Bundesgerichtshof, Urteil vom 18.02.2010, Az. Xa ZR 52/08

10a. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 9245

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Gegenstand

Europäisches Patentrecht: Offenbarung eines Merkmals als zur Erfindung gehörend durch Darstellung in einer Zeichnung - Formteil


Leitsatz

Formteil

Zur Offenbarung eines Merkmals als zur Erfindung gehörend kann die Darstellung in einer Zeichnung genügen, auf die sich die Beschreibung oder die Patentansprüche der Anmeldeunterlagen beziehen. Maßgeblich ist, ob die merkmalsgemäße Ausgestaltung nach der Gesamtoffenbarung aus fachmännischer Sicht als mögliche Ausführungsform der zum Patent angemeldeten Erfindung erscheint .

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 6. Februar 2008 verkündete Urteil des 4. Senats ([X.]) des [X.] abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Das [X.] Patent 1 140 562 wird unter Abweisung der weitergehenden Klage mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der [X.] insoweit für nichtig erklärt, als Patentanspruch 1 über folgende Fassung hinausgeht, auf die sich - unter Wegfall der Patentansprüche 11 und 12 - die Patentansprüche 2 bis 10 in der Fassung der geänderten Patentschrift rückbeziehen:

"Formteil für Kraftfahrzeugkarosserien umfassend:

- ein langförmiges Hauptprofil (2);

- [X.] (6), die an dem Hauptprofil (2) operativ angeschlossen sind, zur Verbindung eines entsprechenden [X.]s (5a) von einer Karosserie (5) eines Kraftfahrzeuges, wobei die [X.] (6) umfassen:

- ein kontinuierliches [X.] (7), das mit dem Hauptprofil (2) verbunden ist, wobei das [X.] (7) eine vorbestimmte Anzahl von [X.]en (11) aufweist, die in einem vorbestimmten Abstand voneinander liegen, der zur Verbindung mit den entsprechenden im [X.] (5a) liegenden Vorsprüngen geeignet ist; und

- einen [X.] (8), der auf dem Hauptprofil (2) erhalten ist, zum Einfügen des kontinuierlichen [X.]es (7), wobei der [X.] (8) im Querschnitt eine Längsöffnung (10) aufweist, um einen Zugang zu den [X.]en (11) zu erlauben, und [X.] (12) aufweist, die als Anschlag gegen einen entsprechenden Anschlagsabschnitt (13) des kontinuierlichen [X.]es (7) wirken,

- wobei die [X.] (12) des [X.] (2) das Herausziehen der [X.] (6) durch die Längsöffnung verhindern können,

- wobei jeder [X.] (11) mindestens einen [X.] (11a) zum Einfügen eines an der Karosserie verschweißten Befestigungsvorsprunges (9) und mindestens einen Verriegelungsbereich (11b), um die Bewegung des Formteils in einer Richtung weg von der Karosserie zu blockieren, aufweist,

- und wobei jeder Verriegelungsbereich (11b) einen vorspringenden Abschnitt (15) aufweist, dessen Dicke geringer ist als die Gesamtdicke des kontinuierlichen [X.]es (7)."

Die erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits werden zu 3/4 der Klägerin und zu 1/4 der Beklagten auferlegt. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Beklagte ist Inhaberin des mit Wirkung für die [X.] erteilten [X.] Patents 1 140 562 (Streitpatents), das am 23. Dezember 1998 angemeldet worden ist. Es umfasst 16 Patentansprüche. Patentanspruch 1 lautet in der [X.]:

2

"Moulding element for motor vehicle bodies comprising:

- a main section bar (2) of elongated conformation;

- attachment means (6) [X.] (2) and destined to engage a corresponding securing area (5a) of a body (5) of a motor vehicle, [X.] (6) including:

- a continuous support element (7) engaged to the main section bar (2), [X.] (7) presenting a pre-set number of attachment seats (11) [X.] mutual distance suitable for engagement with the corresponding projections carried by said securing area (5a); and

- a longitudinal seat (8) obtained on the main section bar (2) for receiving said continuous support element (7), [X.] (8) presenting in cross-section a longitudinal opening (10) to allow access to said attachment seats (11) and undercuts (12) acting in opposition on a corresponding bearing portion (13) of the continuous support element (7);

c h a r a c t e r i z e d  i n  t h a t  said undercuts (12) of the main section bar (2) are capable of preventing extraction of the attachment means (6) through the longitudinal opening."

