Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19.11.2014, Az. XII ZB 478/13

12. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 1238

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Gegenstand

Trennungsunterhalt: Nachforderung "vergessenen" Altersvorsorgeunterhalts


Leitsatz

Zur Nachforderung "vergessenen" Altersvorsorgeunterhalts (Fortführung von Senatsurteil vom 3. April 1985, IVb ZR 19/84, BGHZ 94, 145 = FamRZ 1985, 690).

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 13. Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 19. Juli 2013 wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Gründe

I.

1

Die Beteiligten sind rechtskräftig geschiedene Eheleute. Sie streiten um [X.] für einen Teil der Trennungszeit.

2

Die Beteiligten lebten seit 1999 getrennt; ihr Scheidungsverfahren war seit dem Jahr 2001 rechtshängig. Mit Schreiben vom 2. Juni 2009 forderte die Antragstellerin den Antragsgegner zur Auskunft über seine Einkünfte aus allen Einkommensarten auf. In einem anschließenden [X.]verfahren wurde der Antragsgegner durch Beschluss des Amtsgerichts vom 7. Dezember 2010 verpflichtet, für die [X.] ab Dezember 2010 einen laufenden Trennungsunterhalt in Höhe von monatlich 2.074,19 € und für den [X.]raum von Juni 2009 bis November 2010 einen Unterhaltsrückstand in Höhe von insgesamt 9.725,58 € zu zahlen. Die Unterhaltsbemessung in diesem Verfahren beruhte auf einer konkreten Bedarfsermittlung. Dieser lagen die von der Antragstellerin geltend gemachten Aufwendungen für Lebensmittel, Bekleidung, Urlaub, Halten eines Kraftfahrzeuges, Nebenkosten eines mietfrei von ihr bewohnten gemeinsamen Einfamilienhauses, Gesundheitspflege (Arztbesuche, Arzneimittel, Körperpflege), Medien ([X.]schriften, Bücher, Kabelfernsehen, Rundfunkgebühren), Telefon, Kontoführungsgebühren und Geschenke zugrunde.

3

Mit einem am 9. Dezember 2011 zugestellten Abänderungsantrag verlangte die Antragstellerin unter Hinweis darauf, dass sie nach dem Auszug aus dem ehemaligen Familienheim durch die Anmietung einer Mietwohnung höhere Wohnkosten habe, eine Erhöhung des laufenden [X.] von monatlich 2.047,19 € auf zuletzt monatlich 2.547,75 €. Auf diesen Antrag wurde der Antragsgegner im schriftlichen Verfahren mit Schriftsatzfrist bis zum 26. April 2012 durch Beschluss des Amtsgerichts vom 8. Mai 2012 unter Abänderung des Ausgangsbeschlusses dazu verpflichtet, für die [X.] ab dem 9. Dezember 2011 an die Antragstellerin einen erhöhten monatlichen Trennungsunterhalt in Höhe von 2.295,46 € zu zahlen; die von beiden Eheleuten gegen die [X.] eingelegten wechselseitigen Beschwerden wurden am 23. November 2012 zurückgenommen. Die Scheidung der Beteiligten ist seit dem 6. September 2013 rechtskräftig.

4

Im vorliegenden Verfahren hat die Antragstellerin mit einem am 5. September 2012 zugestellten [X.] begehrt, ihr für den [X.]raum ab dem 1. Juni 2009 über den bereits titulierten Trennungsunterhalt hinaus einen rückständigen und laufenden [X.] in wechselnder monatlicher Höhe zwischen 669,69 € und 746,21 € zuzusprechen. Das Amtsgericht hat diesem Antrag teilweise entsprochen und den Antragsgegner unter Zurückweisung des weitergehenden Antrages verpflichtet, seit dem 1. Juli 2011 über den in der Entscheidung vom 7. Dezember 2010 und in der [X.] vom 8. Mai 2012 festgesetzten "[X.]" hinaus einen [X.] in unterschiedlicher monatlicher Höhe zwischen 569,61 € und 629,90 € zu zahlen. Gegen diese Entscheidung haben die beiden Beteiligten Beschwerde eingelegt. Während die Beschwerde der Antragstellerin erfolglos geblieben ist, hat das Beschwerdegericht die angefochtene Entscheidung des Amtsgerichts auf das Rechtsmittel des Antragsgegners geändert und den Antrag insgesamt als unzulässig zurückgewiesen.

