Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.04.2004, Az. IV ZR 85/03

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 3462

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL [X.]/03

Verkündet am:

28. April 2004

Heinekamp

Justizobersekretär

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja

[X.]Z: nein _____________________

[X.] §§ 2313 Abs. 2 Satz 1, 2332 Abs. 1

Die Verjährung der auf Leistungen nach dem [X.] bezogenen Aus-gleichsansprüche entsprechend § 2313 Abs. 2 Satz 1, Abs. 1 Satz 3 [X.] beginnt mit Inkrafttreten des [X.]es (Bestätigung von [X.], 76).
Unerheblich ist, wann Ansprüche nach dem [X.] durch [X.] festgestellt werden.

[X.], Urteil vom 28. April 2004 - [X.]/03 - OLG München

LG Memmingen

- 2 -

[X.] hat durch den [X.], [X.], [X.], [X.] und [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 28. April 2004
für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des 24. Zivilsenats des [X.],
Zivilsenate in [X.], vom 20. Februar 2003 aufge-hoben und das Teil-, Grund- und Endurteil der 2. Zivilkammer des [X.] vom 31. Juli 2001 geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin. Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin macht im Wege der Stufenklage Pflichtteilsansprüche gemäß § 2313 [X.] geltend an Leistungen nach dem Gesetz zur Rege-lung offener Vermögensfragen ([X.] - [X.]). Die [X.] streiten in der Revisionsinstanz nur noch darüber, ob diese Ansprü-che verjährt sind.
- 3 -

Erblasser ist der Vater der Klägerin und des Beklagten zu 2) aus erster Ehe und Ehemann der früheren Beklagten zu 1) in zweiter Ehe, die von ihrer Tochter aus erster Ehe, der jetzigen Beklagten zu 1), beerbt worden ist. 1956 verließ er die ehemalige [X.]. Sein dort gelegener um-fangreicher Grundbesitz wurde daraufhin enteignet. Bis zu seinem Tod 1978 lebte er in der [X.]. In seinem notariellen Testament von 1978 setzte er die frühere Beklagte zu 1) und den Beklagten zu 2) zu Erben zu je 1/2 ein und enterbte die Klägerin. Die Erben zahlten ihr 1980 den Pflichtteil in Höhe von 1/8 nach dem im Zeitpunkt des Erbfalls fest-gestellten Nachlaß.

Nach der [X.] beantragten die Erben Restitution des enteigneten Grundbesitzes nach dem [X.]. Seit 1994 [X.] bislang 18 der betroffenen 31 Grundstücke [X.]. Auf die 1996 erhobene Klage erteilten die Beklagten nach entsprechender rechtskräftiger Verurteilung 1998 der Klägerin Auskunft über das enteig-nete Grundvermögen und den Stand der Restitutionsverfahren. Auf die-ser Grundlage verlangt die Klägerin nunmehr Ausgleichszahlungen in Höhe von 236.368,69 DM für den bereits [X.]en Grundbe-sitz sowie Feststellung der Ausgleichspflicht für noch [X.] oder zu entschädigende Grundstücke.

Das [X.] hat mit Teil-, Grund- und Endurteil den Zahlungs-antrag dem Grunde nach und den Feststellungsantrag uneingeschränkt zuerkannt. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgen sie ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

- 4 -

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg.

[X.] Das Berufungsgericht hält die pflichtteilsrechtlichen [X.] gemäß § 2313 [X.] nicht für verjährt, weil die [X.] erst mit der Entstehung der Ansprüche nach dem [X.] durch rechtserzeugende Akte der Verwaltung beginnen könne; das sei hier frühestens mit der ersten Grundstücksrückübertragung 1994 der Fall gewesen. Die Klageerhebung 1996 habe daher die dreijährige Frist des § 2332 Abs. 1 [X.] gewahrt.

Abgesehen davon wäre diese Frist auch dann nicht abgelaufen, gelte sie starr ab Inkrafttreten des [X.]es am 3. Oktober 1990. Der Klägerin sei es nicht möglich und zugleich auch nicht zumut-bar gewesen, die Verjährung etwa durch Erhebung einer Feststellungs-klage zu unterbrechen, weil es ihr noch bei Klageerhebung 1996 an der verwaltungsrechtlich fundierten Gewißheit gefehlt habe, ob das unbe-wegliche Vermögen des Erblassers in der ehemaligen [X.] nach dem [X.] überhaupt und insbesondere vollständig dem Nachlaß zuzurechnen sei.

I[X.] Das hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand. Das [X.] hat die Revision zugelassen, weil die gegenständliche spe-zielle Verjährungsproblematik einer höchstrichterlichen Klärung bedürfe. - 5 -

Der Senat hat die vom Berufungsgericht für klärungsbedürftig an-gesehene Rechtsfrage jedoch bereits entschieden. Die Verjährung der auf Leistungen nach dem [X.] bezogenen Ausgleichsansprüche entsprechend § 2313 Abs. 2 Satz 1, Abs. 1 Satz 3 [X.] beginnt mit Inkrafttreten des [X.]es. Die vom Berufungsgericht und der Revisionserwiderung für ihre abweichende Auffassung herangezogenen Gründe hat der Senat bereits bei seiner Rechtsprechung berücksichtigt und für nicht durchgreifend erachtet.

1. Nicht zu beanstanden ist die Anwendung des Erbrechts des [X.] ([X.]Z 131, 22, 26 ff.). Zutreffend zieht das Berufungsgericht für das Pflichtteilsbegehren auch § 2313 [X.] analog heran, wenn der [X.] vor dem Erbfall den Grundbesitz - wie hier durch die Enteignun-gen - endgültig verloren hatte und den Erben deswegen Vorteile auf-grund des [X.]es zufließen ([X.], 76, 78 ff.).

