Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 14.06.2017, Az. 7 AZR 627/15

7. Senat | REWIS RS 2017, 9553

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Gegenstand

Befristung ohne Sachgrund - Tarifvertrag


Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 3. Juni 2015 - 2 [X.]/15 - aufgehoben.

Die Berufung des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 11. Dezember 2014 - 6 [X.] 3176/14 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

[X.]ie Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Befristung.

2

[X.]ie Beklagte ist ein Unternehmen des [X.]. [X.]er Kläger wurde aufgrund Arbeitsvertrags vom 25. Juli 2011 befristet für den Zeitraum vom 27. Juli 2011 bis zum 26. Juli 2012 als „Wachmann Zivil“ beschäftigt. Am 18./19. Juni 2012 vereinbarten die Parteien eine Verlängerung des Arbeitsverhältnisses bis zum 26. Juli 2013. Letztmals wurde das Arbeitsverhältnis am 23. Juni 2013 bis zum 26. Juli 2014 verlängert. [X.]ie Verlängerungen erfolgten jeweils unter Beibehaltung der übrigen Vertragsinhalte.

3

Nach dem Arbeitsvertrag vom 25. Juli 2011 erfolgte die Einstellung für die Wache/den [X.] „[X.] Bereich [X.]“. [X.]er Kläger wurde als Wachmann ausschließlich in [X.] eingesetzt. In Nr. 3 des Arbeitsvertrags vom 25. Juli 2011 heißt es unter der Überschrift „Einbeziehung von Tarifverträgen“:

        

„[X.]ie Einstellung erfolgt - vorbehaltlich arbeitsvertraglicher Absprachen - auf der Grundlage der jeweils gültigen Mantel- und Mantelrahmentarifverträge für das [X.] und Sicherheitsgewerbe. Soweit anstelle eines Manteltarifvertrages ein anderer Tarifvertrag entsprechenden Inhalts besteht, gilt dieser vorbehaltlich arbeitsvertraglicher Absprachen. Nachwirkende Mantel- und Mantelrahmentarifverträge gelten - vorbehaltlich abweichender Regelungen - bis zum Abschluss eines neuen Tarifvertrages.“

4

Im Bereich des [X.] existiert auf Bundesebene ein Mantelrahmentarifvertrag, auf Landesebene sind [X.] und weitere (zB Entgelt-)Tarifverträge vereinbart.

5

In dem zwischen dem Bundesverband [X.]eutscher [X.] und Sicherheitsunternehmen e.V. und der [X.] [X.] vereinbarten Mantelrahmentarifvertrag für das [X.] und Sicherheitsgewerbe für die Bundesrepublik [X.]eutschland vom 30. August 2005 ([X.] 2005) ist - ebenso wie in dem dessen Regelungen ersetzenden Mantelrahmentarifvertrag vom 1. [X.]ezember 2006 - für nach dem 31. August 2005 begründete befristete Arbeitsverträge in § 2 Nr. 6 geregelt, dass kalendermäßige Befristungen ohne Vorliegen eines Sachgrundes bis zur [X.]auer von 42 Monaten bei viermaliger Verlängerungsmöglichkeit zulässig sind.

6

Am 8. [X.]ezember 2005 vereinbarten der Bundesverband [X.]eutscher [X.] und Sicherheitsunternehmen e.V. - Landesgruppe [X.] - und die [X.] [X.] - vertreten durch die [X.] [X.] - einen ab dem 1. Januar 2006 geltenden Manteltarifvertrag für das [X.] und Sicherheitsgewerbe in [X.] (MTV [X.] 2006). [X.]ieser gilt nach § 1 räumlich für das Land [X.], fachlich für alle Betriebe des [X.] sowie (ua.) für alle Bewachungsobjekte und [X.]ienststellen, die in [X.] liegen, und persönlich für sämtliche in diesen Betrieben beschäftigten Arbeitnehmer. [X.]er MTV [X.] 2006 enthält keine Regelung zur Befristung von Arbeitsverträgen. Er bestimmt in § 7 unter „Kündigungsfristen“ auszugsweise:

        

1.    