5

Dagegen wendet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der Antragstellerin, mit der sie ihre Anträge auf Zahlung von [X.] seit Juni 2009 weiterverfolgt.

II.

6

Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

7

1. Das Beschwerdegericht, dessen Entscheidung in juris veröffentlicht ist, hat seine Entscheidung damit begründet, dass die Antragstellerin aus verfahrensrechtlichen Gründen daran gehindert sei, [X.] isoliert geltend zu machen. Hierzu hat es das Folgende ausgeführt:

8

Zwar entfalle bei der konkreten Bedarfsberechnung die zweistufige Berechnung von Elementar- und [X.], so dass über diese Ansprüche im Falle ihrer gemeinsamen Anhängigkeit per [X.] entschieden werden könne. Die Möglichkeit einer Entscheidung durch [X.] eröffne dem Unterhaltsberechtigten aber nicht in jedem Fall die Geltendmachung des [X.]s im Wege des [X.]. Wenn im Vorverfahren Unterhalt ohne nähere Aufschlüsselung in Elementar- und [X.] geltend gemacht werde, könne [X.] mit einem isolierten [X.] grundsätzlich nur noch dann nachträglich geltend gemacht werden, wenn sich der Unterhaltsberechtigte zumindest erkennbar eine Nachforderung vorbehalten habe.

9

Auch bei einem konkret berechneten Unterhaltsbedarf müsse sich ein Unterhaltsschuldner nicht generell darauf einrichten, dass noch [X.] geltend gemacht werde. Einen Vorbehalt bezüglich einer weiteren Nachforderung habe die Antragstellerin im Ausgangsverfahren nie ausdrücklich erklärt. Zwar habe der von der Antragstellerin konkret geltend gemachte Bedarf keinerlei Positionen enthalten, die dem Bereich der Altersvorsorge zugerechnet werden könnten. Ohne weitere Anzeichen müsse der Unterhaltsschuldner aber selbst dann noch nicht damit rechnen, dass noch [X.] geltend gemacht werden würde. Gerade bei guten Einkommensverhältnissen könne bereits ein zur Versorgung im Alter geeignetes Vermögen auf Seiten des Unterhaltsberechtigten vorhanden sein. Die Antragstellerin sei Miteigentümerin eines Grundstücks gewesen und es habe angesichts der wirtschaftlichen Verhältnisse der Beteiligten nahegelegen, dass sie ihren Miteigentumsanteil - wie später auch geschehen - gegen Zahlung eines angemessenen Kapitalbetrags als Wertausgleich auf den Antragsgegner übertragen würde. Es sei auch denkbar, dass der Unterhaltsberechtigte beabsichtigt habe, durch ein im Wege des Zugewinnausgleichs zugeflossenes Vermögen Altersvorsorge zu betreiben und deshalb keinen gesonderten [X.] geltend gemacht habe. Hier habe die Antragstellerin im Scheidungsverfahren in der [X.] Zugewinnausgleich von dem Antragsgegner die Zahlung eines erststelligen [X.] in Höhe von 1.000.000 € verlangt. Die Antragstellerin habe auch sonst nicht erkennen lassen, dass sie beim Trennungsunterhalt zunächst nur einen Elementarunterhalt geltend gemacht habe. Auch im Scheidungsverfahren habe sie ihren nachehelichen Unterhaltsanspruch zunächst nur nach einem konkret ermittelten (Elementar-) Bedarf berechnet und erst fast drei Jahre nach Anhängigkeit der [X.] Unterhalt zeitgleich mit dem Antrag im vorliegenden Verfahren zusätzlichen [X.] verlangt.

