Bundesgerichtshof, Urteil vom 03.05.2022, Az. X ZR 4/21

10. Zivilsenat | REWIS RS 2022, 5234

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Gegenstand

Berufung im Zivilprozess: Anforderungen an die Berufungsbegründung


Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 29. Zivilkammer des [X.] vom 18. Dezember 2020 aufgehoben.

Die Berufung gegen das Urteil des [X.] vom 1. Juli 2020 wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten der Rechtsmittelverfahren hat die Klägerin zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt aus abgetretenem Recht von der Beklagten eine Ausgleichszahlung wegen der verspäteten Durchführung eines Fluges.

2

Der Zedent hatte einen Flug für den 12. Februar 2019 von [X.] nach [X.] gebucht, den die Beklagte mit einer planmäßigen Ankunftszeit um 9:45 Uhr ausführen sollte. Tatsächlich erreichte der Flug [X.] erst um 12:49 Uhr. Der Zedent, der einen vormittags stattfindenden Geschäftstermin wahrnehmen wollte, trat den Flug nicht an.

3

Die Klägerin hat wegen der Verspätung des Fluges einen Ausgleichsanspruch in Höhe von 250 € nebst Zinsen geltend gemacht. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung hat das Berufungsgericht der Klage stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision beantragt die Beklagte, die Berufung als unzulässig zu verwerfen und hilfsweise als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

4

Die zulässige Revision hat Erfolg und führt zur Verwerfung der Berufung als unzulässig.

5

I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

6

Die Berufung sei zulässig sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

7

Der Klägerin stehe der Ausgleichsanspruch gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. a Verordnung ([X.]) Nr. 261/2004 (nachfolgend: [X.]) zu, weil der Flug um mehr als drei Stunden verspätet gewesen sei. Der Anspruch sei nicht ausgeschlossen, weil der Zedent den Flug nicht angetreten habe. Art. 7 [X.] nicht nur auf annullierte, sondern auch auf verspätete Flüge anzuwenden, beruhe auf der Erwägung, die damit jeweils verbundenen Nachteile standardisiert auszugleichen.

8

II. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Über die Berufung ist in der Sache nicht zu entscheiden, da sie unzulässig ist.

9

1. Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich nach Ansicht des Berufungsklägers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt; nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ZPO muss sie konkrete Anhaltspunkte bezeichnen, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen in dem angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Dazu gehört eine aus sich heraus verständliche Angabe, welche bestimmten Punkte des angefochtenen Urteils der Berufungskläger bekämpft und welche tatsächlichen oder rechtlichen Gründe er ihnen im Einzelnen entgegensetzt. Besondere formale Anforderungen bestehen zwar nicht; auch ist es für die Zulässigkeit der Berufung ohne Bedeutung, ob die Ausführungen in sich schlüssig oder rechtlich haltbar sind. Die Berufungsbegründung muss aber auf den konkreten Streitfall zugeschnitten sein. Es reicht nicht aus, die Auffassung des Erstgerichts mit formularmäßigen Sätzen oder allgemeinen Redewendungen zu rügen oder lediglich auf das Vorbringen erster Instanz zu verweisen (vgl. statt vieler: [X.], Beschluss vom 21. Juli 2020 - [X.]/19, NJW-RR 2020, 1187 Rn. 10; Beschluss vom 5. August 2021 - [X.]/20, NJW-RR 2021, 1438 Rn. 7; jeweils mwN).

2. Diesen Anforderungen wird die Berufungsbegründung der Klägerin nicht gerecht.

In einem ersten Satz referiert sie lediglich, das Amtsgericht habe einen Anspruch verneint, weil der Zedent den Flug nicht angetreten habe. Im nachfolgenden Satz macht sie geltend, das Erstgericht habe sich mit der Argumentation der Klägerin und der zitierten Rechtsprechung nicht auseinandergesetzt.

Während der erste Satz zwar einen Bezug zum Fall aufweist, wird weder aus diesem noch in Kombination mit dem folgenden Satz klar, welche rechtlichen Aspekte die Berufungsklägerin als unzutreffend ansieht und mit welcher Argumentation ein Fehler des angefochtenen Urteils aufgezeigt werden soll. Die Rüge, das Erstgericht habe sich nicht mit der Argumentation der Klägerin und der zitierten Rechtsprechung auseinandergesetzt, gibt nicht zu erkennen, welche Argumentation übergangen worden sein soll. Es fehlt damit an einer aus sich heraus verständlichen Angabe, welche Punkte des angefochtenen Urteils weshalb angegriffen werden sollen. Im Unterschied zu dem der Entscheidung des Senats vom 31. August 2021 ([X.], NJW 2022, 197 Rn. 13 f.) zugrundeliegenden Sachverhalt werden in der Berufungsbegründung auch nicht konkret andere Urteile zitiert, mit denen sich das Erstgericht hätte auseinandersetzen sollen oder nach deren Grundsätzen auf ein anderes Ergebnis zu erkennen gewesen wäre.

Der weitere Inhalt der insgesamt aus fünf Sätzen bestehenden Berufungsbegründung enthält nur allgemeine Verweise auf den erstinstanzlichen Vortrag der Klägerin.

III. Auf die Revision der Beklagten ist das Berufungsurteil daher aufzuheben und die Berufung zu verwerfen (§ 563 Abs. 3 ZPO).

[X.]     

      

Richter am [X.] Hoffmann
ist urlaubsbedingt an der Unterschriftsleistung
gehindert.

      

Deichfuß

      

      

[X.]

      

      

        

Marx     

        

     Crummenerl     

        

Meta

X ZR 4/21

03.05.2022

Bundesgerichtshof 10. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Berlin, 18. Dezember 2020, Az: 29 S 17/20

§ 520 Abs 3 S 2 Nr 2 ZPO, § 520 Abs 3 S 2 Nr 3 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 03.05.2022, Az. X ZR 4/21 (REWIS RS 2022, 5234)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 5234

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VI ZB 68/19

III ZB 46/20

X ZR 25/20

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