Bundesfinanzhof, Beschluss vom 13.09.2023, Az. I B 11/22 (AdV)

1. Senat | REWIS RS 2023, 6769

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Gegenstand

(Hinzurechnungsbesteuerung gemäß §§ 7 ff. AStG: Verfassungs- und unionsrechtliche Zweifel)


Leitsatz

Auch wenn nach summarischer Prüfung verfassungs- und unionsrechtliche Zweifel an der Hinzurechnungsbesteuerung gemäß §§ 7 ff. AStG jedenfalls insoweit bestehen, als die Niedrigsteuerschwelle im Sinne des § 8 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 AStG (25 %) höher ist als die niedrigste nationale Gesamtsteuerbelastung bei unbeschränkt Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 KStG (22,825 % unter Einbeziehung der Gewerbesteuer), bleibt eine Beschwerde im AdV-Verfahren ohne Erfolg, wenn es ausgeschlossen erscheint, dass die Antragsteller angesichts einer "Nullbesteuerung" der streitigen Einkünfte im Ausland von einer einen Verfassungs- beziehungsweise Unionsrechtsverstoß beseitigenden begünstigenden Rechtslage profitieren könnten.

Tenor

Die Beschwerde ist unbegründet.

Die Kosten des Verfahrens haben die Antragsteller zu tragen.

Tatbestand

[X.].

1

Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin) zu 1., der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) zu 4. sowie der Rechtsvorgänger der Antragsteller zu 2. und 3., [X.], waren Gesellschafter der in [X.] ansässigen [X.] Ltd. ([X.]), an deren Vermögen sie jeweils zu 1/3 beteiligt waren. Geschäftsführer waren der Antragsteller zu 4. und [X.].

2

Gegenstand des Unternehmens der [X.] sind Agentur- und Handelsgeschäfte diverser Art. Dazu heißt es im Schreiben der Steuerberater der Antragstellerin zu 1., des Antragstellers zu 4. und des [X.] vom 27.08.2020: Der [X.] sei nicht so hoch, dass eine ständige Anwesenheit eines Geschäftsführers vor Ort erforderlich sei; das operative Geschäft werde von einem Angestellten als Sachbearbeiter geführt; das Agenturgeschäft umfasse im [X.]esentlichen die Qualitätskontrolle für die [X.] (GmbH); der Umfang der Geschäftstätigkeit der [X.] sei deutlich geringer als der der GmbH in [X.].

3

Ausweislich einer Bilanz (in [X.]) erzielte [X.] im [X.] einen Überschuss von … [X.] (umgerechnet: [X.]). Eine Besteuerung dieser Einkünfte in [X.] erfolgte nicht.

4

[X.]ür das [X.] wurden keine Steuer- beziehungsweise [X.]eststellungserklärungen in der [X.] ([X.]) abgegeben. Am 09.02.2021 erließ der Antragsgegner und Beschwerdegegner ([X.]inanzamt --[X.]--) gegenüber der Antragstellerin zu 1., dem Antragsteller zu 4. und [X.] den streitgegenständlichen [X.]eststellungsbescheid 2016. Hierin wurde unter Schätzung der Besteuerungsgrundlagen, ausgehend von einer niedrigen Besteuerung der [X.] (§ 8 Abs. 3 des Außensteuergesetzes in der für das [X.]eststellungsjahr geltenden [X.]assung --AStG--), ein Hinzurechnungsbetrag nach § 10 Abs. 1 AStG von [X.] festgestellt und den [X.]eststellungsbeteiligten jeweils zu 1/3 zugerechnet.

5

Hiergegen legten die Antragstellerin zu 1., der Antragsteller zu 4. und [X.] am 19.03.2021 Einspruch ein und beantragten die Aussetzung der Vollziehung (AdV). Diese wurde vom [X.] unter dem 22.03.2021 abgelehnt.

6

Unter dem 18.03.2021 beziehungsweise 19.03.2021 erließ das [X.]inanzamt [X.] gegenüber der Antragstellerin zu 1., dem Antragsteller zu 4. und [X.] geänderte Einkommensteuerbescheide für das [X.], mit denen der jeweils gesondert festgestellte Hinzurechnungsbetrag von [X.] bei den der tariflichen Einkommensteuer unterliegenden Einkünften aus Kapitalvermögen berücksichtigt wurde.

