Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 28.03.2023, Az. 9 AZR 106/22

9. Senat | REWIS RS 2023, 4670

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Corona-Sonderzahlung - Altersteilzeit


Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 26. Januar 2022 - 9 [X.] 889/21 - unter Zurückweisung der Revision im Übrigen insoweit aufgehoben, als es der Berufung der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 17. Juni 2021 - 6 Ca 846/21 - stattgegeben hat.

2. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 17. Juni 2021 - 6 Ca 846/21 - wird unter Zurückweisung der Anschlussberufung der Klägerin mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die ausgeurteilten Zinsen erst ab dem 28. März 2021 zu zahlen sind.

3. Von den Kosten der Berufung und der Revision hat die Klägerin und die Beklagte jeweils die Hälfte zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob der Klägerin in der Freistellungsphase ihrer Altersteilzeit ein Anspruch auf die einmalige [X.] für das Jahr 2020 zusteht.

2

Die Klägerin war bei der Beklagten seit dem 1. August 1979 als Auszubildende und sodann auf Grundlage eines Arbeitsvertrags vom 26. Jan[X.]r 1982 seit dem 20. Jan[X.]r 1982 als kaufmännische Angestellte tätig. Sie ist Mitglied der [X.] ([X.]). Die Beklagte ist Mitglied des [X.] ([X.] NW).

3

Der zwischen der [X.] ([X.]) und [X.] geschlossene Tarifvertrag zu flexiblen Arbeitszeitregelungen für ältere Beschäftigte ([X.]) vom 27. Febr[X.]r 2010 idF vom 25. Oktober 2020 regelt [X.].:

        

§ 7   

        

Entgelt und Aufstockungsleistungen

        

…       

        
        

(2)     

Beschäftigte erhalten während der Arbeitsphase des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses im Blockmodell (§ 6 Abs. 3 Satz 1 Buchst. b) das Tabellenentgelt und alle sonstigen Entgeltbestandteile in Höhe der Hälfte des Entgelts, das sie jeweils erhalten würden, wenn sie mit der bisherigen wöchentlichen Arbeitszeit (§ 6 Abs. 2 Satz 2) weitergearbeitet hätten; die andere Hälfte des Entgelts fließt in das Wertguthaben (§ 7b SGB IV) und wird in der Freistellungsphase ratierlich ausgezahlt. Das Wertguthaben erhöht sich bei allgemeinen Tariferhöhungen in der von den Tarifvertragsparteien jeweils festzulegenden Höhe.

                 

…“    

4

Mit [X.] vom 28. November 2015 vereinbarten die Parteien, dass das Arbeitsverhältnis ab dem 1. Juni 2016 als Altersteilzeitarbeitsverhältnis im Blockmodell mit einer Arbeitsphase vom 1. Juni 2016 bis 31. Mai 2019 und einer Freizeitphase vom 1. Juni 2019 bis 31. Mai 2022 fortgeführt und das Arbeitsentgelt unabhängig von der Verteilung der Arbeitszeit fortlaufend nach Maßgabe des § 7 Abs. 2 [X.] gezahlt wird. Nach der Vereinbarung betrug die „wöchentliche Arbeitszeit während des [X.] … die Hälfte der bisherigen wöchentlichen Arbeitszeit“, dh. 19,5 Stunden.

5

Am 7. November 2020 schlossen der [X.] NW und [X.] den Tarifvertrag über eine einmalige [X.] (TV [X.] Nahverkehr NW 2020), in dem es [X.]. heißt:

        

§ 2   

        

Einmalige [X.]

        

(1)     

Personen, die unter den Geltungsbereich dieses Tarifvertrags fallen, erhalten eine einmalige [X.] spätestens mit dem Tabellenentgelt des Monats Dezember 2020 ausgezahlt, wenn ihr Arbeitsverhältnis am 1. Oktober 2020 bestand und an mindestens einem Tag zwischen dem 1. März 2020 und dem 31. Oktober 2020 Anspruch auf Entgelt bestanden hat.

                 

Protokollerklärungen zu Absatz 1:

                 

1.    

Die einmalige [X.] wird zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitsentgelt gewährt. Es handelt sich um eine Beihilfe bzw. Unterstützung des Arbeitgebers zur Abmilderung der zusätzlichen Belastung durch die [X.] im Sinne des § 3 Nummer 11a des Einkommensteuergesetzes.

                 

2.    

