Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.05.2016, Az. 1 StR 114/16

1. Strafsenat | REWIS RS 2016, 11419

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:120516B1[X.]TR114.16.0

BUN[X.][X.]G[X.]RICHT[X.]HOF

B[X.][X.]CHLU[X.][X.]
1 [X.]/16

vom
12. Mai
2016
in der [X.]trafsache
gegen

wegen
[X.]chuldnerbegünstigung

-
2
-
Der 1. [X.]trafsenat des [X.] hat am 12. Mai
2016
gemäß §
349 Abs.
4 [X.]tPO beschlossen:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 29. Oktober 2015 mit den zugehö-rigen Feststellungen aufgehoben, soweit es ihn betrifft.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die [X.]ache zu neuer Verhand-lung und [X.]ntscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen [X.]chuldnerbegünstigung zu einer Geldstrafe von 160 Tagessätzen zu je 50 [X.]uro verurteilt und angeordnet, dass hiervon 40 l-streckt gelten. Die Revision des Angeklagten hat mit der näher ausgeführten [X.]achrüge [X.]rfolg.
I.

1. Das [X.] hat Folgendes festgestellt:
Der als Rechtsanwalt tätige Angeklagte war im Jahr
2006 von dem [X.] Mitangeklagten [X.]

mit der [X.]chuldenregulierung betraut wor-
den. Der Mitangeklagte [X.]

hatte schon seit dem [X.] seine Zahlungen
eingestellt und im [X.] mindestens 900.000 [X.]uro [X.]chulden. Im April 2006 1
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gab
[X.]

die eidesstattliche Versicherung ab und erklärte dabei, keine pfänd-
bare Habe zu besitzen. Als faktischer Geschäftsführer war er allerdings weiter-hin wirtschaftlich im Bau-
und Baunebengewerbe tätig.
Der Angeklagte wurde im [X.] von [X.]

regelmäßig mit seiner
Vertretung und der Vertretung der von [X.]

faktisch geführten Firmen beauf-
tragt. Der Angeklagte wusste um die finanzielle [X.]ituation von [X.]

und darum,
dass dieser seit geraumer Zeit seine Zahlungen eingestellt hatte. [X.]r wusste auch, dass [X.]

s [X.]hefrau ebenfalls zahlungsunfähig war und eine [X.]chulden-
regulierung anstrebte. Der Angeklagte hatte [X.]

mitgeteilt, dass eine außer-
gerichtliche [X.]chuldenregulierung nur sinnvoll betrieben werden könne, wenn eine Geldsumme in Höhe von ca. 5 % der Gesamtschulden zur Verfügung [X.], die den Gläubigern angeboten werden könne. Ausgehend von der Höhe der
bekannten [X.]chulden hatte der Angeklagte einen Betrag in Höhe von 50.000 [X.]uro genannt. [X.]

kündigte dem Angeklagten den [X.]ingang von 50.000 [X.]uro
an und erläuterte dazu, sein [X.]chwager gewähre ihm ein Darlehen über diese [X.]umme zum Zweck der [X.]chuldenbereinigung. [X.]r, [X.]

, könne frei über dieses
Geld verfügen.
Der [X.]chwager des Mitangeklagten [X.]

,

A.

, überwies
auf ein Rechtsanwaltsanderkonto des Angeklagten am 30. Oktober 2006 einen l-denregulierung [X.]

.

,

wegen

.

-
delte es sich bei den 50.000 [X.]uro um den Teil einer Provisionszahlung einer von [X.]

faktisch geführten Firma, die [X.]

über seinen [X.]chwiegervater sei-
nem [X.]chwager mit der Aufforderung hatte zukommen lassen, den Betrag an den Angeklagten zu überweisen. Dies wusste der Angeklagte indes nicht, der 4
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-
glaubte, es handele sich bei dem Geld um ein Darlehen des [X.]chwagers

A.