7

Unter dem 04.06.2021 haben die Antragstellerin zu 1., der Antragsteller zu 4. und [X.] hinsichtlich des [X.] vor dem [X.]inanzgericht ([X.]) Münster AdV beantragt.

8

[X.], der seinen [X.]ohnsitz im [X.]nland hatte, ist im Laufe des finanzgerichtlichen Verfahrens verstorben. Ein Antrag auf Aussetzung des Verfahrens wurde nicht gestellt.

9

Das [X.] hat mit Beschluss vom 11.02.2022 - 2 V 1478/21 [X.] (Entscheidungen der [X.]inanzgerichte 2022, 557) den Antrag auf AdV abgelehnt. Es war der Auffassung, dass weder ernstliche [X.]weifel an der Rechtmäßigkeit des [X.] bestünden noch die Vollziehung für die Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche [X.]nteressen gebotene Härte zur [X.]olge hätte. Die Beschwerde hat es zugelassen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragsteller, mit der sie die Verletzung materiellen Rechts rügen. Sie beantragen sinngemäß, den Beschluss des [X.] aufzuheben und ihrem Antrag auf AdV des streitgegenständlichen Bescheids stattzugeben.

Das [X.] beantragt sinngemäß, die Beschwerde der Antragsteller als unbegründet zurückzuweisen.

Das [X.] hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Beschluss vom 21.02.2022 - 2 V 1478/21 [X.]).

Entscheidungsgründe

[[[X.].].][[[X.].].].

Die Beschwerde (§ 128 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung --[[[X.].].]O--) ist unbegründet und daher zurückzuweisen. Das [[[X.].].] hat dem [[[X.].].] im Ergebnis zu Recht nicht entsprochen.

1. Gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 [[[X.].].]O kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen, soweit ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen oder seine Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche [[[X.].].]nteressen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts liegen bereits dann vor, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Bescheids neben für seine Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung entscheidungserheblicher Tatfragen bewirken (ständige Rechtsprechung, z.B. [[[X.].].]sbeschlüsse vom 18.05.2021 - [[[X.].].] B 75/20 (AdV), [[[X.].].], 1489 und [[[X.].].] B 76/20 (AdV), [[[X.].].], 1491; vom 24.11.2021 - [[[X.].].] B 44/21 (AdV), [[[X.].].], 136, [[[X.].].] 2022, 431). Die Entscheidung hierüber ergeht bei der im AdV-Verfahren gebotenen summarischen Prüfung aufgrund des Sachverhalts, der sich aus dem Vortrag der Beteiligten und der Aktenlage ergibt, wobei es nicht erforderlich ist, dass die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe im Sinne einer Erfolgswahrscheinlichkeit überwiegen (z.B. [[[X.].].]sbeschluss vom 07.09.2011 - [[[X.].].] B 157/10, [[[X.].].], 215, [[[X.].].] 2012, 590, Rz 12, m.w.[[[X.].].]). Ernstliche Zweifel können auch verfassungsrechtliche Zweifel hinsichtlich einer dem angefochtenen Verwaltungsakt zugrunde liegenden Norm sein (z.B. [[[X.].].]sbeschluss vom 12.04.2023 - [[[X.].].] B 74/22 (AdV), zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt) oder sich aus einem möglichen Verstoß des Steuergesetzes gegen eine unionsrechtliche Bestimmung ergeben (z.B. Beschluss des [[[X.].].] vom 12.12.2013 - [[X.].][[[X.].].] B 88/13, [[[X.].].], 550, Rz 15).

2. Unter diesen Maßgaben konnte das [[[X.].].] rechtsfehlerfrei unter Hinweis auf den zu den [[[X.].].] 2005 bis 2007 ergangenen [[[X.].].]sbeschluss vom 30.09.2020 - [[[X.].].] R 12/19 ([[[X.].].] R 78/14) ([[[X.].].], 135, [[[X.].].] 2021, 511) ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Feststellung ablehnen; ungeachtet der rechtstatsächlichen Entwicklung bestehen auch im [[[X.].].] 2016 in der streitgegenständlichen Konstellation einer ausländischen Ertragsteuerbelastung der [[[X.].].] von 0 % und der Zuordnung der Hinzurechnungsbeträge an natürliche Personen und ebenfalls ungeachtet der gegen den [[[X.].].]sbeschluss [[[X.].].] R 12/19 ([[[X.].].] R 78/14) erhobenen Verfassungsbeschwerde (Aktenzeichen des [[[X.].].]: 2 BvR 923/21) keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids.

