Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.07.2013, Az. III ZR 154/12

III. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 4186

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
III ZR 154/12

Verkündet am:

11. Juli 2013

K i e f e r

Justizangestellter

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle
in der Baulandsache

Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
ja
BGHR:
ja

[X.]§ 102 Abs. 1 Nr. 1, §§ 114, § 117 Abs. 5 Satz 1, §§ 217, 224

a)
[X.]nach § 117 BauGB durch Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 217 Abs. 1 Satz 1 BauGB entfaltet auf-schiebende Wirkung.

b)
Die mit dem Erlass der Ausführungsanordnung angestrebte Rechtsänderung tritt auch dann ein, wenn an dem nach § 117 Abs. 5 Satz 1 BauGB hierfür festgesetzten Tag die aufschiebende Wirkung eines dagegen gerichteten -
im Ergebnis erfolglos gebliebenen
-
Antrags auf gerichtliche Entscheidung noch angedauert hat.

c)
In einem solchen Fall beginnt die Verwendungsfrist nach § 114 Abs. 1 BauGB nicht (rückwirkend) an dem in der Ausführungsanordnung festgesetz-ten Tag, sondern an dem Tag, an dem die Anordnung bestandskräftig ge-worden ist.

BGH, Urteil vom 11. Juli 2013 -
III ZR 154/12 -
OLG Bamberg

LG Bayreuth
-

2

-

Der III.
Zivilsenat des [X.]hat auf die mündliche Verhandlung vom
11. Juli 2013
durch den Vizepräsidenten [X.]und die Richter Wöst-mann, Hucke, [X.]und Dr. Remmert

für Recht erkannt:

Die Revision der Beteiligten zu 1 bis 3
gegen den Beschluss des 9. Zivilsenats -
Senat für Baulandsachen
-
des Oberlandesgerichts Bamberg vom 18.
April 2012 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten zu 1 bis 3 haben die Kosten des [X.]zu je 1/3 zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Die Beteiligten zu 1 bis 3
sind Eigentümer der Grundstücke Flur-Nr. 37/2, 37/8 und 37/9 der [X.]E.

. Zur Umsetzung der Festsetzung des Bebauungsplans "P.

-V.

-Ring-Süd"
beantragte die [X.]E.

, die Beteiligte zu
4,
im Januar 2005 die Einleitung eines Enteignungsverfahrens.

Mit Enteignungsbeschluss vom 12.
September 2005 in der Fassung des [X.]vom 14.
Januar 2009 entzog das Landratsamt F.

, der
Beteiligte zu
5, als zuständige Enteignungsbehörde den Beteiligten zu 1 bis 3
das Eigentum an noch zu vermessenden Teilflächen ihrer Grundstücke. 1
2
-

3

-

Die gegen den Enteignungsbeschluss eingelegten Rechtsmittel
der Beteiligten zu 1 bis 3 blieben ohne Erfolg. Im Enteignungsbeschluss war
bestimmt, dass die Beteiligte zu
4 die in Anspruch zu nehmenden Grundstücksteile innerhalb eines Jahres nach Eintritt der Rechtsänderung zum Zwecke der Anbindung des P.

-V.

-Rings an die B.

straße und die A.

-D.

-Straße gemäß dem [X.]"P.

-V.

-Ring-Süd"
der [X.]E.

zu verwenden habe.

Am 1.
September 2009 erließ der
Beteiligte zu 5
eine Ausführungsan-ordnung mit dem Inhalt, dass mit
dem 12.
Oktober 2009 00.00
Uhr
der bisheri-ge Rechtszustand durch den im Enteignungsbeschluss geregelten neuen Rechtszustand
ersetzt werde.

Gegen diese Ausführungsanordnung stellten die Beteiligten zu 1 bis 3
mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 29.
September 2009 Antrag auf gerichtliche Entscheidung, der mit Schreiben vom 27.
April 2010, [X.]beim [X.]am 28.
April 2010, zurückgenommen wurde.

Die Antragsteller
beantragten sodann am 19.
Oktober 2010 die Rück-übereignung der durch den Enteignungsbeschluss enteigneten Teilflächen, weil die Grundstücke nicht innerhalb der am 12. Oktober 2010 abgelaufenen Frist für die Verwirklichung des [X.]verwendet worden seien. Der
Beteiligte zu
5 lehnte den Antrag mit Bescheid vom 16.
November 2010 unter Hinweis darauf ab, dass die Verwendungsfrist wegen des
eingelegten Rechts-behelfs
erst mit Ablauf des 28. April 2010 begonnen
habe
(Rücknahme des ge-gen die Ausführungsanordnung gestellten Antrags auf gerichtliche Entschei-dung) und daher erst am 28. April 2011 ende.

