Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 22.05.2014, Az. 7 B 3/14

7. Senat | REWIS RS 2014, 5339

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Gegenstand

Geruchsimmission einer offenen Kompostierungsanlage; Atypik; Verhältnismäßigkeit einer nachträglichen Anordnung


Leitsatz

Eine atypische, von Nr. 5.4.8.5 Abs. 2 Buchst. c Satz 3 TA Luft nicht erfasste Fallgestaltung kann nicht schon dann bejaht werden, wenn die von der Kompostierungsanlage ausgehende Geruchszusatzbelastung als irrelevant im Sinne der Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) anzusehen ist; die Anlage muss auch unter Berücksichtigung der Geruchsemissionen atypisch sein.

Gründe

I.

1

Die Klägerin wendet sich gegen eine nachträgliche Anordnung, mit der ihr der [X.]eklagte aufgegeben hat, die Hauptrotte ihrer Kompostierungsanlage geschlossen zu betreiben.

2

[X.]islang betreibt die Klägerin die Anlage offen im Wege einer so genannten Mietenkompostierung. Die kürzeste Entfernung zur nächstgelegenen Wohnbebauung beträgt 511 m. Auf der Grundlage der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ist die Klägerin berechtigt, u.a. kommunale Klärschlämme zu kompostieren. Genehmigt ist eine Durchsatzleistung von 86 700 t im Jahr.

3

Das Oberverwaltungsgericht hat die [X.]erufung der Klägerin gegen das klagabweisende Urteil des [X.] zurückgewiesen. Rechtsgrundlage der Anordnung sei § 17 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.]ImSchG und Nr. 5.4.8.5 [X.]. Nach Absatz 2 [X.]uchstabe c Satz 3 dieser Vorschrift sind Anlagen zur Erzeugung von Kompost bei einer Durchsatzleistung von 10 000 t je Jahr oder mehr geschlossen auszuführen. [X.] sei die Anlage der Klägerin nicht. [X.]ei offen betriebenen [X.] könne im Einzelfall eine Atypik zu bejahen sein, wenn die Anlage den in Nr. 5.4.8.5 Abs. 1 [X.]uchst. [X.] Luft vorgesehenen Mindestabstand zur Wohnbebauung von 500 m deutlich überschreite und zusätzlich mit hinreichender Sicherheit gewährleistet sei, dass die von der genehmigten Kompostierung verursachten Geruchsimmissionen nach der Art und Menge der [X.] und ihrem Mischungsverhältnis deutlich geringer als bei sonst üblichen Anlagen ausfielen ([X.]). Jedenfalls hinsichtlich der Geruchsintensität sei die Anlage der Klägerin nicht atypisch. Abzustellen sei nicht auf den tatsächlichen [X.]etrieb, sondern darauf, wozu die Klägerin nach der Genehmigung unter [X.]erücksichtigung etwaiger verbindlicher Änderungen berechtigt sei. [X.]erechtigt sei sie auch nach der Reduzierung des Inputkatalogs zur Annahme von kommunalem Klärschlamm und zwar mit der gesamten genehmigten Durchsatzmenge. Klärschlamm sei im Gegensatz etwa zu strukturreichem Grünschnitt nicht als besonders geruchsarm einzustufen. Die genehmigte Durchsatzmenge von 86 700 t sei nahezu 9 mal größer als die Menge von 10 000 t, bei der nach der [X.] unabhängig von der Art der [X.] eine geschlossene Ausführung vorgesehen sei. Die Anordnung sei auch nicht unverhältnismäßig. Dass die Einhausung mit einer [X.]elastung von etwa 4 Mio. € verbunden sei, könne als wahr unterstellt werden. Der [X.] habe das Maß der geforderten Vorsorge in [X.]ezug auf den Durchschnittsbetreiber als generell verhältnismäßig bewertet. Für eine hiervon abweichende Atypik gebe es keine Anhaltspunkte.

4

Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die [X.]eschwerde der Klägerin.

II.

5

Die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte [X.]eschwerde bleibt ohne Erfolg.