3

Auf Antrag der Beklagten ist das Patent mit Wirkung für die [X.] mit Beschluss der [X.] vom 12. Oktober 2006 beschränkt worden. Patentanspruch 1 lautet danach:

"Formteil für Kraftfahrzeugkarosserien umfassend:

- ein langförmiges Hauptprofil (2);

- [X.] (6), die an dem Hauptprofil (2) operativ angeschlossen sind, zur Verbindung eines entsprechenden [X.]s (5a) von einer Karosserie (5) eines Kraftfahrzeuges, wobei die [X.] (6) umfassen:

- ein kontinuierliches [X.] (7), das mit dem Hauptprofil (2) verbunden ist, wobei das [X.] (7) eine vorbestimmte Anzahl von [X.]en (11) aufweist, die in einem vorbestimmten Abstand voneinander liegen, der zur Verbindung mit den entsprechenden im [X.] (5a) liegenden Vorsprüngen geeignet ist; und

- einen [X.] (8), der auf dem Hauptprofil (2) erhalten ist, zum Einfügen des kontinuierlichen [X.]es (7), wobei der [X.] (8) im Querschnitt eine Längsöffnung (10) aufweist, um einen Zugang zu den [X.]en (11) zu erlauben, und [X.] (12) aufweist, die als Anschlag gegen einen entsprechenden Anschlagsabschnitt (13) des kontinuierlichen [X.]es (7) wirken;

d a d u r c h  g e k e n n z e i c h n e t ,

dass die [X.] (12) des [X.] (2) das Herausziehen der [X.] (6) durch die Längsöffnung verhindern können,

und dass jeder [X.] (11) mindestens einen [X.] (11a) zum Einfügen eines Befestigungsvorsprunges (9) und mindestens einen Verriegelungsbereich (11b), um die Bewegung des Formteils in einer Richtung weg von der Karosserie zu blockieren, aufweist."

4

Die Klägerin greift mit der Nichtigkeitsklage das Streitpatent im Umfang der Patentansprüche 1 bis 12 an, deren Gegenstand sie für nicht patentfähig hält.

5

Die Beklagte hat das Streitpatent mit einer Fassung des Patentanspruchs 1 verteidigt, bei der an die Stelle des Kennzeichens des beschränkten Patentanspruchs die folgenden Merkmale treten:

- wobei die [X.] (12) des [X.] (2) das Herausziehen der [X.] (6) durch die Längsöffnung verhindern können,

- wobei jeder [X.] (11) mindesten einen [X.] (11a) zum Einfügen eines an der Karosserie verschweißten Befestigungsvorsprunges (9) und mindestens einen Verriegelungsbereich (11b), um die Bewegung des Formteils in einer Richtung weg von der Karosserie zu blockieren, aufweist,

- und wobei jeder Verriegelungsbereich (11b) einen vorspringenden Abschnitt (15) aufweist, dessen Dicke geringer ist als die Gesamtdicke des kontinuierlichen [X.]es (7).

6

Sie hat außerdem weitere Hilfsanträge gestellt.

7

[X.] im Umfang seiner Ansprüche 1 bis 12 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der [X.] für nichtig erklärt.

8

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung, mit der sie ihren erstinstanzlichen Hauptantrag weiterverfolgt sowie das Streitpatent in der Fassung von neun Hilfsanträgen verteidigt.

9

Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Als gerichtlicher Sachverständiger hat Prof. Dr.-Ing. L., Fachhochschule S. I., ein schriftliches Gutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung hat Erfolg. Das Streitpatent hat in der mit dem Hauptantrag verteidigten Fassung Bestand.