Anspruch auf Entgelt im Sinne des Absatzes 1 ist auch der Anspruch auf [X.] (§ 14 Abs. 2 TV-N NW), auch wenn dieser wegen der Höhe der Barleistungen des Sozialversicherungsträgers nicht gezahlt wird. Einem Anspruch auf Entgelt gleichgestellt ist der Bezug von Krankengeld nach § 45 SGB V oder entsprechender gesetzlicher Leistungen, Kurzarbeitergeld und der Bezug von Mutterschaftsgeld nach § 19 MuSchG.

                 

…       

        
        

(2)     

Die Höhe der einmaligen [X.] beträgt 600,00 Euro. Im Anwendungsbereich des TVAöD beträgt die Höhe der einmaligen [X.] 225,00 Euro. Nichtvollbeschäftigte Arbeitnehmer erhalten die [X.] in der Höhe, die dem Verhältnis ihrer individuell vereinbarten durchschnittlichen regelmäßigen Arbeitszeit zur regelmäßigen Arbeitszeit eines entsprechenden vollbeschäftigten Arbeitnehmers entspricht. Maßgeblich sind die jeweiligen Verhältnisse am 1. Oktober 2020.

        

…“    

        

6

Mit der am 22. März 2021 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 27. März 2021 zugestellten Klage hat die Klägerin die [X.] mit der Auffassung verlangt, zum Stichtag des 1. Oktober 2020 in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten gestanden und während der Freistellungsphase des [X.] Entgelt im Sinne des § 2 Abs. 1 TV [X.] Nahverkehr NW 2020 bezogen zu haben. Die tarifvertraglichen Anspruchsvoraussetzungen seien damit erfüllt; eine darüber hinausgehende Arbeitsleistung werde nicht verlangt.

7

Die Klägerin hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 600,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27. März 2021 zu zahlen.

8

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat den Standpunkt eingenommen, die Klägerin könne die [X.] nicht beanspruchen, weil die vorrangige Regelung in § 7 Abs. 2 [X.] die Entstehung neuer [X.] in der Freistellungsphase dem Grunde nach ausschließe. Es bestehe lediglich ein Anspruch auf Auszahlung des in der Arbeitsphase verdienten und durch Tariferhöhungen dynamisierten [X.]. Die einmalig zu gewährende [X.] sei nicht in der Aktivphase entstanden; sie stehe der Klägerin deshalb in der Freistellungsphase nicht zu.

9

Das Arbeitsgericht hat der Klage in einem Umfang von 300,00 Euro nebst Zinsen ab 27. März 2021 stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Das [X.] hat das Urteil des Arbeitsgerichts auf die Berufung der Beklagten teilweise abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Zudem hat es die Anschlussberufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Zahlungsbegehren weiter, wobei sie Zinsen seit der Berufungsinstanz erst ab dem 28. März 2021 verlangt.

Entscheidungsgründe

I. Die Revision der Klägerin ist teilweise begründet. Das [X.] hat auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts zu Unrecht teilweise abgeändert und die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Zu Recht hat es die Anschlussberufung der Klägerin zurückgewiesen. Die Klägerin hat gegen die Beklagte gemäß § 2 Abs. 1 [X.] NW 2020 Anspruch auf 300,00 [X.] nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28. März 2021. Im Übrigen ist die Klage unbegründet.

1. Auf das Arbeitsverhältnis waren kraft beidseitiger Tarifbindung (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 [X.]G) die Tarifverträge für die Betriebe des Nahverkehrs in [X.], die Mitglied im [X.] sind, anwendbar. Dazu zählen der [X.] NW 2020 und der [X.] [X.].

2. Arbeitnehmer, die sich - wie die Klägerin - zu dem in § 2 Abs. 1 [X.] NW 2020 festgelegten Stichtag am 1. Oktober 2020 in der Freistellungsphase ihrer Altersteilzeit befanden, können die [X.] beanspruchen. Dies ergibt die gebotene Auslegung der tarifvertraglichen Bestimmungen (vgl. zu den Grundsätzen der Tarifauslegung die [X.]Rspr., zB [X.] 16. November 2022 - 10 [X.] - Rn. 13; 13. Oktober 2021 - 4 [X.] - Rn. 21 mwN).

a) Für dieses Auslegungsergebnis spricht bereits der Wortlaut der Tarifnorm. Nach § 2 Abs. 1 [X.] NW 2020 erhalten Personen, deren Arbeitsverhältnis am 1. Oktober 2020 bestand, spätestens mit dem Tabellenentgelt des Monats Dezember 2020 eine einmalige [X.], wenn sie an mindestens einem Tag zwischen dem 1. März und dem 31. Oktober 2020 Anspruch auf Entgelt hatten. Danach hängt die [X.] allein vom Bestehen des Arbeitsverhältnisses zum maßgeblichen Stichtag und eines Entgeltanspruchs an einem Tag im Referenzzeitraum ab. Der [X.] bietet keinen Anhaltspunkt dafür, dass die [X.] Beschäftigten vorbehalten sein soll, die - anders als Arbeitnehmer in der Freistellungsphase der Altersteilzeit im Blockmodell - eine tatsächliche Arbeitsleistung erbracht haben und dabei durch die [X.] bedingten Belastungen am Arbeitsplatz ausgesetzt waren.

