sich der Erwerb von Unterscheidungskraft einer Marke auch aus ihrer Benutzung als Teil einer anderen eingetragenen Marke ergeben kann (vgl. [X.], Urteil vom 17.
Juli 2008
-
488/06, [X.]. 2008, [X.] =
[X.]. 2008, 830 Rn.
49
-
Aire Limpio/[X.]). Durch die Benutzung einer bestimmten Form eines Zeichens könnte dieses danach zwar die von Haus aus fehlende Unterscheidungskraft im Sinne von Art.
3 Abs.
3 Satz
1 [X.] (=
§
8 Abs.
3 [X.]) und Art.
7 Abs.
3 [X.] erwerben. Bei Anwendung der Grundsätze der Entscheidung "[X.]"
würde aber dieselbe Ver-28
29
-
17
-
wendung nach Eintragung dieses Zeichens keine rechtserhaltende Benutzung mehr darstellen, was den Verfall dieser Marke zur Folge hätte.
Wenn die Vorlagefrage
1 verneint wird
Art.
10 Abs.
1 und 2 Buchst.
a [X.] also
nicht in jedem Fall einer nationalen Regelung wie §
26 Abs.
3 Satz
2 [X.] entgegensteht
stellt sich die Frage, ob eine entsprechende nationale Bestimmung mit der [X.] vereinbar ist (Vorlagefrage 2), wenn sie nicht auf [X.] angewandt wird.

(3) Gegen die Beschränkung der rechtserhaltenden Benutzung der [X.] auf jeweils nur eine eingetragene Marke sprechen nach Ansicht des Senats zudem folgende Erwägungen:
Benutzt der Markeninhaber eine von allen eingetragenen Marken abwei-chende, deren Unterscheidungskraft aber nicht beeinflussende Form, erscheint fraglich, welche eingetragene Marke dadurch im Sinne des Art.
10 Abs.
2 Buchst.
a [X.] (=
§
26 Abs.
3 Satz
1 [X.]) rechtserhaltend benutzt wird. Das kommt im vorliegenden Fall in folgender Konstellation in Betracht:
Das Zeichen "[X.]PLUS"
ist in den grafischen Gestaltungen nicht ein-getragen. Durch die vom Kläger behauptete Verwendung der grafisch gestalte-ten Form von "[X.]PLUS"
könnte daher sowohl die Wortmarke "[X.]"
als auch die Klagemarke "[X.]"
im Sinne von Art.
10 Abs.
1 und 2 Buchst.
a [X.] benutzt worden sein. Gleiches gilt für die ebenfalls nicht eingetragene, nach Darstellung des [X.] aber als reines Wortzeichen be-nutzte Form "[X.]".
Fraglich erscheint das Vorliegen einer Benutzung im Sinne von Art.
10 Abs. 2 Buchst.
a [X.] auch, wenn der Markeninhaber zwei Formen von Zeichen benutzt, von denen eine Zeichenform mit einer der eingetragenen Mar-30
31
32
33
34
-
18
-
ken identisch übereinstimmt (erste
Zeichenform) und die weitere Form (zweite Zeichenform) von den zwei eingetragenen Marken abweicht, ohne deren Unter-scheidungskraft zu beeinflussen, und wenn die weitere benutzte Form (zweite Zeichenform) die größere Ähnlichkeit mit derjenigen Marke aufweist, die bereits durch die identisch übereinstimmende Form (erste Zeichenform) [X.] benutzt wird. Vom Vorliegen dieser Sachverhaltsvariante ist im Streitfall ebenfalls auszugehen. Der Kläger benutzt nach seiner Darstellung das Zeichen "[X.]PLUS"
nicht nur als Wortmarke, sondern auch in grafisch gestalteter Form. Er verwendet außerdem nach seiner Behauptung die Worildmarke "[X.]"
in dieser Form und als reines Wortzeichen. Wird die Vorlagefrage 1 bejaht oder die Vorlagefrage 2 verneint, kommt es auf die Vorlagefrage 3a an. Durch die Verwendung der grafisch gestalteten Form von "[X.]PLUS"
oder der Form von "[X.]"
als reines Wortzeichen, die beide nicht eingetragen sind, könnte die Klagemarke "[X.]"
rechtserhaltend benutzt worden sein.
dd) Sollte die Vorlagefrage
1 bejaht oder die Vorlagefrage
2 verneint werden, kommt im Streitfall in Betracht, dass die Vorschrift des §
26 Abs.
3 Satz
2 [X.] auf Fallkonstellationen wie die vorliegende nicht angewandt werden kann, weil der Gerichtshof der [X.] die Vorlagefrage
3
a bejaht oder das Berufungsgericht die entsprechenden tatsächlichen Feststel-lungen hierzu nicht treffen kann. Dem Senat stellt sich dann die Frage, ab wel-chem Zeitpunkt die Bestimmung des §
26 Abs.
3 Satz
2
[X.] auf eingetra-gene Marken, die allein bislang durch die [X.] harmonisiert sind (Erwägungsgrund
4 der [X.]/[X.] und Erwägungsgrund
5 der Richtlinie 2008/95/[X.]), nicht mehr angewandt werden kann (Vorlagefrage
3
b).
35
-
19
-

