Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 11.11.2014, Az. 3 AZR 191/12

3. Senat | REWIS RS 2014, 1471

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Gegenstand

Betriebliche Altersversorgung - Berechnung einer vorgezogen in Anspruch genommenen Betriebsrente - Auslegung einer Versorgungsordnung


Tenor

Das Versäumnisurteil vom 12. August 2014 - 3 [X.] - wird aufrechterhalten.

Die Beklagte hat die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe der dem vormaligen Kläger zustehenden Betriebsrente. Der vormalige Kläger (im Folgenden: Erblasser) ist am 11. Dezember 2013 verstorben. [X.] war seine Ehefrau, die am 26. März 2014 verstarb und durch die jetzige Klägerin - eine Erbengemeinschaft - beerbt wurde.

2

Der am 4. September 1926 geborene Erblasser war vom 31. August 1951 bis zum 30. April 1987 bei der Beklagten als Angestellter beschäftigt. Die Beklagte hatte dem Erblasser Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach den Richtlinien für die Betriebliche Altersversorgung (Fassung vom 6. Mai 1968) für Arbeiter und Angestellte (im Folgenden: [X.]) zugesagt. Die [X.] bestimmen [X.].:

        

„I.     

Art der Versorgungsleistungen

                 

Wir gewähren nach Erfüllung der Wartezeit

                 

1.    

Erwerbsunfähigkeitsrente

                 

2.    

Altersrente

                 

3.    

Witwenrente

                 

4.    

Waisenrente

        

II.     

Wartezeit

                 

Die Wartezeit ist erfüllt, wenn der Arbeiter oder Angestellte eine anrechnungsfähige Dienstzeit von 10 Jahren in unserem Unternehmen abgeleistet hat. …

        

III.   

Anrechnungsfähige Dienstzeit

                 

Anrechnungsfähig sind solche Dienstjahre, die der Arbeiter oder Angestellte nach Vollendung seines 20. Lebensjahres und vor Vollendung seines 65. Lebensjahres ununterbrochen in unserem Unternehmen abgeleistet hat. Angefangene Dienstjahre mit einer anrechnungsfähigen Beschäftigungszeit von weniger als 6 Monaten bleiben unberücksichtigt, es sei denn, daß der Arbeiter oder Angestellte dieses Dienstjahr noch voll ableistet. Angefangene Dienstjahre mit einer anrechnungsfähigen Beschäftigungszeit von mehr als 6 Monaten gelten als volle Jahre.

        

IV.     

Voraussetzungen für die einzelnen Leistungsarten

                 

Es werden gewährt

                 

…       

        
                 

2.    

Altersrente,

                          

wenn der Arbeiter oder Angestellte nach Vollendung seines 65. Lebensjahres aus unserem Unternehmen ausscheidet.

                 

…       

        
        

VI.     

Zahlungsweise

                 

Die Renten werden monatlich nachträglich gezahlt.

        

…       

                 
        

VIII. 

Höhe der Leistungen

                 

…       

        
                 

B)    

Bei Angestellten:

                 

1.    

a)    

Die Erwerbsunfähigkeits- und Altersrente beträgt bei Ablauf der Wartezeit monatlich 15 % des letzten Grundgehaltes und steigt für jedes nach Erfüllung der Wartezeit im Unternehmen abgeleistete anrechnungsfähige Dienstjahr um monatlich 1 % des letzten Grundgehaltes. …

                 

2.    

a)    

Die Bezüge des Angestellten aus der gesetzlichen Rentenversicherung und der betrieblichen Versorgung werden durch Kürzung der Betriebsrente wie folgt begrenzt: Bei einer Dienstzeit bis zu 25 Jahren auf 65 % des letzten Grundgehaltes. Für jedes weitere Dienstjahr erhöht sich dieser Prozentsatz um 0,75 % bis zu höchstens 80 % bei 45 Dienstjahren. Bezüge des Angestellten aus der gesetzlichen Rentenversicherung, die auf freiwilliger Höherversicherung oder freiwilliger Weiterversicherung beruhen, bleiben unberücksichtigt.

                          

b)    

Unabhängig von der Bestimmung in 2 a) wird die betriebliche Rente in jedem Falle mit einem Mindestrentenbetrag in Höhe von 40 % der gemäß 1) ermittelten Erwerbsunfähigkeits- oder Altersrente gewährt.