I. Das Streitpatent betrifft ein Formteil für [X.] und ein Verfahren zur Herstellung eines solchen Formteils. Das Formteil ist insbesondere dazu bestimmt, als Abschluss und/oder Schutz von [X.], beispielsweise Türen, Stoßfänger oder Randbereiche des unteren Umfangs der Karosserie verwendet zu werden. Die [X.] bezeichnet es als bekannt, dass derartige Formteile aus einem bandförmigen Kunststoffteil bestehen, das mit Verbindungsmitteln für den Einsatz an Karosserieteilen versehen ist. In der [X.] [X.] 42 17 513 ([X.]) sei ein Formteil beschrieben, das aus zwei Teilen bestehe, nämlich einem Rahmen, der an der Karosserie mittels Klebebändern und vom Rahmen vorstehender Bolzen angebracht sei, und einer am Rahmen eingeschnappten Abdeckung. Die Montage des komplett vormontierten Formteils an der Fahrzeugkarosserie erfolge durch verrastendes Einführen der Bolzen in zugehörige Öffnungen an der Fahrzeugkarosserie. Die Nachteile einer solchen Verankerungsart und anderer bekannter Ausführungsarten lägen entweder in der nicht zuverlässigen Verbindung mit der Karosserie oder aber darin, dass bei der Verwendung von an die Karosserie angeschweißten Bolzen für die Montage eines Formelementes zahlreiche Arbeitsschritte notwendig seien.

Durch das Streitpatent soll demgegenüber ein Formteil bereitgestellt werden, das hohe Festigkeitswerte und eine dauerhaft zuverlässige Verankerung in der Karosserie gewährleistet und mit geringem Materialaufwand wirtschaftlich herzustellen und einfach zusammenzubauen ist. Das Streitpatent schlägt dazu im verteidigten Patentanspruch 1 ein Formteil für [X.] mit folgenden Merkmalen vor:

1. einem langgestreckten Hauptprofil (2),

2. mit dem Hauptprofil (2) zusammenwirkenden [X.] (6) zur Verbindung mit einem Befestigungsbereich ( to engage a corresponding securing area 5a) der Karosserie (5) eines Kraftfahrzeugs, umfassend

2.1 ein zusammenhängendes [X.] ( continuous support element 7) und

2.2 eine Längsaufnahme ( longitudinal seat 8) im Hauptprofil zur Aufnahme des [X.]s;

3. das [X.] (7),

3.1 ist mit dem Hauptprofil (2) verbunden und

3.2 weist eine vorbestimmte Anzahl voneinander beabstandeter [X.]e ( attachment seats 11) auf, die zur Verbindung mit entsprechenden [mit der Karosserie verschweißten] Vorsprüngen (9) des [X.] (5a) bestimmt sind;

4. die Längsaufnahme (8)

4.1 weist im Querschnitt eine Längsöffnung ( longitudinal opening 10) auf, die den Zugang zu den [X.]en (11) erlaubt, und

4.2 ist mit [X.] (12) versehen, die

4.2.1 [X.] ( bearing portions 13) des [X.]s (7) aufnehmen und

4.2.2 das Herausziehen der [X.] (6) durch die Längsöffnung (10) verhindern;

5. jeder [X.] (11) weist mindestens auf

5.1 einen Einführungsbereich (11a) zum Einführen eines [X.] (9) und

5.2 einen [X.] (11b), der

5.2.1 eine Bewegung des Formteils in der Karosserie (5) abgewandter Richtung verhindert und

5.2.2 mit einem vorspringenden Abschnitt (15) von geringerer Dicke als das [X.] (7) insgesamt versehen ist.

Die Figuren 1 und 2 zeigen ein Ausführungsbeispiel.