a) Sind unbeschränkt Steuerpflichtige an einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse im Sinne des Körperschaftsteuergesetzes, die weder Geschäftsleitung noch Sitz im Geltungsbereich dieses Gesetzes hat und die nicht gemäß § 3 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes in der für das [[[X.].].] geltenden Fassung ([[[X.].].]) von der [[[X.].].] ausgenommen ist (ausländische Gesellschaft), zu mehr als der Hälfte beteiligt, so sind die Einkünfte, für die diese Gesellschaft [[[X.].].] ist, bei jedem von ihnen mit dem Teil steuerpflichtig, der auf die ihm zuzurechnende Beteiligung am Nennkapital der Gesellschaft entfällt (§ 7 Abs. 1 [[[X.].].]). Zu mehr als der Hälfte beteiligt sind unbeschränkt Steuerpflichtige im Sinne von § 7 Abs. 1 [[[X.].].] unter anderem dann, wenn ihnen allein oder zusammen mit Personen im Sinne des § 2 [[[X.].].] am Ende des [[[X.].].] der Gesellschaft, in dem diese die Einkünfte nach § 7 Abs. 1 [[[X.].].] bezogen hat (maßgebendes Wirtschaftsjahr), mehr als 50 % der Anteile oder Stimmrechte an der [[[X.].].] zuzurechnen sind (§ 7 Abs. 2 Satz 1 [[[X.].].]).

Eine ausländische Gesellschaft ist im Sinne von § 7 Abs. 1 [[[X.].].] [[[X.].].] für Einkünfte, die einer niedrigen Besteuerung durch eine Ertragsteuerbelastung von weniger als 25 % (ohne dass dies auf einem Ausgleich mit Einkünften aus anderen Quellen beruht, § 8 Abs. 3 Satz 1 [[[X.].].]) unterliegen und nicht aus jenen Einkünften stammen, die in § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 9 [[[X.].].] aufgelistet sind (§ 8 Abs. 1 Halbsatz 1 [[[X.].].]). Die hiernach steuerpflichtigen Einkünfte sind bei dem unbeschränkt Steuerpflichtigen mit dem Betrag, der sich nach Abzug der Steuern ergibt, die zu Lasten der [[[X.].].] von diesen Einkünften sowie von dem diesen Einkünften zugrunde liegenden Vermögen erhoben worden sind, anzusetzen (Hinzurechnungsbetrag, § 10 Abs. 1 Satz 1 [[[X.].].]). Der Hinzurechnungsbetrag gehört zu den Einkünften im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und gilt unmittelbar nach Ablauf des maßgebenden [[[X.].].] der [[[X.].].] als zugeflossen (§ 10 Abs. 2 Satz 1 [[[X.].].]). Die Besteuerungsgrundlagen für die Anwendung der §§ 7 bis 14 [[[X.].].] werden nach Maßgabe des § 18 [[[X.].].] gesondert festgestellt.

b) Zutreffend --und zwischen den Beteiligten außer [[[X.].].] ist das [[[X.].].] zunächst davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen einer Hinzurechnung insoweit erfüllt sind, als es sich bei [[[X.].].] um eine Körperschaft im Sinne des § 2 Nr. 1 [[[X.].].] handelt, die weder Geschäftsleitung noch Sitz im [[[X.].].]nland gehabt hat und an der [[[X.].].] mit der Antragstellerin zu 1., dem Antragsteller zu 4. und W als in [[[X.].].] unbeschränkt Steuerpflichtige zu mehr als der Hälfte beteiligt gewesen sind.

c) Auch die weiteren tatbestandlichen Voraussetzungen für die Hinzurechnung der in Rede stehenden Einkünfte der [[[X.].].] hat das [[[X.].].] zutreffend als erfüllt angesehen. Die von [[[X.].].] [[[X.].].] erzielten [[[X.].].] sind Einkünfte, die in [[[X.].].] einer niedrigen Ertragsteuerbelastung im Sinne von § 8 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 [[[X.].].] --einer solchen von unter 25 % (hier: 0 %)-- unterlegen haben. Zudem handelt es sich bei den Einkünften um "passive" Einkünfte, die nicht unter einen der Aktivitätstatbestände des § 8 Abs. 1 [[[X.].].] zu subsumieren sind. Die (Ausschluss-)Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a [[[X.].].] sind nicht erfüllt, was unter den Beteiligten nicht mehr in Streit steht. Der [[[X.].].] sieht deshalb von weiteren Ausführungen dazu ab.