                          

…       

        

X.    

Wegfall von Ansprüchen

                 

Scheidet ein Begünstigter aus unserem Unternehmen aus, ohne daß ein Leistungsfall gegeben ist, so erlischt jeder Anspruch aus dieser Zusage.“

3

Zudem sehen die [X.] für die Witwenrente vor, dass diese in Abhängigkeit von der Altersrente des Arbeitnehmers zu berechnen ist.

4

In einem von der Beklagten und dem Betriebsrat unterschriebenen Aushang vom 10. Dezember 1986 wurde [X.] bekannt gegeben:

        

Gewährung von Betriebsrenten

        

Die [X.] gewährt abweichend vom Wortlaut der Altersversorgungszusagen die Firmenrente auch schon vor dem Erreichen des 65. Lebensjahres, ohne versicherungsmathematische Abschläge vorzunehmen. Im Rahmen der steuerlichen Betriebsprüfung ist verlangt worden, die Altersversorgungszusagen entsprechend zu ändern. Aus diesem Grunde werden die Richtlinien für die betriebliche Altersversorgung in den Fassungen vom 6. Mai 1968 und 1. Jan[X.]r 1974 wie folgt ergänzt:

        

IV. 2.

‚Die Altersrente wird gezahlt, wenn der Mitarbeiter nach Vollendung des 65. Lebensjahres aus dem Dienstverhältnis mit der [X.] ausscheidet.

                 

Sie wird auch gezahlt, wenn der Mitarbeiter vorher ausscheidet und [X.] oder vorgezogenes [X.] aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht. In diesen Fällen werden keine versicherungsmathematischen Abschläge vorgenommen.‘

        

…“    

        

5

Mit Schreiben vom 26. März 1987 übersandte die Beklagte dem Erblasser eine Übersicht über die Berechnung seiner Altersrente. Hieraus ergibt sich, dass die Beklagte die Altersrente iHv. 1.196,66 DM ausgehend von einem pensionsfähigen Entgelt iHv. 4.334,00 DM unter Zugrundelegung einer Dienstzeit bis zum Ausscheiden des Erblassers aus dem Arbeitsverhältnis und unter Anrechnung der vom Erblasser tatsächlich bezogenen, nach [X.] Nr. 2 Buchst. a [X.] anrechenbaren Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung iHv. 1.978,00 DM ermittelt hatte.

6

Seit dem 1. Mai 1987 bezog der Erblasser eine gesetzliche Altersrente und von der Beklagten eine Altersrente. Diese belief sich zunächst auf 1.197,00 DM brutto monatlich. Zum 1. Jan[X.]r 1990 wurde die Altersrente auf 1.255,00 DM (= 641,67 [X.]) erhöht. Seit dem 1. September 2009 zahlte die Beklagte dem Erblasser nur noch eine monatliche Altersrente von 535,00 [X.]. Die Reduzierung des Auszahlungsbetrags beruht darauf, dass die Beklagte nunmehr eine mögliche anrechnungsfähige Beschäftigungszeit bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres zugrunde legte, die anrechenbare Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung fiktiv auf die bei einer Inanspruchnahme ab der Vollendung des 65. Lebensjahres erreichbare Rente hochrechnete und den sich ergebenden Betrag im Verhältnis der tatsächlichen zu der möglichen Betriebszugehörigkeit bis zum 65. Lebensjahr kürzte; den sich danach ergebenden Betrag von (aufgerundet) 510,00 [X.] erhöhte die Beklagte um 4,85 % auf (aufgerundet) 535,00 [X.].

7

Mit seiner der Beklagten am 8. Jan[X.]r 2010 zugestellten Klage hat der Erblasser eine monatliche Altersrente iHv. 641,67 [X.] sowie die Zahlung rückständiger Altersrente für den [X.]raum vom 1. September 2009 bis zum 30. November 2009 iHv. monatlich 106,67 [X.] verlangt. Er hat die Auffassung vertreten, die ursprüngliche Rentenberechnung sei zutreffend gewesen. Die Beklagte sei weder berechtigt, eine zeitanteilige Kürzung der Rente im Verhältnis der tatsächlichen Dienstzeit zu der bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres erreichbaren Dienstzeit vorzunehmen, noch eine auf das 65. Lebensjahr hochgerechnete fiktive Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung anzurechnen. Es dürfe nur die von ihm tatsächlich bezogene anrechenbare Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Ansatz gebracht werden.

