Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 30.06.2010, Az. 3 PKH 15/09

3. Senat | REWIS RS 2010, 5306

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Gegenstand

Berufliche Rehabilitierung; Beendigung des Arbeitsverhältnisses; Aufhebungsvertrag


Gründe

1

Dem Kläger kann Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden, weil die beabsichtigte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO). Dementsprechend kommt auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts nicht in Betracht (§ 121 Abs. 1 ZPO). Das Vorbringen des anwaltlich nicht vertretenen [X.] lässt bei der vom [X.] wegen vorzunehmenden Prüfung nicht erkennen, dass einer der Revisionszulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt, noch drängt sich ein solcher Zulassungsgrund im Zusammenhang mit seinem Vorbringen auf.

2

Der 1947 geborene Kläger begehrt seine Rehabilitierung nach dem Beruflichen Rehabilitierungsgesetz ([X.]). Er macht geltend, nach der Entlassung aus der letzten Strafhaft am 22. Juli 1983 bis zur Ausreise aus der [X.] am 19. November 1984 wegen seiner [X.] beruflich benachteiligt worden zu sein. Die Abweisung seiner Klage hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen damit begründet, dass er bei seiner Wiedereingliederung keine beruflichen Nachteile im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 4 [X.] erlitten habe. Mit der Tätigkeit als Arbeiter beim [X.] und [X.] sei trotz der [X.] kein beruflicher Abstieg verbunden gewesen; die Tätigkeit habe in etwa dem [X.] Status entsprochen, den der Kläger vor der Haft als [X.] innegehabt habe. Der erlernte Beruf als Schlosser sei kein Maßstab, weil der Kläger ihn bereits elf Jahre vor der Haft nicht mehr ausgeübt habe. Ab November 1983 habe er freiwillig als [X.] gearbeitet. Mit der Beendigung dieser Tätigkeit durch den Abschluss eines [X.] habe der Kläger seine Ausreise ermöglichen wollen. Es sei auch nicht ersichtlich, dass der Kläger aus politischen Gründen gehindert worden sei, einen Beruf aufzunehmen.

3

Der Kläger hält eine Überprüfung und Änderung des Urteils in einem Revisionsverfahren für geboten, weil die schwierigen Verhältnisse nach seiner Entlassung nicht hinreichend gewürdigt worden seien. Der kausale Zusammenhang zwischen seinen [X.]n und den Repressalien während der Wiedereingliederung sei vom Verwaltungsgericht nicht hergestellt worden. Die Verhältnisse in der Haft in B. seien unmenschlich gewesen. Gleichwohl habe er [X.] gefunden, einen neuen Ausreiseantrag zu stellen. Dieser Antrag und die darin gesehene staatsfeindliche Gesinnung seien Anlass für das [X.] gewesen, ihn nach der Entlassung weiterhin zu bespitzeln, zu verleumden und auf vielfältige Weise zu verfolgen. Er habe den Status eines "Vogelfreien" gehabt. Dadurch habe er empfindliche Einkommenseinbußen hinnehmen müssen.

4

Aus diesem Vortrag ergibt sich auch nicht andeutungsweise, dass einer der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt. Weder kommt der Rechtssache eine grundsätzliche, über den Einzelfall des [X.] hinausweisende Bedeutung zu (Abs. 2 Nr. 1) noch liegt eine entscheidungserhebliche Abweichung des angefochtenen Urteils von einer Entscheidung des [X.], des Gemeinsamen [X.]s der obersten Gerichtshöfe des [X.] oder des [X.]verfassungsgerichts vor (Abs. 2 Nr. 2); ebenso wenig ist ein Verfahrensmangel erkennbar, auf dem das Urteil beruhen kann (Abs. 2 Nr. 3).

5

Das Verwaltungsgericht hat die Auswirkungen der Wiedereingliederung auf die Berufstätigkeit des [X.] geprüft und dabei die in der Rechtsprechung des [X.] entwickelten Grundsätze zugrunde gelegt. Insoweit ist weder ein weitergehender, fallübergreifender Klärungsbedarf noch eine Abweichung von der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu erkennen.

6

Ebenso wenig ist ersichtlich, dass das Verwaltungsgericht Vortrag des [X.] nicht zur Kenntnis genommen oder erwogen hätte. Er hat die vorgetragenen Umstände im Einzelnen, nach zeitlichen Abschnitten getrennt, unter den durch § 1 Abs. 1 Nr. 4 [X.] vorgegebenen Aspekten einer kausalen berufsbezogenen und politisch motivierten Benachteiligung geprüft. Dies geschah überdies, wie sich aus dem Tatbestand des Urteils ergibt, in Kenntnis von der früheren Inhaftierung des [X.].

7

Ein Zulassungsgrund ergibt sich auch nicht daraus, dass das Verwaltungsgericht in dem Abschluss des [X.] vom 28. März 1984 keinen rehabilitierungsfähigen Eingriff in den Beruf gesehen hat. Der [X.] hat bereits entschieden, dass die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer nur dann rehabilitierungsfähig ist, wenn der Betroffene damit einer von Arbeitgeberseite drohenden, politisch motivierten Kündigung oder einer sonstigen Maßnahme im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 4 [X.] zuvorkommen wollte, die seine politische Benachteiligung bezweckte (vgl. Beschluss vom 5. Dezember 2007 - BVerwG 3 [X.] - [X.] 2008, 57). Dazu steht das angefochtene Urteil nicht im Widerspruch, denn der Aufhebungsvertrag sollte dem Kläger nach den Feststellungen des [X.] dazu dienen, die Ausreise aus der [X.] zu ermöglichen.

8

Das Verwaltungsgericht hat schließlich nicht verkannt, dass der Kläger in der [X.] erhebliche Schäden in materieller wie in gesundheitlicher Hinsicht erlitten hat. Es ist aber eine Frage der Rechtsanwendung im Einzelfall, die eine Revisionszulassung grundsätzlich nicht eröffnen kann, ob mit solchen Beeinträchtigungen auch eine rehabilitierungsfähige berufliche Benachteiligung verbunden ist.

Meta

3 PKH 15/09

30.06.2010

Bundesverwaltungsgericht 3. Senat

Beschluss

Sachgebiet: PKH

vorgehend VG Halle (Saale), 23. Oktober 2009, Az: 1 A 266/07, Urteil

§ 1 Abs 1 Nr 4 BerRehaG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 30.06.2010, Az. 3 PKH 15/09 (REWIS RS 2010, 5306)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 5306

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