Bundesfinanzhof, Beschluss vom 19.02.2024, Az. VII B 40/23 (AdV)

7. Senat | REWIS RS 2024, 980

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Gegenstand

Prüfung bei Unklarheiten über die Qualifikation als Betrieb der Fleischwirtschaft


Leitsatz

1. NV: Der Sinn und Zweck einer Prüfung der Einhaltung der Vorgaben des § 6a des Gesetzes zur Sicherung von Arbeitnehmerrechten in der Fleischwirtschaft (GSA Fleisch) besteht darin, etwaige Verstöße hiergegen aufzudecken.

2. NV: Die Zollbehörden müssen die Möglichkeit haben, durch die Prüfung überhaupt erst einmal festzustellen, ob es sich bei dem fraglichen Betrieb um einen Betrieb der Fleischwirtschaft handelt. Nur so kann beurteilt werden, inwieweit der Betrieb den Einschränkungen des § 6a GSA Fleisch unterliegt (Bestätigung des Beschlusses des Bundesfinanzhofs vom 10.02.2022 - VII B 85/21, BFHE 275, 482).

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des [X.] vom 24.02.2023 - 4 V 118/22 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Die [X.]ntragstellerin und Beschwerdeführerin ([X.]ntragstellerin) stellte an ihrem Standort in [X.] sogenannte Convenience-Produkte … her, wobei einige Produktionsschritte von einer Tochtergesellschaft übernommen wurden. [X.]n dem Standort in [X.] beschäftigte sie im Jahr 2020 insgesamt durchschnittlich … Mitarbeiter, darin enthalten ein [X.]nteil von circa … [X.]. Der Standort in [X.] verfügte neben der Produktions- und Verpackungsabteilung zudem über ein Tiefkühl- und Hilfs-/Betriebsstofflager, eine Verwaltungsabteilung, eine Werkstatt sowie eine Qualitätssicherung.

2

Mit Verfügung vom 30.08.2022 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20.10.2022 ordnete der [X.]ntragsgegner und Beschwerdegegner (Hauptzollamt --HZ[X.]--) eine Prüfung gemäß § 2 [X.]bs. 1 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes (Schwarz[X.]rbG) in Verbindung mit dem Gesetz zur Sicherung von [X.]rbeitnehmerrechten in der Fleischwirtschaft (GS[X.] Fleisch) an. [X.]usweislich der Prüfungsverfügung umfasste die Prüfung unter anderem die Fragen, ob "[X.]rbeitnehmer und [X.]rbeitnehmerinnen" entgegen § 6a [X.]bs. 2 i.V.m. § 6a [X.]bs. 3 GS[X.] Fleisch "ver- oder entliehen werden oder wurden" (Nr. 5 Buchst. c der Verfügung) und ob gegen bestimmte Verbote gemäß "§ 6a oder § 1" GS[X.] Fleisch verstoßen wurde (Nr. 9 der Verfügung). Das HZ[X.] gab der [X.]ntragstellerin die Prüfungsverfügung am 30.08.2022 vor Ort im Betrieb bekannt und begann an demselben Tag mit den Prüfungshandlungen.