8

Der Erblasser hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass er über den 1. September 2009 hinaus einen Anspruch auf monatliche Gewährung einer betrieblichen Altersversorgung in Höhe von 641,67 [X.] hat;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 320,01 [X.] nebst fünf Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die Berufung des Erblassers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin die bisherigen Klageanträge des Erblassers weiter. Nachdem die Beklagte im Termin vor dem [X.] am 12. August 2014 keinen Antrag gestellt hat, hat der Senat Versäumnisurteil erlassen, mit dem der Revision der Klägerin stattgegeben und festgestellt wurde, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem vormaligen Kläger ab dem 1. September 2009 eine über den gezahlten Betrag von 535,00 [X.] hinausgehenden Betrag iHv. weiteren 106,67 [X.] monatlich zu zahlen; zudem wurde die Beklagte zur Zahlung rückständiger Betriebsrente für die [X.] vom 1. September 2009 bis zum 30. November 2009 iHv. 320,01 [X.] brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 9. Jan[X.]r 2010 verurteilt. Die Beklagte hat gegen das ihr am 1. September 2014 zugestellte Versäumnisurteil vom 12. August 2014 am 4. September 2014 Einspruch eingelegt.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

        

das Versäumnisurteil des [X.]s vom 12. August 2014 aufzuheben und die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.]s Köln vom 12. Oktober 2011 - 9 Sa 1459/10 - zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt, das Versäumnisurteil vom 12. August 2014 aufrechtzuerhalten.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist statthaft (§ 72 Abs. 5 ArbGG, § 555 Abs. 1 Satz 1, § 338 ZPO) und auch im Übrigen zulässig, nämlich in der gesetzlichen Form (§ 340 ZPO) und Frist (§ 339 Abs. 1 ZPO) eingelegt. Das Versäumnisurteil vom 12. August 2014 ist aufrechtzuerhalten (§ 343 Satz 1 ZPO). Die Revision der Klägerin ist begründet. Entgegen der Ansicht des [X.] ist die zulässige Klage begründet.

I. Der Rechtsstreit ist nicht nach § 239 ZPO unterbrochen, weil sowohl der vormalige Kläger als auch seine Alleinerbin während des Revisionsverfahrens verstorben sind. Da der frühere Kläger anwaltlich vertreten war, trat nach § 246 Abs. 1 Halbs. 1 ZPO weder aufgrund seines Todes noch aufgrund des Todes seiner Alleinerbin eine Unterbrechung des Verfahrens ein; die Aussetzung des Verfahrens nach § 246 Abs. 1 Halbs. 2 ZPO wurde nicht beantragt.

II. [X.] ist zulässig. Dies gilt auch für den Klageantrag zu 1. Die Voraussetzungen des § 256 ZPO sind erfüllt.

1. Der Antrag ist auf die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses iSd. § 256 ZPO gerichtet. Zwar können nach dieser Bestimmung nur Rechtsverhältnisse Gegenstand einer Feststellungsklage sein, nicht hingegen bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses. Eine Feststellungsklage muss sich allerdings nicht notwendig auf ein Rechtsverhältnis insgesamt erstrecken. Sie kann sich vielmehr auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen sowie - wie vorliegend - auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken ([X.] 15. Mai 2012 - 3 [X.] - Rn. 19 mwN, [X.]E 141, 259).

2. Soweit der Feststellungsantrag sich auf die [X.] vom 1. September 2009 bis zum 30. November 2009 bezieht, handelt es sich um eine Zwischenfeststellungsklage iSd. § 256 Abs. 2 ZPO, für die ein besonderes Feststellungsinteresse iSd. § 256 Abs. 1 ZPO nicht erforderlich ist. Im Übrigen hat die Klägerin ein Interesse an der begehrten Feststellung, da die [X.] ihre Verpflichtung zur Zahlung einer Betriebsrente an den Erblasser iHv. 641,67 [X.] brutto bestreitet.

Das Feststellungsinteresse iSd. § 256 Abs. 1 ZPO ist nicht aufgrund des Todes des früheren Klägers entfallen. Die begehrte Feststellung ist auch für Ansprüche auf Hinterbliebenenversorgung nach den [X.] von Bedeutung. Der Aushang vom 10. Dezember 1986 ändert daran nichts. Auch das Ableben der Alleinerbin des Erblassers lässt das Feststellungsinteresse nicht entfallen. Der [X.] dient der effizienten Abwicklung des Erbfalls nach dem Tode der Alleinerbin.