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-

4

-

Hiergegen haben die Beteiligten zu 1 bis 3 Antrag auf gerichtliche Ent-scheidung gestellt. Das [X.]hat diesen Antrag zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung hat das Berufungsgericht mit Beschluss gemäß §
522 Abs.
2 ZPO zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgen die Beteiligten zu 1 bis 3
ihren Antrag auf Rückenteignung weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dass im Gegensatz zur Auffassung der Antragsteller
am 19.
Oktober 2010 die Verwendungsfrist von einem Jahr nach Eintritt der Rechtsänderung noch nicht abgelaufen gewesen sei. Der [X.]bestimme, dass die enteigneten Grundstücksteile innerhalb eines Jahres nach Eintritt der Rechtsänderung zu dem vorgesehenen Enteig-nungszweck zu verwenden seien. Den Eintritt der Rechtsänderung bestimme wiederum die inzwischen bestandskräftige Ausführungsanordnung des
Beteilig-ten zu
5 vom 1.
September 2009. Danach sei die Rechtsänderung am 12.
Ok-tober 2009 eingetreten. Hinsichtlich des Ablaufs der Verwendungsfrist sei [X.]zu berücksichtigen, dass die Antragsteller
gegen die Ausführungsanord-nung Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt hätten, der
bis zu seiner
Rücknahme am 28.
April 2010 aufschiebende Wirkung entfaltet habe. Letzteres habe zur Folge, dass die Beteiligte zu
4 im Zeitraum zwischen dem 29.
Sep-tember 2009 und dem 28.
April 2010 gehindert gewesen sei, tatsächliche und 6
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-

rechtliche Folgerungen aus der Ausführungsanordnung des [X.]zu ziehen. Insofern seien die Vorschriften der Verwaltungsgerichts-ordnung
-
vor allem §
80 Abs.
1 VwGO
-
entsprechend anzuwenden. Es [X.]dem Sinn und Zweck des vorläufigen Rechtsschutzes, dass Aus-schlussfristen, Verjährungsfristen
usw.
entweder gehemmt oder gegenstands-los würden mit der Folge, dass die Verwaltung entweder eine neue Frist zu [X.]oder
die Bestandskraft des Verwaltungsakts abzuwarten und erst danach eine neue
Frist zu bestimmen habe. Welcher Auffassung insoweit der Vorzug zu geben sei, Hemmung des Fristablaufs oder Gegenstandsloswerden
der Frist mit anschließender Neubestimmung,
bedürfe keiner Entscheidung, da der [X.]in keinem der beiden
Fälle
Erfolg
habe. Die Antrag-steller
könnten der Beteiligten zu
4 nicht einerseits durch das Einlegen von Rechtsbehelfen den Vollzug der Ausführungsanordnung unmöglichen machen und sich gleichzeitig mit Erfolg auf den Ablauf der Verwendungsfrist berufen wollen. Dem stehe nicht entgegen, dass zum Zeitpunkt der Rücknahme des Antrags auf gerichtliche Entscheidung gegen die Ausführungsanordnung noch knapp ein halbes Jahr der festgelegten Verwendungsfrist offen gestanden ha-be. Die [X.]habe Anspruch darauf, die Verwendungsfrist in vollem Um-fang auszuschöpfen. Sie müsse sich auch nicht darauf verweisen lassen, bei der Enteignungsbehörde einen Antrag auf Verlängerung der Verwendungsfrist zu stellen. §
114 Abs.
2 Satz
1 Nr.
1 [X.]erfasse von vornherein nur materi-ell-rechtliche, der Verwirklichung des [X.]vorübergehend ent-gegenstehende Gründe, nicht aber die Folgen der Einlegung von Rechtsmitteln. Letztere ergäben sich unmittelbar aus dem prozessualen Institut des vorläufi-gen Rechtsschutzes selbst.

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II.

Der Beschluss des Berufungsgerichts hält im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung stand. Die Frist zur Verwirklichung des [X.]be-gann im vorliegenden Fall am 29.
April 2010 zu laufen, betrug aufgrund des [X.]ein
Jahr und war deshalb im Oktober 2010 noch nicht abgelaufen, so dass die bis dahin nicht verfolgte Verwirklichung des Enteig-nungszwecks keinen Rückenteignungsanspruch nach §
102 Abs.
1 Nr.
1 [X.]zu begründen vermag. Im Gegensatz zur Auffassung des Berufungsge-richts ist die Frist
jedoch
weder gehemmt noch gegenstandslos geworden.