3

Gegen die Prüfungsverfügung erhob die [X.]ntragstellerin, nachdem ein Einspruch erfolglos geblieben war, beim Finanzgericht ([X.]) eine Klage, die unter dem [X.]ktenzeichen 4 K 117/22 erfasst wurde und noch anhängig ist. Einen ebenfalls gestellten [X.]ntrag auf [X.]ussetzung der Vollziehung lehnte das [X.] mit Beschluss vom 24.02.2023 - 4 V 118/22 ab und ließ die Beschwerde gemäß § 128 [X.]bs. 3, § 115 [X.]bs. 2 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) zu. Seine Entscheidung begründete das [X.] damit, die streitgegenständliche Prüfungsverfügung habe bei summarischer Prüfung ihre Rechtsgrundlage in § 6b [X.]bs. 1 Satz 1 GS[X.] Fleisch. Die [X.]nordnung der Prüfung sei im Hinblick auf die angegriffenen Nr. 5 Buchst. c und Nr. 9 der Verfügung voraussichtlich ermessensgerecht, da sie den Prüfungsumfang entsprechend den in § 6a [X.]bs. 2 und 3 GS[X.] Fleisch normierten Vorgaben beschreibe. Da die [X.]ntragstellerin an ihrem Standort in [X.] sogenannte Convenience-Produkte herstelle und hierzu Fleisch verarbeite, erscheine die [X.]nnahme, dass sie als Betrieb der Fleischwirtschaft im Sinne des § 2 [X.]bs. 1 GS[X.] Fleisch anzusehen sei und den Einschränkungen des § 6a GS[X.] Fleisch unterliege, nicht als willkürlich oder sachwidrig. Im Übrigen müssten die Behörden der Zollverwaltung die Möglichkeit erhalten, in tatsächlicher Hinsicht zu prüfen und festzustellen, ob und in welchem Umfang und durch welche Mitarbeiter im Betrieb eine Fleischverarbeitung stattfinde.

4

Die [X.]ntragstellerin hat gegen den [X.]-Beschluss mit Schriftsatz vom 10.03.2023 Beschwerde eingelegt.

5

Im Zeitpunkt der Beschwerdeeinlegung war vor dem Senat ein Verfahren derselben [X.]ntragstellerin unter dem [X.]ktenzeichen VII B 9/22 anhängig, in welchem diese den Erlass einer einstweiligen [X.]nordnung dahingehend begehrte, dass sie am Standort in [X.] kein Betrieb der Fleischwirtschaft im Sinne von § 6 [X.]bs. 9 des Gesetzes über zwingende [X.]rbeitsbedingungen für grenzüberschreitend entsandte und für regelmäßig im Inland beschäftigte [X.]rbeitnehmer und [X.]rbeitnehmerinnen ([X.]rbeitnehmer-Entsendegesetz --[X.]EntG--) sei. Hilfsweise beantragte sie die vorläufige Feststellung, dass bestimmte Betriebsbereiche nicht dem Bereich der Fleischverarbeitung im Sinne von § 6a [X.]bs. 2 GS[X.] Fleisch unterfielen. Nachdem im finanzgerichtlichen Verfahren ([X.]-Beschluss vom 07.01.2022 - 4 V 85/21) lediglich der Hilfsantrag Erfolg gehabt hatte, wies der Senat mit Beschluss vom 03.05.2023 - VII B 9/22 die dagegen von beiden Beteiligten eingelegten Beschwerden als unbegründet zurück.

6

Im vorliegenden Verfahren begehrt die [X.]ntragstellerin, unter [X.]ufhebung der Vorentscheidung die Vollziehung von Nr. 5 Buchst. c und Nr. 9 der Prüfungsverfügung auszusetzen und aufzuheben. Es handele sich um eine Ergänzung zu dem zuvor verfolgten negativen Feststellungsantrag, so die [X.]ntragstellerin. [X.] folge sie dem Hinweis des Senats im Beschluss vom 10.02.2022 - VII B 85/22, Rz 42 wonach gegen [X.] mit der [X.]nfechtungsklage vorzugehen sei. Dass ihr der fachgerichtliche Rechtsschutz zustehe, ergebe sich auch aus Rz 20 des Kammerbeschlusses des [X.] ([X.]) vom 29.12.2020 - 1 BvQ 165-167/20.