Abbildung

Die Ausgestaltung nach Merkmal 5 stellt die räumlich-körperlichen Mittel dafür zur Verfügung, dass das Formteil in der Weise montiert werden kann, dass durch eine Verschiebung des Formteils parallel zu seiner Längsachse eine formschlüssige Verbindung (Verriegelung) zwischen den Bolzen ([X.]) und den [X.]en des in der Längsaufnahme des [X.] aufgenommenen [X.]s hergestellt wird. Das Hauptprofil ist mit [X.] versehen, die gegen einen entsprechenden Anlagebereich des [X.]s wirken, so dass dieses nicht aus der Längsöffnung herausgezogen werden kann. Jeder [X.] weist mindestens einen Einführungsbereich und einen [X.] auf, damit das Formteil an einen mit der Karosserie verschweißten Bolzen gefügt werden kann. Jeder [X.] ist mit einem vorspringenden Abschnitt versehen, der dünner ist als das [X.].

II. Das Patentgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

Es könne dahinstehen, ob das Merkmal 5.2.2 (im Urteil des Patentgerichts Merkmal m) in den ursprünglichen [X.] als zur Erfindung gehörend offenbart worden sei. Patentanspruch 1 in den in erster Instanz verteidigten Fassungen beruhe jedenfalls nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

Das [X.] Gebrauchsmuster 1 964 575 ([X.]) offenbare dem Fachmann ein Formteil für [X.] mit allen Merkmalen des Streitpatents außer dem Merkmal 5.2.2. Bei der Montage der Zierleiste nach der Druckschrift [X.] werde der Befestigungsvorsprung durch [X.] eines endseitig abgeschrägten [X.]s in eine Öffnung bzw. Ausbeulung der Befestigungsplatte bzw. [X.]s mit dem [X.] verriegelt. Nach dem Verriegeln liege der Befestigungsvorsprung mit seinem Kopf gegen das [X.] so an, dass die Befestigungsplatte und damit auch die Zierleiste gegen die [X.] gedrückt würden. Der Schlitz des [X.] erstrecke sich in axialer Richtung der [X.] beidseitig über seine Ausbeulung so weit hinaus, dass ein nachträgliches axiales Ausrichten der Zierleiste noch möglich sei. Beidseitig der Ausbeulung sei der Schlitz so verengt, dass offensichtlich nur die Durchführung des Schaftes des Bolzens erlaubt werde. Beim Ausrichten der Zierleiste werde daher die [X.] mit ihrem Schlitz so verschoben, dass der Kopf des Bolzens über einem der seitlich der Ausbeulung liegenden verengten Bereiche des Schlitzes zu liegen komme. In dieser Position blockiere der [X.] durch seine gegenüber dem Schlitz breiteren Abmessungen die Bewegung der Zierleiste in einer Richtung weg von der Karosserie bzw. [X.]. Die für die Verschiebung der [X.] unerlässliche Krafteinleitung in die [X.] müsse zwangsläufig über die Zierleiste erfolgen, da die [X.] in eingeklipstem Zustand der Zierleiste von außen nicht mehr zugänglich sei. Der Fachmann - ein Diplom-Ingenieur (FH) der Fachrichtung Allgemeiner Maschinenbau mit langjähriger Erfahrung in der Entwicklung von Fahrzeugkarosseriezubehörteilen - lese daher beim Gegenstand der [X.] mit, dass ein Axialsperrungsmittel vorhanden sein müsse, das eine Gleitbewegung zwischen der Zierleiste und dem kontinuierlichen Befestigungselement zumindest so weit blockiere, dass ein axiales Ausrichten der Zierleiste möglich sei. Der Fachmann erkenne, dass bei einer solchen Ausrichtung der Zierleiste eine zerstörungsfreie Demontage nicht möglich sei. Er habe daher Veranlassung, den [X.] für die an der Karosserie angeschweißten Bolzen so zu verbessern, dass eine Demontage vereinfacht werde und die abmontierte Zierleiste komplett wieder verwendbar sei. Dem [X.] Gebrauchsmuster 295 02 493 ([X.]) könne der Fachmann einen [X.] entnehmen, der einen [X.] zum Einfügen eines [X.] aufweise, indem ein Kopf des [X.] durch das kontinuierliche [X.] hindurchgeführt werden könne. Zudem weise der [X.] einen [X.] mit Abmessungen auf, die nur die Durchführung des sich unmittelbar unterhalb des Kopfs befindlichen Schafts des [X.] erlaubten, um eine Bewegung des Formteils weg von der Karosserie zu blockieren. Jeder [X.] sei beim Gegenstand der [X.] zudem mit einem vorspringenden Abschnitt ausgebildet, dessen Dicke, wie sich aus Figur 4 der [X.] entnehmen lasse, geringer sei als die Gesamtdicke des kontinuierlichen [X.]s, so dass der Kopf des [X.] vollständig innerhalb des kontinuierlichen [X.]s aufgenommen werde. Die [X.] enthalte zudem die Anregung, das [X.] so auszubilden, dass es auch im montierten Zustand der Zierleiste zur [X.] beabstandet sei, so dass auch mit einer Ergänzung des Patentanspruchs 1 des Streitpatents um dieses Merkmal das Streitpatent keinen Bestand haben könne, ohne dass es darauf ankomme, ob ein Luftspalt zwischen [X.] und [X.] ursprungsoffenbart sei.

