Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.03.2010, Az. IV ZR 144/08

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 8412

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/08 Verkündet am: 17. März 2010 [X.], [X.] als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: [X.] § 2111 Wird einem Vorerben während der Dauer der Vorerbschaft ein enteignetes Grund-stück auf der Grundlage des [X.] zurück übertragen, welches ur-sprünglich im Eigentum des vor Inkrafttreten des [X.] (29. September 1990) verstorbenen Erblassers stand, so fällt das Eigentum am Grundstück in entsprechender Anwendung des § 2111 BGB mit dem Eintritt des [X.] in das Eigentum des Nacherben. [X.], Urteil vom 17. März 2010 - [X.]/08 - [X.] [X.] - 2 -

[X.] hat durch [X.], [X.], die Richterinnen Dr. [X.], [X.] und [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 10. März 2010 für Recht erkannt: Die Revision gegen das Urteil der 11. Zivilkammer des [X.] vom 11. Juni 2008 wird auf Kos-ten der Beklagten zurückgewiesen. Streitwert: 4.102,98 • Von Rechts wegen
Tatbestand:

Die [X.] nehmen die Beklagten auf Auszahlung eines beim [X.] hinterlegten Betrages in Höhe von 4.102,98 • in Anspruch. Die [X.] sind die Nacherben des am 8. November 1975 verstorbenen J.

Sch.

. [X.] war des-sen zweite Ehefrau [X.]. , die am 23. März 2006 verstor-ben ist. Die Beklagten sind die durch Testament eingesetzten Erben der [X.]. 1 Der Erblasser war ursprünglich Eigentümer mehrerer landwirt-schaftlicher Flächen in [X.]

. [X.] verließ er das Gebiet der [X.]. Mit Wirkung vom 27. Oktober 1959 wurde für die Grundstücke 2 - 3 -

zunächst der Rat der Stadt [X.]
als Treuhänder bestellt. Durch [X.] vom 26. Februar 1969 wurden die Grundstücke in Volkseigentum der LPG F. überführt. Mit Erbvertrag vom 19. April 1968 setzte der Erblasser seine zweite Ehefrau zur [X.] und seinen [X.] aus erster Ehe, [X.]. jun., als Nacherben ein, wobei an dessen Stelle dessen Abkömmlinge treten sollten. Die Ehefrau war berechtigt, die von ihr vorgenommene Erbeinsetzung zugunsten des Nacherben bzw. seiner Abkömmlinge jederzeit zu widerrufen. G.

Sch. jun. verstarb am 18. September 1980. Die [X.] sind seine Abkömmlinge.
Mit Bescheid des [X.] zur Regelung offener Vermögens-fragen des Landes [X.]
vom 7. Dezember 1994 wurden die Grundstücke auf die [X.] zurück übertragen. Die [X.] wurde im Grundbuch eingetragen, wobei ein Vermerk über die Vor- und Nacherb-schaft fehlt. Am 25. November 1995 schloss die [X.] mit der [X.]

einen Landpachtvertrag über die Grundstücke. Wegen des Streits der Parteien über das Eigentum an den Grundstücken hinterlegte die [X.]

den fälligen Pacht-zins für das vierte Quartal 2006 in Höhe von 4.102,98 • beim Amtsge-richt [X.]. 3 Das Amtsgericht hat die Beklagten verurteilt, der Auszahlung des beim [X.] hinterlegten Betrages von 4.102,98 • nebst aufgelaufener Zinsen an die [X.] zuzustimmen. Die hier-gegen eingelegte Berufung der Beklagten blieb ohne Erfolg. Mit der [X.] erstreben die Beklagten weiter die Abweisung der Klage. 4 - 4 -

Entscheidungsgründe: 5 Die Revision bleibt ohne Erfolg.

