Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.12.2008, Az. VI ZB 63/07

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 507

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[X.]/07 vom 2. Dezember 2008 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja ZPO § 91 Abs. 1 Satz 2 Einer juristischen Person kann wegen der Teilnahme ihres Geschäftsführers an einem Gerichtstermin ein Anspruch auf Verdienstausfall zustehen. [X.], Beschluss vom 2. Dezember 2008 - [X.]/07 - [X.]

[X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 2. Dezember 2008 durch die Vizepräsidentin Dr. [X.], [X.], die Richterin [X.] und [X.] und Zoll beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluss des [X.] vom 25. September 2007 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung - auch über die Kosten des [X.] - an das Beschwerdegericht zu-rückverwiesen. Gegenstand des [X.]: 212,16 • Gründe: [X.] Die Klägerin hat gegen die Beklagten ein rechtskräftiges Endurteil er-wirkt, nach dem die Beklagten als Gesamtschuldner die Kosten des [X.] zu tragen haben. 1 Im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens beantragte die Klägerin, den Verdienstausfall ihres Geschäftsführers für die Teilnahme an zwei [X.] festzusetzen. Zu diesen Terminen hatte das Amtsgericht das persönliche Erscheinen der [X.]en angeordnet. 2 - 3 - 3 Das Amtsgericht hat die Festsetzung des Verdienstausfalls abgelehnt. Das [X.] hat die sofortige Beschwerde der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Klägerin ihren Antrag auf Festsetzung des Verdienstausfalls weiter. I[X.] Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässig. 4 1. Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, die gerichtliche Vertretung einer GmbH gehöre zu den gesetzlichen Aufgaben des Geschäftsführers und sei deshalb von seiner Vergütung abgedeckt. Daher sei die Vertretung der [X.] vor Gericht nicht als Arbeitskraftausfall des Geschäftsführers anzuse-hen und der geltend gemachte Verdienstausfall nicht zu ersetzen. 5 2. Dagegen wendet sich die Rechtsbeschwerde mit Erfolg. 6 a) Die Frage, ob einer juristischen Person wegen der Teilnahme ihres Geschäftsführers an einem Gerichtstermin ein Anspruch auf Verdienstausfall wegen der dadurch eingetretenen [X.] zusteht, ist umstritten. [X.] in der älteren Rechtsprechung wird die Auffassung vertreten, der "[X.]" eines Geschäftsführers sei nicht erstattungsfähig, weil die Vor-aussetzungen des § 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO i.V.m. § 2 Abs. 2 [X.] a.F. bzw. §§ 20, 22 [X.] nicht vorlägen. Ein Geschäftsführer versäume durch die Teil-nahme an einer mündlichen Verhandlung keine Arbeitszeit. Die gerichtliche Vertretung einer juristischen Person gehöre zu den gesetzlichen Aufgaben des Geschäftsführers und sei daher von seiner Vergütung abgedeckt. Die gericht-liche Durchsetzung der unternehmerischen Betätigung diene ebenso der [X.] - 4 - winnerzielung wie die Betätigung selbst. Ein Verdienstausfall könne daher nicht eintreten (vgl. [X.]. LSA 2004, 128 und [X.] 2002, 327, 328; [X.] OLGR 1993, 315; [X.] 1984, 673; [X.] 1978, 1026). Entgegen dieser auch vom Beschwerdegericht vertretenen Auffassung billigt die überwiegende Rechtsprechung, teilweise unter Aufgabe ihrer früher abweichenden Meinung, einer juristischen Person gemäß § 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO i.V.m. § 2 [X.] a.F., §§ 20, 22 [X.] eine Entschädigung für Zeitver-säumnis jedenfalls dann zu, wenn - wie hier - das Gericht zu einem Verhand-lungstermin das persönliche Erscheinen eines ihrer Organe oder eines sach-kundigen Mitarbeiters angeordnet und die [X.] eine solche Person zu dem Termin entsandt hat (vgl. KG, [X.] 2007, 707 f.; [X.] OLGR 2005, 776, 777 f.; [X.] OLGR 2001, 391 f.; [X.] OLGR 2000, 237 f.; [X.] OLGR 2000, 61 f.; [X.], 295; [X.] OLGR 1999, 145; [X.] OLGR 1997, 360 ff.; [X.] OLGR 1997, 15 f.; [X.] OLGR 1997, 97 unter Aufgabe von [X.] [X.] 1984, 673; vgl. auch [X.] NJW 2006, 270, 275; [X.]/ [X.], ZPO, 27. Aufl., § 91 Rn. 13 "Allgemeiner Prozessaufwand" "Zeitver-säumnis"). b) Die letztgenannte Auffassung ist richtig. Nach § 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO umfasst die Kostenerstattung auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Ter-minen entstandene [X.]; die für die Entschädigung von Zeugen gel-tenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden. Darin lag bis zum 30. Juni 2004 eine Verweisung auf § 2 [X.] "Entschädigung von Zeugen". Diese er-fasste sowohl den Verdienstausfall (§ 2 Abs. 1 [X.]) als auch sonstige Nachteile (vgl. § 2 Abs. 3 Satz 5 [X.]). Seit dem 1. Juli 2004 verweist die [X.] auf das Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz ([X.]), also die 8 - 5 - §§ 19 ff. [X.]