(1) In der Rechtsprechung des [X.] ist anerkannt, dass Gründe des Vertrauensschutzes die Anwendung einer geänderten [X.] erst auf künftige, dem Urteilserlass nachfolgende Fälle gebieten können. Danach können die durch eine Änderung der höchstrichterlichen [X.] veranlassten neuen Maßstäbe bei der Auslegung einer Norm auf Sach-verhalte von der Anwendung ausgeschlossen sein, in denen die Beteiligten die maßgeblichen Vorkehrungen und Entscheidungen im Vertrauen auf eine seit langem bestehende gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung noch vor de-ren Änderung getroffen haben. In diesen Fällen können Grundsätze des [X.] der Anwendung eines geänderten Verständnisses einer Norm zwingend entgegenstehen (vgl. [X.], Urteil vom 7.
April 2003
-
II
ZR
56/02, [X.]Z 154, 370, 377). Der Senat ist der Ansicht, dass mit dieser höchstrichter-lich anerkannten Fallgruppe die vorliegend zu beurteilende Sachverhaltsgestal-tung zumindest vergleichbar ist.

(2) Nachdem unter Geltung des [X.] [X.]es durch das Gesetz zur Änderung des Patentgesetzes, des Warenzeichengeset-zes und weiterer Gesetze vom 4.
September 1967 ([X.]
I 953) mit Wirkung ab 1.
Januar 1968 der Benutzungszwang für Marken eingeführt worden war (§
11 Abs.
1
Nr.
4 WZG), hat der Senat wiederholt ausgesprochen, dass eine rechts-erhaltende Benutzung keine identische Verwendung des Warenzeichens erfor-dert, sondern zeichenmäßig bedeutungslose Abwandlungen oder Zusätze un-beanstandet zu bleiben haben (vgl. [X.], Urteil vom 9.
Juni 1978
-
I
ZR
67/76, [X.] 1978, 642, 643
f.
-
SILVA; [X.], 46, 47
-
IDEE-Kaffee). Der [X.] hat insoweit jedoch nur geringfügige Abweichungen der Benutzungsform von dem eingetragenen Zeichen als unschädlich angesehen, weil eine [X.] gesetzliche Bestimmung im [X.] zur rechtserhalten-den Benutzung durch von der Eintragung abweichende Zeichenformen fehlte (vgl. [X.], Urteil vom 31.
Mai 1974
I
ZR
28/73, [X.] 1975, 135, 137
KIM-36
37
-
20
-
Mohr; Beschluss vom 13.
Juli 1979
-
I
ZB
25/77, [X.] 1979, 856, 858
-
Flexio-le). Nachdem in Art.
10 Abs.
2 Buchst.
a [X.] die rechtserhaltende Benut-zung durch die Verwendung abgewandelter Benutzungsformen Eingang in die [X.] gefunden hatte, ist der [X.] Gesetzgeber davon ausgegangen, dass zu einer Fortgeltung der als streng empfundenen deut-schen Rechtsprechung kein Anlass bestand (vgl. Begründung zum Regie-rungsentwurf des [X.], BT-Drucks. 12/6581, S.
83). In diese Zielsetzung der Neuregelung des Benutzungszwangs im [X.] fügt sich auch die Bestimmung des §
26 Abs.
3 Satz
2 [X.] ein. Deren Vereinbarkeit mit der [X.] ist vor der "[X.]"-Entscheidung des Gerichtshofs der [X.] ([X.], [X.], 343) deshalb in der [X.] Rechtsprechung und Literatur -
soweit ersicht-lich