[X.] Das Berufungsgericht hat ausgeführt, den [X.] stehe ein Anspruch auf Zustimmung zur Auszahlung des hinterlegten Betrages zu, weil sie im Zeitpunkt des Nacherbfalles Eigentümer der an die [X.] übertragenen Grundstücke geworden seien. Zwar habe die [X.] die Grundstücke nicht unmittelbar von Todes wegen vom Erblasser geerbt, da sie im Zeitpunkt des [X.]es nicht mehr zu seinem Vermögen ge-hört hätten. Vielmehr sei ihr Eigentumserwerb durch den Rückübertra-gungsbescheid im Wege eines Hoheitsaktes erfolgt. Gleichwohl habe sie über die Grundstücke nicht unbeschränkt verfügen können, da sie nur deshalb in den Genuss der Restitution gelangt sei, weil der Erblasser ei-nen Vermögensverlust durch eine rechtswidrige Enteignung nach § 1 [X.] erlitten habe. 6 Dem stehe nicht entgegen, dass die Grundstücke zum Zeitpunkt des [X.]es nicht Teil des Nachlasses gewesen seien. Die [X.] beschränke sich nicht auf den konkreten [X.] im Zeitpunkt des [X.], sondern erfasse auch spätere Veränderungen. Insoweit sei es sachgerecht, die Regelung des § 2111 Abs. 1 BGB analog heranzuziehen. Sinn und Zweck des Restitutionsge-setzes sei es nämlich, den Rechtszustand wieder herzustellen, der zum Zeitpunkt vor der Enteignung, aber mit dem Erbfall bestanden habe. Es sei auch nicht einsehbar, warum im Verhältnis zwischen Vor- und Nach-erben der Vorerbe bzw. dessen Rechtsnachfolger einen Vorteil dadurch erlangen solle, dass die Ausgleichsleistung in Form der Übertragung des 7 - 5 -

Eigentums nicht schon in der Person des Erblassers, sondern erst in der-jenigen des Vorerben begründet worden sei. Bei anderen zeitlichen Ab-folgen stünde der Anspruch auf Rückübertragung des [X.] den Nacherben zu. Vom [X.] eröffnete Ansprüche trä-ten jedenfalls nach ihrem Sinn und Zweck an die Stelle verlorener Nach-lasswerte, auch wenn sie erst in der Person des Vorerben entstanden seien. I[X.] Das Berufungsurteil hält rechtlicher Nachprüfung stand. Den [X.] steht gegen die Beklagte gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. i.V. mit § 2130 Abs. 1 Satz 1, § 2139 BGB ein Anspruch auf Zustimmung zur Auszahlung des beim [X.] hinterlegten [X.] in Höhe von 4.102,98 • zu, da sie mit dem Nacherbfall Eigentü-mer der Grundstücke geworden und zu diesem Zeitpunkt nach §§ 2135, 1056 Abs. 1, 566 Abs. 1 BGB auch in den zwischen der [X.] und der Bauerngenossenschaft geschlossenen Pachtvertrag eingetreten sind. 8 1. Zutreffend ist zwar, dass die Grundstücke im Zeitpunkt des [X.] am 8. November 1975 mit dem Tod des Erblassers nicht mehr zum Nachlass gehörten, da der Erblasser spätestens mit der Überfüh-rung der Grundstücke in Volkseigentum durch Vertrag vom 26. Februar 1969 enteignet worden war. Auch [X.] hinsicht-lich der Grundstücke standen dem Erblasser im Zeitpunkt seines Todes nicht zu. Das [X.], das in § 3 einen derartigen Rücküber-tragungsanspruch zugunsten der Berechtigten und ihrer Rechtsnachfol-ger gemäß § 2 geschaffen hat, ist erst am 29. September 1990 in [X.] getreten. Eine durch den Erblasser vererbbare [X.] kann auch nicht darin gesehen werden, dass bezüglich des Eigentums bei ihm 9 - 6 -