d) Allerdings werden im Schrifttum verfassungsrechtliche und unter Hinweis auf die Kapitalverkehrsfreiheit des Art. 63 des [[[X.].].] Arbeitsweise der [[[X.].].] in der Fassung des [[[X.].].] zur Änderung des [[[X.].].] [[[X.].].] und des [[[X.].].] [[[X.].].] (Amtsblatt der [[[X.].].] --ABl[[[X.].].]-- 2008, Nr. [[[X.].].] 115, 47) und das Vollanrechnungsgebot des Art. 8 Abs. 7 der Richtlinie ([[[X.].].]) 2016/1164 des Rates vom 12.07.2016 mit Vorschriften zur Bekämpfung von Steuervermeidungspraktiken mit unmittelbaren Auswirkungen auf das Funktionieren des Binnenmarkts --ATAD-- (ABl[[[X.].].] 2016, Nr. L 193, 1) unionsrechtliche Zweifel hinsichtlich der [[[X.].].] gemäß §§ 7 ff. [[[X.].].] daraus abgeleitet, dass bei unbeschränkt Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 [[[X.].].] für das [[[X.].].] die niedrigste Gesamtsteuerbelastung in [[[X.].].] --unter Einbeziehung der [[[X.].].] bei 22,825 % (15 % Körperschaftsteuer gemäß § 23 Abs. 1 [[[X.].].], 0,825 % Solidaritätszuschlag gemäß § 4 Satz 1 des Solidaritätszuschlaggesetzes 1995 in der für das [[[X.].].] geltenden Fassung und 7 % Gewerbesteuer bei einem nach § 16 Abs. 4 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes gesetzlich angeordneten "Mindesthebesatz" von 200 %) liegt, während die [[[X.].].] des § 8 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 [[[X.].].] bei 25 % ansetzt und damit signifikant höher ist (s. nur [[[X.].].]/[[[X.].].] in [[[X.].].]/[[[X.].].]/[[[X.].].]/[[[X.].].], [[[X.].].], § 8 [[[X.].].] Rz 701 ff.; [[[X.].].] in [[[X.].].]/Schnitger/[[[X.].].] [Hrsg.], Besteuerung internationaler Unternehmen, Festschrift für [[[X.].].], 2016, S. 219 ff.; [[[X.].].]/Staats, [[[X.].].]nternationale [[[X.].].] --[[[X.].].]SR-- 2021, 295, 298 f. [[[[X.].].]]). Diese Zweifel sind allerdings nicht geeignet, die Rechtsstellung der Antragsteller im Hinblick auf die Ertragsbesteuerung der ihnen zugerechneten Hinzurechnungsbeträge zu verbessern.

aa) Die in der Literatur formulierten Zweifel sind allerdings gewichtig, da sich eine [[[X.].].], die höher ist als die niedrigste Gesamtsteuerbelastung bei unbeschränkt Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 [[[X.].].] in [[[X.].].], offenkundig nicht mehr mit der "Erzielung ungerechtfertigte[r] Steuervorteile" durch das Fehlen einer "ausgleichende[n] Auslandsbesteuerung" (Begründung des Gesetzentwurfs zum Außensteuergesetz 1972, BTDrucks V[[[X.].].]/2883, S. 26 f.) oder der Sicherstellung einer "notwendige[n] Vorbelastung niedrig besteuerte[r] Gewinn[e] ausländischer Gesellschaften" nach dem Systemwechsel zum [[[X.].].] durch das sogenannte Steuersenkungsgesetz (BTDrucks 14/2683, S. 133) sachlich rechtfertigen lässt. Zu Recht wird dabei darauf hingewiesen, dass das Festhalten an dieser [[[X.].].] geeignet ist, den "[[[X.].].]harakter der [[[X.].].]" von einer Maßnahme zur Bekämpfung der Gewinnverlagerung in niedrig besteuerte Gebiete in die Richtung eines generellen Anrechnungssystems zu ändern, in dem alle betroffenen ausländischen Einkünfte einer inländischen Besteuerung unterworfen werden sollen und dabei insbesondere dann, wenn der (im Ausland schon besteuerte) Hinzurechnungsbetrag einer inländischen (und damit gewerbesteuerpflichtigen) Kapitalgesellschaft zugeordnet wird, Anrechnungsdefizite entstehen ("extraterritoriale Gewerbesteuer" - so [[[X.].].]/Staats, [[[X.].].]SR 2021, 295, 298 [[[[X.].].]]; ähnlich [[[X.].].]/[[[X.].].]/Vogt, § 8 [[[X.].].] Rz 485), die auch unionsrechtlichen Vorgaben des Art. 8 Abs. 7 ATAD, der eine Vollanrechnung (Abzug von der inländischen Steuerschuld) bei Körperschaften vorsieht, widersprechen (eher zweifelnd [[[X.].].]/Staats, [[[X.].].]SR 2021, 295, 299 [Staats]).

