Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.09.2015, Az. 4 StR 347/15

4. Strafsenat | REWIS RS 2015, 5705

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 347/15

vom
9. September
2015
in der Strafsache
gegen

wegen
bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht

geringer Menge u.a.

-
2
-
Der 4.
Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und der
Beschwerdeführerin
am 9.
September 2015 gemäß §
349 Abs.
2 und 4 StPO beschlossen:

1.
Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des [X.]s [X.] vom 9.
April 2015
a)
im Schuldspruch dahin geändert, dass die Angeklagte im Fall
II.
2 der Urteilsgründe der Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist,
b)
im Fall
II.
1 der Urteilsgründe, im Strafausspruch im Fall
II.
2 der Urteilsgründe
und im Gesamtstrafenaus-spruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere [X.] des [X.] zurück-verwiesen.
2.
Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat die Angeklagte wegen bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, wegen uner-1
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3
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laubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht gerin-ger Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren und acht Monaten verurteilt.
Die Revision der Angeklagten, mit der sie die Verletzung materiellen Rechts rügt, hat den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg. Im Übri-gen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des §
349 Abs.
2 StPO.
I.
Während die Nachprüfung des angefochtenen Urteils auf
Grund der [X.] im Fall
II.
3 aus den Gründen der Antragsschrift des [X.] vom 31.
Juli 2015 keinen die Angeklagte [X.] Rechtsfehler ergeben hat, hält die Annahme täterschaftlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in den Fällen
II.
1 und II.
2 [X.] Nachprüfung nicht stand.
1.
Das [X.] hat insoweit Folgendes festgestellt:
a)
Im [X.] 2013 verdiente sich die Angeklagte ihren Lebensunterhalt durch den Schmuggel von Haschisch, wobei sie auch als Fahrerin tätig war. Zur Vorbereitung eines von ihr durchzuführenden Rauschgifttransports von [X.] zu einem unbekannten Abnehmer nach [X.] im Juni 2013 wurden im Groß-raum M.

insgesamt etwa 40
kg Haschisch in Platten in ihrem Beisein in
einen von ihr zur Verfügung gestellten Pkw eingebaut. Die Angeklagte, die für 2
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4
5
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4
-

Fahrzeug von [X.] über [X.] nach [X.], wo der Wagen im Raum P.

wegen eines Motorschadens repariert werden musste. Die
Angeklagte baute deshalb einen Teil der Haschischplatten aus dem Fahrzeug aus, verwahrte sie und baute sie nach der Reparatur des Fahrzeugs wieder ein. Während der Fortsetzung der geplanten Reise nach [X.], bei der sie eine Dose Pfefferspray griffbereit in ihrer Handtasche auf dem Beifahrersitz mit sich führte, wurde sie noch in [X.] von der Polizei angehalten. Die Kontrolle führte zu ihrer Festnahme und zur Sicherstellung des Rauschgifts.
b)
Im Fall
II.
2 der Urteilsgründe hatte der [X.] der Angeklagten,

S.

, zusammen mit seinem Vater ohne Wissen und Mitwirkung der
Angeklagten im Mai 2014 von gesondert verfolgten Tätern 18
kg
Haschisch für 50.000

auf Kommissionsbasis erworben. 17
kg
davon veräußerte

S.

sodann in Gewinnabsicht an den gesondert verfolgten

W.

wei-
ter, der sich anschließend mit dem Haschisch absetzte, ohne es zu bezahlen. Erst als

S.

von seinen Lieferanten wegen der Bezahlung unter
Druck gesetzt wurde, weihte dieser seine Mutter in das Geschehen ein. In der Folgezeit erreichte die Angeklagte, die bereits über einen längeren Zeitraum mit den Lieferanten ihres [X.]es wegen der Durchführung von Betäubungsmittel-geschäften in Beziehung stand, in telefonischen und persönlichen Verhandlun-gen mit diesen für ihren [X.] einen Zahlungsaufschub von vier Wochen zur Beschaffung von Geldmitteln, wobei sie, so die [X.], gleichermaßen zur Unterstützung ihres [X.]es
und zu dem Zweck handelte, ihre eigene Ge-schäftsbeziehung zu den Lieferanten nicht zu gefährden.
2.
Damit ist eine Einbindung der Angeklagten als (Mit-)Täterin in diesen beiden Fällen nicht hinreichend belegt.
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-
5
-
a)
Nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung des [X.] ist für eine zutreffende Einordnung der Beteiligung des Kuriers an einem Betäu-bungsmittelgeschäft der jeweils konkrete Tatbeitrag für das Umsatzgeschäft insgesamt und nicht allein für den Teilbereich des Transports zu bewerten. Eine Gehilfenstellung ist danach insbesondere dann anzunehmen, wenn die [X.] sich auf den Transport von Rauschgift zwischen selbstständig han-delnden
Lieferanten und Abnehmern oder innerhalb der Sphäre von Lieferanten oder Abnehmerorganisationen beschränkt und der Beteiligte nicht in der Lage ist, das Geschäft insgesamt maßgeblich mitzugestalten. Einer Tätigkeit, die sich im bloßen Transport von Rauschgift erschöpft, kommt daher eine täterschaft-liche Gestaltungsmöglichkeit in der Regel nicht zu. Eine
Bewertung der Trans-porttätigkeit als mittäterschaftliches Handeltreiben kommt dann in Betracht, wenn der Beteiligte erhebliche, über den reinen Transport hinausgehende Tä-tigkeiten entfaltet, etwa am An-
und Verkauf des Rauschgifts unmittelbar [X.] ist oder sonst ein eigenes Interesse am weiteren Schicksal des [X.] hat, weil er eine Beteiligung am Umsatz oder dem zu erzielenden Ge-winn erhalten soll. Auch eine Einbindung in eine gleichberechtigt verabredete, arbeitsteilige Durchführung des [X.] kann für die Annahme von Mittäterschaft sprechen, auch wenn die konkrete Tätigkeit in diesem Rahmen auf die Beförderung von Drogen, Kaufgeld oder Verkaufserlös beschränkt ist. Im Einzelfall kann insbesondere eine weiter gehende Einflussmöglichkeit des Kuriers auf Art und Menge der zu transportierenden Drogen sowie auf die Ge-staltung des Transports für eine über das übliche Maß reiner Kuriertätigkeit hin-ausgehende Beteiligung am Gesamtgeschäft sprechen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 25.
Juni 2008

