Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.03.2015, Az. III ZR 36/14

III. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 14175

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
III ZR 36/14

Verkündet am:

12. März 2015

K i e f e r

Justizangestellter

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle
in der Baulandsache

Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
ja
BGHR:
ja
[X.] Art. 14 [X.]; [X.] § 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 3; BImSchG §§ 6, 13

a)
Eine Enteignung ist nur für ein Vorhaben zulässig, für das die notwendigen Gestattungen und Genehmigungen vorliegen oder bei dem es zumindest keinem ernsthaften Zweifel unterliegen kann, dass etwaige erforderliche Ge-nehmigungen erteilt werden. Ist eine erforderliche Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz für den Betrieb einer Windkraftanlage erteilt aber angefochten worden, so kann einem Antrag für eine Enteignung nach § 45 Abs. 1 Nr. 2 [X.], auch wenn
die Genehmigung für sofort vollziehbar erklärt worden ist, nur stattgegeben werden, wenn die Enteignungsbehörde in eigenverantwortlicher Prüfung zu dem Ergebnis kommt, dass dem Vorha-ben keine öffentlich-rechtlichen Hindernisse entgegenstehen.

b)
Die Feststellung der Zulässigkeit der Enteignung durch die nach § 45 Abs.
2 Satz 3 [X.] zuständige Behörde unterliegt der (beschränkten) gerichtlichen Kontrolle.

c)
Zu den Anforderungen an die Feststellung der Zulässigkeit einer Enteignung nach § 45 Abs. 1 Nr. 2 [X.].

BGH, Urteil vom 12. März 2015 -
III ZR 36/14 -
OLG [X.]

[X.]
-

2

-

Der III.
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 12. März 2015 durch den Vizepräsidenten [X.] und die Richter
[X.], [X.], [X.] und Reiter

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Beteiligten zu 1 wird das Urteil des [X.]s für Baulandsachen des [X.] [X.]s
in [X.]
vom 30.
Dezember 2013 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der Beteiligten zu
1 zurückgewiesen worden ist.

Das Berufungsurteil wird wie folgt neu gefasst:

Auf die Berufung der Beteiligten zu 1 wird das Urteil der Kammer für Baulandsachen des [X.] Meiningen
vom 7. März 2012 abgeändert. Der Enteignungsbeschluss des [X.] Landesver-waltungsamts vom 30. Juni 2011, [X.]. 140-1254-16-28/07 SÖM,
wird aufgehoben und der Antrag der Beteiligten zu 2 auf Enteig-nung vom 13. April 2007 zurückgewiesen.

Die Revision der Beteiligten zu 2 gegen das Urteil des [X.]s für Baulandsachen
des
[X.] [X.]s in [X.] vom 30.
Dezember 2013 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligte zu 2 hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Von Rechts wegen

-

3

-

Tatbestand

Die Beteiligte zu
1 wendet sich gegen eine zugunsten der Beteiligten zu
2
ausgesprochene Enteignung.

Die Beteiligte zu
2 plante auf Grundstücken der Beteiligten zu 1, einer kommunalen Gebietskörperschaft, einen Windpark, der inzwischen auch errich-tet wurde. Der Windpark liegt in einem im regionalen Raumordnungsplan Mit-telthüringen (Stand 1999) ausgewiesenen [X.] zur Nutzung der Windenergie. Der Windpark besteht aus acht Windkraftanlagen des Typs [X.] V
90 mit einer Höhe von 150
m und einer Leistung von jeweils 2,0
MW. Er dient der Einspeisung von Windenergie in das Versorgungsnetz der T.

Energie AG.

Das [X.] Landesverwaltungsamt genehmigte am 15.
Mai
2006 den Windpark immissionsschutzrechtlich und ordnete mit Bescheid vom 14. No-vember 2006 die sofortige Vollziehbarkeit der Genehmigung an. Die Beteiligte zu
1 hat Klage gegen die Genehmigung beim [X.] ein-gereicht und die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der [X.] beantragt. Das Begehren auf Gewährung vorläufigen verwaltungs-gerichtlichen Rechtsschutzes blieb in beiden Instanzen erfolglos. Die Entschei-dung über die Hauptsache steht noch aus. Das [X.] hat das Verfahren über die Anfechtung der immissionsschutzrechtlichen Genehmi-gung bis zum rechtskräftigen Abschluss des vorliegenden Baulandverfahrens über die Enteignung ausgesetzt.

1
2
3
-

4

-

Für die Realisierung des Windparks war es erforderlich, eine Zuwegung zu den einzelnen Windenergieanlagen anzulegen und [X.]n zu errich-ten. Ausgehend vom "O.

Weg"
waren die meisten der acht Stand-orte zwar über unbefestigte Feldwege
zu erreichen. Der während der Bauphase erforderliche Schwerlastverkehr war hierüber jedoch nicht möglich. Vielmehr mussten die vorhandenen Wege verbreitert und gefestigt werden. Betroffen [X.] von der Trassierung insgesamt zwölf Grundstücke, die im Eigentum der Beteiligten zu
1 stehen. Ein Teil der Grundstücke ist an die Beteiligte zu
3 ver-pachtet und wird von den Beteiligten zu
4 und 5 bewirtschaftet.

