Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.10.2017, Az. II ZR 277/15

II. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 4221

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:101017UIIZR277.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
IM NAMEN [X.]S VOLKES
URTEIL
II [X.]/15
Verkündet am:
10. Oktober 2017
Stoll,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

-
2
-

Der II.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 10. Oktober 2017 durch [X.]
Dr.
Drescher, [X.], [X.] und Dr.
Bernau sowie die Richterin Grüneberg
für Recht erkannt:
Auf die Revision des [X.]n wird das Urteil des 11.
Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 14.
August
2015 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Der [X.] ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der D.

GmbH
&
Co.
T.

KG (im Folgenden: Schuldnerin), einer [X.], an der sich der Kläger im Februar 1998 als Kommanditist beteiligte. Der Kläger erhielt in der Folgezeit, wie in §
11 Nr.
3 des Gesellschaftsvertrags vorgesehen, gewinnunabhängige 1
-
3
-

Ausschüttungen. Mit Schreiben vom 28. Dezember 2009 forderte die [X.] die Kommanditisten auf, einen Teil der "als Darlehen gewährten Ausschüt-tungen"
zu erstatten. Der Kläger zahlte daraufhin 10am 21.
November
2013 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin meldete der Kläger einen Anspruch auf Rückgewähr dieses, nach seiner Auffassung [X.] geleisteten Betrages zur Insolvenztabelle an. Der [X.] bestritt die Forderung.
Das [X.] hat der auf Feststellung der angemeldeten Forderung zur
Insolvenztabelle im Rang des §
38
[X.] gerichteten Klage stattgegeben
und dies auf §
812 Abs.
1 Satz
1 BGB gestützt. Der [X.] hat in dem von ihm angestrengten Berufungsverfahren [X.] hat das Rechtsmittel
als unzulässig verworfen. Hiergegen wendet sich der [X.] mit seiner vom Senat zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:
Die Revision des [X.]n hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des an-gefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.].
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im [X.] ausgeführt:
Der [X.] habe seine Berufung auf die Frage der derzeitigen Fällig-keit des geltend gemachten Feststellungsanspruchs beschränkt. Diese [X.] sei jedoch unzulässig und damit unwirksam.
Das vom [X.]n im 2
3
4
5
-
4
-

Hinblick auf die Anspruchsnorm des §
110
HGB geltend gemachte Verbot der Doppelanmeldung des §
44
[X.], aus der er den Einwand mangelnder Fällig-keit herleite, stelle kein Verteidigungsmittel dar, bei dem es sich um einen tat-sächlich und rechtlich selbständigen und abtrennbaren Teil des Gesamtstreit-stoffs handele. Denn dieses Verteidigungsmittel betreffe nur eine der beiden in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen; in Bezug auf §
812
BGB verteidige sich der [X.] mit dem dolo-agit-Einwand.
Die Unzulässigkeit der Berufungsbeschränkung führe zwar dazu, dass die Beschränkung unwirksam sei und die Berufung das gesamte erstinstanzli-che Urteil erfasse. Das Berufungsgericht sei aber daran gehindert, über den gesamten Streitstoff zu entscheiden, da der [X.] keinen
uneingeschränkten Klageabweisungsantrag gestellt habe; andernfalls würde das Gericht dem [X.] unter Verstoß gegen §
528
ZPO mehr zusprechen, als er beantragt ha-be. Trotz Hinweises des Senats habe es der [X.] bei seinem unzulässig eingeschränkten Klageabweisungsantrag belassen.
Nur ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass die Klage im Falle eines unbeschränkten [X.] nicht lediglich als zurzeit unbegründet, sondern als endgültig unbegrün-det abzuweisen gewesen wäre.
II.
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Berufung des [X.]n ist zulässig.
1. Eine Unzulässigkeit der Berufung aus den vom Berufungsgericht [X.] Gründen kam schon deshalb nicht in Betracht, weil die unwirksame Beschränkung eines Rechtsmittels nicht zu dessen Unzulässigkeit führen kann.
Soweit das Berufungsgericht gleichwohl angenommen hat, dass der [X.] einen eingeschränkten Klageabweisungsantrag gestellt habe, an den es gemäß 6
7
8
-
5
-

§
528
ZPO gebunden sei, hätte es jedenfalls
in den durch diese Vorschrift be-stimmten Grenzen
eine Sachentscheidung treffen
müssen.