noch "eine rechtlich geschützte Keimzelle" vorhanden gewesen sei ([X.] 157, 379, 385 zur Berücksichtigung von Restitutionsansprüchen im Zugewinnausgleich; [X.] Urteil vom 20. Juni 2007 - [X.] - FamRZ 2007, 1307 [X.]. 12). Im Zeitpunkt des Todesfalles des [X.] war völlig offen, ob und gegebenenfalls unter welchen Vorausset-zungen es zu einer [X.] der beiden [X.] [X.] kommen könnte. Da der Rückerwerb des enteigneten Vermögens hin-sichtlich seiner wirtschaftlichen Realisierung ungewiss war, konnte eine realisierbare [X.] überhaupt erst durch das Inkrafttreten des [X.] am 29. September 1990 ([X.] II 885, 1159 ff.) erlangt werden ([X.] aaO; [X.] 1992, 174, 175; [X.] 1994, 31, 33; [X.]/[X.], 4. Aufl. Einleitung vor § 1922 [X.]. 168).
2. Die Eigentümerstellung der [X.] an den Grundstücken ergibt sich auch nicht aus einer unmittelbaren Anwendung der Surroga-tionsvorschrift des § 2111 Abs. 1 Satz 1 BGB. Hiernach gehört zur [X.], was der Vorerbe aufgrund eines zur Erbschaft gehörenden Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entzie-hung eines Erbschaftsgegenstandes oder durch Rechtsgeschäft mit [X.] der Erbschaft erwirbt, sofern nicht der Erwerb ihm als Nutzung ge-bührt. Voraussetzung für die Anwendung dieser Vorschrift ist mithin, dass es sich um einen Erbschaftsgegenstand oder ein zur Erbschaft ge-hörendes Recht handelt. Das ist nicht der Fall. Der sich aus dem [X.] ergebende Rückerstattungsanspruch entsteht unmittelbar und originär in der Person des Berechtigten, hier der [X.] (vgl. [X.] 157, 379, 386; [X.], Urteil vom 20. Juni 2007 aaO [X.]. 17). Durch das [X.] ist keine rückwirkende Beseitigung der erfolgten Enteignungsmaßnahmen angeordnet worden, so dass die Restitution 10 - 7 -

auch nicht als Vollendung eines bereits mit dem Erbfall eingeleiteten Vollrechtserwerbs angesehen werden kann. Die alte Eigentumslage wird nicht "ex tunc" wieder hergestellt, sondern das [X.] be-gründet lediglich "ex nunc" einen in die Zukunft gerichteten Rückübertra-gungsanspruch ([X.] 157, 379, 388 f.; [X.], Urteil vom 20. Juni 2007, aaO). Soweit § 2 Abs. 1 Satz 1 [X.] die Berechtigung für den [X.] auch auf die Rechtsnachfolger des ursprünglich [X.] erstreckt, wird insoweit nur eine formale Anknüpfung an die Erbfolge gewählt, während eine Rechtsnachfolge im erbrechtlichen Sinn im [X.] auf das enteignete Vermögen durch sie nicht begründet wird. Eine unmittelbare Anwendung von § 2111 BGB kommt mithin nur in Betracht, wenn die Ansprüche nach dem [X.] noch in der Person des Erblassers entstanden sind, der Erbfall also nach dem Inkrafttreten des [X.] am 29. September 1990 eintrat (vgl. [X.]/Eden-hofer, [X.]. § 2111 [X.]. 4; [X.]/[X.], BGB [2003] § 2111 [X.]. 21; [X.]/[X.], 4. Aufl. § 2111 [X.]. 11). Ein derartiger Fall liegt hier indessen nicht vor, da der Erblasser bereits vor Inkrafttreten des [X.] verstorben ist. Auch der Senat ist in seiner Entscheidung zur entsprechenden Anwendung von § 2313 Abs. 2 Satz 1 i.V. mit Abs. 1 Satz 3 BGB davon ausgegangen, dass bei einem Erbfall vor Inkrafttreten des [X.] die durch dieses Gesetz eröffneten Ansprüche erst in der Person des Erben neu entste-hen ([X.] 123, 76, 79).
3. Allerdings ist, wenn der [X.] vor dem Inkrafttreten des [X.] eingetreten ist und dann dem Vorerben durch Rück-übertragungsbescheid Vermögenswerte nach § 3 [X.] übertragen werden, § 2111 Abs. 1 Satz 1 BGB entsprechend anzuwenden. 11 - 8 -