Es gelten die in § 2 des [X.] für das [X.] und Sicherheitsgewerbe für die Bundesrepublik [X.]eutschland vom 30.08.2005 vereinbarten Kündigungsfristen.

        

2.    

Nach Ablauf von fünf Jahren des Arbeitsverhältnisses gelten für die Kündigung durch den Arbeitgeber die folgenden Kündigungsfristen:

                 

…“    

7

Am 30. August 2011 vereinbarten der [X.] B[X.]SW, in den der Bundesverband [X.]eutscher [X.] und Sicherheitsunternehmen e.V. umbenannt worden war, und [X.] einen neuen Mantelrahmentarifvertrag für Sicherheitsdienstleistungen in der Bundesrepublik [X.]eutschland ([X.] 2011), der den bis dahin geltenden Mantelrahmentarifvertrag zum 1. Januar 2012 bzw. im Hinblick auf einzelne Regelungen zum 1. April 2012 ablöste. [X.]er [X.] 2011 gilt nach § 1 [X.] räumlich für die Bundesrepublik [X.]eutschland, fachlich für alle Betriebe und selbständigen [X.], die Sicherheitsdienstleistungen für [X.]ritte durchführen (mit Ausnahme von Geld- und Werttransporten und Sicherheitsdienstleistungen an Verkehrsflughäfen), sowie persönlich für alle in diesen Bereichen beschäftigten Arbeitnehmer. [X.]er [X.] lautet auszugsweise:

        

§ 2   

Begründung und Beendigung des Arbeitsverhältnisses / Kündigungsfristen / Befristung

        

…       

        
        

3.    

Kündigungsfristen

                 

3.1.   

Es kann eine Probezeit bis zu sechs Monaten vereinbart werden. Während der Probezeit kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von vier Tagen gekündigt werden.

                 

3.2.   

Während der ersten zwei Jahre des Beschäftigungsverhältnisses kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von 21 Kalendertagen zum Schichtende gekündigt werden. [X.]ie Bestimmungen zur Probezeit gemäß Ziffer 3.1. bleiben hiervon unberührt. Während des dritten, vierten und fünften Jahres des Beschäftigungsverhältnisses beträgt die Kündigungsfrist einen Monat zum Monatsende. Ab dem sechsten Jahre des Beschäftigungsverhältnisses gelten die Kündigungsfristen gemäß den länderspezifischen Tarifverträgen.

        

4.    

Befristung

        

[X.]ie kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zur [X.]auer von 30 Monaten zulässig. Bis zu dieser Gesamtdauer ist die höchstens zweimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. …

        

…       

        

§ 5     

Arbeitnehmerüberlassung

        

Auf Arbeitnehmer, die einem [X.]ritten ([X.]) im Rahmen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) überlassen werden, finden die Bestimmungen dieses [X.] in vollem Umfang Anwendung. [X.]ie Arbeitnehmer sind entsprechend der überwiegend ausgeübten Tätigkeit in die jeweils tarifierte Lohn- bzw. Gehaltsgruppe des Entgelt-, Lohn- oder [X.] des Sicherheitsgewerbes einzugruppieren. …

        

[X.]arüber hinaus gelten die Bestimmungen des jeweiligen länderspezifischen Manteltarifvertrages im Sicherheitsgewerbe.

        

§ 6     

Arbeitszeit

        

…       

        
        

2.    

Länderspezifisch können zu den Ziffern 1.1 bis 1.8. abweichende monatliche [X.] vereinbart werden. [X.]ie in Ziffern 1.1. bis 1.8. festgelegten monatlichen [X.] sollen dabei nicht überschritten werden. Mehrarbeitszuschläge können länderspezifisch unabhängig von den vorstehenden [X.] vereinbart werden.