.
Der Angeklagte forderte [X.]

in der Folgezeit mehrfach erfolglos auf,
ihm eine vollständige Gläubigerliste zum Zweck der angestrebten [X.]chuldenre-gulierung zu überlassen. Da es dazu nicht kam, nahm der Angeklagte auch keinen Kontakt zu den Gläubigern auf. Im Dezember 2007 forderte [X.]

vom
Angeklagten die Auszahlung der Geldsumme. Am 18. Dezember 2007 erschien
[X.]

mit seiner Nichte [X.].

bei dem Angeklagten, alle drei fuh-
ren zur [X.]parkasse und der Angeklagte hob das Geld ab. Zurück in den Kanzlei-räumen erklärte [X.]

dem Angeklagten, seine Nichte solle das Geld erhalten,
damit er nicht als [X.]mpfänger seines Geldes in [X.]rscheinung trete. Der Ange-klagte war damit einverstanden und ließ eine Quittung des Inhalts vorbereiten, dass 50.000 [X.]uro von

A.

an [X.].

achen H.

.

unterschrieb
die mit einem Kanzleistempel des Angeklagten versehene Quittung. Der Ange-klagte übergab sodann das Bargeld an [X.].

. Der Mitangeklagte
[X.]

forderte
kurz danach seine Nichte [X.].

in den Kanzleiräumen in An-
wesenheit des Angeklagten auf, ihm das Geld zu übergeben, was [X.].

auch
sogleich tat. [X.]

steckte das Geld ein und verließ mit seiner Nichte die Kanz-
lei.
Was mit der Geldsumme geschah, konnte nicht aufgeklärt werden. Bei der Quittungsausstellung und der Übergabe des Geldes an die Nichte von [X.]

ging es dem Angeklagten und [X.]

darum, den Weg des Geldes zu ver-
schleiern, um den Gläubigern des Mitangeklagten [X.]

die Vollstreckung zu
erschweren und dem Mitangeklagten [X.]

den Zugriff auf das Geld zu erhal-
ten. Am 12. August 2010 stellte der Mitangeklagte [X.]

einen Insolvenzantrag
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über sein Vermögen, das Insolvenzverfahren wurde am 13. Oktober 2010 er-öffnet.
2. In rechtlicher Hinsicht hat die [X.]trafkammer das Verhalten des Ange-klagten als [X.]chuldnerbegünstigung nach § 283d Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 [X.]tGB ge-wertet. Der Angeklagte, der um die Zahlungseinstellung von [X.]

gewusst
habe, habe die Geldsumme bewusst und gewollt vor den Gläubigern des
[X.]

verheimlicht, indem er sie mittels einer unrichtigen Quittung an die Nichte des

[X.]

ausgezahlt habe.
II.

Die Feststellungen tragen den [X.]chuldspruch nicht.
1. Nach den Feststellungen liegt die von der [X.]trafkammer angenomme-

a) Verheimlichen ist jedes Verhalten, durch das ein Vermögensbestand-teil oder dessen Zugehörigkeit zur Insolvenzmasse der Kenntnis des [X.] oder der Gläubiger entzogen wird (vgl. [X.]enat, Beschluss vom 14.
März 2016

1 [X.]tR 337/15, NJW 2016, 1525; RG, Urteil vom 2. Mai 1930

I 296/30, RG[X.]t 64, 138, 140; [X.], Beschluss vom 18. Juni 1997

1 Ws 56/97, N[X.]tZ 1997, 551; [X.]/[X.] in: MüKo-[X.]tGB,
2. Aufl., § 283 Rn. 17). [X.]in Verheimlichen kann nicht nur durch Verbergen einer [X.]ache verwirklicht werden (vgl. hierzu etwa [X.]enat, Urteil vom 20. Dezember 1957

