Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.12.2011, Az. II ZB 5/11

II. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 753

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II
ZB 5/11

vom

6.
Dezember 2011

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

[X.] § 4 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2, § 5
Die Bindungswirkung des [X.] für das [X.] besteht nicht, wenn das Prozessgericht im Sinne des §
4 Abs.
1 Satz
1 [X.] in [X.] Musterverfahren bereits zuvor einen Vorlagebeschluss mit identischem Feststel-lungsziel erlassen hat. In diesem Fall steht die Sperrwirkung des §
5 [X.] dem Erlass eines weiteren [X.] entgegen.
[X.], Beschluss vom 6. Dezember 2011 -
II ZB 5/11 -
[X.]

LG München I

-
2
-

Der II.
Zivilsenat des [X.] hat am 6.
Dezember 2011
durch [X.]
[X.], die
Richterin
Caliebe
sowie die Rich-ter Dr.
Drescher, [X.] und Sunder
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerden der Kläger gegen den Beschluss des Se-nats für Kapitalanleger-Musterverfahren des [X.]s München vom 7. März 2011 werden zurückgewiesen.
Der Streitwert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 52.631,58

Gründe:

I.
Die Rechtsbeschwerdeführer machen vor dem [X.] wegen einer unzutreffenden Ad-hoc-Mitteilung der Beklagten zu 1 geltend. Auf den Musterfeststellungsantrag der Kläger hat das [X.] mehrere [X.] mit gleichlautendem [X.] erlassen, um vom [X.] beanstandete Fehler des ersten [X.] zu berichtigen.
Das [X.] hat
am 12.
November 2009 zunächst
nach §
4 Abs.
1 Satz
1 rbeizuführen zur beantragten Feststellung, dass die Ad-hoc-Mitteilung vom [X.] unrichtig war und hierdurch gegen die Beklagten zu 1) und 3) Schadensersatzansprüche aus §
826 BGB wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schä1
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-
3
-

Beschluss vom 11. März 2010 hat das [X.] ([X.], [X.], 51) diesen Vorlagebeschluss in entsprechender Anwendung der für willkürlich er-gangene Verweisungsbeschlüsse zu §
281 ZPO entwickelten [X.] und das Verfahren zur anderweitigen Prüfung und Entscheidung an das [X.] zurückgegeben. Dagegen haben die Kläger am 9. April 2010 die vom Oberlan-desgericht zugelassene Rechtsbeschwerde eingelegt. Das [X.] hat sodann am 27. April 2010 und am 28. Juli 2010 weitere [X.] mit identischem [X.] erlassen. Den Vorlagebeschluss vom 27. April 2010 hat es mit [X.] vom 20. Januar 2011 selbst wieder aufgehoben.
Den Vorlagebeschluss vom 28.
Juli 2010 hat das [X.] mit [X.] vom 7. März 2011 aufgehoben und das Verfahren zur anderweitigen Prüfung und Entscheidung an das [X.] zurückgegeben. Hiergegen richten sich die vom [X.] zugelassenen Rechtsbeschwerden der Kläger. Den [X.] des [X.]s vom 11.
März 2010 zum Vorlagebeschluss des [X.]s vom 12. November 2009 hat der erkennende Senat inzwischen aufge-hoben und die Sache an das [X.] zurückverwiesen ([X.], Beschluss vom 26. Juli 2011 -
II
ZB
11/10, [X.], 1790; zur Veröffentlichung in [X.]Z be-stimmt).
II.
Das [X.] hat ausgeführt: Der Vorlagebeschluss vom 28.
Juli 2010 sei schon deshalb aufzuheben, weil seinem Erlass die Sperrwirkung gemäß §
5 [X.]
des Beschlusses vom 12. November 2009 entgegenstehe. Dieser [X.] sei in demselben Ausgangsverfahren zwischen denselben Parteien [X.] und formuliere dasselbe [X.]. Leide der Vorlagebeschluss -
wie hier der Beschluss vom 28. Juli 2010
-
an schweren verfahrensrechtlichen Mängeln, [X.] die in §
4 Abs.
1 Satz
1 [X.] angeordnete Bindung an den Vorlagebe-3
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-
4
-