        

…“    

        

8

In der Protokollnotiz 1 zum [X.] heißt es:

        

A) Übergangsregelung zur Befristung von Arbeitsverträgen (§ 2 Ziffer 4. MRTV)

        

Sofern befristete Arbeitsverhältnisse im Sinne von § 2 Ziffer 4. MRTV vor dem 1. April 2012 begründet worden sind, gilt das Folgende:

                 

[X.]ie kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zur [X.]auer von 42 Monaten zulässig. Bis zu dieser Gesamtdauer ist die höchstens viermalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. …“

9

Mit der am 12. August 2014 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 18. August 2014 zugestellten Klage hat der Kläger die Auffassung vertreten, die Befristung zum 26. Juli 2014 sei unwirksam. [X.]ie zweijährige [X.] für die sachgrundlose Befristung nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG sei überschritten. [X.]ie in [X.]. A) der Protokollnotiz 1 zum [X.] tariflich geregelte weitergehende Befristungsmöglichkeit finde auf sein Arbeitsverhältnis keine Anwendung. [X.]ie Bezugnahmeklausel in Nr. 3 des Arbeitsvertrags sei überraschend nach § 305c Abs. 1 BGB und intransparent iSv. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Sie erfasse den [X.] 2011 nicht, sondern allenfalls den spezielleren MTV [X.] 2006, der eine Erweiterung der sachgrundlosen Befristungsmöglichkeit nicht vorsehe. Zumindest sei nach der Unklarheitenregelung in § 305c Abs. 2 BGB oder nach dem Günstigkeitsprinzip ausschließlich der MTV [X.] 2006, nicht aber der [X.] anzuwenden.

[X.]er Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristung im Arbeitsvertrag vom 25. Juli 2011 in der Form der Vertragsverlängerung vom 23. Juni 2013 nicht am 26. Juli 2014 beendet worden ist.

[X.]ie Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

[X.]as Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des [X.] hat das [X.] das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. [X.]er Kläger beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückweisung der Berufung des [X.]. Das [X.] hat das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Unrecht abgeändert und der Klage stattgegeben. Die Befristungskontrollklage, mit der der Kläger die Unwirksamkeit der zum 26. Juli 2014 vereinbarten Befristung geltend macht, ist nicht begründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat aufgrund der Befristung am 26. Juli 2014 geendet. Die Befristung ist wirksam.

I. Die Befristung ist zwar nicht nach § 14 Abs. 2 Satz 1 [X.] gerechtfertigt. Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 [X.] ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrags ohne Vorliegen eines Sachgrundes bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig. Bis zu dieser Gesamtdauer ist nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 [X.] die höchstens dreimalige Verlängerung des sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags zulässig. Die in § 14 Abs. 2 Satz 1 [X.] festgelegte [X.] ist nicht eingehalten. Das Arbeitsverhältnis der Parteien bestand vom 27. Juli 2011 bis zum 26. Juli 2014, also länger als zwei Jahre.

II. Die Befristung ist aber nach § 14 Abs. 2 Satz 3 und Satz 4 [X.] iVm. [X.]. A) der Protokollnotiz 1 zum [X.] 2011 gerechtfertigt.

Nach § 14 Abs. 2 Satz 3 [X.] kann die Anzahl der Verlängerungen oder die Höchstdauer der Befristung durch Tarifvertrag abweichend von § 14 Abs. 2 Satz 1 [X.] festgelegt werden. Dies ist durch [X.]. A) der Protokollnotiz 1 zum [X.] 2011 geschehen. Danach ist bei vor dem 1. April 2012 begründeten Arbeitsverhältnissen die kalendermäßige Befristung des Arbeitsvertrags ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von 42 Monaten und bis zu dieser Gesamtdauer die höchstens viermalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrags zulässig. Diese tarifliche Regelung ist wirksam. Die Beklagte kann die Befristung auch auf diese Tarifbestimmung stützen. Die Parteien haben die Geltung von [X.]. A) der Protokollnotiz 1 zum [X.] 2011 wirksam vereinbart (§ 14 Abs. 2 Satz 4 [X.]). Die Voraussetzungen der Tarifbestimmungen liegen vor.