7

In der Sache sei sie von dem GS[X.] Fleisch nicht betroffen, da sie kein Betrieb der Fleischwirtschaft sei. Die Bereiche des Tiefkühl- und Betriebslagers, der Verwaltung, der Qualitätssicherung und der Werkstatt seien nicht dem Bereich der Fleischverarbeitung im Sinne des § 6a [X.]bs. 2 GS[X.] Fleisch zuzuordnen. Im Übrigen verstoße § 6a [X.]bs. 2 GS[X.] Fleisch als Ermächtigungsgrundlage gegen Verfassungs- und Unionsrecht. Bislang habe auch das [X.] die Frage der Verfassungswidrigkeit ausdrücklich offengelassen und stattdessen lediglich auf eine Folgenabwägung abgestellt ([X.]-Kammerbeschluss vom 29.12.2020 - 1 BvQ 152-157/20, Rz 27).

8

Die [X.]ntragstellerin beantragt sinngemäß,
die Vorentscheidung aufzuheben und die Vollziehung der Nr. 5 Buchst. c und Nr. 9 der angefochtenen Prüfungsverfügung vom 30.08.2022 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20.10.2022 auszusetzen und aufzuheben.

9

Das HZ[X.] beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.

Nach [X.]uffassung des HZ[X.] ist die [X.]nordnung der Prüfung rechtmäßig, da die [X.]ntragstellerin zumindest teilweise Fleisch verarbeite, sodass nicht von vornherein ausgeschlossen werden könne, dass sie in den [X.]nwendungsbereich des GS[X.] Fleisch falle. Den Behörden der Zollverwaltung müsse es durch die Prüfung ermöglicht werden zu überprüfen, ob die [X.]ntragstellerin den Regelungen des GS[X.] Fleisch unterliege. Eine [X.]ussetzung und [X.]ufhebung der Vollziehung sei auch nicht aufgrund von verfassungsrechtlichen Zweifeln geboten. Das dafür erforderliche besondere berechtigte Interesse an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes bestehe nicht. Es gebe keine [X.]nhaltspunkte für eine Verfassungswidrigkeit der Prüfungsverfügung vom 30.08.2022, da das [X.] bestätigt habe, dass durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken gegen das GS[X.] Fleisch nicht bestünden ([X.]-Kammerbeschluss vom 29.12.2020 - 1 BvQ 152-157/20).

Gründe

II.

1. Die Beschwerde ist zulässig.

Das [X.] hat in seinem Beschluss vom 24.02.2023 - 4 V 118/22 die Beschwerde zugelassen, sodass der Antragstellerin gemäß § 128 Abs. 3 Satz 1 [X.]O gegen die Entscheidung des [X.] über die Aussetzung und Aufhebung der Vollziehung nach § 69 Abs. 3 [X.]O die Beschwerde zusteht.

2. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.

Der Antrag auf Aussetzung beziehungsweise Aufhebung der Vollziehung ist nach summarischer Prüfung zulässig. Bei der [X.] vom 30.08.2022 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20.10.2022 handelt es sich gemäß § 6b Abs. 2 [X.] Fleisch i.V.m. § 22 [X.] und § 118 der Abgabenordnung um einen Verwaltungsakt, sodass der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 [X.]O statthaft ist (vgl. [X.]sbeschluss vom 10.02.2022 - VII B 85/21, Rz 42). Inwieweit die [X.] durch die am 30.08.2022 begonnenen Prüfungshandlungen bereits vollzogen war und insofern der Antrag auf Aufhebung der Vollziehung statthaft ist (§ 69 Abs. 2 Satz 7 [X.]O), kann dabei dahinstehen.

Denn der Antrag auf Aussetzung beziehungsweise Aufhebung der Vollziehung ist jedenfalls unbegründet.

a) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen (§ 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 [X.]O). Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, tritt an die Stelle der Aussetzung der Vollziehung die Aufhebung der Vollziehung (§ 69 Abs. 2 Satz 7 [X.]O).