III. [X.] ist begründet. Die [X.] ist verpflichtet, dem vormaligen Kläger und Erblasser über den 31. August 2009 hinaus eine monatliche Altersrente iHv. 641,67 [X.] zu zahlen. Daher schuldet sie der Klägerin für die Monate September 2009 bis November 2009 rückständige Betriebsrente iHv. 320,01 [X.] brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 9. Januar 2010. Die Neuberechnung der Altersrente des Erblassers entspricht nicht den Vorgaben der [X.] in der Fassung des Aushangs vom 10. Dezember 1986 (im Folgenden: [X.]). Die [X.] ist nicht berechtigt, bei der Berechnung der Altersrente des Erblassers nach [X.] Nr. 2 Satz 2 [X.] iVm. § 6 [X.] die fiktiv auf die Vollendung des 65. Lebensjahres hochgerechnete Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung anzurechnen und eine Quotierung entsprechend § 2 Abs. 1 [X.] durchzuführen. Dies hat das Landesarbeitsgericht verkannt.

1. Die Altersrente des Erblassers berechnet sich nach den in [X.] Nr. 2 Satz 2 iVm. [X.] Nr. 1 Buchst. a und Nr. 2 Buchst. b der [X.] getroffenen Regelungen und entgegen der Rechtsauffassung der [X.]n nicht nach den allgemeinen Grundsätzen des Betriebsrentenrechts unter entsprechender Anwendung von § 2 [X.].

Zwar wird bei vorgezogener Inanspruchnahme der Betriebsrente nach § 6 [X.] in das [X.] zwischen der zugesagten Versorgungsleistung und der vom Arbeitnehmer zu erbringenden Gegenleistung stets zweifach eingegriffen, und zwar unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer vorzeitig ausgeschieden ist oder das Arbeitsverhältnis bis zur vorgezogenen Inanspruchnahme der Betriebsrente bestanden hat. Zum einen wird in das [X.], das der Berechnung der Vollrente zugrunde liegt, dadurch eingegriffen, dass der Arbeitnehmer die Betriebszugehörigkeit bis zur festen Altersgrenze nicht vollständig erbracht hat. Zum anderen erfolgt eine Verschiebung des in der Versorgungszusage festgelegten Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung dadurch, dass er die Betriebsrente mit höherer Wahrscheinlichkeit, früher und länger als mit der Versorgungszusage versprochen in Anspruch nimmt (vgl. etwa [X.] 19. Juni 2012 - 3 [X.] - Rn. 24 mwN). Dies führt jedoch vorliegend nicht zur Berechnung der Altersrente des Erblassers nach allgemeinen Grundsätzen des Betriebsrentenrechts entsprechend § 2 [X.].

a) Die vom [X.] mit Urteil vom 23. Januar 2001 (- 3 [X.]) entwickelten allgemeinen Grundsätze des Betriebsrentenrechts, nach denen der Arbeitgeber berechtigt ist, eine Quotierung entsprechend § 2 [X.] wegen der fehlenden Betriebszugehörigkeit und ggf. eine weitere Kürzung wegen der vorgezogenen Inanspruchnahme vorzunehmen, finden bereits deshalb keine Anwendung, weil sie nur für die Berechnung der Höhe der Leistungen der betrieblichen Altersversorgung bei vorgezogener Inanspruchnahme der Betriebsrente nach vorzeitigem Ausscheiden gelten. Ein solcher Fall ist vorliegend nicht gegeben. Der Erblasser ist nicht vorzeitig, sondern erst mit Eintritt des in [X.] Nr. 2 Satz 2 [X.] geregelten [X.] mit Ablauf des 30. April 1987 aus dem Arbeitsverhältnis mit der [X.]n ausgeschieden und hat ab dem 1. Mai 1987 im Alter von 60 Jahren die gesetzliche Altersrente als Vollrente und die Altersrente nach den [X.] vorgezogen in Anspruch genommen.