1. Die tarifliche Regelung in [X.]. A) der Protokollnotiz 1 zum [X.] ist wirksam. Sie ist von der den Tarifvertragsparteien durch § 14 Abs. 2 Satz 3 [X.] eröffneten Regelungsbefugnis gedeckt.

a) [X.] steht nicht entgegen, dass sowohl die Höchstdauer der Befristung als auch die Anzahl der Verlängerungen abweichend von § 14 Abs. 2 Satz 1 [X.] geregelt sind. Nach § 14 Abs. 2 Satz 3 [X.] können durch Tarifvertrag nicht nur entweder die Höchstdauer der Befristung oder die Anzahl der Verlängerungen sachgrundlos befristeter Arbeitsverträge, sondern kumulativ beide Vorgaben abweichend von § 14 Abs. 2 Satz 1 [X.] geregelt werden (st. Rspr. des Senats, vgl. [X.] 26. Oktober 2016 - 7 [X.] - Rn. 16; 18. März 2015 - 7 [X.] - Rn 20 ff.; 15. August 2012 - 7 [X.] - Rn. 17 ff., [X.]E 143, 10).

b) Die Festlegung einer [X.] von 42 Monaten bei viermaliger Verlängerungsmöglichkeit für sachgrundlose Befristungen in [X.]. A) der Protokollnotiz 1 zum [X.] 2011 hält sich im Rahmen der [X.] (so bereits zur inhaltsgleichen Regelung in § 2 Nr. 6 [X.] 2005 [X.] 15. August 2012 - 7 [X.] - Rn. 15 ff., 32, [X.]E 143, 10). Nach der Rechtsprechung des Senats kann durch Tarifvertrag geregelt werden, dass die sachgrundlose Befristung eines Arbeitsvertrags bis zur Dauer von sechs Jahren und bis zu dieser Gesamtdauer die bis zu neunmalige Verlängerung eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags zulässig ist. Innerhalb dieses Gestaltungsrahmens können die Tarifvertragsparteien die Höchstdauer und die Anzahl der Vertragsverlängerungen abweichend von § 14 Abs. 2 Satz 1 [X.] festlegen, ohne dass es insoweit einer besonderen Prüfung der branchentypischen Besonderheiten bedarf (vgl. hierzu ausführlich [X.] 26. Oktober 2016 - 7 [X.] - Rn. 17, 31 ff.).

2. Die Beklagte kann die Befristung des Arbeitsvertrags zum 26. Juli 2014 auf [X.]. A) der Protokollnotiz 1 zum [X.] 2011 stützen. Diese Tarifregelung findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung.

a) Die Parteien haben die Anwendung des [X.] 2011 und damit auch der Protokollnotiz 1 nach § 14 Abs. 2 Satz 4 [X.] einzelvertraglich wirksam vereinbart.

aa) Die Parteien haben bei Abschluss der streitbefangenen [X.] vom 23. Juni 2013 - wie bereits bei Abschluss des ersten Verlängerungsvertrags vom 18./19. Juni 2012 - vereinbart, dass die weiteren Vertragsinhalte im Arbeitsvertrag vom 25. Juli 2011 Gültigkeit behalten. Dazu gehört die Vertragsbestimmung in Nr. 3, wonach die Einstellung - vorbehaltlich arbeitsvertraglicher Absprachen - auf der Grundlage der jeweils gültigen Mantel- und Mantelrahmentarifverträge für das Wach- und Sicherheitsgewerbe erfolgt.

