Bundesgerichtshof, Urteil vom 13.11.2013, Az. VIII ZR 413/12

8. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 1214

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Gegenstand

Unzulässigkeit einer Zustimmungsklage zur Wohnraummieterhöhung


Leitsatz

Die Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung ist unzulässig, wenn ihr kein wirksames Mieterhöhungsverlangen vorausgegangen ist.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten werden das Urteil der 7. Zivilkammer des [X.] vom 11. Dezember 2012 aufgehoben und das Urteil des [X.] vom 8. August 2012 abgeändert.

Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit eines Mieterhöhungsverlangens.

2

Die Klägerin ist Vermieterin, die Beklagte Mieterin einer in [X.]     belegenen Wohnung. Die monatliche Grundmiete beträgt seit Mietbeginn im Juni 2000 unverändert 271,50 €. Mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 19. Dezember 2011 wurde die Beklagte aufgefordert, mit Wirkung ab 1. März 2012 eine monatliche Kaltmiete von nunmehr 324,50 € zu zahlen. Zur Begründung wurde auf den beigefügten Mietspiegel der [X.] unter Berücksichtigung eines Abzugs von 30 % Bezug genommen.

3

Das Amtsgericht hat durch Zwischenurteil die Zulässigkeit der Klage bejaht. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das [X.] zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

4

Die Revision hat Erfolg.

I.

5

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

6

Das Mieterhöhungsverlangen sei formell wirksam; die Bezugnahme auf den [X.] unter Abzug von 30 % hinsichtlich einer Wohnung in [X.]       werde den nicht zu hoch anzusetzenden Anforderungen an die Begründung des Mieterhöhungsverlangens gerecht. Die Aufzählung in § 558a Abs. 2 BGB sei nicht abschließend. Zugelassen seien alle Begründungsmöglichkeiten, wenn sie nur geeignet seien, dem Mieter die für seine Entschließung erforderlichen Informationen zu geben.

7

Es könne dahinstehen, ob die Anwendung des [X.]s unter Abzug von 30 % auf § 558a Abs. 1 BGB als sonstiges Begründungsmittel gestützt werde oder ob § 558a Abs. 4 BGB heranzuziehen sei und die Vergleichbarkeit der Gemeinden über den Abschlag erreicht werde. Die Heranziehung des [X.]s sei für das von der [X.] Stadtgrenze etwa fünf Kilometer entfernte [X.]       unter Vornahme eines Abzugs von 30 % nicht offensichtlich unbegründet, da vom Stadtgebiet unterschiedliche Gemeindeteile umfasst seien.

II.

8

Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

9

Die Klage auf Zustimmung zu der begehrten Mieterhöhung ist unzulässig, weil ihr kein wirksames Erhöhungsverlangen vorausgegangen ist. Das Mieterhöhungsverlangen der Klägerin vom 19. Dezember 2011 ist mangels einer den formellen Anforderungen des § 558a Abs. 1, 2, 4 BGB genügenden Begründung unwirksam. Denn der darin herangezogene Mietspiegel von [X.] ist auch unter Berücksichtigung des vorgenommenen Abschlags von 30 % nicht zur Begründung eines Mieterhöhungsverlangens für die in der Gemeinde [X.]      belegene Wohnung der Beklagten geeignet.