III. Diese Beurteilung kann keinen Bestand haben.

1. Die mit dem Hauptantrag verteidigte Fassung des Patentanspruchs 1 ist auf einen in den Anmeldeunterlagen als mögliche Ausführungsform der Erfindung offenbarten Gegenstand gerichtet und daher zulässig.

Ohne Erfolg macht die Klägerin geltend, Merkmal 5.2.2 enthalte eine unzulässige Erweiterung. Sie begründet dies damit, dass die Beschreibung einen vorspringenden Abschnitt zwar erwähne, über dessen Dicke im Verhältnis zum [X.] oder gar über den Sinn und Zweck einer solchen Abmessung in der Beschreibung sowie den ursprünglichen Ansprüchen aber nichts gesagt sei. Soweit sich das Merkmal den Figuren 2, 5 und 6 entnehmen lasse, finde sich jedenfalls keinerlei Hinweis darauf, dass diese Zeichnungen eine besondere zur Erfindung gehörende Gestaltung oder erfinderische Abmessung der vorspringenden Abschnitte zeigten. Damit kann die Klägerin nicht durchdringen.

Zwar muss ein aus der Beschreibung in den Patentanspruch übernommenes Merkmal nach ständiger Rechtsprechung als zur erfindungsgemäßen Lehre gehörend zu erkennen sein (s. nur [X.], 123, 126 - [X.]). Patentansprüche, Beschreibung und Zeichnungen der Anmeldeunterlagen sind indessen gleichwertige Offenbarungsmittel ([X.], 21, 26 - Crackkatalysator; [X.], Urt. [X.] - [X.], [X.], 757, 762 - [X.]; Urt. v. 30.1.2007 - [X.], [X.], 578, 580 - [X.]; [X.], ABl. [X.] 1985, 193, 199 ff. - Wandelement/[X.]; Busse/Keukenschrijver, [X.], 6. Aufl., § 34 Rdn. 248; [X.]/[X.], [X.], 8. Aufl., § 34 Rdn. 329). Soweit der [X.] zum Patentgesetz 1968 angenommen hat, ein Merkmal sei im allgemeinen dann nicht als zur Erfindung gehörig offenbart, wenn es nur aus der Patentzeichnung ersichtlich sei, auch wenn die Patentzeichnung nur eine einzige Ausführungsform zeige ([X.]Z 83, 83 - Verteilergehäuse; ebenso noch [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 34 Rdn. 30), hat er daran demgemäß für das geltende Recht nicht festgehalten ([X.] [X.], 578, 580 - [X.]).