Nach der Rechtsprechung des [X.]s bestehen ernstliche Zweifel im Sinne von § 69 Abs. 2 Satz 2 [X.]O, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Bescheids neben den für seine Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage oder Unklarheiten in der Beurteilung von Tatfragen bewirken. Dass die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe überwiegen, wird dabei nicht vorausgesetzt ([X.]sbeschluss vom 26.05.2021 - VII B 13/21 (AdV), Rz 10; [X.] vom 15.04.2020 - IV B 9/20 (AdV), Rz 25, m.w.N.). Ernstliche Zweifel können auch verfassungsrechtliche Zweifel hinsichtlich einer dem angefochtenen Verwaltungsakt zugrunde liegenden Norm sein (ständige Rechtsprechung, [X.]sbeschluss vom 26.05.2021 - VII B 13/21 (AdV), Rz 10; [X.] vom 04.07.2019 - VIII B 128/18, Rz 12, m.w.N.).

b) Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Vollziehung der Nr. 5 Buchst. c und Nr. 9 der angefochtenen [X.] nicht auszusetzen beziehungsweise aufzuheben.

aa) § 6a [X.] Fleisch in der Fassung des [X.] (Arbeitsschutzkontrollgesetz) vom 22.12.2020 ([X.], 3334) enthält bestimmte Einschränkungen des Einsatzes von Fremdpersonal. Diese Vorgaben gelten gemäß § 2 Abs. 1 [X.] Fleisch für die Fleischwirtschaft, zu der Betriebe im Sinne von § 6 Abs. 9 [X.] gehören. Nach der Legaldefinition des § 6 Abs. 9 Satz 1 [X.] handelt es sich bei Betrieben der Fleischwirtschaft um Betriebe oder selbständige [X.], in denen überwiegend geschlachtet oder Fleisch verarbeitet wird. Außerdem werden damit nach § 6 Abs. 9 Satz 1 [X.] Betriebe und selbständige [X.] angesprochen, die ihre Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen überwiegend in Betrieben der Fleischwirtschaft einsetzen. Gemäß § 6 Abs. 9 Satz 2 [X.] umfasst das Schlachten alle Tätigkeiten des [X.] und Zerlegens von Tieren mit Ausnahme von Fischen. Nach § 6 Abs. 9 Satz 3 i.V.m. Satz 4 [X.] umfasst die Verarbeitung alle Tätigkeiten der Weiterverarbeitung von beim Schlachten gewonnenen Fleischprodukten zur Herstellung von Nahrungsmitteln sowie deren Portionierung und Verpackung, es sei denn, die Behandlung, Portionierung oder Verpackung erfolgt auf Anforderung des Endverbrauchers (vgl. [X.]sbeschluss vom 22.09.2022 - VII B 183/21, Rz 39).

Gemäß § 6b Abs. 1 Satz 1 [X.] Fleisch obliegt die Prüfung der Einhaltung der Vorgaben des § 6a [X.] Fleisch den Behörden der Zollverwaltung. Nach § 6b Abs. 2 [X.] Fleisch sind die §§ 2 bis 6, 14, 15 bis 20, 22 und 23 [X.] entsprechend anzuwenden. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Buchst. c [X.] prüfen die Behörden der Zollverwaltung, ob Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen entgegen § 6a Abs. 2 i.V.m. § 6a Abs. 3 [X.] Fleisch ver- oder entliehen werden oder wurden. Dieselbe Prüfungsbefugnis besteht gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 [X.] im Hinblick auf bestimmte Verbote nach § 6a oder § 7 Abs. 1 [X.] Fleisch.

bb) Hiervon ausgehend bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen [X.].

(1) Die Ermächtigungsgrundlage für [X.]en des [X.] ergibt sich nach summarischer Prüfung aus § 6b Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 [X.] Fleisch i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 und 9 [X.], wonach die Behörden der Zollverwaltung die Einhaltung bestimmter Verbote gemäß §§ 6a, 7 Abs. 1 [X.] Fleisch prüfen (vgl. [X.]surteil vom 18.08.2020 - VII R 34/18, [X.], 80, Rz 14 zur Ermächtigungsgrundlage einer [X.] nach dem [X.]). Diese Prüfungsbefugnis umfasst auch den Erlass einer [X.].