12 a) Zwar hat die Vorschrift des § 2111 BGB Ausnahmecharakter (Senatsurteil vom 7. Juli 1993 - [X.] - NJW 1993, 3198 unter I 1; [X.] 1928 Nr. 1592). Dies bedeutet indessen nicht, dass von [X.] keine entsprechende Anwendung zum Schutz des Nacherben möglich ist. Eine Analogie ist zulässig, wenn das Gesetz eine planwidri-ge Regelungslücke enthält und der zu beurteilende Sachverhalt in [X.] Hinsicht so weit mit dem Tatbestand vergleichbar ist, den der Ge-setzgeber geregelt hat, dass angenommen werden kann, der [X.] wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen ([X.] 171, 350 [X.]. 7; 120, 239, 252; 105, 140, 143).
b) Sinn und Zweck der dinglichen Surrogation des § 2111 BGB ist es, den Wert des Nachlasses als Sondervermögen bei Veränderungen seiner Bestandteile im Interesse des Nacherben zu erhalten ([X.] aaO [X.]. 1; [X.] aaO [X.]. 1). Bei der hier gebotenen wirtschaftli-chen Betrachtungsweise kann es nicht darauf ankommen, dass die in der früheren [X.] erfolgten Enteignungen nicht rückwirkend beseitigt, viel-mehr durch das [X.] originär ein ex nunc bestehender neuer Rückübertragungsanspruch geschaffen wurde. Entscheidend ist, dass die Ansprüche, die das [X.] eröffnet, mögen sie auch erst in der Person des Erben neu entstehen, ihrem Sinn und Zweck nach an die Stelle verlorener [X.] des Erblassers treten. 13 Auch für vergleichbare Interessenlagen wurde bereits eine ent-sprechende Anwendung des § 2111 BGB vorgenommen, so [X.] für Ansprüche nach dem [X.] ([X.] 44, 336, 339 f.; vgl. auch Senatsurteile vom 19. April 1972 - [X.] - [X.] -

1972, 803; vom 10. November 1976 - [X.] - FamRZ 1977, 128). Dasselbe hat der Senat angenommen für eine Entschädigung, die für 1946 in [X.] enteigneten Grundbesitz gewährt wurde (Senatsurteil vom 21. März 1956 - [X.] - NJW 1956, 1070). Ferner hat der Senat entschieden, dass im Pflichtteilsrecht § 2313 Abs. 2 Satz 1 i.V. mit Abs. 1 Satz 3 BGB analog anwendbar ist, wenn der Erbe aufgrund des [X.] ein vor dem Erbfall in der ehemaligen [X.] enteig-netes Grundstück des Erblassers entweder zurück erhält oder hierfür ei-ne Entschädigung bekommt ([X.] 123, 76). Auch hier ist kein Grund ersichtlich, weshalb dem Vorerben ein Vorteil daraus erwachsen sollte, dass die Ausgleichsleistungen nicht schon in der Person des Erblassers, sondern erst in der Person des Vorerben ent-standen sind. Der Umstand, ob der Erblasser vor oder nach Inkrafttreten des [X.] verstorben ist, rechtfertigt keine unterschiedli-che Behandlung dieser beiden Fallgruppen. Ist der Erblasser nach In-krafttreten des [X.] verstorben, so stand ihm ein [X.] nach dem [X.] zu, den er dem Vorerben ver-erben konnte, so dass dieser in den Nachlass fiel und entweder der [X.] selbst oder das aufgrund dieses Anspruchs Restituierte bei [X.] an den Nacherben fiel. Warum dies anders sein soll, nur weil der Erblasser vor Inkrafttreten des [X.] verstorben ist, ist nicht ersichtlich. Der Vorerbe profitiert nur deshalb von der durchgeführten Restitution, weil der Erblasser einerseits einen [X.] durch eine Enteignung gemäß § 1 [X.] erlitten, ande-rerseits aber den Vorerben zu seinem Rechtsnachfolger eingesetzt hat. Auch hier leitete die [X.] ihre Rechtsstellung an den zurück übertragenen Grundstücken alleine aus ihrer Position als alleinige [X.] ab, wie sich das ausdrücklich aus dem Bescheid des [X.] 15 - 10 -