Aus dem verzugsbegründenden Schreiben vom 2. Juni 2009 könne die Antragstellerin nichts herleiten. Allein die Schaffung der Voraussetzungen, um Unterhalt für die Vergangenheit fordern zu können, bedeute noch nicht, dass sich der Unterhaltsschuldner deshalb auf eine Geltendmachung von [X.] auf unabsehbare [X.] einrichten müsste. Die Antragstellerin habe die Möglichkeit gehabt, [X.] im Wege eines Abänderungsverfahrens geltend zu machen, wobei dann, wenn die Voraussetzungen für einen zulässigen Abänderungsantrag gegeben seien, auch [X.] erstmals geltend gemacht werden könne. Dies hätte die Antragstellerin zum Anlass nehmen müssen, in dem am 9. Dezember 2011 rechtshängig gewordenen Abänderungsverfahren einen weiteren Unterhalt in Form des [X.]s geltend zu machen. Dies sei aber in dem Abänderungsverfahren nicht geschehen, welches bis zum rechtskräftigen Abschluss in der Beschwerdeinstanz nur den Elementarunterhalt zum Gegenstand gehabt habe. Die Rechtskraft des zwischenzeitlich durchgeführten Abänderungsverfahrens habe damit zur Konsequenz, dass der im Weg des [X.]s verfolgte Anspruch der Antragstellerin auf [X.] als unzulässig zurückzuweisen sei.

Gegen diese Ausführungen wendet sich die Rechtsbeschwerde ohne Erfolg.

2. Mit Recht hat das Beschwerdegericht erkannt, dass der Zulässigkeit des von der Antragstellerin angebrachten [X.]s die Rechtskraft der in den [X.]verfahren ergangenen Entscheidungen entgegensteht.

a) In der zivilprozessualen Rechtsprechung des [X.] ist seit jeher anerkannt, dass sich das Problem der sogenannten verdeckten Teilklage nicht stellen kann, wenn in einem Vorprozess wiederkehrende Leistungen im Sinne von § 258 ZPO zuerkannt worden sind. Hat die im Vorprozess obsiegende Partei in diesem Verfahren nur scheinbar die volle Leistung geltend gemacht, kann sie im folgenden Prozess um eine Zusatz- oder Nachforderungsklage dem Einwand entgegenstehender Rechtskraft nicht mit dem Argument begegnen, dass sich die Rechtskraft der im Vorprozess erstrittenen Entscheidung von vornherein nur auf den dort eingeklagten Betrag beschränke. Dies beruht auf der Regelung des § 323 ZPO. Nach deren Sinn und Zweck ist nach rechtskräftiger Verurteilung zu wiederkehrenden, sich aus einem bestimmten Rechtsverhältnis ergebenden Leistungen eine Klage auf zusätzliche Leistungen nur unter den Voraussetzungen und im Umfang des § 323 ZPO zulässig. Außerhalb des Anwendungsbereichs von § 323 ZPO ist eine isolierte Zusatz- oder Nachforderungsklage nur in den Ausnahmefällen zulässig, in denen in dem Vorprozess die aus dem bestimmten Rechtsverhältnis fließenden wiederkehrenden Leistungen nur teilweise eingeklagt waren. Eine solche Teilklage im Vorprozess ist jedoch nur dann anzunehmen, wenn dort ausdrücklich erklärt oder aus den Umständen eindeutig zu entnehmen war, dass die in bestimmter Höhe begehrten wiederkehrenden Leistungen nur einen Teil einer an sich höheren Forderung darstellen ([X.] Urteil vom 10. Juli 1986 - [X.] - NJW 1986, 3142 f. und grundlegend [X.]Z 34, 110, 113 ff. = NJW 1961, 871, 872 f.).

b) In Anwendung dieser Grundsätze hat der [X.] in ständiger Rechtsprechung erkannt, dass ein Leistungsantrag auf Unterhalt nur dann zulässig ist, wenn kein Abänderungsantrag zu erheben ist. Die Forderung eines zusätzlichen Unterhalts im Wege des Zusatz- oder [X.]es ist folglich nur dann möglich, wenn sich der schon vorliegende Unterhaltstitel eindeutig nur auf einen Teilbetrag des geschuldeten Unterhalts beschränkt ([X.]surteile [X.]Z 94, 145, 146 ff. = [X.], 690 f. und vom 3. Dezember 2008 - [X.]/06 - [X.], 314 Rn. 13). Wie der [X.] in diesem Zusammenhang wiederholt entschieden hat, ist im Unterhaltsrecht im Zweifel davon auszugehen, dass Unterhalt in voller Höhe geltend gemacht wird, so dass die Vermutung gegen das Vorliegen eines [X.] spricht. Für die Annahme eines [X.] ist daher zu fordern, dass der Unterhaltsberechtigte im Erstverfahren entweder ausdrücklich einen Unterhaltsteilanspruch geltend gemacht oder sich wenigstens erkennbar eine Nachforderung von Unterhalt vorbehalten hat ([X.]surteile [X.]Z 94, 145, 147 = [X.], 690, 691; vom 13. Dezember 1989 - [X.] - FamRZ 1990, 863, 864; vom 27. November 2002 - [X.]/00 - FamRZ 2003, 444 f. und vom 3. Dezember 2008 - [X.]/06 - [X.], 314 Rn. 13).