Nach §
102 Abs.
1 Nr.
1 [X.]kann der frühere enteignete Eigentümer verlangen, dass das enteignete Grundstück zu seinen Gunsten wieder enteig-net wird (Rückenteignung), wenn und soweit der durch die Enteignung [X.]oder seine Rechtsnachfolger das Grundstück nicht innerhalb der festge-setzten Fristen (§
113 Abs.
2 Nr.
3 und §
114 BauGB) zu dem [X.]verwendet haben.

1.
Gemäß
§
113 Abs.
2 Nr.
3 [X.]sind
im
Enteignungsbeschluss der [X.]und die Frist, innerhalb der das Grundstück zu dem vorge-sehenen
Zweck zu verwenden ist, zu bezeichnen. Im vorliegenden Fall ist im
Enteignungsbeschluss die Verwendungsfrist auf ein Jahr nach Eintritt der Rechtsänderung zum Zweck der Anbindung des P.

-V.

-Rings an die B.

straße und die A.

D.

-Straße gemäß dem Straßenbebauungsplan "P.

-V.

-Ring-Süd"
festgesetzt.
Diese in Übereinstimmung mit dem Wort-laut des §
114 Abs.
1 [X.]an den Eintritt der Rechtsänderung anknüpfende Form der Fristbestimmung ist hinreichend bestimmt (vgl. Senatsurteil vom 28.
Mai 1984 -
III ZR 100/83,
NVwZ 1986, 506 f).
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2.
Nach §
117 Abs.
5 Satz
1 wird mit dem in der Ausführungsanordnung festzusetzenden Tag
der bisherige Rechtszustand durch den im Enteignungs-beschluss geregelten neuen Rechtszustand ersetzt. Die
Ausführungsanordnung ist nach §
117 Abs.
1 Satz
1 [X.]auf Antrag eines Beteiligten durch die [X.]nach Unanfechtbarkeit des [X.]zu er-lassen. Im vorliegenden Fall ist die Ausführungsanordnung des
Beteiligten
zu
5 am 1.
September 2009 ergangen
und als Datum für die Änderung des Rechts-zustands den 12.
Oktober 2009 00.00
Uhr angegeben.

3.
Voraussetzung für den Beginn der Verwendungsfrist überhaupt -
gleich-gültig, ob hierfür, wie die Beteiligten zu 1 bis 3 meinen, der 12. Oktober 2009 oder aber, so die Auffassung der Beteiligten zu 4 und 5, der
29. April 2010 maßgeblich ist -
ist,
dass die
mit der Enteignung angestrebte Rechtsänderung (hier: Übergang des Eigentums auf den
Enteignungsbegünstigten) [X.]hat. Diese -
von allen Beteiligten und beiden Vorinstanzen stillschweigend angenommene -
Voraussetzung ist gegeben; insbesondere ist der Wechsel im Grundeigentum nicht deshalb ausgeblieben, weil an dem in der [X.]festgesetzten Tag (12. Oktober 2009) diese Verfügung noch keine Bestandskraft erlangt hatte.

Allerdings soll nach einer in der Literatur weit verbreiteten Auffassung dann, wenn die Ausführungsanordnung angefochten wird und -
wie hier -
an dem festgesetzten Tag die aufschiebende Wirkung noch andauert, die Festset-zung gegenstandslos werden mit der Folge, dass die Enteignungsbehörde ei-nen neuen Tag bestimmen muss (so Brügelmann/Reißnecker, BauGB, [Stand: August 1999] § 117 Rn. 20; [X.]in [X.]Kommentar zum BauGB, [Stand: Juli 2005] § 117 Rn. 19; Petz in Spannowsky/Uechtritz, BauGB, § 117 12
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Rn. 47; Schrödter/Breuer, BauGB, 7. Aufl., § 117 Rn. 21; so wohl auch [X.]in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, [Stand: März 2007] §
117 Rn. 22). Da dies vorliegend nicht geschehen ist, wären nach dieser Meinung die Beteiligten zu 1 bis 3 immer noch Eigentümer der zu enteignenden Teilflächen.