1 [X.]tR 492/57, [X.][X.]t 11, 145, 146; RG aaO), sondern auch durch die Behauptung eines den Gläubigerzugriff hindernden Rechts (RG aaO [X.]. 141), durch falsche Auskunft gegenüber dem Insolvenzverwalter über die Vorausset-zungen eines Anfechtungsrechts (RG, Urteil vom 29. Februar 1932

III 984/31, 8
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RG[X.]t 66, 152 f.) oder durch falsche Angaben im Rahmen der Abgabe einer eidesstaatlichen Versicherung (vgl. [X.]enat aaO). Vollendet ist die Tat erst durch [X.]intritt eines zumindest vorübergehenden Täuschungserfolgs; das auf die [X.] gerichtete Verhalten allein genügt nicht ([X.]/[X.] aaO; [X.], 63. Aufl., § 283
Rn. 5; [X.]/[X.] in: [X.]chönke/[X.], 29. Aufl., § 283 Rn. 5).

s-gründe nicht. Denn es ist weder festgestellt, dass die ausgestellte Quittung ge-genüber Gläubigern oder dem Insolvenzverwalter verwendet wurde, noch ergibt sich aus dem Urteil, dass die Übergabe der 50.000 [X.]uro an die Nichte des in-solventen Mitangeklagten [X.]

zur [X.]ntziehung dieses Vermögensbestandteils
zum Nachteil der Gläubiger führte. [X.]chließlich wurde das Geld
von ihr noch in den Kanzleiräumen an ihren Onkel übergeben und damit seinem Vermögen wieder zugeführt.
2. Den Urteilsfeststellungen ist auch nicht zu entnehmen, dass sich der Angeklagte wegen vollendeten Beiseiteschaffens im [X.]inne von § 283d Abs. 1 [X.]tGB strafbar gemacht hätte.
a) [X.]in Beiseiteschaffen liegt vor, wenn ein zum Vermögen des [X.]chuld-ners gehörender Vermögensgegenstand dem alsbaldigen Gläubigerzugriff ent-zogen oder der Zugriff zumindest wesentlich erschwert wird. Dies kann entwe-der durch eine Änderung der rechtlichen Zuordnung eines Vermögensgegen-standes oder eine Zugriffserschwerung aufgrund tatsächlicher Umstände [X.] ([X.], Urteil vom 29. April 2010

3 [X.]tR 314/09, [X.][X.]t 55, 107, 113 mwN; vgl. auch [X.]enat, Beschluss vom 22. Januar 2013

1 [X.]tR 234/12, NJW 2013, 949, 950).
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b) Durch die Auszahlung der 50.000 [X.]uro an die Nichte des [X.] und die anschließende Übergabe des Geldes an den Mitangeklagten
[X.]

ist dieses Geld wieder dem Vermögen des [X.]chuldners zugeflossen, also

dessen Vermögen nicht zum Nachteil der Gesamtheit der Gläubiger verringert worden. Letztlich sollte durch das Geschehen auch nach der Vorstellung des Angeklagten dem Mitangeklagten [X.]

der Zugriff auf sein Geld erhalten wer-
den (UA [X.]. 15).
III.

[X.]s ist nicht ausgeschlossen, dass noch Feststellungen getroffen werden, die eine Verurteilung des Angeklagten wegen [X.]chuldnerbegünstigung oder we-gen Versuchs (§ 283d Abs. 2 [X.]tGB) rechtfertigen. Um der neuen [X.]trafkammer widerspruchsfreie Feststellungen zu ermöglichen, hebt der [X.]enat die getroffe-nen Feststellungen insgesamt auf.
Raum [X.] Mosbacher

[X.]

Bär
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16

Meta

1 StR 114/16

12.05.2016

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.05.2016, Az. 1 StR 114/16 (REWIS RS 2016, 11419)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 11419

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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(Erforderliche Feststellungen bei einer Beitragsvorenthaltung)


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1 StR 114/16

1 StR 337/15

3 StR 314/09

1 StR 234/12

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