[X.]) Diese dynamische Bezugnahmeklausel erfasst den [X.] 2011 einschließlich der Protokollnotiz 1, die am 1. April 2012 in [X.] getreten ist und bei Abschluss der letzten Verlängerungsabrede am 23. Juni 2013 galt. Die Auslegung der Vertragsbestimmung in Nr. 3 des Arbeitsvertrags vom 25. Juli 2011 ergibt, dass die Parteien die Anwendung sowohl des jeweils gültigen (bundesweit geltenden) [X.] als auch des jeweils gültigen auf Landesebene abgeschlossenen Manteltarifvertrags für das Wach- und Sicherheitsgewerbe vereinbart haben. Damit ist auch die Anwendung von [X.]. A) der Protokollnotiz 1 zum [X.] 2011 auf das Arbeitsverhältnis vertraglich vereinbart. Entgegen der Auffassung des [X.]s verbleiben keine „erheblichen Zweifel“ an dieser Auslegung iSv. § 305c Abs. 2 BGB.

(1) Der Arbeitsvertrag enthält nach den Feststellungen des [X.]s Allgemeine Geschäftsbedingungen. Diese sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die [X.] des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind ([X.] 9. Dezember 2015 - 7 [X.] - Rn. 13 mwN). Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der [X.]. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der [X.] verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss ([X.] 14. Dezember 2016 - 7 [X.] - Rn. 16 mwN). Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt einer uneingeschränkten revisionsrechtlichen Nachprüfung (vgl. [X.] 14. Dezember 2016 - 7 [X.] - Rn. 17 mwN; 20. August 2014 - 7 [X.] - Rn. 43).

(2) Danach haben die Parteien mit der Regelung in Nr. 3 des Arbeitsvertrags vom 25. Juli 2011 vereinbart, dass die jeweils gültigen Mantel- und Mantelrahmentarifverträge für das Wach- und Sicherheitsgewerbe nebeneinander auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden.

(a) Diesem Verständnis steht nicht entgegen, dass es in Nr. 3 Satz 1 des Arbeitsvertrags heißt, „die Einstellung“ erfolge „auf der Grundlage der jeweils gültigen Mantel- und Mantelrahmentarifverträge“. Bereits die Überschrift der Vertragsbestimmung „Einbeziehung von Tarifverträgen“ macht deutlich, dass die genannten Tarifverträge in Bezug genommen sind und auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden sollen. Auch die weiteren Passagen der Vertragsbestimmung zu nachwirkenden Tarifverträgen und Tarifverträgen „entsprechenden Inhalts“ sprechen für dieses Verständnis. Insoweit ist ausdrücklich angeordnet, dass diese Tarifverträge „gelten“.

(b) Die Regelung in Nr. 3 des Arbeitsvertrags ist so zu verstehen, dass die jeweils gültigen Mantel- und Mantelrahmentarifverträge für das Wach- und Sicherheitsgewerbe nebeneinander auf das Arbeitsverhältnis anwendbar sind.

(aa) Bereits der Wortlaut von Nr. 3 Satz 1 des Arbeitsvertrags spricht für dieses Verständnis. Die Tarifvertragsparteien des Wach- und [X.] verwenden für die Tarifverträge auf den verschiedenen „Ebenen“ unterschiedliche Bezeichnungen - „Mantelrahmentarifvertrag“ auf Bundesebene, „Manteltarifvertrag“ auf Landesebene. Die Bestimmung in Nr. 3 Satz 1 des Arbeitsvertrags verwendet den Plural dieser Bezeichnungen und bestimmt durch das Wort „und“, dass beide nebeneinander gelten sollen.