zur Regelung offener Vermögensfragen des Landes [X.] vom 7. Dezember 1994 ergibt.
Wenn es Sinn und Zweck des [X.] ist, den Zu-stand wieder herzustellen, der ohne die Enteignung bestünde, so darf der Erbe - hier die [X.] - nicht besser stehen als er stünde, wenn überhaupt keine Enteignung stattgefunden hätte. Das wäre aber dann der Fall, wenn die [X.] die an sie zurück übertragenen Grundstücke, die ursprünglich im Eigentum des Erblassers standen, behalten bzw. an die Beklagten als ihre Erben weitergeben könnte, während die Klägerin-nen als Nacherbinnen leer ausgingen, obwohl ihnen die Grundstücke zu-gefallen wären, wenn es die Enteignung nicht gegeben hätte. Ansprüche aus dem [X.] unterfallen daher, auch wenn der Erbfall vor Inkrafttreten dieses Gesetzes eintrat, in entsprechender Anwendung dem § 2111 BGB (BayObLG FamRZ 1996, 189 [X.]. 11; [X.] 1994, 31, 34; [X.] 1992, 174, 175 f.). 16 4. Dieser entsprechenden Anwendung von § 2111 BGB steht auch nicht entgegen, dass nach der Rechtsprechung des XI[X.] Zivilsenats des [X.] nach dem [X.] bei dem Zugewinnausgleich nicht dem Anfangsvermögen gemäß § 1374 Abs. 1 BGB zuzurechnen sind und auch kein Erwerb von Todes wegen nach § 1374 Abs. 2 BGB vorliegt ([X.] 157, 379, 383 ff.; Urteil vom 20. Juni 2007 aaO [X.]. 13 ff.). Der XI[X.] Zivilsenat hat insoweit ausdrück-lich in Kenntnis der Entscheidung des Senats [X.] 123, 76 zur analo-gen Anwendung von § 2313 Abs. 1 Satz 3 i.V. mit Abs. 2 Satz 1 BGB entschieden (vgl. [X.] 157, 379, 389 f.). Eine unterschiedliche [X.] im Familien- und Erbrecht rechtfertigt sich zum einen daraus, dass es keine einheitlichen Stichtags- und Surrogationsregeln gibt. Sind beim 17 - 11 -