(2) Die Antragstellerin kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, sie sei von dem [X.] Fleisch nicht betroffen, da sie kein Betrieb der Fleischwirtschaft sei. Denn wie der [X.] bereits entschieden hat, besteht gerade der Sinn und Zweck einer Prüfung darin, etwaige Verstöße gegen die Vorgaben des § 6a [X.] Fleisch aufzudecken ([X.]sbeschluss vom 10.02.2022 - VII B 85/21, [X.], 482, Rz 44). Die Zollbehörden müssen daher die Möglichkeit haben, überhaupt erst einmal festzustellen, ob es sich bei dem fraglichen Betrieb um einen Betrieb der Fleischwirtschaft handelt. Nur so kann beurteilt werden, inwieweit der Betrieb den Einschränkungen des § 6a [X.] Fleisch unterliegt ([X.]sbeschluss vom 10.02.2022 - VII B 85/21, [X.], 482, Rz 44; vgl. auch [X.]surteil vom 18.08.2020 - VII R 34/18, [X.], 80, Rz 98 zur Verpflichtung zur Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns nach § 20 des [X.]es).

Dass eine eventuelle Prüfung durch das [X.] im Streitfall rechtsmissbräuchlich gewesen wäre, ist nicht ersichtlich, weil die Antragstellerin --neben den Bereichen des Tiefkühl- und Betriebslagers, der Verwaltung, der Qualitätssicherung und der [X.] verarbeitet und damit nicht von vorneherein auszuschließen ist, dass sie dem Anwendungsbereich des [X.] Fleisch unterliegt. Die Frage, ob im Betrieb der Antragstellerin "überwiegend" im Sinne des § 6 Abs. 9 Satz 1 [X.] geschlachtet oder Fleisch verarbeitet wird, erscheint zumindest nicht ausgeschlossen.

Vor diesem Hintergrund ist auch nicht zu beanstanden, dass sich die angefochtene Prüfungsanordnung auch auf diejenigen Betriebsbereiche erstreckt, für die das [X.] mit Beschluss vom 07.01.2022 - 4 V 85/21 (bestätigt durch den [X.]sbeschluss vom 03.05.2023 - VII B 9/22) zuvor festgestellt hatte, dass diese Bereiche nicht der Fleischverarbeitung im Sinne von § 6a Abs. 2 [X.] Fleisch unterfielen. Denn zur Untersuchung, welche Tätigkeiten in einem Betrieb "überwiegend" im Sinne des § 6 Abs. 9 Satz 1 [X.] ausgeübt werden, sind auch diejenigen Bereiche einzubeziehen, in denen kein Fleisch verarbeitet wird.

cc) Eine Aussetzung beziehungsweise Aufhebung der Vollziehung kann entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch nicht darauf gestützt werden, dass § 6a Abs. 2 [X.] Fleisch bei summarischer Prüfung gegen Verfassungs- und Unionsrecht verstoßen würde.

Zwar sind im Schrifttum nicht unerhebliche Bedenken gegen die Verfassungs- und Unionsrechtmäßigkeit der Neuregelung des § 6a [X.] Fleisch durch das Arbeitsschutzkontrollgesetz vom 22.12.2020 vorgebracht worden (vgl. nur [X.]/[X.]/[X.]/[X.]/Kalb/Kock/[X.]/[X.]/Schüren/Thüsing/ [X.], Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht 2020, 1160, 1163 ff). Ebenso hat das [X.] unter Bezugnahme auf den vorgenannten [X.] festgestellt, die aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen --bis hin zu den Auswirkungen einer ohne Übergangsfrist in [X.] getretenen [X.] bedürften jedenfalls sorgfältiger Prüfung, deren Ausgang offen sei ([X.]-Kammerbeschluss vom 29.12.2020 - 1 BvQ 152-157/20, Rz 27). Eine diesbezügliche Verfassungsbeschwerde hat das [X.] lediglich aus formalen Gründen nicht zur Entscheidung angenommen ([X.]-Kammerbeschluss vom 01.06.2022 - 1 BvR 2888/20, 1 BvR 1152-1156/21).