([X.]) Dieses Auslegungsergebnis entspricht dem Verhältnis von Mantelrahmentarifvertrag und Manteltarifvertrag. Beide Tarifverträge sind von denselben Tarifvertragsparteien abgeschlossen. Die Vorschriften des bundesweit geltenden [X.] bilden in Bezug auf die in ihm enthaltenen Regelungsgegenstände den Rahmen, der durch gesonderte Regelungen im Manteltarifvertrag auf Landesebene ergänzt und näher ausgestaltet wird. So regelt der [X.] 2006 innerhalb des durch den [X.] vorgegebenen Rahmens weitere Einzelheiten der Arbeitsbedingungen, für die der [X.] Raum lässt. Der [X.] 2011 verweist [X.] in § 2 Nr. 3.2, § 5 Abs. 2 für Regelungsgegenstände, die in ihm nicht abschließend geregelt sind, auf die Bestimmungen des jeweiligen länderspezifischen Manteltarifvertrags; § 6 Nr. 2 [X.] 2011 lässt im Hinblick auf die [X.] in § 6 Nr. 1.1 bis 1.8 abweichende länderspezifische Regelungen zu. Die Tarifverträge haben damit einen sich ergänzenden Regelungsinhalt. Dies gilt auch für die sowohl im [X.] als auch im [X.] 2006 geregelten Kündigungsfristen. § 7 Nr. 1 [X.] 2006 verweist für die Kündigungsfristen auf den [X.] 2005; § 7 Nr. 2 [X.] 2006 enthält eigenständige Bestimmungen für „nach Ablauf von fünf Jahren des Arbeitsverhältnisses“ geltende Kündigungsfristen. Im [X.] 2005 waren in § 2 Nr. 4 und 5 Kündigungsfristen nur für die ersten fünf Jahre des Beschäftigungsverhältnisses geregelt, darüber hinaus war auf die länderspezifischen Regelungen verwiesen. Auch im [X.] 2011 finden sich Bestimmungen hierzu in § 2 Nr. 3; nach § 2 Nr. 3.2 gelten ab dem [X.] des Beschäftigungsverhältnisses die Kündigungsfristen gemäß den „länderspezifischen Tarifverträgen“. Danach trifft der [X.] 2006 im Bereich der Kündigungsfristen lediglich ergänzende Regelungen für den Bereich, den der [X.] nicht regelt oder für den der [X.] auf Regelungen in „länderspezifischen Tarifverträgen“ verweist. Demzufolge ist die Bezugnahmeklausel in Nr. 3 des Arbeitsvertrags darauf gerichtet, beide Tarifverträge nebeneinander auf das Arbeitsverhältnis zur Anwendung zu bringen.

([X.]) Vor diesem Hintergrund hat das [X.] zu Unrecht angenommen, die vertragliche Bezugnahmeklausel lasse sich auch so auslegen, dass die im [X.] 2011 und im [X.] 2006 enthaltenen Regelungen mangels einer Kollisionsregel nur dann auf das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien Anwendung finden sollen, wenn sie deckungsgleich sind oder jedenfalls keinen sich widersprechenden Inhalt haben. Dieses Verständnis findet schon im Wortlaut der Bezugnahmeklausel keine Stütze. Die Vertragsbestimmung sieht eine solche Einschränkung der Bezugnahme auf die genannten Tarifverträge nicht vor. Zudem hat das [X.] nicht berücksichtigt, dass der [X.] 2011 und der [X.] 2006 einander ergänzen sollen und deshalb Normenkollisionen von vornherein vermieden werden.

[X.]) Die Bezugnahmeklausel in Nr. 3 des Arbeitsvertrags ist nicht überraschend iSd. § 305c Abs. 1 BGB, so dass sie Vertragsbestandteil geworden ist. Dynamische Verweisungen auf einschlägige Tarifverträge sind im Arbeitsleben als Gestaltungsinstrument so verbreitet, dass ihre Aufnahme in [X.] nicht iSd. § 305c Abs. 1 BGB überraschend ist ([X.] 26. Oktober 2016 - 7 [X.] - Rn. 39; 23. Juli 2014 - 7 [X.] - Rn. 24, [X.]E 148, 357; 24. September 2008 - 6 [X.]/07 - Rn. 20 mwN, [X.]E 128, 73).

dd) Die Bezugnahmeklausel in Nr. 3 des Arbeitsvertrags verletzt nicht das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