niemals in Zweifel gezogen worden. Die Markeninhaber konnten ange-sichts der gesetzlichen Bestimmung des §
26 Abs.
3 Satz
2 [X.] daher [X.] vertrauen, dass die Benutzung einer Marke in einer Form, die von der Ein-tragung abwich, ohne dass dadurch die Unterscheidungskraft der Marke [X.] wurde (Art.
10 Abs.
2 Buchst.
a [X.]), auch dann als Benutzung galt, wenn die benutzte Form ebenfalls als Marke eingetragen war. Das [X.] auf die Gültigkeit des §
26 Abs.
3 Satz
2 [X.] für eingetragene Mar-ken hält der Senat gegenüber einer richtlinienkonformen Auslegung gem. Art.
10 Abs.
2 Buchst.
a [X.], falls die Bestimmung des §
26 Abs.
3 Satz
2 [X.] mit der Richtlinie nicht in Einklang steht, für so gewichtig, dass er die Bestimmung ihrem Wortlaut gemäß jedenfalls auf vor der Veröffentli-chung der "[X.]"-Entscheidung des Gerichtshofs der [X.] liegende Sachverhalte weiter anwenden möchte.
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] hat ein nationales Gericht, bei dem ein Rechtsstreit anhängig ist, die volle Wirk-samkeit des [X.]srechts zu garantieren, indem es jede [X.]
-
21
-
weise entgegenstehende Bestimmung des nationalen Rechts unangewendet lässt (vgl. [X.], Urteil vom 5.
März 1998
-
347/96, [X.]. 1998, [X.] Rn.
30
-
Solred; Urteil vom 22.
November 2005
-
144/04, [X.]., 2005, I-9981 =
NJW 2005, 3695 Rn.
77
-
Mangold/Helm). Andererseits ist in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] anerkannt, dass die Grundsätze der Rechtssicherheit, des Vertrauensschutzes und des [X.] der Anwendung einer [X.]sregelung im Einzelfall entgegenstehen können (vgl. [X.], Urteil vom 16.
Juli 1992
-
C-163/90, [X.].
1992, [X.] Rn. 30 bis 34
-
Legros; Urteil vom 20.
Mai 2003
-
C-469/00, [X.]. 2003, [X.] =
[X.] 2003, 609 Rn.
99 bis 101
-
Grana Padano; Urteil vom 20.
Mai 2003
-
108/01, [X.]. 2003, [X.] =
[X.] 2003, 616 Rn.
95 bis 97
-
Prosciutto di Parma; Urteil vom 16.
Juni 2005
-
105/03, [X.]. 2005, I-
5285 =
EuZW 2005, 433 Rn.
44 und 47
-
Pupino; Urteil vom 4.
Juli 2006
-
212/04, [X.]. 2006, [X.] =
[X.], 730 Rn.
110
-
Adeneler).
Maßgebliche Bedeutung kommt insoweit aus Sicht des Senats dem [X.] zu, dass das Recht an der Marke in den Schutzbereich des Art.
17 Abs.
2 der Charta der Grundrechte der [X.] und des Art.
14 des Grundgesetzes fällt (vgl. zu Art.
17 Abs.
2 [X.], Charta der Grundrechte der [X.], 3.
Aufl., Art.
17 Rn.
13; zu Art.
14 [X.], 193, 216
f.; 78, 58, 70; 95, 173, 188; [X.], Urteil vom 2.
April 2009
-
I
ZR
209/06, [X.], 678 Rn.
32 =
[X.], 839

POST/[X.]). Das Markenrecht steht dem Markeninhaber zwar nicht schrankenlos zu, sondern wird erst durch die auf die [X.] zu-rückgehenden Bestimmungen des [X.]es konkretisiert (vgl. [X.], [X.], 678 Rn.
32
-
POST/[X.]). Im Streitfall besteht jedoch die Besonderheit, dass die vorliegende Fallkonstellation durch die [X.] Be-stimmung des §
26 Abs.
3 Satz
2 [X.] ausdrücklich gesetzlich geregelt war und das Vertrauen eines Markeninhabers in die Gültigkeit dieser Bestimmung 39
-
22
-
wegen des durch Art.
17 Abs.
2 [X.] und Art.
14 GG ge-schützten Eigentumsrechts an der Marke das Interesse an einer der Bestim-mung entgegenstehenden anderslautenden Auslegung anhand der [X.] deutlich überwiegt (vgl. auch [X.], [X.], 693, 699).

Bornkamm
Pokrant
Büscher

Schaffert
Koch
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 16.09.2008 -
33 [X.]/06 -

[X.], Entscheidung vom 20.05.2009 -
6 [X.]/08 -

Meta

I ZR 84/09

17.08.2011

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.08.2011, Az. I ZR 84/09 (REWIS RS 2011, 3985)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 3985

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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I ZR 84/09

6 U 195/08

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