Gemäß § 558a Abs. 1 BGB ist das Erhöhungsverlangen dem Mieter zu erklären und zu begründen. Die Begründung soll dem Mieter die Möglichkeit geben, die sachliche Berechtigung des Erhöhungsverlangens zu überprüfen, um überflüssige Prozesse zu vermeiden ([X.]surteil vom 12. Juli 2006 - [X.], [X.], 569 unter [X.]). Hierfür ist erforderlich, dass die Begründung dem Mieter konkrete Hinweise auf die sachliche Berechtigung des Erhöhungsverlangens gibt, damit er während der Überlegungsfrist die Berechtigung der Mieterhöhung überprüfen und sich darüber schlüssig werden kann, ob er dem Erhöhungsverlangen zustimmt oder nicht. Dabei dürfen an das Begründungserfordernis im Hinblick auf das Grundrecht des Vermieters aus Art. 14 GG zwar keine überhöhten Anforderungen gestellt werden (vgl. insoweit [X.] 49, 244, 249 f.; [X.]surteil vom 12. November 2003 - [X.], NJW 2004, 1379 unter [X.] b - noch zu § 2 Abs. 2 MHG). Allerdings muss das Erhöhungsverlangen - in formeller Hinsicht - Angaben über die Tatsachen enthalten, aus denen der Vermieter die Berechtigung der geforderten Mieterhöhung herleitet, und zwar in dem Umfang, wie der Mieter solche Angaben benötigt, um der Berechtigung des Erhöhungsverlangens nachgehen und diese zumindest ansatzweise überprüfen zu können ([X.]surteil vom 12. Dezember 2007 - [X.], [X.], 573 Rn. 12 mwN). Das ist hier nicht der Fall.

Zwar stellt das Berufungsgericht noch zutreffend darauf ab, dass § 558a Abs. 2 BGB mit den vier dort aufgeführten [X.] keine abschließende Regelung enthält und unter den in § 558a Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4 Satz 2 BGB genannten Voraussetzungen auch der Mietspiegel einer vergleichbaren Gemeinde zur Begründung herangezogen werden kann, wenn kein Mietspiegel vorhanden ist (vgl. [X.]surteil vom 16. Juni 2010 - [X.], NJW 2010, 2946 Rn. 7). Die Gemeinde [X.]        mit etwa 4.450 Einwohnern ist jedoch mit der Großstadt [X.] mit rund 500.000 Einwohnern nicht vergleichbar. Dass in ruhigeren Randgebieten [X.]s die Wohnqualität mit derjenigen der nahe gelegenen Gemeinde [X.]       vergleichbar sein mag, ist für die Vergleichbarkeit beider Gemeinden unerheblich. Denn über die dort ortsübliche Miete gibt der für das gesamte Stadtgebiet [X.]s erstellte Mietspiegel keine Auskünfte (vgl. [X.], 205).

Die fehlende Vergleichbarkeit der Gemeinde [X.]      mit der Stadt [X.] kann entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht durch einen prozentualen Abschlag auf die [X.] Mieten ersetzt werden. Gemäß § 558a Abs. 4 BGB ist der Mietspiegel einer anderen Gemeinde nur unter der Voraussetzung ein taugliches Mittel zur Begründung des Mieterhöhungsverlangens, dass es sich um einen Mietspiegel einer vergleichbaren Gemeinde handelt.

III.

Hiernach kann das Urteil des Berufungsgerichts keinen Bestand haben; es ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der [X.] entscheidet in der Sache selbst, da es keiner weiteren Feststellungen bedarf (§ 563 Abs. 3 ZPO). Dies führt zur Abänderung des erstinstanzlichen Urteils und zur Abweisung der Klage als unzulässig. Denn die Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung ist unzulässig, wenn ihr - wie hier - kein wirksames Mieterhöhungsverlangen vorausgegangen ist ([X.]surteile vom 12. Mai 2004 - [X.], [X.], 581 unter [X.]; vom 19. Juli 2006 - [X.], NJW-RR 2006, 1305 Rn. 6; vom 10. Oktober 2007 - [X.], [X.], 848 Rn. 18).

Ball                             Dr. Hessel                            Dr. [X.]

          Dr. Schneider                          Dr. [X.]

Meta

Redaktioneller Hinweis

Aufgabe dieser Rechtsprechung: Bundesgerichtshof, Urteil vom 28.04.2020, Az. VIII ZR 355/18 (REWIS RS 2020, 1051) - Einhaltung der Förmlichkeiten nunmehr Frage der Begründetheit einer Klage.

VIII ZR 413/12

13.11.2013

Bundesgerichtshof 8. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Nürnberg-Fürth, 11. Dezember 2012, Az: 7 S 6880/12

§ 558a Abs 1 BGB, § 558a Abs 2 BGB, § 558a Abs 4 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 13.11.2013, Az. VIII ZR 413/12 (REWIS RS 2013, 1214)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 1214

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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