Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.05.2016, Az. IV ZR 334/15

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 11567

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[X.]:[X.]:BGH:2016:110516UIVZR334.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
IV ZR 334/15

Verkündet am:

11. Mai 2016

Heinekamp

Amtsinspektor

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

-
2
-

Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.], die Richter Dr.
Karczewski, [X.] und die Richterin Dr. Brockmöller
im schriftli-chen Verfahren, bei dem Schriftsätze bis zum 6.
April
2016
eingereicht werden konnten,

für Recht erkannt:

Auf die [X.] der Beklagten wird unter Zu-rückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das Ur-teil des 7.
Zivilsenats des [X.] vom 28.
Mai 2015 im Kostenpunkt und insoweit aufgeho-ben, als
sie zur Zahlung von mehr als 3.695,13

nebst Zinsen verurteilt worden ist. Insoweit wird auf die Beru-fung des [X.] unter Zurückweisung des weitergehen-den Rechtsmittels das Urteil der 3.
Zivilkammer des [X.] vom 12.
Januar
2015
teilweise [X.] und dahin neugefasst, dass die Beklagte verur-teilt wird, an den Kläger 3.695,13

von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.
Dezember 2013 zu zahlen.

Die Revision des [X.] wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben der Kläger zu 75% und die Beklagte zu 25% zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger zu 80% und die Beklagte zu 20% zu tragen.
Die Kosten des -
3
-

Revisionsverfahrens haben der Kläger zu 60% und die Beklagte zu 40% zu tragen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf
6.295,13

festgesetzt.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die [X.]eite (Versicherungsnehmer im Folgenden:
[X.]) be-gehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden:
Versicherer) Rück-zahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer Kapitallebensversiche-rung.

Diese wurde aufgrund eines Antrags [X.] mit [X.] zum 1.
April 2001 nach dem so genannten Policenmodell des §
5a [X.] in der seinerzeit gültigen Fassung (im Folgenden:
§
5a [X.] a.[X.]) abgeschlossen. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des [X.] erhielt [X.] mit dem Versicherungsschein ein Begleit-schreiben mit
einer
drucktechnisch nicht deutlich gestalteten Belehrung über das Widerspruchsrecht nach §
5a [X.] a.[X.]

D. [X.] zahlte fortan die Prämien, insgesamt 22.936,77

Im [X.] 2005 zeigte [X.] dem Versicherer an, dass er die Rechte und Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag an die D.

A.

bank abgetreten habe. Im Zusammenhang mit der Umwandlung der Beklagten von einem Versicherungsverein a.G. in eine Aktiengesell-1
2
3
-
4
-

schaft im Jahr 2006 erhielt [X.] 227 Aktien von dem Versicherer zuge-teilt.

Mit Schreiben vom 14.
Oktober 2010
erklärte [X.] unter anderem den Widerspruch nach §
5a [X.] a.[X.], hilfsweise die Kündigung. Der Versicherer akzeptierte die Kündigung und zahlte nach Abzug der [X.] in Höhe von 538,83

29,64

Mit der Klage verlangt [X.] -
soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung
-
Rückzahlung aller auf den Vertrag geleisteten [X.] nebst Zinsen abzüglich des bereits gezahlten [X.].

Nach Auffassung [X.] ist der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen. Auch nach Ablauf der Frist des -
gegen Gemein-schaftsrecht verstoßenden
-
§
5a Abs.
2 Satz
4 [X.]
a.[X.] habe der [X.] noch erklärt werden können.

Der Versicherer hat sich auf Verwirkung berufen und die Einrede der Verjährung erhoben.

Das [X.] hat
der Klage in Höhe von 999,34

stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Den zuerkannten [X.] hat es wie folgt bemessen:

22.936,77

eingezahlte Prämien
-

380,00

Wert Risikoschutz
-

6.295,79

Abschlusskosten
+

3.600,00

Nutzungen
-

628,51

Aktienwert
-

18.233,13

Rückzahlung brutto

999,34

Rest

4
5
6
7
8
-
5
-

Auf die Berufung [X.]
hat das [X.] das erstinstanz-liche Urteil teilweise dahin abgeändert, dass es den Versicherer zur [X.] von 4.295,13

,
und die weitergehende Berufung zu-rückgewiesen. Mit der Revision verfolgt [X.] das Klagebegehren in [X.] von weiteren 3.000

weiter.
Der Versicherer erstrebt mit seiner [X.] Aufhebung des Berufungsurteils und auch insoweit [X.].

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat keinen Erfolg, die [X.]
führt teilwei-se zur Aufhebung des Berufungsurteils und weiteren Klageabweisung.