b) Die Tarifsystematik führt gegenüber dem Wortlaut zu keinem anderen Ergebnis.

aa) Die unter Nr. 2 der Protokollerklärung zu § 2 Abs. 1 [X.] NW 2020 geregelten Ausnahmen von den allgemeinen Tatbestandsvoraussetzungen des § 2 Abs. 1 [X.] NW 2020 verdeutlichen, dass die [X.] nicht von einer bestimmten Arbeitsleistung abhängt, sondern nur von einem (gegebenenfalls fingierten) Entgeltanspruch. Nach Nr. 2 der Protokollerklärung haben selbst Beschäftigte, die durchgehend Krankengeld bezogen, sich in Kurzarbeit (Null) befanden oder lediglich Anspruch auf Entgelt für einen Tag im Bezugszeitraum hatten, Anspruch auf die ungekürzte [X.]. Lediglich die Berechnung der [X.] richtet sich nach der arbeitsvertraglich vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit (§ 2 Abs. 2 Satz 3 [X.] NW 2020).

bb) Entgegen der Auffassung des [X.]s führt § 7 Abs. 2 [X.] [X.] zu keinem abweichenden Verständnis. Die Tarifnorm bestimmt, dass Beschäftigte während der Arbeitsphase des [X.] im Blockmodell das Tabellenentgelt und alle sonstigen Entgeltbestandteile in Höhe der Hälfte des Entgelts erhalten, das sie jeweils erhalten würden, wenn sie mit der bisherigen wöchentlichen Arbeitszeit weitergearbeitet hätten; die andere Hälfte des Entgelts fließt in das Wertguthaben (§ 7b [X.]) und wird in der Freistellungsphase ratierlich ausgezahlt. In den Teilzeitquotienten der Freistellungsphase fließen ausnahmslos alle in der Aktivphase verdienten Entgeltbestandteile. § 7 Abs. 2 [X.] [X.] regelt damit lediglich die [X.] für das in der Aktivphase angesammelte Wertguthaben, ohne das Entstehen zukünftiger, im [X.]punkt des Abschlusses des [X.] noch nicht absehbarer Vergütungsansprüche für die Altersteilzeit auszuschließen. Die Tarifvertragsparteien sind nicht gehindert, für Arbeitnehmer in der Freistellungsphase der Altersteilzeit im Blockmodell zusätzlich zum Wertguthaben Leistungen vorzusehen, die - wie vorliegend die einmalige [X.] - unabhängig von einer bestimmten Arbeitsleistung gewährt werden.

c) Die Auslegung des § 2 Abs. 1 [X.] NW 2020, dass Beschäftigte in der Freistellungsphase der Altersteilzeit Anspruch auf die [X.] haben, entspricht dem [X.]. Nr. 1 Satz 2 der Protokollerklärung zu § 2 Abs. 1 [X.] NW 2020 definiert die vom Arbeitgeber geschuldete Leistung als „Beihilfe bzw. Unterstützung“ im Sinne des § 3 Nr. 11a EStG zur Abmilderung der zusätzlichen Belastung durch die [X.]. Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder hatte das [X.] mit Schreiben vom 9. April 2020 (BStBl. I S. 503) mitgeteilt, während der [X.] in der [X.] vom 1. März bis zum 31. Dezember 2020 könnten zusätzlich zum geschuldeten Arbeitslohn Beihilfen und Unterstützungen bis zu einem Betrag [X.]. 1.500,00 [X.] steuerfrei nach § 3 Nr. 11 EStG in Form von Zuschüssen und Sachbezügen gewährt werden. Aufgrund des Gesetzes zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der [X.] ([X.]) vom 19. Juni 2020 ([X.] 1385) stellte der Gesetzgeber diese Rechtsauffassung im Interesse umfassender Rechtssicherheit durch § 3 Nr. 11a EStG klar ([X.]. 19/19601 S. 33). Die Anknüpfung an die steuerliche Bestimmung spricht dafür, dass die Tarifvertragsparteien den Anspruch nicht von einer besonderen Belastung aufgrund geleisteter Arbeit abhängig gemacht haben, sondern die finanziellen Belastungen aufgrund der [X.] unabhängig von einer Arbeitsleistung abmildern wollten. Beihilfen nach § 3 Nr. 11 EStG werden als uneigennützige Unterstützungsleistungen ([X.] 5. November 2014 - [X.]/11 - Rn. 27) unabhängig von einem entgeltlichen Austauschgeschäft gezahlt ([X.] 14. Juli 2020 - [X.]/18 - Rn. 18). Es liegt nahe, dass die Uneigennützigkeit auch Voraussetzung für die Steuerprivilegierung von arbeitgeberseitigen Beihilfen und Unterstützungsleistungen nach § 3 Nr. 11a EStG ist (so auch [X.]/[X.] EStG 41. Aufl. § 3 Rn. 48), auf die die Tarifvertragsparteien ausdrücklich verwiesen haben.