b) Eine entsprechende Anwendung von § 2 [X.] ist auch nicht aus anderen Gründen veranlasst. Die Berechnung der nach § 6 [X.] vorgezogen in Anspruch genommenen Betriebsrente eines bis dahin betriebstreuen Arbeitnehmers entsprechend § 2 [X.] kommt nur dann in Betracht, wenn die Versorgungsordnung selbst keine Regelung zur Berechnung der Betriebsrente bei deren vorgezogener Inanspruchnahme enthält. Regelt die Versorgungsordnung die Höhe der nach § 6 [X.] vorgezogen in Anspruch genommenen Betriebsrente hingegen selbst, ist für eine entsprechende Anwendung von § 2 [X.] kein Raum (st. Rspr. vgl. etwa [X.] 10. Dezember 2013 - 3 [X.] - Rn. 16). Letzteres ist vorliegend der Fall. Die Höhe der Altersrente bei vorgezogener Inanspruchnahme der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung ist in [X.] Nr. 2 Satz 3 und [X.] Nr. 1 Buchst. a und Nr. 2 Buchst. b [X.] eigenständig und abschließend geregelt. Dies ergibt die Auslegung der [X.].

aa) Es kann dahinstehen, ob es sich bei den [X.] um eine Betriebsvereinbarung oder um eine Gesamtzusage handelt. Zwar hängt es vom [X.] der [X.] ab, welche Auslegungsgrundsätze anzuwenden sind. Beide Auslegungsmethoden führen jedoch zu demselben Ergebnis.

(1) Betriebsvereinbarungen sind nach den für Gesetze und Tarifverträge geltenden Grundsätzen auszulegen. Dabei ist vom Wortlaut der Bestimmung und dem durch ihn vermittelten Wortsinn auszugehen. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang der Regelungen, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Betriebsparteien geben kann. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Bestimmung führt (vgl. etwa [X.] 9. Oktober 2012 - 3 [X.] - Rn. 21; 14. Dezember 2010 - 3 [X.] - Rn. 18 mwN).

(2) Eine Gesamtzusage ist als an eine Vielzahl von Arbeitnehmern gerichtete Erklärung nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden wird, wobei nicht die [X.] des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners zugrunde zu legen sind. Für das [X.] ist auch der von den Vertragspartnern verfolgte typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Regelungszweck (vgl. etwa [X.] 15. Mai 2012 - 3 [X.] - Rn. 51, [X.]E 141, 222).

bb) Die Auslegung der [X.] führt nach beiden Grundsätzen zu dem Ergebnis, dass die Bestimmungen in [X.] Nr. 2 Satz 2, [X.] Nr. 1 Buchst. a und Nr. 2 Buchst. b [X.] die Berechnung der Altersrente auch für den Fall ihrer vorgezogenen Inanspruchnahme nach § 6 [X.] abschließend regeln.

(1) Hierfür spricht bereits die sprachliche Fassung von [X.] Nr. 2 Satz 2 [X.]. Danach wird die Altersrente („Sie“) auch gezahlt, wenn der Mitarbeiter vor Vollendung des 65. Lebensjahres ausscheidet und gesetzliche Rente in Anspruch nimmt. Diese Formulierung verdeutlicht, dass es sich auch bei der vorgezogen in Anspruch genommenen Betriebsrente um „die Altersrente“ iSd. I Nr. 2 [X.] handelt, deren Höhe sich - trotz Inanspruchnahme vor Vollendung des 65. Lebensjahres - nach den Bestimmungen in [X.] [X.] richtet.

(2) Der systematische Zusammenhang der [X.] bestätigt dieses Verständnis.

In I [X.] sind die vier Arten von Versorgungsleistungen aufgeführt, die nach den [X.] gewährt werden. Hierbei handelt es sich um die Erwerbsunfähigkeitsrente, die Altersrente, die Witwenrente und die Waisenrente. Die Voraussetzungen für die Gewährung der verschiedenen Versorgungsleistungen sind in [X.] [X.] benannt. Die in I Nr. 2 [X.] enthaltene Altersrente wird demnach nicht nur bei Vollendung des 65. Lebensjahres, sondern auch gezahlt, wenn der Mitarbeiter vorher ausscheidet und [X.] oder vorgezogenes [X.] aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht. Die Höhe der Versorgungsleistungen ist in [X.] [X.] bestimmt. Danach berechnet sich die „Altersrente“ bei Angestellten nach [X.] Nr. 1 Buchst. a und Nr. 2 [X.]. Die Regelungen erfassen damit sowohl die Berechnung der mit Vollendung des 65. Lebensjahres in Anspruch genommenen Altersrente iSv. [X.] Nr. 2 Satz 1 [X.] als auch die nach § 6 [X.] vorgezogene Altersrente iSv. [X.] Nr. 2 Satz 2 [X.].