6

1. Die Rechtssache hat nicht die von der Klägerin geltend gemachte grundsätzliche [X.]edeutung.

7

a) Als rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig bezeichnet die Klägerin die Frage,

"ob die Entfernung einer Kompostieranlage mit einem Durchsatz oberhalb von 10 000 t pro Jahr von mehr als 500 m bezogen auf die nächstgelegene Wohnbebauung einen atypischen Einzelfall darstellt, der einer nachträglichen Anordnung der Einhausung der Hauptrotte gemäß § 17 [X.]ImSchG i.V.m. Nr. 5.4.8.5 [X.] entgegenstehen kann, wenn die von der Anlage ausgehenden [X.] in der [X.] ein gewisses Maß unterschreiten ([X.]eschwerdebegründung 1. a)."

8

Soweit die Klägerin mit dieser Frage geklärt wissen möchte, ab welcher Entfernung der offenen Kompostierungsanlage von der nächsten Wohnbebauung ein atypischer Fall vorliegt ([X.]eschwerdebegründung 1. a aa), ist die Frage einer fallübergreifenden und damit rechtsgrundsätzlichen Klärung nicht zugänglich. Ob eine Kompostierungsanlage mit einer Durchsatzleistung von 10 000 t je Jahr oder mehr atypisch ist und deshalb abweichend von Nr. 5.4.8.5 Abs. 2 [X.]uchst. c Satz 3 [X.] nicht geschlossen ausgeführt werden muss, kann nur aufgrund einer Gesamtwürdigung aller für die [X.] der Nr. 5.4.8.5 [X.] relevanten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. Das gilt auch für den Abstand der Anlage zur nächsten Wohnbebauung. [X.]ei einer Anlage, die die in Nr. 5.4.8.5 Abs. 2 [X.]uchst. c Satz 3 [X.] festgesetzte Leistungsgrenze von 10 000 t Durchsatz je Jahr nur wenig überschreitet und in der nur [X.] mit geringer Geruchsintensität kompostiert werden, kann ein geringerer Abstand für die [X.]ejahung einer Atypik genügen als bei einer im Verhältnis zur Leistungsgrenze großen Anlage, in der auch geruchsintensive nasse oder strukturarme [X.]ioabfälle oder Schlämme verarbeitet werden. Ein für die Atypik ausreichender Mindestabstand lässt sich fallübergreifend nicht angeben.