Das Merkmal 5.2.2 ist für den Fachmann in der Anmeldung als zur erfindungsgemäßen Lehre gehörend offenbart. Als Fachmann ist mit dem Patentgericht und dem gerichtlichen Sachverständigen von einem Maschinenbauingenieur mit Hochschul- oder Fachhochschulabschluss auszugehen, der über praktische Erfahrung in Bezug auf die Fertigung und Konstruktion von äußeren Bauteilen in der Automobiltechnik verfügt. Ein solcher Fachmann entnimmt den [X.], dass der [X.] mit [X.] (16) versehen sein kann, die dadurch gebildet werden, dass der [X.] (11b) entsprechend Merkmal 5.2.2 mit einem vorspringenden Abschnitt (15) von geringerer Dicke als das [X.] (7) insgesamt versehen wird, mit dessen Oberseite die Bolzenköpfe nach dem Zusammenbau zusammenwirken (S. 11 Z. 6-10 und Patentanspruch 14 der Anmeldung, Streitpatent Tz. 48). Wie der gerichtliche Sachverständige überzeugend ausgeführt hat, hat eine solche Ausgestaltung aus fachmännischer Sicht im Allgemeinen wie auch im Zusammenhang der Erfindung in erster Linie die Funktion, durch die "Verschlankung" des vorspringenden Abschnitts einen (relativ) elastischen Bereich zur Verfügung zu stellen, durch dessen Verformung eine ungleichmäßige Anlage der Bolzen am [X.] vermieden wird. Die zeichnerische Darstellung in den Figuren 3 bis 6 unterstreicht diese Bedeutung. Der Kraftfluss verläuft von den Bolzen zu dem vorspringenden Abschnitt, von dem [X.] auf das [X.] und über den Anlagebereich des [X.] auf dasselbe übertragen wird, wodurch das Hauptprofil an die Karosserie gedrückt wird.

Dass die Beschreibung diesen Effekt nicht ausdrücklich erwähnt, ist danach unschädlich. Auch dass in Figur 8 eine andere Ausführungsform dargestellt ist, bei der eine größere Dicke der [X.]e oder die Verwendung von Verkleidungsklips vorgesehen ist, spricht nicht dagegen, dass die in den Figuren 1 bis 6 dargestellte Ausführung zur erfindungsgemäßen Lehre gehört. Es reicht aus, dass sie in der Anmeldung als eine mögliche Ausführungsform der Erfindung dargestellt ist.

2. Der Beurteilung der Patentfähigkeit durch das Patentgericht kann nicht beigetreten werden.

Das [X.] Gebrauchsmuster 1 964 575 ([X.]) betrifft eine Fahrzeugkarosserie mit
Zierleisten aus stranggepresstem Aluminiumprofil mit Befestigungselementen. Das
Gebrauchsmuster will eine sichere und zuverlässige Befestigungsart für Zierleisten
angeben, bei der die Karosserie dicht bleibe und Karosserieschäden vermieden würden. Es
schlägt dazu vor, dass als Befestigungselement an die [X.] Bolzen angeschweißt
werden, um ein Anbohren der Karosserie zu vermeiden. Der einzelne Bolzen weist danach
einen Kopf auf zum Halten einer aus Kunststoff, z.B. aus Polyamid, bestehenden
Befestigungsplatte, die in Nuten der Zierleiste eingeführt wird. Der Bolzen wird durch
einen in der Befestigungsplatte angeordneten Längsschlitz hindurch gesteckt und liegt
mit seinem Kopf gegen die Befestigungsplatte unter einer gewissen Spannung an, so dass
die Befestigungsplatte und damit auch die Zierleiste gegen die [X.]
angedrückt werden. In die Zierleiste sind sich in Längsrichtung der Leiste erstreckende
[X.] eingelassen, und zwar ein Keder in der Mitte der Zierleiste, die beiden anderen
jeweils an den Längsrändern der Zierleiste zwischen [X.] und
[X.]. Figur 1 zeigt ein Ausführungsbeispiel.

     Abbildung

In der nachfolgend wiedergegebenen Figur 2 wird, wie die Beschreibung erläutert, nochmals der [X.] (12) der Befestigungsplatte (3) "mit einer Ausbeulung (9) an jener Stelle, an der der Kopf (6) des Bolzens (4) hindurchgeklipst ist", dargestellt (S. 6 Abs. 3). Es wird ferner darauf hingewiesen, dass die Längskanten des Schlitzes (12) zwecks besserer "Aufklipsung" auf den Bolzen

angeschrägt seien. Es ist hiernach erkennbar und wird durch den Schnitt durch den Bolzen
in Figur 2 zusätzlich verdeutlicht, dass die den Längsschlitz bildenden Stege der
Befestigungsplatte - in in Figur 2 ohne Anspruch auf technische Präzision schematisch
dargestellter Weise - durch das Hindurchführen des [X.]es (elastisch)
verformt werden.