3. Danach erfüllt die Klägerin die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 [X.] NW 2020. Zwischen den Parteien bestand am 1. Oktober 2020 ein (Altersteilzeit-)Arbeitsverhältnis. Die Klägerin hatte im [X.]raum zwischen dem 1. März und dem 31. Oktober 2020 an (mehr als nur) einem Tag Anspruch auf Entgeltzahlung.

4. Der Anspruch der Klägerin auf die [X.] besteht [X.]. 300,00 [X.].

a) Die [X.] beträgt für Vollzeitbeschäftigte nach § 2 Abs. 2 Satz 1 [X.] NW 2020 600,00 [X.]. Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 3 [X.] NW 2020 erhalten nicht vollbeschäftigte Arbeitnehmer die [X.] in der Höhe, die dem Verhältnis ihrer individuell vereinbarten durchschnittlichen regelmäßigen Arbeitszeit zur regelmäßigen Arbeitszeit eines entsprechenden vollbeschäftigten Arbeitnehmers entspricht. Für die Berechnung der Anspruchshöhe sind die jeweiligen Verhältnisse am 1. Oktober 2020 maßgeblich (§ 2 Abs. 2 Satz 4 [X.] NW 2020).

b) Die im Tarifvertrag vorgesehene Berechnung steht im Einklang mit § 4 Abs. 1 [X.].

aa) Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 [X.] darf ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer wegen der Teilzeitarbeit nicht schlechter behandelt werden als ein vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer, es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 [X.] ist einem teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer das Arbeitsentgelt oder eine andere teilbare geldwerte Leistung mindestens in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil seiner Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers entspricht.

(1) Die Norm des § 4 Abs. 1 Satz 2 [X.] konkretisiert das allgemeine Diskriminierungsverbot des § 4 Abs. 1 Satz 1 [X.] für den Bereich des Entgelts oder einer anderen teilbaren geldwerten Leistung ([X.] 19. Dezember 2018 - 10 [X.] - Rn. 47 mwN, [X.]E 165, 1). § 4 Abs. 1 [X.] verbietet eine Abweichung vom [X.] zum Nachteil [X.], wenn dafür kein sachlicher Grund besteht. Eine Gleichbehandlung [X.] bei der Vergütung entsprechend dem [X.] des § 4 Abs. 1 Satz 2 [X.] schließt jedoch eine sonstige Benachteiligung nicht aus ([X.] 14. Dezember 2011 - 5 [X.] - Rn. 28, [X.]E 140, 148). Insbesondere bei Leistungen, bei denen der [X.] nicht im Vordergrund steht, können - abhängig vom [X.] - Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigte Ansprüche in gleicher Höhe haben (vgl. zu einer als Anerkennung der Betriebstreue geleisteten [X.] [X.] 22. Mai 1996 - 10 [X.] - zu II 3 der Gründe). Eine schlechtere Behandlung von Teilzeitbeschäftigten ist aber sachlich gerechtfertigt, wenn sich ihr Grund aus dem Verhältnis von [X.] und Umfang der Teilzeitarbeit herleiten lässt. Die Prüfung der sachlichen Rechtfertigung der unterschiedlichen Behandlung hat sich an dem mit der Leistung verfolgten Zweck zu orientieren ([X.] 29. Januar 2020 - 4 [X.] - Rn. 28, [X.]E 169, 351).