9

Soweit die Frage darauf zielt zu klären, ob und ab wann ein atypischer Fall bei [X.] vorliegt, wenn die von der Anlage ausgehenden [X.] auch unter ungünstigen meteorologischen [X.]edingungen als irrelevant im Sinne der [X.] ([X.]) anzusehen sind ([X.]eschwerdebegründung 1. a bb), lässt sie sich auf der Grundlage von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 [X.]ImSchG in der bei Erlass der Anordnung maßgeblichen Fassung (nachfolgend ohne Zusatz), Nr. 5.4.8.5 Abs. 2 [X.]uchst. c Satz 3 [X.] auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens ohne Weiteres beantworten. Nr. 5.4.8.5 [X.] enthält - wie die unter Nr. 5 [X.] zusammengefassten Regelungen allgemein - Anforderungen zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.]ImSchG. Die [X.] soll hingegen Anforderungen konkretisieren, die sich aus der Schutzpflicht des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.]ImSchG ergeben (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 27. Januar 2012 - 22 [X.] - juris Rn. 28 f.). Sie ist eine Richtlinie zur Feststellung und [X.]eurteilung von Geruchsimmissionen, die die [X.]ewertung erleichtern soll, ob eine Geruchsimmission als erheblich und damit als schädliche Umwelteinwirkung anzusehen ist (vgl. Nr. 1 [X.]). Nr. 5.4.8.5 [X.] geht über derartige Anforderungen zum Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen hinaus. Nach Absatz 2 [X.]uchstabe c Satz 3 der Vorschrift sind [X.] mit einer Durchsatzleistung von 10 000 t je Jahr oder mehr unabhängig davon geschlossen auszuführen, wie weit die nächste Wohnbebauung entfernt ist und ob die Einhausung dort zu einer messbaren Verringerung der Immissionen führt. [X.]edenken hiergegen bestehen nicht. Das [X.] im Sinne eines vorbeugenden Umweltschutzes lässt auch Vermeidungsanstrengungen gegenüber umweltbeeinträchtigenden Umweltschadstoffen zu, die mit dem Ziel ergriffen werden, längerfristig nach Maßgabe eines generellen Sanierungskonzepts eine Luftqualität herbeizuführen oder zu sichern, die einen angemessenen Sicherheitsabstand zur konkreten Schädlichkeitsgrenze herstellt (Urteil vom 28. Februar 2002 - [X.]VerwG 4 CN 5.01 - [X.] 406.12 § 11 [X.] Nr. 25 S. 13 = NVwZ 2002, 1114 = juris Rn. 36 und [X.]eschluss vom 10. Januar 1995 - [X.]VerwG 7 [X.] - [X.] 406.25 § 48 [X.]ImSchG Nr. 4 S. 4 = juris Rn. 6). Ausgehend hiervon kann eine atypische, von Nr. 5.4.8.5 Abs. 2 [X.]uchst. c Satz 3 [X.] nicht erfasste Fallgestaltung nicht schon dann bejaht werden, wenn die von der Kompostierungsanlage ausgehende Geruchszusatzbelastung als irrelevant im Sinne der [X.] anzusehen ist. Die Anlage muss vielmehr auch unter [X.]erücksichtigung der [X.] atypisch sein. Davon ist im Übrigen auch das [X.] im Verfahren 4 A 89/10 ausgegangen, in dem es der Klage eines [X.]etreibers gegen die Anordnung der Einhausung seiner Kompostierungsanlage stattgegeben hat (Urteil vom 22. November 2012 GA[X.]l 314 [X.], [X.] f.). Es hat einen atypischen Sachverhalt nicht allein deshalb bejaht, weil die von der Anlage ausgehende Geruchszusatzbelastung als irrelevant im Sinne der [X.] anzusehen war, sondern weil darüber hinaus - anders als hier - die [X.] der Anlage wegen des Einsatzes ausschließlich geruchsarmer [X.] deutlich geringer waren, als dies typischerweise in entsprechenden [X.] der Fall ist.

Soweit die Klägerin die Frage dahingehend präzisiert, ob ein zur Abweichung von der [X.] berechtigender atypischer Fall vorliegt, wenn nur besonders geruchsarme Einsatzstoffe kompostiert werden ([X.]eschwerdebegründung 1. a cc), würde sich die Frage in einem Revisionsverfahren nicht stellen. Nach den Feststellungen des [X.] ist die Klägerin nach der insoweit maßgebenden immissionsschutzrechtlichen Genehmigung der Anlage berechtigt, auch Klärschlamm zu verarbeiten. Anders als im Urteil des [X.] Halle vom 22. November 2012 - 4 A 89/10 ([X.] f.) - ist in der Genehmigung hinsichtlich des Klärschlamms weder eine besondere Qualität (etwa der Grad der Ausfaulung) noch eine bestimmte Mengenbegrenzung oder ein bestimmtes Verhältnis zu besonders geruchsarmen Stoffen geregelt ([X.]). Ausgehend hiervon hat das Oberverwaltungsgericht den Klärschlamm nicht als besonders geruchsarm eingestuft.

b) Die Klägerin möchte weiter rechtsgrundsätzlich geklärt wissen,

"wann bei einer Verwaltungsvorschrift wie der [X.] ein atypischer Fall vorliegt, der eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit der nachträglichen Anordnung gemäß § 17 Abs. 2 [X.]ImSchG fordert."