bb) Die Beschwerde der Antragsteller bleibt dennoch ohne Erfolg. Denn die vorgenannten verfassungsrechtlichen Zweifel könnten sich zwar auf der Grundlage einer verfassungsgerichtlichen Entscheidung zu den Voraussetzungen einer niedrigen Besteuerung und einem Auftrag an den Gesetzgeber, die Beseitigung eines Verfassungsverstoßes zu bewirken (s. zur sog. Unvereinbarkeitserklärung des [[[X.].].] z.B. [[[X.].].] in Tipke/[[[X.].].], [[[X.].].], [[[X.].].] 58, m.w.[[[X.].].]), dahin auflösen, dass der Gesetzgeber die Niedrigsteuergrenze auf 22,825 % (unter Berücksichtigung der Gewerbesteuer) beziehungsweise 15,825 % (ohne Gewerbesteuer) absenkt. Angesichts der streitgegenständlichen Situation einer "Nullbesteuerung" der Einkünfte der [[[X.].].] in [[[X.].].] könnten die Antragsteller allerdings hiervon nicht profitieren. Dem [[[X.].].] erscheint es als schlechthin ausgeschlossen, dass der Gesetzgeber eine die Antragsteller im Streitfall begünstigende neue Rechtslage (im Sinne einer vollständigen Abschaffung der [[[X.].].]) schaffen könnte (vgl. zum Erfordernis einer Entscheidungserheblichkeit Müller-Terpik in Schmidt-Bleibtreu/Klein/[[[X.].].], Bundesverfassungsgerichtsgesetz, Art. 80 Rz 173, m.w.[[[X.].].] aus der Rechtsprechung des [[[X.].].]). Entsprechendes gilt für die angeführten unionsrechtlichen Zweifel. Denn auch ein vom Gerichtshof der [[[X.].].] ([[[X.].].]) erkannter Unionsrechtsverstoß der [[[X.].].] würde nicht zu einer vollständigen Unanwendbarkeit oder Nichtigkeit der nationalen Vorschriften führen; vielmehr würde nach der vom [[[X.].].] in ständiger Rechtsprechung vertretenen sogenannten geltungserhaltenden Reduktion unter Beachtung des Anwendungsvorrangs des Primärrechts vor nationalem Recht der [[[X.].].] durch das "[[[X.].].]" der vom [[[X.].].] verbindlich formulierten unionsrechtlichen Erfordernisse in die betroffene Norm Rechnung getragen (z.B. [[[X.].].]surteile vom 03.02.2010 - [[[X.].].] R 21/06, [[[X.].].], 259, [[[X.].].] 2010, 692; vom 15.01.2015 - [[[X.].].] R 69/12, [[[X.].].], 99, m.w.[[[X.].].]; s.a. [[[X.].].]surteil vom 09.08.2006 - [[[X.].].] R 31/01, [[[X.].].], 496, [[[X.].].] 2007, 838 [Körperschaftsteuerbelastung des Betriebsstättengewinns einer [[[X.].].]-Kapitalgesellschaft --Steuersatz-- unter Berücksichtigung der Bindungswirkung einer Vorabentscheidung des [[[X.].].]]). Auch insoweit würden die Antragsteller hiervon nicht profitieren können.

3. Keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Feststellung folgen aus den weiteren unionsrechtlichen Darlegungen der Antragsteller.

a) So hat der [[[X.].].] bereits entschieden, dass die Hinzurechnung der Zwischeneinkünfte mit den unionsrechtlichen Grundfreiheiten vereinbar ist. Er hat insoweit die Erwägungen des [[[X.].].] in seinem Urteil [[X.].] zur Hinzurechnung von Zwischeneinkünften mit Kapitalanlagecharakter im Sinne von § 7 Abs. 6, 6a [[[X.].].] (Urteil vom [[X.].] - [[[X.].].]-135/17, [[[X.].].]:[[[X.].].]:2019:136, [[[X.].].]nternationales Steuerrecht --[[[X.].].]StR-- 2019, 347, nachfolgend [[[X.].].]surteil vom 22.05.2019 - [[[X.].].] R 11/19 ([[[X.].].] R 80/14), [[X.].], 322, [[[X.].].] 2021, 265) auf Fälle betreffend die "allgemeinen" Zwischeneinkünfte im Sinne von § 7 Abs. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 [[[X.].].] übertragen ([[[X.].].]surteil vom [[X.].] - [[[X.].].] R 59/17, [[X.].], 30, [[[X.].].] 2021, 270 und [[[X.].].]sbeschluss vom 30.09.2020 - [[[X.].].] R 12/19 ([[[X.].].] R 78/14), [[[X.].].], 135, [[[X.].].] 2021, 511). Es ist angesichts der für das [[[X.].].] unveränderten Gesetzeslage nicht ersichtlich, aus welchen noch nicht erwogenen Gründen davon abzurücken wäre.

b) Der sinngemäße Einwand der Antragsteller, das [[X.].] könne bei "inländischen Erklärungsverpflichteten" den Sachverhalt aus eigener Kenntnis und ohne Auskunftsersuchen gegenüber den ausländischen Behörden beurteilen, führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn nach dem [[[X.].].]-Urteil [[X.].] ([[[X.].].]:[[[X.].].]:2019:136, [[[X.].].]StR 2019, 347) kommt es für die Rechtfertigungsprüfung (allein) darauf an, ob ein "rechtlicher Rahmen" besteht, der insbesondere vertragliche Verpflichtungen vorsieht, die es den Steuerbehörden des Ansässigkeitsstaats ermöglichen können, die Richtigkeit der [[[X.].].]nformationen in Bezug auf die betreffende Gesellschaft zu überprüfen ([[[X.].].]surteil vom [[X.].] - [[[X.].].] R 59/17, [[X.].], 30, [[[X.].].] 2021, 270 und [[[X.].].]sbeschluss vom 30.09.2020 - [[[X.].].] R 12/19 ([[[X.].].] R 78/14), [[[X.].].], 135, [[[X.].].] 2021, 511). Der Vortrag der Antragsteller lässt diesen Umstand unberücksichtigt.

c) Schließlich vermag der [[[X.].].] auch nicht den Erwägungen der Antragsteller im Hinblick auf die gesetzgeberische Unterscheidung zwischen passiven und aktiven Tätigkeiten zu folgen. Denn im Rahmen einer unionsrechtlichen Prüfung der [[[X.].].] ist keine Vergleichspaarbildung zwischen Gesellschaften mit aktiven und passiven Tätigkeiten maßgebend. Bei einer derartigen Vergleichspaarbildung wäre das für eine unionsrechtliche Prüfung erforderliche grenzüberschreitende Element nicht abgebildet.

4. Gründe für die Annahme einer unbilligen Härte der Vollstreckung als Aussetzungsgrund haben die Antragsteller weder geltend gemacht noch sind diese ersichtlich. [[[X.].].]m Übrigen ist auch bei Vorliegen einer unbilligen Härte der Vollstreckung eine AdV nur möglich, wenn Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Steuerbescheids nicht ausgeschlossen werden können (z.B. [[[X.].].]sbeschluss vom 26.10.2011 - [[[X.].].] S 7/11, [X.], 583, m.w.[[[X.].].]).

5. [X.] beruht auf § 135 Abs. 2 [[[X.].].]O.

Meta

I B 11/22 (AdV)

13.09.2023

Bundesfinanzhof 1. Senat

Beschluss

vorgehend FG Münster, 11. Februar 2022, Az: 2 V 1478/21 F, Beschluss

§ 7 Abs 1 AStG, § 8 Abs 1 AStG, § 8 Abs 3 AStG, § 10 Abs 1 AStG, § 69 Abs 3 FGO, § 128 Abs 3 FGO, Art 63 AEUV, Art 8 Abs 7 EURL 2016/1164, § 1 Abs 1 Nr 1 KStG 2002, § 1 Abs 1 Nr 2 KStG 2002, § 1 Abs 1 Nr 3 KStG 2002, KStG VZ 2016

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 13.09.2023, Az. I B 11/22 (AdV) (REWIS RS 2023, 6769)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 6769

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