Nachdem die Beteiligte zu
2 mit der Beteiligten
zu
1 keine Einigung über die Nutzung der zwölf Grundstücke erzielen konnte, beantragte die Beteiligte zu
2 unter dem 13.
April 2007 bei der zuständigen Enteignungsbehörde, dem [X.] Landesverwaltungsamt (Beteiligter
zu 6),
die vorzeitige [X.] und zugleich auch die Enteignung in Form von Dienstbarkeiten zu ihren Gunsten betreffend die Zuwegung und die [X.] auf den Grundstücken. Konkret ging es darum, das zum großen Teil bereits vorhandene Wegenetz auf eine Breite von 5
m auszubauen und in dieser Form während der Bauphase, danach aber auch dauerhaft, als Zuwegung zu den einzelnen Windkraftanlagen zu nutzen sowie 1,20
kv-Mittelspannungserdkabel mit einer Erdabdeckung von mindestens 1
m von den Anlagen zum eigenen Umspannwerk S.

zu ver-legen und nachfolgend zur dauerhaften [X.] und Datenübertra-gung zu betreiben. Das [X.] Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Arbeit stellte als zuständige Energieaufsichtsbehörde am 18.
Juni 2007 die Zu-lässigkeit der Enteignung fest.

4
5
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5

-

In der Folge wies der
Beteiligte zu 6 die Beteiligte zu 2 mit Beschluss vom 1.
August 2007 mit Wirkung vom 21.
August 2007 für die Baumaßnahmen Zuwegung und [X.] vorzeitig in den Besitz der Grundstücke ein. Zu-gleich wurde die sofortige
Vollziehung der Besitzeinweisung angeordnet.

Hiergegen beantragte die Beteiligte zu
1 die gerichtliche Entscheidung über den [X.] und begehrte zugleich die [X.] der aufschiebenden Wirkung des Antrags. Das [X.]
lehnte das [X.] ab. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu
1 hob der Baulandsenat des [X.] [X.]s mit Beschluss vom 27.
November 2007 den Beschluss des [X.] auf und stellte die auf-schiebende Wirkung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung gegen den [X.] wieder her. Den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen den [X.] des
Beteiligten zu 6 wies das [X.] zurück. Auf die Berufung des Beteiligten zu 1 hob das [X.] mit Urteil vom 3.
März 2010 den [X.] auf, weil die [X.] für eine vorzeitige Besitzeinweisung nicht vorlägen. Im Nach-gang zu diesem Urteil ergänzte das zuständige Ministerium unter dem 23.
September 2010 auf Bitten des Beteiligten zu 6 seine Ausführungen im Schreiben vom 18. Juni 2007; es hielt an seiner rechtlichen Würdigung fest, dass die Enteignung zulässig sei.

Am 30.
Juni 2011 hat der
Beteiligte zu 6 den streitgegenständlichen [X.] erlassen. Unter Nummer
1 ist bestimmt, dass in dem Zeit-punkt, der in der Ausführungsanordnung zu dem Enteignungsbeschluss be-stimmt werden würde, auf Teilflächen der Grundstücke der Beteiligten zu
1 eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit folgenden Inhalts zugunsten der [X.] zu
2 bestellt wird:
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-

6

-

"Die W.

O.

ist berechtigt, das Grundstück zum Anlegen eines ca. 5
m breiten, befestigten [X.] zu begehen und zu befahren sowie das Grundstück auf diesem Weg zu begehen und zu befahren. Die Ausübung der Rechte aus der Dienstbarkeit kann Dritten überlassen werden."

Unter Nummer 2
ist bestimmt, dass eine weitere beschränkt persönliche Dienstbarkeit folgenden Inhalts zugunsten der Beteiligten zu
1 bestellt wird:

"Die W.

O.

ist berechtigt, auf dem Grundstück [X.]n zur [X.] und Da-tenübertragung zu errichten, zu betreiben und zu erneuern, wobei die Kabel in einer Tiefe von ca. 1
m verlegt werden und ein Schutzstreifen von 1
m rechts und links des Kabels freizuhalten ist. Die B.

P.

Grundstück zur Errichtung und Wartung der [X.] zu bege-hen und zu befahren. Der Grundstückseigentümer verpflichtet sich, alle Maßnahmen zu unterlassen, die den
Bestand oder den
Betrieb der installierten
Energieleitungen
gefährden oder [X.] können
(z.B. Bebauung oder Bepflanzung mit Bäumen). Die Ausübung der Rechte aus der Dienstbarkeit kann [X.] werden."

Für den durch die Enteignung eingetretenen [X.] ist eine [X.] in Höhe von 10.812,80

g-nungsbeschluss hat die Beteiligte zu
1 Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt. Das [X.] hat den Antrag zurückgewiesen.

Auf die Berufung der
Beteiligten zu
1 hat das Berufungsgericht den [X.] betreffend die Bestellung einer
beschränkt persönlichen
Wege-Dienstbarkeit (Nummer 1 des [X.]) aufgehoben, den unter Nummer
3 festgesetzten [X.] auf 454,30

und im Übrigen die Berufung zurückgewiesen.
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Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Betei-ligte zu
1 ihren Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen die in Nummer
2 des [X.] angeordnete Dienstbarkeitsbestellung
bezüglich der [X.]n weiter. Die Beteiligte zu
2 wendet sich gegen die teilweise Aufhebung des [X.] durch das Berufungsgericht.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beteiligten zu
1 hat Erfolg, die der Beteiligten zu
2 ist zurückzuweisen.

I.