Hinsichtlich des Anspruchs auf [X.] gelten in dieser Hinsicht keine grundlegenden Besonderheiten. Der nach § 1361 Abs. 1 Satz 2 BGB bzw. nach § 1578 Abs. 3 BGB geschuldete [X.] ist dazu bestimmt, als Teil des einheitlichen, den gesamten Lebensbedarf des Berechtigten umfassenden Unterhaltsanspruchs den Aufbau einer Altersvorsorge zu ermöglichen. Ob der Unterhaltsberechtigte neben seinem laufenden Elementarunterhalt auch [X.] geltend machen will, steht in seinem freien Belieben. Hat der Unterhaltsberechtigte im Erstverfahren lediglich Elementarunterhalt geltend gemacht, hängt die Zulässigkeit einer Nachforderung von [X.] im Wege eines neuen Leistungsantrags davon ab, ob sich der Berechtigte diese Nachforderung im Erstverfahren vorbehalten hat ([X.]surteil [X.]Z 94, 145, 147 f. = [X.], 690, 691).

c) Ob im Erstverfahren ein Nachforderungsvorbehalt erklärt worden ist oder ob aus den Umständen eindeutig entnommen werden kann, dass sich der Anspruchsteller im Erstverfahren die Geltendmachung weiterer Unterhaltsansprüche vorbehalten wollte, unterliegt der selbständigen und unbeschränkten Überprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht (vgl. [X.]surteil vom 15. Juni 1994 - [X.] - FamRZ 1994, 1095, 1096; [X.] Urteil vom 20. November 1997 - [X.] - NJW 1998, 995). Der [X.] teilt im vorliegenden Fall das vom Beschwerdegericht gefundene Auslegungsergebnis.

aa) Die Antragstellerin hat sich im Erstverfahren zum Trennungsunterhalt die Nachforderung von [X.] nicht ausdrücklich vorbehalten, was auch die Rechtsbeschwerde nicht in Abrede stellt. Die Rechtsbeschwerde zeigt auch - über den Umstand der [X.] von solchen, der Vermögensbildung dienenden Bedarfspositionen im Erstverfahren hinaus - keine weiteren Gesichtspunkte auf, die den Schluss rechtfertigen könnten, dass sich die Antragstellerin die Nachforderung von [X.] vorbehalten haben könnte. Die bloße [X.] von [X.] im Erstverfahren kann aber für sich genommen noch nicht die Annahme eines [X.] begründen.

bb) In den Fällen der zweistufigen Unterhaltsberechnung nach einer Einkommensquote ergibt sich dies bereits daraus, dass die Forderung von [X.] zur Wahrung des Halbteilungsgrundsatzes zwangsläufig zu einer Verkürzung des laufenden [X.] führt. Daher kann in diesen Fällen ein naheliegendes Motiv für die unterlassene Geltendmachung von [X.] in der fehlenden Bereitschaft des Berechtigten liegen, sich auf den mit dem Aufbau eines Altersvorsorgevermögens einhergehenden Konsumverzicht einzulassen. Schon dieser Gedanke schließt die Annahme eines [X.] regelmäßig aus ([X.]surteil [X.]Z 94, 145, 148 = [X.], 690, 691).

cc) Aber auch in den Anwendungsfällen der einstufigen Unterhaltsberechnung (etwa bei der Geltendmachung eines konkreten Unterhaltsbedarfs oder bei einer am Nachteilsausgleich orientierten Unterhaltsbemessung), in denen der Unterhaltspflichtige [X.] ohne Verletzung des Halbteilungsgrundsatzes neben dem vollen ungekürzten Elementarunterhalt leisten kann, können allein aus der unterbliebenen Geltendmachung von [X.] für sich genommen keine genügenden Anhaltspunkte für einen Nachforderungsvorbehalt gewonnen werden.