Zugewinnausgleich in §§ 1376, 1384 BGB klare Regeln für die [X.] mit dem Stichtagsprinzip enthalten, ist dies im Erbrecht mit den Sondervorschriften in § 2313 für bedingte, ungewisse oder unsichere Rechte im Pflichtteilsrecht oder bei § 2111 BGB mit der Surrogationsre-gelung bei Vor- und Nacherbschaft anders. Vor allem rechtfertigt sich ei-ne unterschiedliche Behandlung aber aus den verschiedenen Schutz-zwecken der gesetzlichen Regelungen. Der Zugewinnausgleich dient [X.], den einen Ehegatten an dem von dem anderen Ehegatten erzielten höheren Zugewinn während des Güterstandes der [X.] zu beteiligen. Das spricht dafür, zum Anfangsvermögen nur recht-lich geschützte Positionen mit wirtschaftlichem Wert zu zählen ([X.] aaO S. 384). Hierdurch soll verhindert werden, dass zu Lasten des be-rechtigten Ehegatten der Zugewinn des verpflichteten Ehegatten durch künstliche Korrekturen des Anfangsvermögens des verpflichteten Ehe-gatten nach oben vermindert wird (vgl. [X.] aaO S. 390 mit dem [X.] auf eine "erhöhte Manipulationsgefahr"). Darum geht es im Bereich der Vor- und Nacherbschaft nicht. Hier ist es Sinn und Zweck des § 2111 BGB, das vom Eigenvermögen des Vorerben zu trennende Sonderver-mögen des Erblassers bei Veränderung seiner Bestandteile im Interesse des Nacherben zu erhalten. Das kann nur gewährleistet werden, wenn Ansprüche, die das [X.] eröffnet, auch wenn sie erst in der Person des Vorerben neu entstehen, ihrem Sinn und Zweck nach an die Stelle der verlorenen [X.] des Erblassers treten.
5. Der Anspruch der [X.] auf Zustimmung zur Auszahlung des hinterlegten [X.] gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. i.V. mit § 2130 Absatz 1 Satz 1, § 2139 BGB scheitert auch nicht daran, dass der Pachtvertrag von der [X.] mit der [X.] geschlos-sen wurde und die Beklagten Erben der [X.] sind. 18 - 12 -

19 Beim Streit zwischen mehreren Forderungsprätendenten um die Freigabe eines hinterlegten Betrages kommt es allein auf die Berechti-gung im Außenverhältnis zum Schuldner, nicht dagegen auf das [X.] an ([X.] Urteile vom 15. Oktober 1999 - [X.] - NJW 2000, 291 unter [X.] a.; vom 13. November 1996 - [X.] - NJW-RR 1997, 495 unter [X.]). Nach § 2135 BGB findet aber, wenn der Vorerbe ein zur Erbschaft gehörendes Grundstück verpachtet und das Pachtverhältnis bei dem Eintritt der Nacherbfolge noch besteht, was hier jeweils der Fall ist, die Vorschrift des § 1056 BGB entsprechende Anwendung. § 1056 Abs. 1 BGB verweist seinerseits auf eine entsprechende Anwendung von § 566 BGB. Hieraus folgt, dass der Nacherbe mit Eintritt des Nacherbfalles unmittelbar in den vom Vorerben geschlossenen Vertrag eintritt und automatisch Vertragspartei wird, wäh-rend der Vorerbe aus dem Vertrag ausscheidet ([X.]/[X.], § 2135 [X.]r. 2; [X.] aaO § 2135 [X.]r. 5). Den [X.] steht mithin auch im Außenverhältnis zur [X.] ein unmittelbarer Anspruch auf Zahlung des [X.] zu, wes-halb sie von den Beklagten die Zustimmung zur Auszahlung des hinter-legten Betrages verlangen können.
6. Zu Unrecht macht die Revision schließlich geltend, die [X.] der Beklagten müsse als Gesamtschuldner gemäß § 2058 BGB er-folgen. Hierbei wird übersehen, dass beide Beklagte als Mitglieder der Erbengemeinschaft nach der [X.] ihre Zustimmung zur Auszahlung des hinterlegten Betrages geben müssen. Insoweit handelt es sich nicht um eine Gesamtschuld, bei der gemäß § 422 Abs. 1 Satz 1 BGB die [X.] - 13 -

füllung durch einen Gesamtschuldner auch für die übrigen Schuldner wirkt. Vielmehr liegt hier ein Fall einer gemeinschaftlichen Schuld vor.
[X.] [X.] Dr. [X.] [X.] [X.] Vorinstanzen: AG [X.], Entscheidung vom 29.10.2007 - 10 C 219/07 - [X.], Entscheidung vom 11.06.2008 - 11 S 192/07 -

Meta

IV ZR 144/08

17.03.2010

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.03.2010, Az. IV ZR 144/08 (REWIS RS 2010, 8412)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 8412

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