2. Das Berufungsgericht war im Übrigen aus prozessualen Gründen nicht daran gehindert, die Klage schlechthin abzuweisen und damit die von ihm in der Sache für richtig gehaltene Entscheidung zu treffen.
a) Gemäß §
528
ZPO ist das Berufungsgericht an die [X.] gebunden. Dies umfasst auch die Bindung an den Antrag des [X.]n, sofern er Berufungsführer ist (vgl. [X.] in [X.]/Schütze, ZPO, 4.
Aufl., §
520 Rn.
56). Nach §
528 Satz
2
ZPO darf das Urteil des ersten Rechtszugs nur in-soweit abgeändert werden, als eine Abänderung beantragt ist.
Ob hieraus das Verbot
zu entnehmen
ist, die Klage schlechthin abzuwei-sen, wenn der [X.] mit seiner Berufung lediglich eine Klageabweisung als zurzeit unbegründet begehrt, mag
im Hinblick auf die Rechtsprechung des [X.],
nach der das gleichfalls aus §
528
ZPO folgende [X.] die endgültige
Klageabweisung auf die Berufung des [X.]
gegen ein die Klage nur als zurzeit unbegründet [X.] Urteil nicht hindert
(vgl. [X.], Urteil vom 21.
April
1988

VII
ZR
372/86, [X.]Z 104, 212, 214
f.; Urteil vom 11.
Dezember
1991

VIII
ZR
31/91, [X.]Z 116, 278, 292; Urteil vom 1.
Dezember
1994

III
ZR
33/94, [X.], 771, 773; Urteil vom 1.
November 2001

V
ZR
224/00, UR
2002, 91, 95; Urteil vom 21.
Dezember
2012

[X.], [X.], 1963 Rn. 34),
zweifelhaft
sein, muss aber im vorliegenden Fall nicht entschieden werden.
b) Im Streitfall richtete sich der Berufungsantrag des [X.]n trotz der Formulierung "als zur [X.] unbegründet"
im Ergebnis auf eine Klageabweisung 9
10
11
12
-
6
-

schlechthin und beschränkte sich nicht, wie vom Berufungsgericht angenom-men, auf die Frage der Fälligkeit.
aa)
[X.] unterliegen

nicht anders als Klageanträge (vgl. dazu [X.], Urteil vom 21.
Juni 2016

II
ZR
305/14,
WM 2016, 1599 Rn.
12
f. mwN)

der Auslegung, die das Revisionsgericht,
da eine Prozesserklärung be-troffen ist, selbst vornehmen kann
([X.], Beschluss vom 27.
Oktober
2010

XII
ZB
136/09, NJW-RR 2011, 148 Rn. 18 mwN). Gerade der hier formulierte Berufungsantrag macht es erforderlich, zur Bestimmung seines Inhalts und sei-ner Reichweite die Berufungsbegründung heranzuziehen. Denn der Einschub "zurzeit unbegründet"
gibt noch keinen Aufschluss über die für die Rechtskraft-wirkungen einer antragsgemäßen Entscheidung wesentliche Frage, welcher Hinderungsgrund einem derzeitigen Erfolg der Klage entgegenstehen soll.
[X.])
Die
danach gebotene Einbeziehung
der Berufungsbegründung führt
im Streitfall
zu dem
eindeutigen
Ergebnis, dass der [X.] seine Rechtsver-teidigung nicht, wie das Berufungsgericht annimmt, auf die Frage der derzeiti-gen Fälligkeit des geltend gemachten Feststellungsanspruchs beschränkt hat.
Vielmehr ist er dem Klagebegehren, dem das [X.] in vollem Umfang entsprochen hatte, umfassend entgegengetreten.
(1)
Der [X.] hat seine Antragstellung wie folgt begründet: Dem Klä-ger stehe kein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung zu, weil er sich durch die Zahlung an die Schuldnerin
seiner [X.] habe entledigen wollen und deshalb nicht [X.] geleistet habe. Zumindest könnten ei-nem etwaigen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung Gläubigerforde-rungen nach §§
128, 171, 172
HGB im Wege der Aufrechnung oder der [X.] entgegengehalten werden. Der Kläger habe zwar stattdessen einen Regressanspruch aus §
110 HGB, der aber nicht derzeit, sondern
gemäß 13
14
15
-
7
-