(1) Eine Verweisung auf Vorschriften eines anderen Regelungswerks führt für sich genommen nicht zur Intransparenz. Das Bestimmtheitsgebot als maßgebliche Ausprägung des [X.] verlangt lediglich, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender der Klausel keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen und der Gefahr vorgebeugt wird, dass der Vertragspartner von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird (vgl. [X.] 24. September 2008 - 6 [X.]/07 - Rn. 30 mwN, [X.]E 128, 73). Im Zeitpunkt der jeweiligen Anwendung müssen die geltenden, in Bezug genommenen Regelungen bestimmbar sein (vgl. [X.] 26. Oktober 2016 - 7 [X.] - Rn. 39; 18. März 2015 - 7 [X.] - Rn. 39). Das ist zur Wahrung des [X.] für Klauseln, die auf einen bestimmten bzw. bestimmbaren Tarifvertrag oder ein bestimmtes bzw. [X.] tarifliches Regelwerk im Sinne einer Einheit aus Mantel-, Entgelt- und sonstigen Einzeltarifverträgen verweisen, ausreichend (vgl. [X.] 13. März 2013 - 5 [X.] - Rn. 30, [X.]E 144, 306).

(2) Eine Regelung, die auf einen Tarifvertrag verweist, ist weder unverständlich noch unklar. Dies gilt auch dann, wenn die Verweisung dynamisch ausgestaltet ist. [X.] auf das jeweils gültige Tarifrecht entsprechen einer üblichen Regelungstechnik und dienen den Interessen beider Parteien. Dies ergibt sich aus der [X.] des Arbeitsverhältnisses. Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 10 [X.] genügt deshalb der bloße allgemeine Hinweis auf Tarifverträge (vgl. [X.] 18. März 2015 - 7 [X.] - Rn. 38; 24. September 2008 - 6 [X.]/07 - Rn. 31 mwN, [X.]E 128, 73). Welche konkreten tariflichen Regelungen jeweils das Arbeitsverhältnis ausfüllen sollen, ist von den Arbeitnehmern durch Einsicht in die Tarifverträge feststellbar ([X.] 26. Oktober 2016 - 7 [X.] - Rn. 39).

(3) Die Bezugnahmeklausel in Nr. 3 des Arbeitsvertrags ist danach für den Kläger weder unverständlich noch unklar. Welche konkreten tariflichen Regelungen jeweils das Arbeitsverhältnis ausfüllen sollen, ist für ihn feststellbar. Die in Bezug genommenen Tarifverträge bestehen nebeneinander und treffen keine miteinander unvereinbaren Bestimmungen. Daher ist auch ein arbeitsvertraglicher Verweis auf ihre Geltung nicht unklar.

(4) Die Bezugnahmeklausel ist auch nicht deshalb intransparent, weil sie keine Kollisionsregel enthält. Zwar bedarf eine Bezugnahmeklausel, mit der mehrere eigenständige tarifliche Regelwerke gleichzeitig auf das Arbeitsverhältnis zur Anwendung gebracht werden sollen, zur Gewährleistung ihrer hinreichenden Bestimmtheit einer Kollisionsregel, der sich entnehmen lässt, welches der mehreren in Bezug genommenen tariflichen Regelwerke bei sich widersprechenden Regelungen den Vorrang haben soll (vgl. [X.] 13. März 2013 - 5 [X.] - Rn. 30, [X.]E 144, 306). Im Streitfall verweist die vertragliche Bezugnahmeklausel allerdings nicht auf Tarifverträge unterschiedlicher Koalitionen. Vielmehr handelt es sich bei den Tarifverträgen, die die [X.] in Bezug nimmt, um ein aufeinander abgestimmtes Regelwerk aus Mantelrahmentarifvertrag und Manteltarifvertrag derselben Tarifvertragsparteien. Einer Kollisionsregel bedarf es daher nicht.