       Abbildung

Nach der [X.] ist es zwar möglich, abweichend von der in den Figuren dargestellten bevorzugten Ausführungsform eine auch als Leiste bezeichnete einzige Befestigungsplatte für die Aufnahme sämtlicher Bolzen vorzusehen. Entgegen Merkmal 3.2 und der Meinung des Patentgerichts weist diese [X.] jedoch keine vorbestimmte Anzahl voneinander beabstandeter [X.]e auf, und die [X.]e bestehen entgegen Merkmal 5 auch nicht aus einem Einführungs- und einem [X.]. Der gerichtliche Sachverständige hat dies nicht anders gesehen.

Den Erwägungen des Patentgerichts zu der Veranlassung für den Fachmann, den [X.] bei der [X.] so zu verbessern, dass eine gegebenenfalls notwendige Demontage der Zierleiste erleichtert wird, fehlt damit die Grundlage.

3. Für den Fachmann war der Gegenstand der Erfindung nach dem verteidigten Patentanspruch 1 auch nicht in anderer Weise durch den Stand der Technik nahegelegt.

a) Aus der [X.] war es dem Fachmann bekannt, ein im Querschnitt C-förmiges Profil (Merkmal 1) an der Fahrzeugkarosserie zu befestigen. Die [X.] zur Herstellung einer Verbindung mit den an der Karosserie angeschweißten Bolzen können aus einem zusammenhängenden [X.] in Gestalt einer [X.] bestehen (Merkmal 2.1), das von den Nuten im C-Profil als Längsaufnahme im Sinne des Merkmals 2.2 aufgenommen und dadurch mit dem C-Profil verbunden wird (Merkmal 3.1). Diese Ausgestaltung entspricht zugleich Merkmal 4, wie das Patentgericht insoweit zutreffend ausgeführt hat.

Die Bolzen werden jedoch, wie ausgeführt, auf das [X.] (oder die [X.]e) aufgeklipst. Die vom Patentgericht gesehene Veranlassung, stattdessen auf einem einheitlichen [X.] einzelne [X.]e mit jeweils einem Einfügebereich und einem [X.] vorzusehen, bestand tatsächlich nicht. Aus der [X.] lässt sich dementsprechend auch nichts für die erfindungsgemäße Gestaltung des [X.]s nach Merkmal 5.2.2 entnehmen.

Nimmt man gleichwohl an, der Fachmann habe Veranlassung gehabt, eine sicherere Verbindungstechnik zu erwägen und über eine Ersetzung der bei der [X.] verwirklichten kraftschlüssigen Verbindung zwischen Bolzen und [X.](en) etwa durch eine formschlüssige Verbindung nachzudenken, stand ihm dazu grundsätzlich die im Stand der Technik, wie der gerichtliche Sachverständige ausgeführt hat, seit langem bekannte und etwa in der vom Patentgericht angezogenen [X.] oder der in der [X.] erwähnten [X.] [X.] 42 17 513 ([X.]) beschriebene "Schlüssellochverbindungstechnik" zur Verfügung. Damit war deren Anwendung in der erfindungsgemäßen Weise jedoch noch nicht nahegelegt (vgl. [X.].Urt. v. 30.4.2009 - [X.], [X.], 743 = [X.] 2009, 432 - Airbag-Auslösesteuerung).

Denn weder aus der [X.], die ohnehin jeweils dem einzelnen Bolzen zugeordnete Befestigungsplatten bevorzugt, noch aus dem sonstigen Stand der Technik ergab sich die Anregung, ein von einer Längsaufnahme des [X.] aufgenommenes zusammenhängendes [X.] mit einer Mehrzahl von [X.]en zu versehen, die "[X.]" mit [X.] der Kraftfahrzeugkarosserie erlauben. Ein solches [X.] mit mehreren Schlüssellochverbindungselementen war im Stand der Technik ebenso wenig bekannt, wie die Ausgestaltung des [X.]s eines derartigen [X.]s mit einem vorspringenden Abschnitt, dessen Dicke geringer ist als die Gesamtdicke des [X.]s (Merkmal 5.2.2).