Das Berufungsgericht hat, soweit für das Revisionsverfahren von Bedeu-tung, ausgeführt: Als Rechtsgrundlage kämen für die beiden im Enteignungsbe-schluss angeordneten [X.] nur §
45 Abs.
1 Nr.
2, Abs.
3 [X.] i.V.m. §
2 Abs.
1 Nr.
1, § 3 Abs. 1 Nr.
3, 4, § 7 Abs.
1 des [X.] Enteignungsgesetzes
in Betracht. An der formellen Rechtmäßigkeit des [X.] bestünden keine Zweifel. Nach §
45 Abs.
2 Satz
3 [X.] müsse
bei sonstigen Vorhaben zum Zwecke der Energieversorgung zunächst die nach Landesrecht zuständige Behörde die Zulässigkeit der Enteignung fest-stellen. Diese Feststellung auf der ersten Stufe, dass das Wohl der Allgemein-heit den Entzug oder die Beschränkung
von Grundeigentum oder von Rechten hieran für das Vorhaben generell rechtfertige, habe das zuständige Wirtschafts-ministerium mit Bescheiden vom 18.
Juni 2007 und 23.
September 2010 zu-gunsten der Beteiligten zu
2 getroffen.
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8

-

Die Enteignung in Bezug auf das als beschränkt persönliche [X.] ausgestaltete Geh-
und Fahrrecht (Zuwegung) sei materiell rechtswidrig. Es könne sich allenfalls um ein sonstiges Vorhaben zum Zwecke der [X.] im Sinne des §
45 Abs.
1 Nr.
2 [X.] handeln. Diese Vorschrift [X.] diese Enteignungsmaßnahme nicht, so dass sie ohne Grundlage erfolgt sei. Die Zuwegung könne nur dann ein sonstiges Vorhaben zum Zwecke der Ener-gieversorgung sein, wenn die Erzeugungsanlage selbst, deren Erschließung sie diene, hierunter falle. Anders als das Stromleitungsnetz habe das Wegenetz nämlich keine eigenständige energieversorgungsrechtliche Bedeutung. Ener-gieerzeugungsanlagen selbst unterfielen nicht dem Anwendungsbereich des §
45 Abs. 1 Nr. 2 [X.]; gegen deren Einbeziehung spreche vor allen Dingen, dass der Enteignung für Erzeugungsanlagen selbst nach dem
mit der [X.] durchgesetzten [X.]modell
auf dem Erzeugermarkt die verfassungsrechtliche Rechtfertigung fehle. Die im Wettbe-werb stehenden Energieerzeuger unterlägen anders als der [X.] Netzbetreiber keiner Gemeinwohlbindung mehr und könnten beziehungs-weise
dürften daher nicht von einer Enteignung profitieren. Weiterhin spreche dagegen auch, dass Windkraftanlagen einer immissionsschutzrechtlichen
Ge-nehmigung bedürften, die nur erteilt werden dürfe, wenn unter anderem die ausreichende wegemäßige Erschließung dieser Anlagen gesichert sei. Ließe man zugunsten von Windkraftanlagen zur Stromerzeugung jedoch eine Enteig-nung zu, um überhaupt erst eine gesicherte Erschließung zu schaffen, bedeute dies zwangsläufig, dass erst das Enteignungsverfahren die [X.] herbeiführen würde und könnte.

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-

Demgegenüber finde die Enteignungsmaßnahme "[X.]ndienst-barkeit"
ihre Rechtfertigung in §
45 Abs.
1 Nr.
2 [X.]. Gegen die Enteignung sei im Ergebnis aufgrund der ergänzenden [X.] des Wirt-schaftsministeriums vom 23.
September 2010,
die im Enteignungsverfahren inzident zu überprüfen
sei, nichts zu erinnern. Diese
[X.] genüge den Anforderungen. Die [X.] sei ausreichend, weil sie nicht nur an die allgemein bekannte Endlichkeit fossiler Rohstoffe anknüpfe, sondern auf den [X.] [X.] bezogen -
was eine hinreichende räumliche Eingrenzung darstelle
-
konkrete Zahlen benenne, die -
weil unstreitig -
als [X.] für das Einschätzungsermessen [X.]. Mit einem Stromverbrauch für ganz [X.] von 11,6 Terrawattstunden im Jahr 2006, der nur mit 4,5 Terrawattstunden im Land selbst produziert werden könne, sei die in Bezug genommene Importabhängigkeit des [X.]s in der Stromver-sorgung der Bevölkerung plausibel dargelegt. Berücksichtige man diese [X.] auch und gerade vor dem weiter dargelegten Hintergrund, dass der Stromverbrauch im [X.] stetig steige, sei die auf [X.] bezo-gene zukünftige Versorgungslücke hinreichend dargetan. Was den Aspekt der
Versorgungssicherheit angehe, so habe der W.

O.

nach den Feststellungen des [X.]s
das Potential einer jährlichen Leis-tung von 35,2
MW-Stunden und sei damit in der Lage, 9.000 Haushalte im [X.] W.

unmittelbar und dezentral zu versorgen. Hiermit werde das Übertragungsrisiko des ansonsten erforderlichen Stromimports re-duziert und damit die Versorgungssicherheit erhöht und
somit
letztlich das Stromausfallrisiko reduziert. Dass sich das [X.] in Anbetracht der Endlichkeit fossiler Brennstoffe und der im Einzelnen näher dargelegten Vorzüge der "sauberen"
und "billigen"
Windenergie für diese und gegen andere technisch denkbare Alternativen der Bedarfsdeckung entschieden habe, sei im 16
-

10

-

Rahmen des Einschätzungsermessens nicht zu beanstanden und hinzuneh-men. Die Enteignungsmaßnahme sei auch verhältnismäßig im engeren Sinne.

Im Übrigen sei es nicht Aufgabe
der Baulandgerichte, im [X.] die der [X.], nämlich den Verwaltungsgerichten,
[X.] umfassende Rechtmäßigkeitskontrolle der einschlägigen Fachgenehmigun-gen -
hier der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung des [X.] Lan-desverwaltungsamts vom 15.
Mai 2006
-
vorwegzunehmen. Der [X.] sei deshalb jedenfalls dann, wenn wie hier eine ange-fochtene Fachgenehmigung vorliege, deren verwaltungsgerichtliche [X.] noch ausstehe, auf die enteignungsrechtliche Rechtsproblematik der Fachgenehmigung, wie sie aus dem [X.] folge, beschränkt.