Denn die unterlassene Geltendmachung von [X.] kann auch dadurch begründet sein, dass sich der Unterhaltsberechtigte im Erstverfahren überhaupt nicht bewusst war, ohne Kürzung des [X.] auch [X.] verlangen zu können. Auch dann kann ein Nachforderungsvorbehalt nicht bejaht werden, weil aus Sicht des Unterhaltsberechtigten nämlich der gesamte von ihm erstrebte Unterhalt geltend gemacht worden ist, während die Annahme eines [X.] gerade voraussetzt, dass sich dieser des Bestehens einer weiteren Forderung bewusst war (vgl. [X.]surteil [X.]Z 94, 145, 148 = [X.], 690, 691 und [X.]sbeschluss vom 7. November 2012 - [X.] 229/11 - FamRZ 2013, 109 Rn. 46).

Selbst wenn das Bewusstsein für die Geltendmachung von [X.] beim Unterhaltsberechtigten vorhanden gewesen sein sollte, sind bei der einstufigen Unterhaltsberechnung - abhängig von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls - durchaus wirtschaftliche Opportunitätsgründe für die unterlassene Geltendmachung von [X.] denkbar. Bei einer zeitlich absehbar begrenzten Unterhaltspflicht - etwa wegen einer beabsichtigten Wiederverheiratung des Unterhaltsberechtigten - kann die Beschränkung auf den Elementarunterhalt dadurch veranlasst sein, dass die zusätzliche Geltendmachung von [X.] nur zum Aufbau einer Bagatellversorgung führen würde, die für den Unterhaltsberechtigten von geringem Interesse ist. Bei überdurchschnittlich günstigen wirtschaftlichen Verhältnissen kann - wie das Beschwerdegericht zutreffend ausführt - ein mögliches Motiv für die Beschränkung auf den Elementarunterhalt auch darin gesehen werden, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte aus der [X.] und güterrechtlichen Auseinandersetzung der Eheleute den Zuwachs eines erheblichen Kapitalvermögens erwartet, mit dem er sich für das Alter ausreichend versorgt sieht und der deshalb die gesonderte Geltendmachung eines Altersvorsorgebedarfs bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise entbehrlich erscheinen lässt (zur Auswirkung von Kapitaleinkünften auf den Altersvorsorgebedarf vgl. [X.]surteil vom 18. Dezember 1991 - [X.] - FamRZ 1992, 423, 425).

d) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde steht diesem Ergebnis auch die Rechtsprechung des [X.]s zu §§ 1360 a Abs. 3, 1613 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht entgegen. Der [X.] hat ausgesprochen, dass es wegen der Einheitlichkeit von Elementar- und [X.] für eine Inanspruchnahme des Unterhaltspflichtigen für die Vergangenheit ausreicht, wenn von diesem Auskunft mit dem Ziel der Geltendmachung eines Unterhaltsanspruchs begehrt worden ist; eines gesonderten Hinweises, es werde auch [X.] verlangt, bedarf es nicht (vgl. [X.]surteil vom 22. November 2006 - [X.] - FamRZ 2007, 193 Rn. 43 f.). Diese Ausführungen beziehen sich aber - wie das Beschwerdegericht zutreffend erkannt hat - allein auf die Schaffung der materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Geltendmachung von [X.] für die Vergangenheit. Ihnen lässt sich nichts für die Beurteilung der hier maßgeblichen Frage entnehmen, ob es dem Unterhaltsberechtigten angesichts eines bestehenden rechtskräftigen [X.] aus verfahrensrechtlichen Gründen verwehrt ist, die zusätzliche Leistung von [X.] im Rahmen eines weiteren Leistungsantrages nachzufordern (vgl. auch [X.]sbeschluss vom 7. November 2012 - [X.] 229/11 - FamRZ 2013, 109 Rn. 46).

3. Es kommt auch nicht in Betracht, den als [X.] unzulässigen Antrag der Antragstellerin entsprechend § 140 BGB in einen Abänderungsantrag (§ 238 FamFG) umzudeuten.