Dieses Merkmal dient - entgegen der Ansicht der Klägerin - nicht, jedenfalls nicht nur dazu, einen Aufnahmeraum für den [X.] zu schaffen, sondern, wie bereits ausgeführt, dazu, den Federungseffekt zu erreichen, der den Kraftfluss innerhalb der Leiste verändert und eine ebene Anlage des [X.] an der Karosserie bewirkt. Dazu dient bei der [X.] der Keder (8), der zusammen mit der Befestigungsplatte (3) Form- und [X.] der Bolzen auffängt. Die Leiste enthält bei der [X.] ein biegesteifes Aluminiumprofil, das geradlinig neben der Karosserie verläuft. Veranlassung von dieser Lösung abzugehen und durch die Ausgestaltung der [X.]e gemäß Merkmal 5.2.2 zu erreichen, dass die Leiste selbst an der Karosserie anliegt und nicht die Keder, ergab sich für den Fachmann aus der [X.] nicht.

b) Das auch in [X.] 8a dargestellte Formteil [X.] 8h, dessen offenkundige Vorbenutzung die Beklagte nicht in Abrede stellt, setzt schlüssellochförmige Ausnehmungen in der Karosserie voraus und kann daher nicht, wie das Streitpatent oder die [X.], mit an der Karosserie angeschweißten Bolzen zusammenwirken. Allerdings wird bei dem vorbenutzten Formteil die gleiche Verbindungstechnik angewendet wie beim Streitpatent, nämlich wiederum die dem Fachmann als solche bekannte und auf dem Gebiet der Erfindung auch sonst mehrfach angewandte "Schlüssellochverbindungstechnik". Auch waren Schlüssellochverbindungselemente bekannt, wie in der Anlage 2 des Gutachtens des gerichtlichen Sachverständigen abgebildet, deren Dicke geringer ist als die Gesamtdicke des Schlüssellochverbindungselements. Zwar mag es für den Fachmann, wie der gerichtliche Sachverständige ausgeführt hat, selbstverständlich sein, eine Umkehrung der Verbindungselemente (Bolzen und Aussparungen) vorzusehen, wenn dies von ihm gefordert wird oder zweckmäßig erscheint. Jedoch stellte sich bei dem vorbenutzten Formteil, bei dem Aussparungen in der Karosserie vorhanden sind, nicht das Problem, die bei der Lösung des Streitpatents erforderliche Elastizität und durch den Federungseffekt eine ebene Anlage des [X.] an der Karosserie zu gewährleisten. Der von dem vorbenutzten Formteil ausgehende Fachmann hatte daher keine Veranlassung, überhaupt Überlegungen zu der Gestaltung des [X.]s gemäß Merkmal 5.2.2 anzustellen und gelangte deshalb nicht in naheliegender Weise zur Lehre des Streitpatents in der mit dem Hauptantrag verteidigten Fassung.

4. Mit Patentanspruch 1 in der verteidigten Fassung haben auch die übrigen angegriffenen Patentansprüche Bestand. Es war jedoch klarzustellen, dass sie sich nunmehr auf diese Fassung des Patentanspruchs 1 rückbeziehen.

5. [X.] beruht auf § 121 Abs. 2 Satz 2 [X.] in Verbindung mit §§ 91 Abs. 1, 92 ZPO.

Meier-Beck                              Mühlens                                 [X.]

                         [X.]

Meta

Xa ZR 52/08

18.02.2010

Bundesgerichtshof 10a. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend BPatG München, 6. Februar 2008, Az: 4 Ni 55/06 (EU), Urteil

Art 138 Abs 1 Buchst c EuPatÜbk, Art 2 § 6 Abs 1 Nr 3 IntPatÜbkG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 18.02.2010, Az. Xa ZR 52/08 (REWIS RS 2010, 9245)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 9245

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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