II.

Revision der Beteiligten zu
1

Die Revision der Beteiligten zu
1 hat Erfolg.

Das Berufungsgericht hat die Rechtmäßigkeit der Enteignung nach den §
45 Abs.
1 Nr.
2, Abs.
2 Satz
3, Abs.
3 [X.], §
2 Abs.
1
Nr. 1, §
3 Abs.
1 Nr.
1, §§
4, 7 Abs.
1 Satz
2 des [X.] Enteignungsgesetzes
([X.])
in Bezug auf die Bestellung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit zur Er-richtung und dauerhaften Nutzung der unterirdischen [X.]n auf den Grundstücken der Beteiligten zu
1 zu Unrecht bejaht.

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-

Die Voraussetzungen für eine Enteignung nach §
45 Abs.
1 Nr.
2 [X.] liegen nicht vor.

1. Ohne Erfolg bleiben jedoch die Angriffe der Revision gegen die Auf-fassung des Berufungsgerichts, dass
§
45 Abs.
1 Nr.
2 [X.] grundsätzlich für die hier angesprochene Enteignungsmaßnahme als Grundlage in Betracht zu ziehen ist. Nach dieser Regelung ist die Entziehung oder die Beschränkung von Grundeigentum oder die Beschränkung von Rechten am Grundeigentum im Wege der Enteignung zulässig, soweit sie zur Durchführung eines sonstigen Vorhabens zum Zwecke der Energieversorgung erforderlich ist. §
45 Abs.
1 Nr.
2 [X.] erfasst in Abgrenzung zu §
45 Abs.
1 Nr.
1 [X.] alle Vorhaben, mit denen typische elektrizitäts-
beziehungsweise
gaswirtschaftliche Funktionen unmittelbar oder mittelbar gemeinnützig erfüllt werden sollen (Salje,
[X.], 2006,
§
45 Rn.
36). Neben den Leitungssystemen einschließ-lich ihrer Trägereinrichtung, die aufgrund der Leitungs-
und Größenwerte nicht unter §
43 [X.] fallen, sind hiervon auch Anlagen umfasst, die für die Funkti-onsfähigkeit des Leitungsnetzes benötigt werden, wie Gasspeicher, Maststand-plätze, Umspannwerke und Transformatorenhäuser (Pilow in
Berliner Kommen-tar zum Energierecht, 3.
Aufl., §
45 Rn.
12; [X.] in
[X.]/[X.], Energierecht, 81.
Ergänzungslieferung [2014] §
45 Rn.
29).

Soweit die Beteiligte zu
1 geltend macht, mit §
45 Abs.
1 Nr.
2 [X.] seien lediglich Einrichtungen angesprochen, die mit planfestgestellten oder plangenehmigten Anlagen im Zusammenhang stehen, für welche also eine ent-eignungsrechtliche Vorwirkung eines Planfeststellungsbeschlusses oder einer Plangenehmigung bestehe, die Einrichtung aber selbst von der Konzentrati-onswirkung der Planfeststellung nicht erfasst werde, greift dies nicht durch. [X.] die historische Auslegung der Norm spricht gegen die Auffassung 21
22
23
-

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-

der Beteiligten zu
1. Sowohl die Enteignungsregelung im Gesetz zur Förderung der Energiewirtschaft vom 13.
Dezember 1935 ([X.].
I S. 1451) in §
11 [X.] 1935 als auch die durch das Gesetz zur Neuregelung des Energiewirtschafts-rechts vom 24.
April 1998 ([X.]
I
S.
730) neu gefasste Folgebestimmung
in §
12 [X.] 1998 ermöglichten die Entziehung oder die Beschränkung von Grundeigentum oder von Rechten am Grundeigentum im Wege der Enteig-nung, soweit sie für Vorhaben zum Zwecke der Energieversorgung erforderlich waren. Eine aus der Planfeststellung erwachsende enteignungsrechtliche Vor-wirkung wurde nicht vorausgesetzt. Die Unterscheidung in der [X.] zwischen festgestellten und genehmigten Vorhaben und sonstigen [X.] wurde erst durch das Gesetz vom 27. Juli 2001 ([X.]
I S. 1950) in §
12 Abs.
1 Nr.
1 und 2 [X.]
2001 eingeführt. Sie erfolgte lediglich zur Ergänzung der zugleich mit diesem
Gesetz eingeführten Bestimmung des §
11a [X.] 2001, die erstmals für bestimmte [X.] ein bundeseinheitliches Zulassungsverfahren anordnete. Eine Beschränkung der Möglichkeit, fremdes Grundeigentum zur Sicherstellung der Versorgung mit Elektrizität und Gas zu enteignen, war mit dem neu eingeführten Planfeststellungs-
und Plangenehmi-gungsverfahren nicht verbunden. Enteignungen sollten sowohl für Vorhaben, für die nach §
11a [X.]
2001
ein Plan festgestellt oder genehmigt war, als auch für sonstige Vorhaben im Interesse einer möglichst sicheren, preisgünstigen und
umweltverträglichen Energieversorgung zulässig sein (Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung BT-Drucks. 14/4599 S.
162). An diesem Regelungskonzept hat sich durch das [X.] des Energiewirtschaftsrechts
vom 7.
Juli 2005
([X.] I S. 1970), durch das die Ent-eignungsvorschrift des
§
12 [X.] 2001 lediglich in §
45 [X.] 2005 über-nommen wurde, nichts geändert (BT-Drucks. 15/3917
S. 67).