. Nach diesem Gesetz ist in § 20 eine Entschädigung für Zeitver-säumnis und in § 22 eine Entschädigung für Verdienstausfall vorgesehen. 9 Auch wenn in § 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO nur die [X.] genannt ist, steht dies einem Ersatz des Verdienstausfalls - wie nach § 2 [X.] a.F. - nicht entgegen. Unabhängig davon, ob man den "Verdienstausfall" schon von dem Begriff "[X.]" mit umfasst sieht, ist durch die Verweisung in § 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO auch eine Entschädigung für den Verdienstausfall im Sinne des § 22 [X.] mit erfasst. Der Gesetzgeber hat bei der Neuregelung des [X.] durch das [X.] vom 5. Mai 2004 ([X.] I 2004 S. 718) das [X.] durch das [X.] ersetzt, dabei aber § 91 Abs. 1 ZPO nicht an die Neuregelung des [X.] angepasst. Es handelt sich daher um einen typischen Fehler der Gesetzgebung, bei der die Anpassung der Verweisungen nicht exakt erfolgt ist. Unter diesen Umständen ist nicht davon auszugehen, dass mit der Neuordnung des Kostenrechts eine von der [X.] abweichende Regelung für eine etwaige Entschädi-gung wegen eines Verdienstausfalls erfolgen sollte. Demgemäß kann aus den von der überwiegenden Rechtsprechung [X.] angeführten Gründen einer [X.], die als natürliche Person selbst ei-nen Gerichtstermin wahrnimmt, oder als juristische Person sich in einem sol-chen Termin durch einen Geschäftsführer oder andere Mitarbeiter vertreten lässt, eine Entschädigung wegen der [X.] bzw. des [X.] durch die Teilnahme an einem solchen Termin zugebilligt werden. Der [X.] soll im Umfange seines Obsiegens von den Nachteilen freigestellt werden, die ihm aufgrund seiner Teilnahme am Rechtsstreit entstanden sind. Dies gilt auch für den terminsbedingten Zeitaufwand, der einem Geschäftsfüh-rer durch seine Teilnahme an einem Gerichtstermin entsteht. Die Aufgabe des gesetzlichen Vertreters ist es in erster Linie, die Erzielung des erstrebten Unter-10 - 6 - nehmensgewinns durch entsprechende Betätigung im Rahmen des [X.] zu fördern, nicht aber Unternehmensgewinne [X.] zu verdienen, dass ein Prozess geführt wird. Demgegenüber vermag nicht der Einwand zu überzeugen, die Bereitstellung von Vertretungspersonen während einer gerichtlichen Auseinandersetzung gehöre zu den gesetzlichen Voraussetzungen für die Teilnahme der juristischen Person am Rechts- und Geschäftsverkehr, weshalb der Einsatz derselben für ihre bestimmungsgemä-ßen Aufgaben keinen entschädigungspflichtigen Nachteil begründen könne. Fällt die Arbeitskraft des Geschäftsführers für seine eigentliche unternehmeri-sche Aufgabe zeitweise aus, weil er für die vertretene Gesellschaft an [X.] teilnehmen muss, stellt sich dies vielmehr bei der gebotenen wirt-schaftlichen Betrachtungsweise für die Gesellschaft als Nachteil dar, für den sie nach Maßgabe des § 22 [X.] - wie eine natürliche Person, die als [X.] per-sönlich am Termin teilnehmen muss - eine Entschädigung verlangen kann. Da § 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO für einen Anspruch auf Entschädigung nur auf die entstandene [X.] abstellt, ist für einen Anspruch auf [X.] nicht erforderlich, dass ein konkreter Verdienstausfall nachgewie-sen ist. Es reicht - mit der überwiegenden Rechtsprechung - vielmehr aus, wenn die [X.] einen messbaren Nachteil für die [X.] mit sich bringt, was bei wirtschaftlicher Betrachtung für die Teilnahme eines Geschäfts-führers an einem Gerichtstermin regelmäßig anzunehmen ist. Es ist nämlich zu berücksichtigen, dass es einem Wirtschaftsunternehmen schwerlich möglich sein wird, die durch Abwesenheit des Geschäftsführers entstehenden konkreten finanziellen Nachteile im Einzelnen zu quantifizieren. Für die Zwecke des [X.] reicht es daher im Regelfall aus, sich - wie in § 22 11 - 7 - [X.] vorgesehen - am regelmäßigen Bruttoverdienst zu orientieren (vgl. KG, aaO; [X.], aaO; [X.], aaO; [X.], aaO; [X.], aaO; [X.] aaO; [X.], aaO). [X.]
[X.] [X.]

[X.]

Zoll Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 01.08.2006 - 8 C 378/03 - [X.], Entscheidung vom [X.] -

Meta

VI ZB 63/07

02.12.2008

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.12.2008, Az. VI ZB 63/07 (REWIS RS 2008, 507)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 507

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