§
44
[X.] erst dann zur Tabelle festgestellt werden könne, wenn zuvor alle Gläubiger, denen der Kläger
aus §§
128, 171, 172
HGB hafte, befriedigt worden seien. Erst wenn die vorhandene Masse an diese Gläubiger ausgeschüttet [X.] und insofern deren Vollbefriedigung eingetreten sei, könne der Regressan-spruch des
[X.] als Insolvenzforderung festgestellt werden.
(2) Danach hat sich der [X.] nicht darauf beschränkt, die Fälligkeit der angemeldeten Forderung in Abrede zu stellen, was einer derzeitigen Fest-stellung zur Insolvenztabelle auch nicht
ohne weiteres entgegenstünde

41 Abs.
1
[X.]; zu Forderungen mit ungewissem Fälligkeitseintritt vgl.
[X.]/Bitter,
3.
Aufl., §
41
Rn.
8
und §
42 Rn.
11; K.
Schmidt/[X.], [X.], 19.
Aufl., § 42 Rn. 7). Er hat
vielmehr
eingewandt, dass ein Anspruch aus §
812 Abs.
1 Satz
1 Fall
1
BGB, wie ihn der [X.] seiner Forderungsanmeldung zugrunde gelegt
hat, nicht bestehe oder jedenfalls nicht durchsetzbar sei. [X.] hat der [X.] dem Kläger stattdessen einen

zurzeit noch nicht zur Tabelle feststellbaren

Anspruch aus §
110
HGB, der indes von anderen bzw. zusätzlichen tatsächlichen Voraussetzungen abhängig ist und den der [X.] zudem mit inhaltlichen Einschränkungen belegt hat. Ob mit
der Einbeziehung eines Anspruchs aus §
110 HGB
die Grenzen des Streitgegenstandes, über den das [X.] entschieden hat, überschritten wären, kann
hier
offenbleiben. Jedenfalls entsprach der Lösungsvorschlag
des [X.]n unabhängig von dem hiermit verbundenen zeitlichen Aufschub auch in seinen inhaltlichen Auswirkungen nicht dem Begehren des [X.], so dass er sich als eine über die Fälligkeitsfrage deutlich hinausgehende Verteidigung gegen das Klagebegehren darstellt.
Der Klageantrag richtet sich auf die Feststellung der angemeldeten [X.] zur Insolvenztabelle im Rang des §
38
[X.]
und
zielt
damit auf eine im 16
17
-
8
-

Verhältnis zu den anderen [X.] gleichberechtigte Befriedigung. Würde demgegenüber
gemäß den mit der Berufungsbegründung vorgebrach-ten Einwänden
des [X.]n
verfahren, würde der Erfolg des
Feststellungsbe-gehrens
des [X.]
nicht nur zeitlich hinausgeschoben oder von dem Eintritt einer Bedingung abhängig gemacht. Vielmehr würde dem Klagebegehren auch
in
der Sache nicht entsprochen. Denn statt der mit dem Klageantrag angestreb-ten Feststellung der angemeldeten Forderung im Rang des §
38
[X.], die auf eine
gleichberechtigte Befriedigung mit den anderen [X.] aus-gerichtet ist, würde der Kläger auf eine im Ergebnis nachrangige Berücksichti-gung seiner Forderung verwiesen. Nach dem Eintritt der von dem [X.]n formulierten Eintragungsvoraussetzungen verbliebe dem Kläger im Insolvenz-verfahren eine Gläubigerstellung, die er in dieser Form gerade
nicht anstrebt.
Demnach erweist sich
die vermeintliche Einschränkung in dem
Beru-fungsantrag des [X.]n unter
Berücksichtigung der
zur Auslegung des [X.] heranzuziehenden
Begründung lediglich als ein

rechtlich unbeacht-licher

Versuch, dem Berufungsgericht für die angestrebte Klageabweisung einen bestimmten Begründungsweg vorzugeben.
Hieran ändert nichts, dass der [X.] auf Nachfrage des Berufungsgerichts an der Formulierung seines [X.] festgehalten hat.
18
-
9
-

III.
Das Berufungsurteil ist danach aufzuheben (§
562 Abs.
1
ZPO). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§
563 Abs.
1 Satz
1 und Abs.
3
ZPO), das die zur Beurteilung der Begründetheit der Klage erforderli-chen Feststellungen zu treffen und rechtlich zu bewerten haben wird.

Drescher
[X.]
[X.]

Bernau

Grüneberg

Vorinstanzen:
LG [X.], Entscheidung vom 29.01.2015 -
334 O 157/14 -

OLG [X.], Entscheidung vom 14.08.2015 -
11 [X.] -

19

Meta

II ZR 277/15

10.10.2017

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.10.2017, Az. II ZR 277/15 (REWIS RS 2017, 4221)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 4221

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V ZR 221/11

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