-

13

-

Im Gegensatz zur Auffassung der Beteiligten zu
1 kann §
45 Abs.
1 Nr.
2 [X.] auch nicht generell die Eignung abgesprochen werden, als Rechts-grundlage für die Enteignung zugunsten eines privaten Energieversorgungsun-ternehmens
zu dienen. Solches wird diskutiert im Hinblick auf eine Enteignung zur Errichtung von Energieerzeugungsanlagen ([X.]
in
Britz/Hellermann/
[X.], [X.], 3.
Aufl., §
45 Rn.
25; ders. in
Schneider/
[X.], Recht der Energiewirtschaft, 4.
Aufl., §
10 Rn.
43). Bei der Revision der Beteiligten zu 1 geht es jedoch bei der Grunddienstbarkeit für die [X.] um den [X.] der Energieversorgungsanlage, hier der Windkraftan-lage, an das Netz. Dass eine solche Enteignung in
den verfassungsrechtlich gezogenen Grenzen grundsätzlich möglich ist -
und zwar auch dann, wenn die betreffenden
Leitungen ausschließlich dazu dienen, den von einem Energieer-zeuger gewonnenen Strom in das allgemeine Netz einzuleiten -
wird im [X.] nicht in Abrede gestellt ([X.] aaO §
45 Rn.
19
sowie §
10 Rn.
32).

Das [X.] hat schon mehrfach die überragende
Bedeutung der Sicherung der Energieversorgung für das Gemeinwohl betont. Es hat dabei die Sicherung der Energieversorgung durch geeignete Maßnah-men als öffentliche Aufgabe von größter Bedeutung bezeichnet und die Ener-gieversorgung zum Bereich der Daseinsvorsorge gerechnet, deren Leistung der Bürger zur Sicherung einer menschenwürdigen Existenz unumgänglich bedarf. Die ständige Verfügbarkeit ausreichender Energiemengen ist zudem eine ent-scheidende Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit der gesamten Wirtschaft (vgl. [X.] 134, 242 Rn.
286
mwN).

2.
Es lässt sich allerdings zum derzeitigen Zeitpunkt nicht feststellen, dass die Enteignung dem Wohl der Allgemeinheit dient.

24
25
26
-

14

-

a) §
45 Abs. 1 [X.] ist im Lichte der Ausstrahlungswirkung des Art.
14 [X.] auszulegen, da er in den Schutzbereich des durch Art.
14 [X.] geschützten Eigentumsrechts eingreift. Zwar kann die Beteiligte zu
1 als juristische Person des öffentlichen Rechts grundsätzlich nicht den Grundrechtsschutz aus Art.
14 [X.] beanspruchen ([X.] 98, 17, 47). Der fehlende Eigentumsschutz des Verfassungsrechts hindert den einfachen Gesetzgeber aber nicht, juristische Personen des öffentlichen Rechts einfachrechtlich die gleichen Eigentumsrech-te einzuräumen (vgl. [X.]
aaO;
Maunz/[X.]/Papier, [X.], 71.
Ergänzungs-lieferung [2014] Art.
14 Rn.
212). Da §
45 Abs. 1 [X.] nicht zwischen der Enteignung privater und inländischer juristischer
Personen des öffentlichen Rechts unterscheidet, sind die [X.] gleich, womit die in-ländische juristische
Person des öffentlichen Rechts von den Ausstrahlungswir-kungen des Art.
14 [X.] auf die einfachrechtliche Norm (mittelbar) profitiert.

b) Eine Enteignung dient nur dann dem Wohl der Allgemeinheit und ist auch nur dann gesetzmäßig, wenn das Vorhaben, das
verwirklicht werden soll, mit dem geltenden Recht vereinbar ist (vgl. [X.], NVwZ 2008, 775 Rn. 10; BVerwGE 77, 86, 91). Dies bedingt, dass eine Enteignung nur für ein Vorhaben zulässig ist, für das
die notwendigen Gestattungen und Genehmigungen vorlie-gen
oder bei dem es zumindest keinem ernsthaften Zweifel unterliegen kann, dass etwaige erforderliche Genehmigungen erteilt werden.

Die Errichtung und der Betrieb der acht Windkraftanlagen, deren Anbin-dung an das allgemeine Stromnetz der alleinige Zweck
der [X.]n ist, bedürfen einer Genehmigung
nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz. Ohne eine solche Genehmigung
ist nicht nur die Errichtung der Windkraftanlagen
rechtswidrig;
auch die Verlegung der [X.] kann in einem solchen Falle nicht mehr dem Wohl der Allgemeinheit dienen, da ihr einziger Zweck darin be-27
28
29
-

15

-

steht, die Anlagen an das allgemeine Stromnetz anzubinden. Diese
Genehmi-gung ist vorliegend erteilt worden; sie hat aber bisher noch keine Bestandskraft erlangt, weil das hierauf bezogene verwaltungsgerichtliche Verfahren ausge-setzt
ist.