Insoweit ist nicht erkennbar, dass die Frage einer fallübergreifenden Klärung zugänglich ist. In der Rechtsprechung des [X.] ist geklärt, dass der [X.] der [X.] das Maß der geforderten Vorsorge in [X.]ezug auf den Durchschnittsbetreiber als generell verhältnismäßig bewertet hat und folglich eine weitere, in besonderer Weise auf den individuellen wirtschaftlichen Aufwand abstellende Verhältnismäßigkeitsprüfung im Einzelfall nur bei atypischen Sachverhaltslagen in [X.]etracht kommt ([X.]eschlüsse vom 30. August 1996 - [X.]VerwG 7 [X.] - [X.] 406.25 § 17 [X.]ImSchG Nr. 3 S. 6 f. = juris Rn. 22 und vom 10. Januar 1995 a.a.[X.] f. = juris Rn. 10). Ausgehend davon, dass die Anlage der Klägerin mit einer genehmigten Jahresdurchsatzleistung von 86 700 t als besonders großer [X.]etrieb einzustufen ist und in ihm durchaus geruchsintensive Stoffe verarbeitet werden dürfen, hat das Oberverwaltungsgericht Anhaltspunkte für eine solche Atypik verneint ([X.]). Dass die Einhausung der Hauptrotte Kosten in Höhe von ca. 4 Mio. € verursachen und die Klägerin möglicherweise zur Einstellung des [X.]etriebes nötigen wird ([X.]eweisantrag zu 3), hat es hierbei als wahr unterstellt. Es hat außerdem als wahr unterstellt, dass der Investition keinerlei messbare Verringerung der Immissionen gegenüberstehe ([X.]eweisantrag zu 4). Die Klägerin folgert aus der zuletzt genannten [X.], dass die ihr aufgegebene Investition keinen messbaren Nutzen für die Schutzgüter des § 5 [X.]ImSchG habe, mithin ohne Nutzen für die Allgemeinheit sei. Derartige Fallgestaltungen hält sie für atypisch im Sinne der dargelegten Rechtsprechung.

Die Argumentation der Klägerin beruht auf einer unzutreffenden Prämisse. Die angeordnete Einhausung der Anlage dient nicht - wie die Klägerin voraussetzt - der Einhaltung etwaiger Schutzpflichten nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.]ImSchG, sondern der Einhaltung des Vorsorgeprinzips nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.]ImSchG. Der [X.] geht in Nr. 5.4.8.5 Abs. 2 [X.]uchst. c Satz 3 [X.] davon aus, dass die Einhausung der Anlage auch dann nicht ohne "Ertrag" (vgl. [X.]eschluss vom 10. Januar 1995 a.a.[X.] f. = juris Rn. 10) für die Umwelt ist, wenn die [X.] hiervon nicht messbar profitiert. Ob der Ertrag für die Umwelt auch im Hinblick auf die [X.] im Einzelfall so gering ist, dass vor Erlass einer nachträglichen Anordnung eine auf den individuellen wirtschaftlichen Aufwand abstellende Verhältnismäßigkeitsprüfung erforderlich ist, hängt von den jeweiligen tatsächlichen Umständen wie z.[X.]. der Größe der Anlage und der Geruchsintensität der zur Verarbeitung zugelassenen [X.] ab und lässt sich deshalb nicht rechtsgrundsätzlich klären.

c) Die Revision ist auch nicht zur Klärung der Frage zuzulassen,

"welcher Übergangszeitraum dem Anlagenbetreiber zur Umsetzung einer nachträglichen Anordnung zu gewähren ist."

Die Frage ist einer rechtsgrundsätzlichen Klärung ebenfalls nicht zugänglich. Da Nr. 5.4.8.5 [X.] eine besondere Sanierungsfrist nicht festlegt, gilt die allgemeine Sanierungsfrist der [X.] [X.]. Nach dieser Vorschrift sollte verlangt werden, dass alle Anforderungen bis spätestens zum 30. Oktober 2007 erfüllt werden. Welche [X.] dem Anlagenbetreiber bei einer erst nach diesem Zeitpunkt ergehenden nachträglichen Anordnung einzuräumen ist, hängt von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab, wobei die Kriterien der Nr. 6.2.3 zu berücksichtigen sind.

d) Die Frage,

"ob das der [X.]ehörde in § 17 Abs. 1 Satz 1 [X.]ImSchG eingeräumte Ermessen durch die [X.] als einfache Verwaltungsvorschrift beschränkt werden kann,"

bedarf nicht der Klärung in einem Revisionsverfahren. Nach Nr. 6.2.1 Satz 1 [X.] soll die zuständige [X.]ehörde, wenn die Anlage nicht den in der [X.] konkretisierten Anforderungen zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen entspricht, die erforderlichen Anordnungen treffen, um die Anlage an den in Nummer 5 beschriebenen Stand der Technik und die dort angegebenen sonstigen Vorsorgeanforderungen anzupassen. [X.]edenken gegen die Wirksamkeit dieser Vorschrift bestehen nicht. Sie soll nicht das der [X.]ehörde in § 17 Abs. 1 Satz 1 [X.]ImSchG eingeräumte unbeschränkte Ermessen durch eine Soll-Vorschrift wie in § 17 Abs. 1 Satz 2 [X.]ImSchG normativ ersetzen, sondern lediglich die Ausübung des in § 17 Abs. 1 Satz 1 [X.]ImSchG eingeräumten Ermessens lenken. Ermächtigungsgrundlage hierfür ist § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 [X.]ImSchG.