(2) Als selbständige Grundrechtsträger können die Tarifvertragsparteien bei ihrer Normsetzung den [X.] einer tariflichen Leistung aufgrund der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie bestimmen ([X.] 29. September 2020 - 9 [X.] - Rn. 47, [X.]E 172, 313; 19. Dezember 2018 - 10 [X.] - Rn. 34, [X.]E 165, 1). Neben einer [X.] über die tatsächlichen Gegebenheiten, betroffenen Interessen und Regelungsfolgen verfügen sie dazu über einen weiten inhaltlichen Gestaltungsspielraum, der sie nicht dazu verpflichtet, die jeweils zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung zu wählen. Es genügt, wenn für die getroffene Regelung ein sachlich vertretbarer Grund besteht ([X.] 23. Februar 2021 - 3 [X.] - Rn. 40, [X.]E 174, 116; 3. Juli 2019 - 10 [X.] - Rn. 19 mwN). Da die in § 4 Abs. 1 [X.] geregelten Diskriminierungsverbote nach § 22 [X.] nicht zur Disposition der Tarifvertragsparteien stehen, darf der Gestaltungsspielraum der Tarifvertragsparteien nicht dazu führen, das Verbot der Diskriminierung in Teilzeit beschäftigter Arbeitnehmer auszuhöhlen ([X.] 22. Oktober 2019 - 9 [X.] - Rn. 33 ff.).

bb) Danach verstößt die der Arbeitszeit entsprechende Berechnung nach § 2 Abs. 2 Satz 3 [X.] NW 2020 nicht gegen § 4 Abs. 1 [X.]. Sie entspricht dem Prinzip des § 4 Abs. 1 Satz 2 [X.]. Teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer erhalten die [X.] im Umfang des Anteils ihrer individuell vereinbarten durchschnittlichen Arbeitszeit an der regelmäßigen Arbeitszeit vergleichbarer Vollzeitbeschäftigter. Die tarifvertragliche Regelung steht auch im Einklang mit § 4 Abs. 1 Satz 1 [X.]. Für die der Arbeitszeit entsprechende Berechnung besteht ein sachlich vertretbarer Grund. Der tarifvertragliche Zweck, mit der einmaligen [X.] allen Beschäftigten unter der Voraussetzung eines zum Stichtag bestehenden Arbeitsverhältnisses sowie eines Entgeltanspruchs im Referenzzeitraum einen anlassbezogenen, an das individuelle Arbeitsentgelt angepassten Zuschuss zum individuellen Arbeitsentgelt zu gewähren, steht einer quantitativen Differenzierung nicht entgegen. Es ist nicht sachfremd, dass die Tarifvertragsparteien den Umfang der Beteiligung des Arbeitgebers an den allgemeinen [X.] an die der individuell vereinbarten Arbeitszeit entsprechenden Vergütung anknüpfen, aus der die Beschäftigten ihre Aufwendungen erfahrungsgemäß decken.

c) Danach steht der Klägerin eine [X.] [X.]. 300,00 [X.] zu (50 vH des vollen Anspruchs). Unter Zugrundelegung der nach § 2 Abs. 2 Satz 4 [X.] NW 2020 maßgeblichen „jeweiligen Verhältnisse“ am Stichtag des 1. Oktober 2020 betrug die individuell vereinbarte durchschnittliche Arbeitszeit der Klägerin 19,5 Wochenstunden. Im Blockmodell des [X.] wird - wie im [X.] - die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit des [X.] während des gesamten [X.] um die Hälfte verringert ([X.] 16. November 2010 - 9 [X.] - Rn. 31).

5. Der Zinsanspruch beruht auf § 288 Abs. 1, § 291 BGB. Der Klägerin stehen nach § 187 Abs. 1 BGB Verzugszinsen ab dem Tag nach [X.] zu. Die Klage ist der Beklagten am 27. März 2021 zugestellt worden. [X.] ist der 28. März 2021.

II. [X.] beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1 und § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Kiel    

        

    Zimmermann    

        

    Darsow-Faller    

        

        

        

    Vogg    

        

    Pielenz    

                 

Meta

9 AZR 106/22

28.03.2023

Bundesarbeitsgericht 9. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Dortmund, 17. Juni 2021, Az: 6 Ca 846/21, Urteil

§ 1 TVG, § 4 Abs 1 TzBfG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 28.03.2023, Az. 9 AZR 106/22 (REWIS RS 2023, 4670)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 4670

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

9 AZR 107/22 (Bundesarbeitsgericht)


9 AZR 332/22 (Bundesarbeitsgericht)

Anspruch auf tarifvertragliche Jahressonderzahlung sowie Corona-Sonderzahlung in der Freistellungsphase eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses (TVöD/TV Corona-Sonderzahlung)


9 AZR 330/22 (Bundesarbeitsgericht)


9 AZR 132/22 (Bundesarbeitsgericht)

Corona-Sonderzahlung - Altersteilzeit


9 AZR 217/22 (Bundesarbeitsgericht)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.