Zwar ist entgegen der Auffassung der Revision der Beteiligten zu 1 der (bestandskräftige) Abschluss des
immissionsschutzrechtlichen
Genehmigungs-verfahrens keine unabdingbare Voraussetzung für eine Enteignung. Dem Wort-laut des § 45 Abs. 1 Nr. 2 [X.] lässt sich eine derartige Einschränkung nicht entnehmen. Insoweit besteht ein
Unterschied zu § 45 Abs. 1 Nr. 1 [X.], wo-nach ohne das Vorliegen einer Planfeststellung oder Plangenehmigung keine Enteignung möglich
ist, der sich dadurch erklären lässt, dass einer Planfeststel-lung
oder einer Plangenehmigung enteignungsrechtliche Vorwirkung zukommt, die eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung trotz der [X.] gemäß §
6 Abs.
1 Nr.
2, § 13
BImSchG nicht hat.
Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Frage der Genehmigungsfähigkeit eines Vorhabens bei der [X.] der Voraussetzungen für eine Enteignung vernachlässigt werden darf. [X.] ist bei der Gesetzesauslegung die Ausstrahlungswirkung des Art.
14 [X.] zu
berücksichtigen. Dabei ist insbesondere in den Blick zu nehmen, dass eine Enteignung zugunsten eines privaten Dritten
nur dann erfolgen darf, wenn ge-währleistet ist, dass
der im Allgemeininteresse liegende Zweck der Maßnahme erreicht und dauerhaft gesichert wird
(vgl. [X.] 74, 264, 285
ff).

Diese Anforderungen können
bei genehmigungsbedürftigen Vorhaben grundsätzlich nur dann ohne Weiteres als erfüllt angesehen
werden, wenn die erforderlichen öffentlich-rechtlichen Genehmigungen bestandskräftig vorliegen. Ist eine erforderliche Genehmigung noch nicht erteilt, so kann einem [X.] nur dann stattgegeben werden, wenn die Enteignungsbehörde in 30
31
-

16

-

eigenverantwortlicher Prüfung zu dem Ergebnis kommt, dass dem Vorhaben keine öffentlich-rechtlichen Hindernisse entgegenstehen (vgl. [X.], NVwZ 2003, 1534, 1537). Ist wie hier eine notwendige Genehmigung angefochten, aber für sofort vollziehbar erklärt worden, so kann -
sofern das Gesetz nichts anderes vorschreibt, wie dies bei [X.] vielfach der Fall ist (vgl. nur § 26 [X.]) -
diese "bloß vorläufig"
erteilte Genehmigung dem
insoweit
(unbeschadet einer möglichen Rückenteignung)
"endgültigen"
Enteig-nungsverfahren
nicht
unbesehen
als von vorneherein verbindlich zugrunde ge-legt werden. Vielmehr hat die Enteignungsbehörde auch in einem solchen Fall
eigenverantwortlich darüber zu befinden, ob die gegen die Genehmigung erho-benen Einwände durchgreifen. Dabei versteht es sich, dass bei dieser Prüfung den im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens gemachten Aus-führungen der Verwaltungsgerichte zu den Erfolgsaussichten der anhängig ge-machten Anfechtungsklage besonderes Gewicht zukommt.
Haben die Verwal-tungsgerichte einen Aspekt nicht erörtert -
wie etwa vorliegend die vom [X.] ausführlich diskutierte Frage der wegemäßigen Erschließung der Windkraftanlagen (vgl. § 35 Abs. 1 BauGB), die (möglicherweise) ohne die [X.] nicht zu bewerkstelligen ist -,
so ist es Aufgabe der Enteignungsbehörde, dies im Enteignungsverfahren
abzuklären.

Diesen
Anforderungen genügt der im hiesigen Verfahren angefochtene Enteignungsbeschluss nicht. Er hat sich mit der Feststellung begnügt, dass die immissionsschutzrechtliche Genehmigung sofort vollziehbar ist. Auch das [X.] hat sich einer
eigenen Stellungnahme zur Frage der immissions-schutzrechtlichen Genehmigungsfähigkeit des Windparks
ausdrücklich enthal-ten.

32
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17

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3.
Darüber hinaus liegen die Voraussetzungen für die Enteignung aber auch deshalb nicht vor, weil die Feststellungen des [X.] Ministeriums für Wirtschaft, Technologie und Arbeit zur Erforderlichkeit des Vorhabens und zur Zulässigkeit der Enteignung nicht den gesetzlichen Anforderungen entspre-chen.

a) Die Feststellung der Zulässigkeit der Enteignung durch das damalige [X.] Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Arbeit ist im gerichtlichen Verfahren überprüfbar. Zu
§
12 [X.] 1998 hat das [X.] ausgeführt, dass die Entscheidung über den energiewirtschaftlichen Bedarf kei-ne enteignungsrechtliche Vorwirkung zu Lasten betroffener Grundeigentümer auslöse. Sie ergehe unbeschadet der Rechte privater Dritter und sei ihnen ge-genüber nicht unmittelbar rechtsverbindlich. Etwaige Mängel der Bedarfsfest-stellung [X.] jedoch auf das nachfolgende Enteignungsverfahren durch. Nach außen habe die Enteignungsbehörde für deren Rechtmäßigkeit einzu-stehen. Übernehme die Enteignungsbehörde eine fehlerhafte Bedarfsfeststel-lung, ohne erreicht zu haben, dass der Mangel behoben werde, so übertrage sie den Fehler in die nach außen verbindliche abschließende Enteignungsent-scheidung. Deren verwaltungsgerichtliche Überprüfung schließe die Frage nach der Rechtmäßigkeit der [X.] mit ein (vgl. BVerwGE 116, 365, 376). Diese Grundsätze
gelten auch für die Entscheidung über die Zulässigkeit der Enteignung nach §
45 Abs.
1 Nr.
2 [X.]. Das Berufungsgericht hat [X.] rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Zulässigkeitsentscheidung über die Enteignung nach §
45 Abs.
1 Nr.
2 [X.] der gerichtlichen Kontrolle unterliegt.