[X.] Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht [X.] ein weiterer Anspruch auf Herausgabe der Beiträge nach §
812 Abs.
1 Satz
1 Alt.
1 BGB sowie auf Nutzungsersatz nach §
818 Abs.
1 Alt.
1 BGB in Höhe von 4.295,13

n-recht in voller Höhe von 6.295,79

i-en die Aufwendungen für die Vermittlercourtage, die der Versicherer nach Ablauf der Stornohaftzeit in Höhe von 4.622,19

nicht mehr zu-rückverlangen könne. Diese Kosten seien nur in Höhe von 3.000

n-gemessen.

I[X.] Die [X.] ist nur zum Teil begründet.

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11
12
-
6
-

1. Das Berufungsgericht hat [X.] zu Recht einen Anspruch auf Erstattung der gezahlten Prämien aus §
812 Abs.
1 Satz
1 Alt.
1 BGB zuerkannt.

a) Der zwischen den Parteien geschlossene Versicherungsvertrag schafft keinen Rechtsgrund für die Prämienzahlung. Er ist infolge des Widerspruchs [X.] nicht wirksam zustande gekommen. Der [X.] war -
ungeachtet des Ablaufs der in §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.[X.] normierten Jahresfrist
-
rechtzeitig.
Da der Versicherer nach den nicht angegriffenen Feststellungen [X.] nicht ordnungsgemäß i.S. von §
5a Abs.
2 Satz
1 [X.] a.[X.] über das Widerspruchsrecht belehrte, bestand das Widerspruchsrecht nach Ablauf der Jahresfrist
und noch im Zeit-punkt der Widerspruchserklärung fort. Das ergibt die richtlinienkonforme Auslegung des §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.[X.], wie der Senat in einem gleich gelagerten Fall mit Urteil vom 7.
Mai 2014 ([X.], [X.], 101 Rn.
17-34) entschieden und im Einzelnen begründet hat.

b) Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung hat [X.] das Recht zum Widerspruch nicht verwirkt. Es fehlt hier jedenfalls am [X.]. Ein schutzwürdiges Vertrauen kann der Versicherer schon deshalb nicht in Anspruch nehmen, weil er die Situation selbst herbeigeführt hat, indem er [X.] keine ordnungsgemäße Widerspruchs-belehrung erteilte (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
39 m.w.[X.])

Auch die -
ausweislich der Bestätigung der D.

A.

bank vom 18.
März 2014 mittlerweile beendete
-
Abtretung der für den Todesfall entstehenden Ansprüche und Rechte aus dem Lebens-versicherungsvertrag zur Sicherheit musste das Berufungsgericht nicht als besonders gravierenden Umstand werten, der [X.] die Geltendma-chung seines Anspruchs verwehrt. Der Einsatz der Ansprüche aus dem 13
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-
7
-

Versicherungsvertrag zur Sicherung der Rechte eines Dritten aus einem Darlehensvertrag lässt keinen zwingenden Schluss darauf zu, dass d.
[X.] in Kenntnis seines Lösungsrechts vom Vertrag an diesem [X.] und von seinem Recht keinen Gebrauch gemacht hätte. Ob ein schutzwürdiges Vertrauen des Versicherers auf den Bestand des [X.] etwa bei einem -
hier nicht gegebenen
-
engen zeitli-chen Zusammenhang zwischen dem Abschluss des [X.] und dessen Einsatz zur Kreditsicherung oder einer -
hier nicht vorliegenden
-
mehrfachen Abtretung angenommen werden kann (vgl. Senatsbeschluss vom 27.
Januar 2016
-
IV ZR 130/15, juris Rn.
16), bleibt der tatrichterlichen Beurteilung vorbehalten, die hier aus [X.] nicht zu beanstanden ist.

c)
Aus der Erklärung des Widerspruchs folgende bereicherungs-rechtliche Ansprüche waren bei Klageerhebung Ende Dezember 2013
nicht verjährt, wie das [X.] richtig ausgeführt hat. Die maßgebli-che regelmäßige dreijährige Verjährungsfrist des §
195 BGB konnte erst mit Schluss des Jahres 2010 beginnen, da d.
[X.] erst in diesem Jahr den Widerspruch erklärte (vgl. Senatsurteil vom 8.
April 2015 -
IV ZR 103/15, [X.], 700 Rn.
19
ff.).

d)
Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der [X.] der Höhe nach nicht uneingeschränkt alle [X.] Prämien umfasst.