e) Entgegen der Auffassung der Klägerin weicht die angefochtene Entscheidung, soweit es um die Anwendbarkeit von Nr. 5.4.8.5 Abs. 2 [X.] auf offene Anlagen geht, nicht von dem [X.]eschluss des [X.] vom 27. Januar 2012 - 22 [X.] - ab. Auch insoweit besteht kein rechtsgrundsätzlicher Klärungsbedarf. Der [X.] hatte über eine nachträgliche Anordnung betreffend die Annahme, Zwischenlagerung und Weiterverarbeitung von Grüngut in einer offenen Kompostierungsanlage zu entscheiden. Er hat angenommen, dass die [X.] hierfür, also für die [X.]etriebsmodalitäten einer offenen Anlage, keine nähere Regelung treffe (juris Rn. 32). Im vorliegenden Fall geht es um die Frage, ob eine offen betriebene Hauptrotte weiter offen betrieben werden darf oder durch Einhausung in eine geschlossene Anlage überführt werden muss. Zu dieser Frage hat sich der [X.] nicht verhalten. Zweifel daran, dass sich die Anforderungen der Nr. 5.4.8.5 Abs. 2 [X.]uchst. c [X.] auch auf [X.]estandsanlagen beziehen (so auch [X.], Rechtliche Anforderungen an den [X.]etrieb von [X.] gemäß [X.], in: [X.] u.a., [X.], 2. Aufl., Nr. 5613 S. 9), zeigt die [X.]eschwerde nicht auf.

2. Die Revision ist auch nicht wegen eines [X.] (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.

a) Das Oberverwaltungsgericht hat durch die Ablehnung des [X.]eweisantrags zu 2 weder seine Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) noch den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör (§ 108 Abs. 2 VwGO) verletzt. Der [X.]eweisantrag war darauf gerichtet, ein Sachverständigengutachten zum [X.]eweis der Tatsache einzuholen, dass die [X.] der Anlage wegen des Einsatzes ausschließlich geruchsarmer [X.] deutlich geringer sind als dies typischerweise in entsprechenden [X.] der Fall ist. In der mündlichen Verhandlung hat das Oberverwaltungsgericht den [X.]eweisantrag mit der [X.]egründung abgelehnt, dass die Frage der "Typizität" eine Rechtsfrage sei. Ob dies einer [X.]eweiserhebung über die von der klägerischen Anlage ausgehenden [X.] entgegenstand, kann dahinstehen. In den Entscheidungsgründen hat das Oberverwaltungsgericht ergänzend dargelegt, dass die [X.]eweisanträge zu "1, 3 und 4" abzulehnen waren, weil die unter [X.]eweis gestellten Tatsachen nicht auf die Genehmigung, sondern auf den - nach seiner Rechtsauffassung nicht entscheidungserheblichen - tatsächlichen [X.]etrieb abzielten ([X.]). Die Ausführungen beziehen sich ersichtlich auf die [X.]eweisanträge zu "1, 2 und 4", nicht auf den die Kosten der Einhausung betreffenden [X.]eweisantrag zu 3. Dass das Oberverwaltungsgericht mit dieser Auslegung den Inhalt des [X.]eweisantrags zu 2 verkannt habe, hat die Klägerin nicht dargelegt. Im Übrigen befindet grundsätzlich das Gericht selbst darüber, ob es zur Entscheidung des Rechtsstreits die Hilfe eines Sachverständigen benötigt; die [X.] ist nur dann verfahrensfehlerhaft, wenn das Gericht für sich eine ihm unmöglich zur Verfügung stehende Sachkunde in Anspruch nimmt oder wenn es sich in einer Frage für sachkundig hält, in der seine Sachkunde ernstlich zweifelhaft ist, ohne dass es für die [X.]eteiligten und für das zur Nachprüfung berufene Revisionsgericht überzeugend darlegt, dass ihm das erforderliche Fachwissen in genügendem Maße zur Verfügung steht ([X.]eschluss vom 14. September 1992 - [X.]VerwG 7 [X.] 130.92 - [X.] 406.401 § 31 [X.]NatSchG Nr. 2 = NVwZ 1993, 583 = juris Rn. 2 m.w.N.). Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt. Die Einschätzung des [X.], dass die Anlage der Klägerin hinsichtlich ihrer Geruchsintensität nicht atypisch sei, beruht auf der Feststellung, dass Klärschlamm, den die Klägerin im Rahmen der genehmigten Durchsatzmenge in beliebigem Umfang verarbeiten darf, im Gegensatz etwa zu strukturreichem Grünschnitt nicht als besonders geruchsarmer Stoff einzustufen ist, jedenfalls wenn - wie hier - die Genehmigung weder eine besondere Qualität (etwa den Grad der Ausfaulung) noch eine bestimmte Mengenbegrenzung oder ein bestimmtes Verhältnis zu geruchsarmen Stoffen regelt. Ausgehend davon, dass Nr. 5.4.8.5 Abs. 2 [X.]uchst. c Satz 2 [X.] Schlämme zu den geruchsintensiven Abfällen zählt, liegt diese [X.]eurteilung nahe und nicht außerhalb richterlichen [X.]. Einen entsprechenden Hinweis brauchte das Gericht der Klägerin deshalb nicht zu geben.