schluss. Insoweit sei die Rechtsprechung zur Bindungswirkung eines [X.] nach §
281 ZPO entsprechend heranzuziehen.
III.
Die Rechtsbeschwerden der Kläger sind statthaft und zulässig. Sie haben aber in der Sache keinen Erfolg. Die in §
4 Abs.
1 Satz
2 Halbsatz
2 [X.] Bindungswirkung des [X.] für das [X.] besteht nicht, wenn das Prozessgericht im Sinne des §
4 Abs.
1 Satz
1 [X.] in [X.] Musterverfahren bereits zuvor einen Vorlagebeschluss mit identischem Feststel-lungsziel erlassen hat. In diesem Fall steht die Sperrwirkung des §
5 [X.] dem Erlass eines weiteren [X.] entgegen.
1.
Die Rechtsbeschwerden sind statthaft, weil das [X.] im [X.] Rechtszug sie in dem angefochtenen Beschluss zugelassen hat (§
574 Abs.
1 Satz 1 Nr. 2 ZPO). Der [X.] steht nicht entgegen, dass der Vorlagebeschluss nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 [X.] unanfechtbar ist. Dieser Ausschluss der Anfechtbarkeit gilt nur für den Vorlagebeschluss selbst, nicht aber für eine Entscheidung des [X.]s, mit der der [X.] aufgehoben wird ([X.], Beschluss vom 26.
Juli 2011 -
II
ZB
11/10, [X.], 1790 Rn.
6; zur Veröffentlichung in [X.]Z bestimmt).
2.
Die Rechtsbeschwerden sind unbegründet. Das [X.] war entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerden nicht nach §
4 Abs.
1 Satz
2 Halbsatz 2 [X.] an der Aufhebung des [X.] vom 28.
Juli 2010 gehindert. Der Vorlagebeschluss des [X.] ist zwar nach §
4 Abs.
1 Satz
2 Halbsatz
2 [X.] für das [X.] grundsätzlich bindend. Die Bindung gilt aber nicht uneingeschränkt.
a) Der erkennende Senat hat sich im vorliegenden Musterverfahren bereits in seinem Beschluss vom 26. Juli 2011 ([X.], [X.], 1790; zur Veröffentli-5
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5
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chung in [X.]Z bestimmt) damit befasst, ob der geltend gemachte Anspruch Gegen-stand eines Musterverfahrens sein kann, ob das [X.] auf die Feststel-lung des Anspruchs selbst gerichtet ist und ob im Hinblick darauf die Bindungswir-kung nicht besteht. Aus den im Beschluss vom 26. Juli 2011 angeführten Gründen, auf die
wegen der insoweit identischen [X.] verwiesen werden kann, ist dies nicht der Fall.
b)
Dem Vorlagebeschluss vom 28. Juli 2010 kommt jedoch deshalb keine Bin-dungswirkung nach §
4 Abs.
1 Satz
2 Halbsatz
2 [X.] zu, weil das [X.] damit unter Verstoß gegen §
5 [X.] in demselben Ausgangsverfahren mit den-selben Parteien nach dem Vorlagebeschluss vom 12. November 2009 einen weite-ren Vorlagebeschluss mit identischem [X.] erlassen hat.
Nach §
5 [X.] ist die Einleitung eines weiteren Musterverfahrens für die gemäß §
7 [X.] auszusetzenden Verfahren unzulässig. Durch die Vorschrift soll ausgeschlossen werden, dass ein Prozessgericht durch einen Vorlagebeschluss ein Musterverfahren zu derselben oder zu einer weiteren Anspruchsvoraussetzung ein-leitet, wenn bereits ein Musterverfahren für die gemäß §
7 [X.] auszusetzenden Verfahren eingeleitet worden ist. Damit sollen parallel laufende Musterverfahren aus prozessökonomischen Gründen vermieden werden (vgl. Begründung des [X.], BT-Drucks.
15/5091, S.
24). Demzufolge kann einem Vorlagebeschluss keine Bin-dungswirkung nach §
4 Abs.
2 Halbsatz
2 [X.] zukommen, wenn er unter [X.] gegen die Sperrwirkung
des §
5 [X.] erlassen wird. Anderenfalls wäre das [X.] gezwungen, ein Musterverfahren durchzuführen (§
6 [X.]), das entgegen der Intention des §
5 [X.] gar nicht hätte eingeleitet werden [X.] (ebenso [X.] in [X.], [X.], 2007, §
5 Rn.
4; aA KK-[X.]/[X.], §
5 Rn.
16).
9
10
-
6
-

Die Sperrwirkung des §
5 [X.], die bereits mit Erlass des ersten Vorlage-beschlusses einsetzt und durch eine nicht rechtskräftige Aufhebung dieses Vorlage-beschlusses durch das [X.] nicht
entfällt, bindet in jedem Fall das Pro-zessgericht im Sinne des §
4 Abs.
1 Satz
1 [X.]. Auf den Streit über die Reich-weite des §
5 [X.] (vgl. hierzu KK-[X.]/[X.], §
5 Rn.
4
f.; [X.]/Wilsing, [X.] 2006, 79, 98) kommt es danach nicht an.

Bergmann

Caliebe

Drescher

[X.]

Sunder
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 28.07.2010 -
27 O 13854/06 -

[X.], Entscheidung vom 7.03.2011 -
KAP 2/10 -

11

Meta

II ZB 5/11

06.12.2011

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.12.2011, Az. II ZB 5/11 (REWIS RS 2011, 753)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 753

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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