Dieser Literaturmeinung ist jedoch nicht zu folgen.
Sie wird dem "Wesen"
der aufschiebenden Wirkung des gegen die Ausführungsanordnung gerichteten Antrags auf gerichtliche Entscheidung nicht gerecht und führt darüber hinaus zu sachwidrigen Ergebnissen.

a) Die Ausführungsanordnung ist nach §
217 Abs.
1 Satz
1 [X.]durch Antrag auf gerichtliche Entscheidung anfechtbar. Ein solcher
Antrag entfaltet aufschiebende Wirkung. Dies ergibt sich aus dem Umkehrschluss zu §
224 Abs.
1 BauGB, der für bestimmte Maßnahmen nach dem Baugesetzbuch die aufschiebende Wirkung enumerativ ausschließt (OLG Koblenz,
NVwZ 1984, 678; [X.]in Ernst/Zinkahn/[X.]aaO; Schrödter/[X.]aaO
§
117 Rn.
24; [X.]in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 11.
Aufl., §
117 Rn.
12).

b) Das Wesen der aufschiebenden Wirkung besteht darin, dass für die Dauer des Schwebezustands, in dem Ungewissheit über den Erfolg der Anfech-tung besteht, keine Maßnahme
angeordnet oder vollzogen wird, die den durch den Verwaltungsakt Betroffenen belasten könnte; es dürfen keine "vollendeten Tatsachen"
geschaffen werden. Die aufschiebende Wirkung wird durch die rechtskräftige Abweisung des Rechtsmittels mit der Folge beseitigt, dass der angefochtene Verwaltungsakt als von Anfang an wirksam zu behandeln ist ([X.]vom 13.
Oktober 1983 -
III
ZR 155/82,
BGHZ 88, 337, 342 in Überein-stimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts,
BVerwG[X.]13, 1, 5
f; 24, 92, 98; 99, 109, 112).
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c) Mit Eintritt der aufschiebenden Wirkung aufgrund des Antrags auf ge-richtliche Entscheidung vom 29.
September 2009 trat die Rechtsänderung
da-mit
nicht wie in der Ausführungsanordnung bestimmt am 12.
Oktober 2009 ein. Die aufschiebende Wirkung endete mit der Rücknahme des Antrags auf gericht-liche Entscheidung am 28.
April 2010. Der Wegfall der aufschiebenden Wirkung wirkt im Allgemeinen ex tunc, das heißt der ursprüngliche Verwaltungsakt ist
so zu behandeln, als sei er nie angefochten worden (vgl. Senatsurteil vom 13.
Oktober 1983 aaO; [X.]NJW 1983, 2042; Eyermann/Schmidt, VwGO, 13.
Aufl., §
80 Rn.
16). Übertragen auf die vorliegende Fallkonstellation bedeu-tet
dies, dass sich die Beteiligten grundsätzlich so behandeln lassen
müssen, als sei eine Anfechtung der Ausführungsanordnung nicht erfolgt und als sei die Rechtsänderung mit dem in der Ausführung angeordneten Datum eingetreten.

d) Soweit dem die angeführten Literaturmeinungen entgegenhalten, be-zogen auf dingliche Rechte mache eine "rückwirkende Rechtsänderung"
keinen Sinn, so mag daran richtig sein, dass der Wegfall der aufschiebenden Wirkung im praktischen Ergebnis einer
ex nunc-Wirkung nahekommt. So ist etwa, solan-ge die aufschiebende Wirkung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung an-dauert, nur der Antragsteller in der Lage, Eigentumsstörungen durch Dritte zu begegnen (Erheben einer Unterlassungs-
oder
Beseitigungsklage nach § 1004 BGB). Diese Überlegung rechtfertigt es aber nicht, die angefochtene Anordnung für gegenstandslos zu erachten. Denn dies hätte im Ergebnis zur Folge, dass der Enteignungsbetroffene mit seinem Antrag die mit dem Erlass der Ausfüh-rungsanordnung angestrebte Rechtsänderung auch dann verhindern könnte, wenn sein Rechtsmittel ohne Erfolg geblieben ist. Es müsste eine neue Ausfüh-rungsanordnung mit geändertem Datum erlassen werden, die von neuem ange-fochten werden könnte.
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Diesen Schwierigkeiten kann nicht dadurch begegnet werden, dass die Enteignungsbehörde in der Ausführungsanordnung das Datum für den Eintritt der Rechtsänderung so bestimmt, dass angenommen werden kann, auch im Falle einer Anfechtung werde die Anordnung rechtzeitig vor dem Termin Be-standskraft erlangen. Da zum Zeitpunkt des Erlasses der Ausführungsanord-nung nicht zuverlässig abgeschätzt werden kann, wie lange die im Fall der [X.]eintretende aufschiebende Wirkung andauert, müsste der Tag der Rechtsänderung unter Umständen sehr weit hinausgeschoben werden. Dies wäre dann besonders misslich,
wenn die -
erwartete beziehungsweise [X.]-
Anfechtung der Ausführungsanordnung unterbliebe und das Enteig-nungsvorhaben eigentlich unverzüglich ins Werk gesetzt werden könnte.