Diese ist dabei jedoch in der Weise beschränkt, als die Entscheidung darüber, ob eine Maßnahme mehr schadet als nutzt oder ob das Vorhaben in geeigneter Weise auch anders verwirklicht werden könnte, wertende Einschät-33
34
35
-

18

-

zungen, Prognosen und Abwägungen voraussetzt, die vom Gericht nicht durch eigene zu ersetzen, sondern als rechtmäßig hinzunehmen sind, soweit sie me-thodisch einwandfrei zustande gekommen und in der Sache vernünftig sind (vgl. BVerwGE 72, 365, 367).

b) Die Feststellung der Erforderlichkeit der Enteignung durch das [X.], Arbeit und Technologie, vorliegend sei der Zugriff auf die im Eigentum der Beteiligten zu 1 stehenden Grundstücke zur Errichtung der streitgegenständlichen [X.] energiewirtschaftlich notwendig, hält im Gegensatz zur Auffassung des Berufungsgerichts der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

aa) Die Erforderlichkeit nach §
45 Abs.
1 [X.] ist unter
Berücksichti-gung der
Ausstrahlungswirkung des Art.
14 [X.] auszulegen. Eine Enteignung nach Art.
14 Abs.
3 Satz 1 [X.] kommt nur in Betracht, wenn sie
zur Erfüllung der öffentlichen Aufgabe (hier: [X.]) unumgänglich erforderlich ist ([X.] 38, 175, 180). Die Enteignung ist mithin ultima ratio. Sie ist etwa dann nicht zulässig, wenn der Zweck auch durch einen
die Ziele des [X.] (z.B. in Bezug auf Kostengünstigkeit oder Umweltschutz) rechtsge-schäftlichen Erwerb erreicht werden kann (vgl. [X.] in [X.]/[X.], Energierecht, 81. Ergänzungslieferung [2014],
§
45 Rn.
32). Die bloße Sinnhaf-tigkeit, Nützlichkeit oder Geeignetheit genügt nicht ([X.] in
Büdenbender/
[X.], Energierecht
1, Recht der Energieanlagen, 1999, Rn.
1864). Die Erforderlichkeit ist dabei stets im alternativen Vergleich zu be-gründen. Gibt es
weniger einschneidende Maßnahmen, die das gleiche Ziel erreichen, ist eine Enteignung nicht erforderlich (vgl. Salje, [X.], 2006, §
45 Rn.
43).

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19

-

Nach dem noch zu § 11 [X.] 1935/§ 12 [X.] 1998 ergangenen, den Bau einer 110 kV-Stromfreileitung betreffenden Grundsatzurteil des Bundes-verwaltungsgerichts vom 11. Juli 2002 (BVerwGE 116, 365) ist
ein Leitungsvor-haben
energiewirtschaftlich erforderlich, wenn es eine vorhandene Versor-gungslücke schließen
soll oder wenn es der Versorgungssicherheit dient. Eine Versorgungslücke besteht, wenn der Energiebedarf in einem [X.] gegenwärtig oder in absehbarer Zeit nicht ausreichend gedeckt werden kann. Besteht ein Energiebedarf, ist zu fragen, ob technische Alternativen der Be-darfsdeckung bestehen, die das [X.] erübrigen. Die [X.] ist zum Beispiel
gefährdet, wenn der Ausfall einer Stromleitung (oder eines Kraftwerks) im [X.] nicht sicher beherrscht werden kann. Auch hier stellt sich die Frage, ob technische Alternativen zur Herstellung der Versorgungssicherheit ein [X.] überflüssig machen. Kann ein Energiebedarf im Wege der Durchleitung gedeckt werden, bedarf es (infolge des
durch § 6 [X.] 1998 eröffneten [X.] beim Netzzugang) nicht des Neubaus einer Freileitung (vgl. BVerwG aaO
S. 376
f). Es ist eine umfassende Erforderlichkeitsprüfung unter Berücksichtigung der gesamten [X.] vorzunehmen. Deshalb sind sämtliche [X.] in diese Prüfung mit einzubeziehen ([X.] in
Schneider/[X.]
aaO
§
10
Rn.
54). Allein der Gesichtspunkt der dezentralen Versorgung kann die Erforderlichkeit einer Enteignung im Sinne des §
45 [X.] nicht rechtfertigen (vgl. [X.], [X.], 961, 964). Die dezentrale Versorgung kann allerdings von Bedeutung sein, wenn die Netzkapazitäten dadurch geschont werden und insbesondere eine Importgefährdung damit vermieden werden kann.

Der Aspekt der Schließung einer Versorgungslücke beziehungsweise der Schaffung von Versorgungssicherheit ist auch vorliegend von entscheidender Bedeutung. Dabei ist zu beachten, dass es hier nicht etwa ausschließlich darum 38
39
-

20

-

geht, die Einspeisung des von einem bestimmten (bestandskräftig genehmig-ten) Kraftwerk erzeugten
Stroms
in das allgemeine Stromnetz sicherzustellen, der Standort der Anlage also "vorgegeben"
ist
(vgl. zu einer solchen
Konstella-tion [X.], Beschluss vom 21. Februar 2008 -
M 24 S 08.497, juris Rn.
30 sowie [X.], Beschluss vom 3. März 2008 -
22 CS 08.537, juris Rn.
3). Vielmehr ist, da
es in dem vorliegenden Enteignungsverfahren neben der Bestellung
einer
[X.]n-Dienstbarkeit
auch
um die Belastung der im Eigentum der Beteiligten zu 1 stehenden Grundstücke mit einer
-
der Erschlie-ßung der Windkraftanlagen als solche dienenden
-
Wege-Dienstbarkeit geht, bei der Prüfung der Enteignungsvoraussetzungen das "Gesamtvorhaben"
in den Blick zu nehmen.

bb) Diesen Anforderungen genügt die Zulassungsentscheidung des [X.],
Arbeit und Technologie auch in der ergänzten Fassung vom 23.
September 2010 nicht. Mit ihr kann die Erforderlichkeit der Enteignung und damit deren Zulässigkeit nicht begründet werden.