2. Nach gefestigter Rechtsprechung des Senats kommt es für den Beginn der Verjährung gemäß § 2332 Abs. 1 [X.] auf die Kenntnis des [X.] und der den Pflichtteilsberechtigten beeinträchtigenden Verfü-gung an sowie zusätzlich, wenn dem Nachlaß zuzurechnende [X.] erst durch eine (spätere) gesetzliche Neuregelung geschaffen wurden, auf die Entstehung dieser neuen Ansprüche ([X.], 76, 82 f.; Urteil vom 10. November 1976 - [X.] - FamRZ 1977, 128 f.). Bei den Ansprüchen nach dem [X.] ist maßgebli-cher Zeitpunkt der des Inkrafttretens dieses Gesetzes. Unerheblich ist dagegen, wann ein solcher Anspruch verbindlich, wie etwa durch [X.], festgestellt wird ([X.] 6 -

Beschluß vom 13. Dezember 1995 - [X.] - [X.] 1996, 117 zu [X.] [X.] 1996, 116 f., mit zustimmender [X.] Dressler, [X.] 1996, 117 f.; vgl. auch Senatsurteil vom 10. November 1976 aaO S. 129 f.; MünchKomm/[X.], [X.] 3. Aufl. § 2332 [X.]. 9 a; [X.]/ [X.], [X.] [1998] § 2332 [X.]. 24; [X.]/[X.]/[X.], [X.] § 2332 [X.]. 12).

Anders als das Berufungsgericht meint, spielt es daher keine Rol-le, ab wann der Erbe selbst im Verwaltungsverfahren Gewißheit über seinen Vermögenszuwachs erlangt. Denn ein zum Nachlaß gehörender Anspruch ist nicht deswegen ungewiß (und auch nicht zweifelhaft) im Sinne von § 2313 Abs. 2 [X.], wenn und weil die Höhe des Anspruchs noch nicht genau feststeht. [X.] ist ein Anspruch vielmehr nur, wenn nicht sicher ist, ob er überhaupt besteht oder einem anderen zusteht ([X.]Z 3, 394, 397; Senatsurteil vom 10. November 1976 aaO [X.]). Die [X.]heit über das Bestehen von [X.] war aber mit dem Inkrafttreten des [X.]es beseitigt. Von [X.] Zeitpunkt an konnten darauf bezogene Nachabfindungsansprüche jedenfalls im Wege der Feststellungsklage verfolgt werden (Senatsbe-schluß vom 13. Dezember 1995 aaO).

Ein solches verjährungsunterbrechendes Handeln ist dem [X.] entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts und der Revisionserwiderung auch zuzumuten. Dafür bedarf es nicht der verwaltungsrechtlich fundierten Gewißheit, inwieweit das ehemalige Grundvermögen des Erblassers nach dem [X.] dem Nach-laß zuzurechnen ist. Auf die Vorstellungen und Kenntnisse des [X.] vom Stande und insbesondere vom Wert des [X.] -

ses und etwaige bei ihm bestehende Unsicherheiten über das Ausmaß seiner Beeinträchtigungen kommt es gerade nicht an (Senatsurteile vom 25. Januar 1995 - [X.] - [X.] 1995, 219 unter [X.] und 10. November 1976 aaO [X.], jeweils m.w.[X.]).

Schließlich trifft auch die Auffassung des Berufungsgerichts nicht zu, daß eine Feststellungsklage vor rechtsbeständigem Abschluß des Restitutionsverfahrens scheitern würde, weil das Rechtsverhältnis erst durch die von der Verwaltung erzeugten Rechte entstünde. Es handelt sich vielmehr um vom [X.] erzeugte Ansprüche ([X.]/[X.], aaO § 2313 [X.]. 31). Denn die gesetzlichen Voraussetzungen von Rückerstattungs- und Entschädigungsansprüchen stehen auch im Hinblick auf die von der Revisionserwiderung geäußerten Zweifel bezüg-lich der Inhaberschaft bei mehreren Antragstellern seit dem Inkrafttreten des [X.]es fest (§§ 2, 3, 9 [X.]; zur Anspruchsdurchset-zung § 30 [X.]; vgl. auch [X.], 3489 zur sogenannten Kettenerbausschlagung). Damit bestehen auch an einem über § 256 ZPO - 8 -

feststellbaren Rechtsverhältnis keine Zweifel. Für die vom Berufungsge-richt gesehenen Leistungsverweigerungsrechte und Ähnlichkeiten mit der Rechtslage bei der Verfolgung unsicherer materiell-rechtlicher Ansprü-che, die einer Feststellungsklage entgegenstehen sollen, gibt es deshalb keine Grundlage.

Terno [X.] [X.]

[X.]

Dr. Kessal-Wulf

Meta

IV ZR 85/03

28.04.2004

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.04.2004, Az. IV ZR 85/03 (REWIS RS 2004, 3462)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 3462

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

IV ZR 232/12 (Bundesgerichtshof)


IV ZR 147/15 (Bundesgerichtshof)


IV ZR 147/15 (Bundesgerichtshof)

Entschädigung für Verlust eines Unternehmens durch NS-Unrecht: Verjährung von Pflichtteilsansprüchen gegen den Rechtnachfolger der jüdischen …


IV ZR 232/12 (Bundesgerichtshof)

Pflichtteilsanspruch: Verjährungsfristbeginn bei nachträglicher Kenntniserlangung des Berechtigten von Nachlassgegenständen


IV ZR 144/08 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.