4.
Unabhängig davon, ob und inwieweit sich der Wegfall der aufschieben-den Wirkung hinsichtlich der Eigentümerstellung
auswirkt, so ist jedenfalls in Bezug auf den Beginn der Verwendungsfrist der Zeitpunkt des Wegfalls der aufschiebenden Wirkung (hier: die
Antragsrücknahme
am 28. April 2010) und nicht das in dem angefochtenen Bescheid für den Eintritt der Rechtsänderung angegebene Datum entscheidend.

Nach der gesetzlichen Regelungskonzeption soll dem Enteignungsbe-günstigten zur Verwirklichung des Enteignungsvorhabens die volle Verwen-dungsfrist zur Verfügung stehen. Deshalb ist mit dem Eintritt der Rechtsände-rung im Sinne des §
114 Abs.
1 [X.]im Fall der Anfechtung der Ausfüh-rungsanordnung der Zeitpunkt zu verstehen, in dem die aufschiebende Wirkung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung wegfällt. Denn ungeachtet dessen, dass sich die Beteiligten in diesem Fall grundsätzlich so behandeln lassen müssen, als sei eine Anfechtung nicht erfolgt und die Rechtsänderung damit zu 20
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-

dem in der Ausführung angeordneten Stichtag erfolgt, besteht für den Enteig-nungsbegünstigten erst ab dem Zeitpunkt des Wegfalls der aufschiebenden Wirkung tatsächlich und rechtlich die konkrete Möglichkeit, den [X.]umzusetzen.

Würde man demgegenüber in
jedem Falle für den Beginn der [X.]für den Eintritt der Rechtsän-derung festgesetzten Tag abstellen, so könnte sich im Falle einer Anfechtung der Anordnung der dem Enteignungsbegünstigten für die Verwirklichung seines Vorhabens zur Verfügung stehende Zeitraum so sehr verkürzen (und unter Um-ständen völlig ausfallen), dass das Erreichen des [X.]ernsthaft gefährdet wäre,
wenn nicht gar unmöglich gemacht würde.
Das Setzen einer

im Gesetz gar nicht
vorgesehenen -
neuen Verwendungsfrist würde eine teil-weise Änderung des (unanfechtbar gewordenen) [X.]ent-halten, die wiederum angefochten werden könnte.

Auch die Möglichkeit nach §
114 Abs.
2 [X.]vor Ablauf der Verwen-dungsfrist einen Antrag auf Verlängerung zu stellen, wird den Interessen der am Enteignungsverfahren Beteiligten nicht gerecht. Unmittelbar wäre diese Vor-schrift ohnehin nicht anwendbar, da im Fall der Anfechtung der Ausführungsan-ordnung die aufschiebende Wirkung auf den Zeitpunkt des Erlasses der Anord-nung zurückwirkt, also während des laufenden gerichtlichen Verfahrens vom Beginn einer

zu verlängernden -
Verwendungsfrist noch gar nicht ausgegan-gen werden könnte (vgl. BVerwG, [X.]310 § 80 VwGO Nr. 23 Bl. 23 f; Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl., § 80 Rn. 54). Im Übrigen könnte auch dieser Verlängerungsbescheid selbständig angefochten werden.

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Der gesetzgeberische Zweck der Fristsetzung, dass den Beteiligten ein klar umrissener Zeitraum vorgegeben wird, in dem der
[X.]ver-wirklicht werden muss, ist daher im Falle einer Anfechtung der Ausführungsan-ordnung am besten dadurch zu erreichen, dass für den Beginn der [X.]abgestellt wird, an dem die Rechtsänderung für alle [X.]unumstößlich feststeht; dies ist der Tag, an dem die Ausführungsan-ordnung Bestandskraft erlangt (a.
A. OLG Bremen,
BRS 45, 662, 665).

Schlick

Wöstmann
Hucke

Seiters
Remmert
Vorinstanzen:
LG Bayreuth, Entscheidung vom 10.06.2011 -
14 O 5/10 Baul -

OLG Bamberg, Entscheidung vom 18.04.2012 -
9 [X.]-

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Meta

III ZR 154/12

11.07.2013

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.07.2013, Az. III ZR 154/12 (REWIS RS 2013, 4186)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 4186

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