(3) Der mit dem Aushang vom 10. Dezember 1986 erkennbar verfolgte Regelungszweck unterstützt diese Auslegung.

Die aus der [X.] vor Inkrafttreten des [X.] vom 19. Dezember 1974 ([X.]) stammenden [X.] waren durch die Einführung von § 6 [X.] zum 22. Dezember 1974 lückenhaft geworden. [X.] Nr. 2 [X.] bestimmte lediglich, dass der Arbeitnehmer eine Altersrente erhält, wenn er nach Vollendung des 65. Lebensjahres aus dem Unternehmen ausscheidet. Nach [X.] Nr. 1 [X.] hing die Höhe dieser Altersrente von der Anzahl der anrechnungsfähigen Dienstjahre ab. Danach betrug die mit Vollendung des 65. Lebensjahres zu zahlende Altersrente nach Ablauf der Wartezeit 15 % des letzten Grundgehalts und stieg für jedes weitere anrechnungsfähige Dienstjahr um 1 %. Demgegenüber regelten die [X.] nicht, wie sich die nach § 6 [X.] vorgezogen in Anspruch genommene Altersrente des gleichzeitig aus dem Arbeitsverhältnis mit der [X.]n ausscheidenden Arbeitnehmers berechnete (vgl. zur [X.] von Versorgungsordnungen aus der [X.] vor Inkrafttreten des [X.] ausführlich [X.] 1. Juni 1978 - 3 [X.] - zu I 2 der Gründe, [X.]E 30, 333; 26. März 1985 - 3 [X.] - zu II der Gründe). Die [X.] war daher - unter Beachtung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats - befugt, die wegen des vorzeitigen und möglicherweise längeren Rentenbezugs in der Versorgungsordnung entstandene Lücke an die geänderte Rechtslage anzupassen (vgl. zur Anpassungsbefugnis des Arbeitgebers infolge der [X.] der Versorgungsordnung [X.] 11. September 1980 - 3 [X.] - zu I 2 und zu II 3 c der Gründe; 1. Juni 1978 - 3 [X.] - zu I 2 der Gründe, aaO). Dies ist durch den Aushang vom 10. Dezember 1986 geschehen. Wie sich aus dem Aushang ergibt, sollte durch die Ergänzung der [X.] der in § 6 [X.] geregelte Versorgungsfall ausdrücklich in [X.] Nr. 2 der [X.] aufgenommen werden. Gleichzeitig wurde dadurch die Berechnung der vorgezogen in Anspruch genommenen Altersrente nach § 6 [X.] - einschließlich des Verzichts auf versicherungsmathematische Abschläge in diesen Fällen - in den [X.] geregelt und damit die bis dahin vorhandene Lücke in den [X.] geschlossen. Dem Umstand der verkürzten Betriebszugehörigkeit sowie dem längeren Bezug der Altersrente bei deren vorgezogener Inanspruchnahme nach § 6 [X.] wurde damit nicht durch eine entsprechende Anwendung von § 2 [X.] und Einführung versicherungsmathematischer Abschläge, sondern dadurch abschließend Rechnung getragen, dass die Jahre zwischen dem Ausscheiden des Arbeitnehmers und dem 65. Lebensjahr als anrechnungsfähige Dienstjahre unberücksichtigt bleiben.

c) Da die Altersrente auch bei deren vorgezogener Inanspruchnahme nach [X.] [X.] zu berechnen ist, kann im Rahmen der vorgesehenen Gesamtversorgung lediglich die vom Kläger tatsächlich bezogene, nach den [X.] anrechenbare Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung berücksichtigt werden. Eine Anrechnung der fiktiven Rente, die der Kläger erhielte, wenn er die Rente erst mit Vollendung des 65. Lebensjahres in Anspruch genommen hätte, scheidet aus. Die Berücksichtigung der fiktiven, auf die feste Altersgrenze hochgerechneten Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung kommt nur dann in Betracht, wenn die Versorgungsordnung dies vorsieht oder wenn im Rahmen der Quotierung nach § 2 Abs. 1 [X.] die fiktive Vollrente zu ermitteln ist. Enthält die Versorgungsordnung eine abschließende eigenständige Regelung, die die Anrechnung einer fiktiven, auf die feste Altersgrenze hochgerechneten Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nicht vorsieht und die einer entsprechenden Anwendung des § 2 Abs. 1 [X.] entgegensteht, scheidet eine Hochrechnung der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung auf die fiktive, bei Inanspruchnahme ab der festen Altersgrenze zustehende Rente aus ([X.] 10. Dezember 2013 - 3 [X.] - Rn. 23).