ee) Da lediglich der [X.], nicht jedoch der [X.] 2006 Regelungen zur sachgrundlosen Befristung nach § 14 Abs. 2 Satz 3 [X.] enthält, besteht keine Tarifkonkurrenz, die nach dem Spezialitätsprinzip aufzulösen wäre (vgl. dazu etwa [X.] 19. November 2014 - 4 [X.]1/12 - Rn. 33, [X.]E 150, 97). Ebenso wenig ergibt sich aus dem Günstigkeitsprinzip, dass ausschließlich die Regelungen des [X.] 2006 für das Arbeitsverhältnis gelten, die eine Erweiterung der sachgrundlosen Befristungsmöglichkeit nach § 14 Abs. 2 Satz 3 [X.] nicht vorsehen. Es liegt keine Kollision zwischen [X.] beiderseitiger Tarifgebundenheit für das Arbeitsverhältnis der Parteien normativ geltenden Tarifbestimmungen und arbeitsvertraglichen Regelungen vor, die nach dem Günstigkeitsprinzip (§ 4 Abs. 3 TVG) aufzulösen sein könnte.

b) Die Parteien haben die Anwendung des [X.] 2011 in dessen Geltungsbereich iSv. § 14 Abs. 2 Satz 4 [X.] vereinbart (vgl. dazu [X.] 18. März 2015 - 7 [X.] - Rn. 36). Nach § 1 [X.] 2011 gilt dieser für alle Betriebe und selbständigen Betriebsabteilungen in der [X.], die Sicherheitsdienstleistungen für Dritte durchführen (mit Ausnahme von Geld- und Werttransporten und Sicherheitsdienstleistungen an Verkehrsflughäfen), und die in diesen Bereichen beschäftigten Arbeitnehmer. Die Parteien unterfielen daher bei angenommener beidseitiger Tarifgebundenheit dem räumlichen, fachlichen und persönlichen Geltungsbereich des [X.].

3. Die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Befristung nach [X.]. A) der Protokollnotiz 1 zum [X.] 2011 sind erfüllt. Danach konnten befristete Arbeitsverhältnisse, die vor dem 1. April 2012 begründet wurden, ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von 42 Monaten befristet werden, wobei bis zu dieser Gesamtdauer die höchstens viermalige Verlängerung zulässig war. Diese Voraussetzungen liegen vor. Das Arbeitsverhältnis der Parteien bestand vom 27. Juli 2011 bis zum 26. Juli 2014. Die Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses von 36 Monaten überschreitet die nach der tariflichen Regelung zulässige Höchstdauer von 42 Monaten nicht. Das zunächst zum 26. Juli 2012 befristete Arbeitsverhältnis wurde zweimal verlängert.

4. Der Befristung steht nicht entgegen, dass die Protokollnotiz 1 zum [X.] 2011 bei Abschluss des [X.] am 25. Juli 2011 noch nicht galt, sondern erst während des Arbeitsverhältnisses am 1. April 2012 in [X.] trat. Die Wirksamkeit einer Befristung richtet sich nach der im Zeitpunkt ihrer Vereinbarung bestehenden Rechtslage. Das gilt auch für die in einem Verlängerungsvertrag vereinbarte Befristung ([X.] 18. März 2015 - 7 [X.] - Rn. 47 mwN). Bei Abschluss der Verlängerungsvereinbarung am 23. Juni 2013 fand [X.]. A) der Protokollnotiz 1 zum [X.] 2011 auf das vor dem 1. April 2012 begründete, befristete Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung.

III. [X.] beruht auf §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Gräfl    

        

    für die verhinderte Richterin
Dr. Rennpferdt
Gräfl    

        

    Waskow     

        

        

        

    Steude     

        

    [X.]     

                 

Meta

7 AZR 627/15

14.06.2017

Bundesarbeitsgericht 7. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Dortmund, 11. Dezember 2014, Az: 6 Ca 3176/14, Urteil

§ 14 Abs 2 S 3 TzBfG, § 14 Abs 2 S 4 TzBfG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 14.06.2017, Az. 7 AZR 627/15 (REWIS RS 2017, 9553)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 9553


Verfahrensgang

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Az. 7 AZR 627/15

Bundesarbeitsgericht, 7 AZR 627/15, 14.06.2017.


Az. 2 Sa 433/15

Landesarbeitsgericht Hamm, 2 Sa 433/15, 03.06.2015.


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Referenzen
Wird zitiert von

3 Sa 501/18

3 Sa 500/18

7 Sa 661/21

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