aa) Das [X.] -
und ihm folgend das Berufungsgericht
-
hat
[X.] bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung den
jedenfalls faktisch bis zum Widerspruch genossenen
Versicherungsschutz ange-rechnet. Der Wert des Versicherungsschutzes kann unter Berücksichti-gung der Prämienkalkulation bemessen werden; bei Lebensversicherun-17
18
19
-
8
-

gen kann etwa dem Risikoanteil Bedeutung zukommen (Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
45 m.w.[X.]).
Ausgehend davon hat das [X.] den Wertersatz
entsprechend den unstreitig auf das Todesfallrisiko ent-fallenden Prämienanteilen mit 380

bb) Als weiteren anzurechnenden Vermögensvorteil haben die [X.] zu Recht die bei der Auszahlung des Rückkaufswertes vom Versicherer einbehaltene und an die Steuerbehörden abgeführte [X.] nebst Solidaritätszuschlag in Abzug gebracht (vgl. hierzu Senatsurteil vom 29.
Juli 2015 -
[X.]/14, [X.], 1104 Rn.
38
ff.).

e) Der von dem Versicherer erhobene Einwand der Entreicherung gemäß §
818 Abs.
3 BGB greift entgegen der Auffassung des [X.] nicht hinsichtlich der von ihm
in Höhe von 3.000

b-zug gebrachten
Abschlusskosten. Insoweit und hinsichtlich der
Verwal-tungskosten kann sich der Versicherer nicht auf den Wegfall der Berei-cherung berufen. Dies hat der Senat in den Urteilen vom 29.
Juli 2015 ([X.], [X.], 1101 Rn.
41
ff.; [X.]/14 aaO
Rn.
46
ff.), die vergleichbare Sachverhalte betrafen, entschieden und im Einzelnen begründet.

2. Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen steht [X.] ein [X.] gemäß §
818 Abs.
1 Alt.
1 BGB nicht zu, weil er diese nicht schlüssig dargetan hat, wie die [X.] zu Recht rügt.

Nach §
818 Abs.
1 Alt.
1 BGB sind nur die Nutzungen herauszuge-ben, die vom [X.] tatsächlich gezogen wurden (Se-natsurteile vom 11.
November 2015 -
IV ZR 513/14, [X.], 33 20
21
22
23
-
9
-

Rn.
41; vom 29.
Juli 2015 -
[X.]
aaO Rn.
46; [X.]/14
aaO Rn.
51; jeweils m.w.[X.]). Zudem können bei der Bestimmung der gezoge-nen Nutzungen die gezahlten Prämien nicht in voller Höhe Berücksichti-gung finden (Senatsurteil vom 11.
November 2015 aaO Rn.
41
ff.). [X.] aus dem Risikoanteil, der dem Versicherer als Wertersatz für den von [X.] faktisch genossenen Versicherungsschutz verbleibt, stehen d.
[X.] nicht zu (vgl. Senatsurteil vom 11.
November 2015 aaO Rn.
42). Der auf die Abschlusskosten entfallende Prämienanteil bleibt für [X.] außer Betracht. Mangels abweichender Anhalts-punkte ist davon auszugehen, dass der Versicherer diesen Prämienanteil nicht zur Kapitalanlage nutzen konnte (vgl. Senatsurteil vom 11.
Novem-ber 2015 aaO Rn.
44
f.). Hinsichtlich des Verwaltungskostenanteils der Prämien kann nicht vermutet werden, dass der Versicherer [X.] in bestimmter Höhe erzielt hat. Der insoweit darlegungsbelastete [X.] kann sich nicht ohne Bezug zur Ertragslage des jeweiligen Versicherers auf eine tatsächliche Vermutung einer Gewinnerzielung in bestimmter Höhe
etwa in Höhe des
hier von [X.] verlangten Zinssatzes von 6,6046%
oder anhand der vom [X.] zugrunde gelegten durch-schnittlichen Nettoverzinsung von Kapitalanlagen

stützen (vgl. Senats-urteil vom 11.
November 2015 aaO Rn.
46
ff.).

3. Der Anspruch [X.] berechnet sich demnach wie folgt:

22.936,77

eingezahlte Prämien
-

380,00

Wert Risikoschutz
-

628,51

Aktienwert
-

538,83

Kapitalertragssteuer
-

29,64

Solidaritätszuschlag
-

17.664,66

restlicher Rückkaufswert

3.695,13

24
-
10
-

Hinsichtlich des darüber hinaus
vom Berufungsgericht zuerkannten
Betrages ist seine Entscheidung auf die [X.] aufzuheben.

II[X.] Aus den vorgenannten Erwägungen steht [X.] der mit der Re-vision
geltend gemachte Anspruch auf Zahlung weiterer
3.000

obwohl die Rüge berechtigt ist, dass Abschlusskosten auch in dieser [X.]
von dem Bereicherungsanspruch nicht abgezogen werden dürfen.

[X.] [X.] Dr.
Karczewski

[X.]

Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 12.01.2015 -
3 O 11/15 -

O[X.], Entscheidung vom 28.05.2015 -
7 U 27/15 -

25
26

Meta

IV ZR 334/15

11.05.2016

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.05.2016, Az. IV ZR 334/15 (REWIS RS 2016, 11567)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 11567

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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