Im Streitfall ist jedoch nicht die Verfassungs- und Unionsrechtskonformität des § 6a [X.] Fleisch maßgeblich. Denn Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist nicht eine an einen eventuellen Verstoß der Antragstellerin gegen das Verbot des Einsatzes von Fremdpersonal gebundene Rechtsfolge, sondern lediglich die Prüfungsanordnung auf der Grundlage des § 6b Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 [X.] Fleisch i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 und 9 [X.]. Dagegen, dass das [X.] aufgrund der dargestellten Rechtsgrundlagen zu einer Prüfung berechtigt ist, bestehen jedoch keine verfassungsrechtlichen Bedenken, die eine Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung der angefochtenen [X.] rechtfertigen würden. Solche Bedenken hat die Antragstellerin auch nicht substantiiert dargelegt. Die Antragstellerin hat ihre diesbezüglichen Ausführungen auf Bedenken gegen die Verfassungs- und Unionsrechtskonformität des § 6a Abs. 2 [X.] Fleisch beschränkt.

Würde im Hinblick auf verfassungs- und unionsrechtliche Zweifel an § 6a Abs. 2 [X.] Fleisch bereits eine Prüfung des Betriebs unterbunden, so würde das [X.] nicht in die Lage versetzt zu prüfen, ob der jeweilige Betrieb überhaupt in den Anwendungsbereich des [X.] Fleisch fallen könnte. Dies ist jedoch die Voraussetzung, um von einer Verfassungs- oder Unionsrechtswidrigkeit des § 6a Abs. 2 [X.] Fleisch betroffen zu sein.

Die Notwendigkeit einer Würdigung der eventuellen Verfassungs- oder Unionsrechtswidrigkeit des § 6a Abs. 2 [X.] Fleisch ergibt sich auch nicht aus der Erwägung, dass ein Verstoß gegen diese Vorschrift nach § 7 [X.] Fleisch bußgeldbewährt ist und die Antragstellerin nicht darauf verwiesen werden darf, sich im [X.] an die Prüfung des [X.] der Gefahr eines Bußgeldverfahrens auszusetzen und erst im Rahmen dieses Verfahren die Verfassungs- oder Unionsrechtswidrigkeit des § 6a Abs. 2 [X.] Fleisch überprüfen lassen zu können (vgl. Beschluss vom 03.05.2023 - VII B 9/22, Rz 26). Da jedoch dem Vorbringen der Antragstellerin im Verfahren VII B 9/22 zu entnehmen war, dass sie derzeit auf den Einsatz von Fremdpersonal verzichtet, und das [X.] dies im dortigen Verfahren bestätigt hat (vgl. Beschluss vom 03.05.2023 - VII B 9/22, Rz 34), besteht derzeit nicht die Gefahr eines Bußgeldverfahrens.

3. [X.] beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

VII B 40/23 (AdV)

19.02.2024

Bundesfinanzhof 7. Senat

Beschluss

vorgehend FG Hamburg, 24. Februar 2023, Az: 4 V 118/22, Beschluss

§ 69 FGO, § 2 Abs 1 SAFleischWiG, § 6a SAFleischWiG, § 6b SAFleischWiG, § 6 Abs 9 AEntG, § 2 Abs 1 S 1 Nr 5 SchwarzArbG, § 2 Abs 1 S 1 Nr 9 SchwarzArbG

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 19.02.2024, Az. VII B 40/23 (AdV) (REWIS RS 2024, 980)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2024, 980

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