Bundespatentgericht, Beschluss vom 13.07.2016, Az. 24 W (pat) 84/14

24. Senat | REWIS RS 2016, 8258

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "EURO ADVANCED CARBON FIBER COMPOSITES" – keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2011 003 597.0

hat der 24. Senat ([X.]) des [X.] am 13. Juli 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.], des Richters [X.] sowie der Richterin am Landgericht Lachenmayr-Nikolaou

beschlossen:

Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Anmelderin hat am 21. Januar 2011 beim [X.] ([X.]) beantragt, die Wortfolge

2

[X.] [X.] [X.]

3

für die nachgenannten Waren und Dienstleistungen der Klassen 12, 17, 37, 40 und 42 in das beim [X.] geführte Markenregister einzutragen,

4

Klasse 12: Fahrzeuge; Apparate zur Beförderung auf dem Lande, in der Luft oder auf dem Wasser;

5

Klasse 17: Waren aus Kohlenstoff, aus mit Kohlenstofffasern verstärktem Kohlenstoff, aus mit Kohlenstofffasern verstärktem Kunststoff, aus mit Kunststoff gebundenem Kohlenstoff, graphitische Formen des Kohlenstoffs jeweils eingeschlossen;

6

Klasse 37: Reparaturwesen;

7

Klasse 40: Materialbearbeitung;

8

Klasse 42: Dienstleistungen eines Ingenieurs, Erstellung von Gutachten.

9

Die Markenstelle für Klasse 42 des [X.] hat die Anmeldung durch Beschlüsse vom 12. Oktober 2011 und – im Erinnerungsverfahren – vom 19. August 2014 zurückgewiesen. Zur Begründung des [X.] hat sie ausgeführt, dass das angesprochene Publikum die angemeldete Wortfolge in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht als betrieblichen Herkunftshinweis, sondern als bloße Sachangabe in der Bedeutung „[X.], hochentwickelte Kohlenstofffaser-Verbundwerkstoffe“ verstehe. Das Zeichen stelle eine [X.] gebildete Wortkombination dar, die in der Gesamtheit weder sprachlich noch inhaltlich über die Summe ihrer Bestandteile hinausgehe. Auch dass sich aus der Wortfolge nicht ohne weiteres ergebe, inwiefern die Komponenten „advanced / hochentwickelt“ seien und welche konkrete Bewandtnis der Wortbestandteil „[X.]“ habe, stehe dem Verständnis als Sachangabe nicht entgegen, da Verbraucherinformationen regelmäßig in kurzer und eingängiger Form gefasst seien.

Dagegen wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde, zu deren Begründung sie auf ihr Vorbringen im Amtsverfahren Bezug genommen hat.

Sie beantragt sinngemäß,

die angegriffenen Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 42 des [X.]s aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Eingaben der Anmelderin und den übrigen Akteninhalt verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg, da der beantragten Eintragung der angemeldeten Wortfolge jedenfalls das Eintragungshindernis fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] entgegensteht. Die Markenstelle hat die Anmeldung daher zu Recht zurückgewiesen (vgl. § 37 Abs. 1 [X.]).

Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. [X.] GRUR 2004, 428, [X.]. 30, 31 - [X.]; [X.], 850, [X.]. 17 - [X.]). Auch das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft ist im Lichte des Allgemeininteresses auszulegen, wobei dieses darin besteht, die Allgemeinheit vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen zu bewahren (vgl. [X.] GRUR 2003, 604, 608 [[X.]. 60] - [X.]; [X.] 2014, 565, [X.]. 17 - smartbook). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. [X.], 850, [X.]. 19 - [X.]; [X.] GRUR 2004, 674, [X.]. 86 - Postkantoor).

Ausgehend von den vorgenannten Grundsätzen weist die angemeldete Wortkombination „[X.] [X.] [X.]“ in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen keine Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] auf, weil das Zeichen von den angesprochenen Verkehrskreisen, nämlich gewerblichen Kunden und - in Bezug auf „Fahrzeuge; Apparate zur Beförderung auf dem Lande, in der Luft oder auf dem Wasser“ - regelmäßig gut unterrichteten und aufnahmebereiten Endverbrauchern, als bloße Sachangabe in Bezug auf Merkmale der beanspruchten Waren der Klassen 12 und 17 und Dienstleistungen der Klassen 37, 40 und 42 aufgefasst wird.

Wie bereits die Markenstelle im Einzelnen ausgeführt hat (vgl. insbesondere den Beschluss vom 12. Oktober 2011, S. 3 f.), ist die angemeldete englischsprachige Wortfolge aus einfachen und für inländische Verkehrskreise ohne weiteres verständlichen Wortbestandteilen, die [X.] verbunden sind, gebildet. Die Markenstelle ist daher jedenfalls mit Rücksicht auf die Durchsetzung englischsprachiger Sachangaben gerade im Bereich neuer Technologien zutreffend davon ausgegangen, dass die genannten inländischen Verkehrskreise der angemeldeten Wortfolge zum Anmeldezeitpunkt unmittelbar und ohne analysierende Betrachtung die Bedeutung „[X.], hochentwickelte Kohlenstofffaser-Verbundwerkstoffe“ entnehmen konnten. Die [X.] „[X.] [X.]“ entsprechen sogar einer zum Anmeldezeitpunkt verfestigten Begriffsbildung (vgl. die Anlagen 1 – 3 zum gerichtlichen Hinweis vom 19. Mai 2016). Dabei dienen die beiden Attribute „[X.]“ und „[X.]“ der näheren sachlichen Einordnung der substantivischen Kernbegriffe „[X.] [X.]“ dahin, dass es sich in qualitativer Hinsicht um „advanced / hochentwickelte“ Stoffe handelt, die einen spezifischen Bezug zu [X.] aufweisen, sei es, dass die Stoffe dort entwickelt und/oder hergestellt werden oder ggf. bereichsbezogenen [X.] Standards oder Empfehlungen entsprechen. Dass einem Zeichen verschiedene Aussagen mit jeweils sachbezogenem Bedeutungsgehalt zugeordnet werden können, verleiht ihm keine Unterscheidungskraft (vgl. [X.], [X.], 569, Rn. 24 - [X.]). Erst recht gilt dies in Bezug auf ein im Gesamtzusammenhang des Zeichens lediglich erläuterndes Zeichenelement wie „[X.]“. Die angemeldete Wortfolge erschöpft sich somit in Bezug auf die beanspruchten Waren der Klassen 12 und 17 sowie die Dienstleistungen der Klassen 37, 40 und 42 für die angesprochenen Verkehrskreise in einem Sachhinweis auf die Art bzw. die Beschaffenheit der Waren bzw. auf den Gegenstand der beanspruchten Dienstleistungen. Von einem Verständnis des Zeichens als betrieblicher Herkunftshinweis kann nach alledem nicht ausgegangen werden; ihm fehlt daher jegliche Unterscheidungskraft.

Ob zudem auch das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] der Eintragung der angemeldeten Wortfolge entgegensteht, kann dahin gestellt bleiben.

Über die Beschwerde konnte im schriftlichen Verfahren entschieden werden. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung war weder beantragt, vgl. § 69 Nr. 1 [X.], noch aus Gründen der Sachdienlichkeit veranlasst, vgl. § 69 Nr. 3 [X.].

Meta

24 W (pat) 84/14

13.07.2016

Bundespatentgericht 24. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 13.07.2016, Az. 24 W (pat) 84/14 (REWIS RS 2016, 8258)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 8258

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28 W (pat) 556/22

28 W (pat) 569/19

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