Eine Versorgungslücke besteht erst, wenn Energiebedarf in einem Ver-sorgungsraum gegenwärtig und in absehbarer Zeit nicht ausreichend gedeckt werden kann. Besteht ein solcher Bedarf, sind alle technischen
Alternativen für die Bedarfsdeckung
in den Blick zu nehmen. Gegebenenfalls ist weiter zu [X.], welche Importmöglichkeiten bestehen und welche Versorgungssicherheit insoweit zu erwarten ist. Insoweit fehlen Ausführungen dazu, ob es im Lande [X.] weitere Gebiete gibt, in denen Windparks -
oder auch andere [X.] zur Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien (vgl.
§ 3 Abs. 1, 2 [X.]) -
geschaffen werden können, für die eine Enteignung nicht erforderlich ist und die ebenso geeignet sind, die in den ministeriellen Entscheidungen angesprochene [X.] aufzufüllen. Die Darlegung, dass ein Großteil des
in [X.] ver-40
41
-

21

-

brauchten Stroms nicht im Land selbst gewonnen wird ("Erzeugungslücke"),
rechtfertigt nicht ohne Weiteres den Schluss auf das Bestehen einer Versor-gungslücke, da der Strom möglicherweise genauso sicher
und zuverlässig
aus anderen, außerhalb [X.]s stammenden Quellen
bezogen werden
kann.
Feststellungen dazu, dass ein Stromimport wegen der [X.] zu Versorgungsengpässen führen könnte und deswegen eine dezentrale Strom-versorgung von besonderer Bedeutung ist,
und zwar insbesondere für das Ge-meindegebiet der
Beteiligten
zu
1, werden
in den ministeriellen Entscheidungen nicht
getroffen.

Der Umstand, dass der Ausbau der Erneuerbaren Energien -
auch und vor allem der Windkraft -
energiepolitische Priorität genießt und zwecks Einhal-tung der gesetzlichen Zielvorgaben (vgl. § 1 Abs. 1 [X.], § 1 Abs. 2 [X.]) beschleunigt erfolgen soll, rechtfertigt für sich genommen -
also ohne den [X.] Bezug zur Versorgungslage im betreffenden Gebiet und der Prüfung wei-terer [X.] -
nicht den Entzug von Grundeigentum für die Errichtung und den Betrieb von Windkraftanlagen. Ebenso wenig vermag der
vom Ministerium betonte Aspekt, Erneuerbare Energien könnten allgemein we-gen des sogenannten [X.] den Strompreis reduzieren, eine Ent-eignung gerade des Grundstücks der Beteiligten zu
1 für den hier vorgesehe-nen Windpark zu rechtfertigen.

Insgesamt dringt daher die Beteiligte zu 1
mit ihrer Rüge durch, dass die ministerielle [X.] einen konkreten Bezug zum Enteignungsvor-haben in weiten Teilen vermissen lasse.

42
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-

22

-

III.

Die Revision der Beteiligten zu
2 bleibt ohne Erfolg.

1.
Einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand hält jedoch die Auffassung des Berufungsgerichts, die hier streitgegenständlichen Windenergieanlagen und deren Zuwegung würden vom Anwendungsbereich des §
45 Abs.
1 Nr.
2 [X.] von vornherein nicht erfasst. Der Wortlaut des §
45 Abs.
1 Nr.
2 [X.] ist weit gefasst und schließt
ohne weiteres auch Energieerzeugungsanlagen
mit ein. Dabei ist insbesondere in den
Blick zu nehmen, dass diese Formulierung auf §
12 [X.] 1998 zurückzuführen ist, dem eine solche Beschränkung fremd war. Eine Einschränkung des Anwendungsbereichs war -
wie bereits erwähnt -
mit der Neuregelung in §
45 [X.] 2005 nicht beabsichtigt (vgl. BT-Drucks. 15/3917 S.
67). Eine Einschränkung des §
45 [X.] in der Weise, dass die Voraussetzungen einer erforderlichen Genehmigung für das Enteignungsvor-haben nicht in Zusammenschau mit einer geplanten Enteignung betrachtet werden dürften, lässt sich ebenfalls dem Wortlaut und auch der Entstehungsge-schichte der Norm nicht entnehmen.

2.
Wie bereits dargelegt scheitert die Enteignungsmaßnahme bezüg-lich der Zuwegung aber daran, dass die Enteignungsvoraussetzungen hinsicht-lich der erforderlichen bundesimmissionsschutzrechtlichen Genehmigung und wegen Fehlens einer tragfähigen Zulässigkeitsentscheidung nicht vorliegen.

44
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-

23

-

IV.

Das Berufungsurteil ist auf die Revision der Beteiligten zu 1 teilweise aufzuheben. Die Revision der Beteiligten zu 2 ist zurückzuweisen. Der [X.] kann in der Sache entscheiden, da diese entscheidungsreif ist (§§
561, 562 Abs.
1, §
563 Abs.
3 ZPO).

[X.]

[X.]

[X.]

Remmert
Reiter
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 07.03.2012 -
BLK O 672/11 -

OLG [X.], Entscheidung vom 30.12.2013 -
BI U 299/12 -

47

Meta

III ZR 36/14

12.03.2015

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.03.2015, Az. III ZR 36/14 (REWIS RS 2015, 14175)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 14175

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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