4
StR
230/08; vom 22.
August 2012

4
StR
272/12,
[X.], 375; vom 12.
August 2014

4
StR
174/14,
NStZ 2015, 225,
jeweils mwN).
8
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6
-
Im Fall
II.
1 der Urteilsgründe beschränkte sich die Mitwirkung der Ange-klagten an der Tatausführung nach den dazu bislang getroffenen Feststellun-gen letztlich auf die Anwesenheit beim Einbau des Rauschgifts in den von ihr zur Verfügung gestellten Pkw in [X.] und den eigenhändigen Transport der für einen nicht näher genannten Abnehmer in [X.] bestimmten Betäu-bungsmittel. Dass sie über den

allerdings beträchtlichen

Kurierlohn hinaus am Zustandekommen des Geschäfts, am Verkauf des Rauschgifts beteiligt oder sonst in der Lage war, das Geschäft insgesamt maßgeblich mitzugestalten, ist den Urteilsgründen nicht zu entnehmen. Dass sie den Pkw wegen eines Motor-schadens während der Fahrt reparieren lassen und zu diesem Zweck das Rauschgift zunächst aus-
und später wieder einbauen musste, belegt einen weiter gehenden, eine Täterschaft begründenden Handlungsspielraum der [X.] ebenso wenig wie die im Rahmen der Beweiswürdigung vom [X.] nicht näher erläuterte Erwägung, ein als Zeuge vernommener Polizei-beamter
habe detailreich vom Inhalt abgehörter Gespräche im Zuge der Vorbe-reitung und der Ausführung der Tat unter Beteiligung der Angeklagten berichtet; Gegenstand dieser Gespräche seien die zu transportierende Menge an Betäu-bungsmitteln sowie die Art und Weise des Einbaus in das
Schmuggelfahrzeug gewesen.
b)
Im Fall
II.
2 erlangte die Angeklagte von dem Rauschgiftgeschäft ihres [X.]es erst Kenntnis, als dieser das Haschisch bereits an seinen Abnehmer in Gewinnerzielungsabsicht weitergegeben hatte. Sodann erwirkte sie wegen des-sen Zahlungsschwierigkeiten unter Ausnutzung ihrer Geschäftsbeziehungen zu den Lieferanten lediglich einen Zahlungsaufschub. Dieser Tathandlung, die der

6 unten) diente, verleiht auch der Umstand kein zur Annahme von Täterschaft führendes Gewicht, dass ihr Handeln aus 9
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7
-
Eigeninteresse den Zweck hatte, ihre Beziehung zu den Lieferanten nicht zu gefährden.
Da der Austausch von Ware und Entgelt im vorliegenden Fall noch nicht beendet war
(vgl. dazu [X.], Urteil vom 17.
Juli 1997

1
StR
230/97, [X.], 359), belegen die Feststellungen im vorliegenden Fall aber eine Beihilfe der Angeklagten zu dem von ihrem [X.] durchgeführten Betäubungsmittelge-schäft. Denn der Begriff des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln umfasst alle eigennützigen Bemühungen, die darauf gerichtet sind, den Umsatz mit Betäu-bungsmitteln zu ermöglichen oder zu fördern. Von diesem Begriff werden nicht nur die Beschaffung und die Lieferung von Betäubungsmitteln erfasst, sondern auch die erforderlichen Zahlungsvorgänge. Insbesondere für die Zahlung und Beitreibung des Kaufpreises ist dies anerkannt (vgl. [X.], Urteil vom 17.
Juli 1997

1
StR
791/96, [X.]St 43, 158, 161
f.). Dazu hat die Angeklagte hier durch Vereinbarung eines Zahlungsaufschubs einen Beitrag geleistet.
II.
1.
Im Fall
II.
1 der Urteilsgründe kann der Senat nicht ausschließen, dass der neue Tatrichter zu Feststellungen gelangt, die eine (mit-)täterschaftliche Einbindung der Angeklagten in die Tatausführung belegen; er verweist die
Sache daher insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurück. Im Fall
II.
2 führt das Rechtsmittel der Angeklagten zu einer Änderung des Schuld-spruchs dahin, dass die Angeklagte der Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge schuldig ist. §
265 StPO hindert eine Berichtigung des Schuldspruchs nicht, da auszuschließen ist, dass sich die geständige Angeklagte anders als geschehen verteidigt hätte.
Die Schuld-11
12
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-
spruchänderung zieht die Aufhebung des Strafausspruchs im Fall
II.
2 nach sich.
2.
Damit ist auch dem Ausspruch über die Gesamtstrafe die Grundlage entzogen. Über diese sowie über die Einzelstrafe im Fall
II.
2 ist deswegen ebenfalls neu zu befinden.
Sost-Scheible
Roggenbuck
Cierniak

Franke
Quentin
13

Meta

4 StR 347/15

09.09.2015

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.09.2015, Az. 4 StR 347/15 (REWIS RS 2015, 5705)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 5705

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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