b) Die Ablehnung der [X.]eweisanträge zu 1 und 4 ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Der [X.]eweisantrag zu 1 war darauf gerichtet, ein Sachverständigengutachten zum [X.]eweis der Tatsache einzuholen, dass die von der Anlage der Klägerin ausgehende Geruchszusatzbelastung auch unter ungünstigen meteorologischen [X.]edingungen als irrelevant im Sinne der [X.] anzusehen ist. Diese Tatsache war - wie hier (1. a) und vom Oberverwaltungsgericht in der mündlichen Verhandlung bei Ablehnung des Antrags dargelegt - nicht entscheidungserheblich. In [X.]ezug auf den [X.]eweisantrag zu 4 wiederholt die Klägerin ihre materiellrechtliche Kritik daran, dass das Oberverwaltungsgericht die Anordnung der Einhausung trotz der als wahr unterstellten Kosten und des Fehlens einer messbaren Verringerung der Immissionen an den relevanten Messpunkten nicht als unverhältnismäßig angesehen hat (hierzu oben 1. b). Ein Verfahrensfehler ergibt sich daraus nicht.

3. Eine Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO hat die Klägerin nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechend dargelegt. Sie bezeichnet nicht - wie dies erforderlich wäre (vgl. [X.]eschluss vom 19. August 1998 - [X.]VerwG 7 [X.] 261.97 - [X.] 310 § 133 VwGO Nr. 26 = NJW 1997, 3328) - einen abstrakten, die Entscheidung des [X.] tragenden Rechtssatz, mit dem es von dem [X.]eschluss des [X.] vom 30. August 1996 - [X.]VerwG 7 [X.] - ([X.] 406.25 § 17 [X.]ImSchG Nr. 3) abgewichen sein sollte.

Meta

7 B 3/14

22.05.2014

Bundesverwaltungsgericht 7. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, 14. November 2013, Az: 2 L 67/12, Urteil

§ 5 Abs 1 S 1 Nr 1 BImSchG, § 5 Abs 1 S 1 Nr 2 BImSchG, § 17 Abs 1 S 1 BImSchG, § 17 Abs 2 BImSchG, § 48 Abs 1 S 1 Nr 4 BImSchG, Nr 5.4.8.5 Abs 2 Buchst c S 3 TA Luft 2002, Nr 6.2.1 TA Luft 2002, Nr 6.2.3.3 TA Luft 2002, GImRL ST

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 22.05.2014, Az. 7 B 3/14 (REWIS RS 2014, 5339)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 5339

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