So verhält es sich hier. Weder ist die vorgezogene Altersrente in entsprechender Anwendung von § 2 Abs. 1 [X.] zu ermitteln noch sehen die [X.] die Anrechnung einer fiktiven, auf das 65. Lebensjahr hochgerechneten Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung vor.

2. Danach hat die [X.] dem Erblasser bis zum 31. August 2009 zu Recht eine monatliche Altersrente iHv. 641,67 [X.] gezahlt. Dieser Betrag stand ihm auch über den 31. August 2009 hinaus zu. Die [X.] hat die dem Erblasser zustehende Altersrente mit Schreiben vom 26. März 1987 zutreffend berechnet. Der Erblasser hatte bei Eintritt des [X.] am 1. Mai 1987 gemäß [X.] Nr. 2 Satz 2 [X.] einen Anspruch auf eine Altersrente iHv. (aufgerundet) 1.197,00 DM.

Der Erblasser hat vom 31. August 1951 bis zum 30. April 1987 insgesamt 36 anrechnungsfähige Dienstjahre iSd. [X.] und Satz 2 [X.] bei der [X.]n zurückgelegt. Damit belief sich seine Altersrente nach [X.] Nr. 1 Buchst. a [X.] bei Zugrundelegung eines pensionsfähigen Gehalts iHv. 4.334,00 DM auf 41 % dieses Betrags, mithin auf 1.776,94 DM (15 % für die ersten zehn Jahre, je 1 % für jedes weitere Jahr). Ausgehend von 36 Dienstjahren ergab sich nach [X.] Nr. 2 Buchst. a [X.] eine Gesamtversorgungsobergrenze iHv. 73,25 % (65 % für die ersten 25 Dienstjahre und 0,75 % für jedes weitere Dienstjahr), mithin ein Betrag von 3.174,66 DM (73,25 % von 4.334,00 DM). Bei Eintritt in den Ruhestand am 1. Mai 1987 hat der Erblasser aus der gesetzlichen Rentenversicherung eine Rente iHv. 1.978,00 DM bezogen. Auf die maximale Gesamtversorgung von 3.174,66 DM ist die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung von 1.978,00 DM anzurechnen. Daraus ergibt sich bei Eintritt des [X.] am 1. Mai 1987 eine Altersrente iHv. 1.196,66 DM (aufgerundet 1.197,00 DM).

Diese Altersrente wurde von der [X.]n zum 1. Januar 1990 auf 1.255,00 DM angepasst. Der sich danach ergebende Betrag iHv. 641,67 [X.] stand dem Erblasser auch über den 31. August 2009 hinaus weiterhin zu. Da die [X.] dem Erblasser für die [X.] vom 1. September 2009 bis zum 30. November 2009 nur noch einen Betrag iHv. 535,00 [X.] monatlich gezahlt hat, kann die Klägerin für diese [X.] eine Nachzahlung iHv. insgesamt 320,01 [X.] beanspruchen.

3. Der Zinsanspruch folgt aus § 288 Abs. 1 Satz 2, § 291 BGB.

[X.]. [X.] beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Zwanziger    

        

    Schlewing    

        

    Ahrendt    

        

        

        

    Wischnath    

        

    C. Reiter    

                 

Meta

3 AZR 191/12

11.11.2014

Bundesarbeitsgericht 3. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Köln, 16. September 2010, Az: 6 Ca 11586/09, Urteil

§ 2 Abs 1 BetrAVG, § 6 BetrAVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 11.11.2014, Az. 3 AZR 191/12 (REWIS RS 2014, 1471)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 1471

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

10 BV 43/23

11 TaBV 56/20

11 TaBV 36/18

11 TaBV 44/18

11 Sa 400/15

6 Sa 333/22

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