a) Hat sich der Unterhaltsberechtigte im Erstverfahren die Nachforderung von [X.] nicht vorbehalten und damit aus Sicht des Gerichts und des [X.] den gesamten Unterhaltsanspruch zum Gegenstand des Verfahrens gemacht, kann er eine Erhöhung des im Erstverfahren titulierten Unterhalts wegen des nicht geltend gemachten [X.]s allerdings noch mit einem Abänderungsantrag erreichen. Haben dabei - wie hier - die Voraussetzungen des § 1361 Abs. 1 Satz 2 BGB (oder des § 1578 Abs. 3 BGB) bereits im Erstverfahren vorgelegen, kann eine wesentliche Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse (§ 238 Abs. 1 Satz 2 FamFG) nicht allein mit dem nachträglich gefassten Entschluss begründet werden, nunmehr auch einen - im Erstverfahren möglicherweise "vergessenen" - Altersvorsorgebedarf nachträglich geltend machen zu wollen. Erst wenn eine Anpassung des bestehenden [X.] dadurch eröffnet wird, dass sich die für die Unterhaltsbemessung in der Erstentscheidung maßgeblichen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse wesentlich geändert haben, kann auch [X.] verlangt werden ([X.]surteil [X.]Z 94, 145, 149 = [X.], 690, 691; [X.]/[X.] Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 10 Rn. 168).

b) Die Umdeutung eines unzulässigen [X.]s in einen (zulässigen) Abänderungsantrag ist zwar grundsätzlich möglich, wenn die Antragsbegründung die abzuändernde Endentscheidung bezeichnet und im Übrigen den Anforderungen des § 238 Abs. 1 Satz 2 FamFG genügt (vgl. [X.] Urteil vom 2. Juli 2004 - [X.]/03 - FamRZ 2004, 1712, 1713). Unter den hier obwaltenden Umständen scheidet eine Umdeutung aber aus, weil der Antrag der Antragstellerin auch als Abänderungsantrag aus mehreren Gründen unzulässig wäre.

aa) Ändern sich nach Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz oder nach dem ihm im schriftlichen Verfahren gleichstehenden [X.]punkt (§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG iVm § 128 Abs. 2 Satz 2 ZPO) die der erstinstanzlichen (Abänderungs-) Entscheidung zugrunde gelegten Verhältnisse, kann der durch diese Entwicklung begünstigte Beteiligte nach seiner Wahl entweder Beschwerde einlegen oder einen (neuen) Abänderungsantrag stellen (vgl. [X.]/[X.] FamFG 18. Aufl. § 238 Rn. 47; [X.]/[X.] Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 10 Rn. 171; Prütting/[X.]/[X.] FamFG 3. Aufl. § 238 Rn. 34).

Im vorliegenden Fall könnte der Antrag der Antragstellerin als neuer Abänderungsantrag nur dann die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 238 Abs. 1 Satz 2 FamFG erfüllen, wenn mit dem Antrag (auch) geltend gemacht worden wäre, dass sich die für die Unterhaltsbemessung maßgeblichen tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse seit dem Ablauf der Schriftsatzfrist im erstinstanzlichen Abänderungsverfahren (26. April 2012) wesentlich geändert hätten. Ein solches Vorbringen ist weder der Antragsbegründung noch dem sonstigen Vortrag der Antragstellerin zu entnehmen; ihr Antrag stützt sich allein auf die nachträgliche Geltendmachung von [X.].

bb) Darüber hinaus hatte die Antragstellerin ihr Wahlrecht, gegen den erstinstanzlichen Abänderungsbeschluss vom 8. Mai 2012 entweder Rechtsmittel einzulegen oder neuerlichen Abänderungsantrag zu erheben, bereits verloren, nachdem die erstinstanzliche Entscheidung von dem Antragsgegner (und auch von der Antragstellerin selbst) mit der Beschwerde angegriffen worden war. Im [X.]punkt seiner Anbringung bei Gericht im Juli 2012 wäre der Antrag der Antragstellerin somit als (neuer) Abänderungsantrag auch deshalb offenkundig unzulässig gewesen, weil ihm als Verfahrenshindernis die anderweitige Rechtshängigkeit (§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG iVm § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) des bis zur Rücknahme der Beschwerden im November 2012 noch in der Beschwerdeinstanz anhängigen Abänderungsverfahrens entgegenstand.

Dose                                Schilling                                Günter

             Nedden-Boeger                              Botur

Meta

XII ZB 478/13

19.11.2014

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend KG Berlin, 19. Juli 2013, Az: 13 UF 56/13, Beschluss

§ 1361 BGB, § 238 FamFG, § 323 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19.11.2014, Az. XII ZB 478/13 (REWIS RS 2014, 1238)

Papier­fundstellen: NJW 2015, 334 REWIS RS 2014, 1238

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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