Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.05.2006, Az. VI ZR 225/05

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 3647

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES [X.]/05 Verkündet am: 9. Mai 2006 [X.], Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] § 249 Abs. 2 Satz 2 n.F. Hb Zur Frage, welcher Umsatzsteueranteil vom [X.] eines unfallbeschädigten Kraftfahrzeuges in Abzug zu bringen ist, wenn keine Ersatzbe-schaffung vorgenommen wird. [X.], Urteil vom 9. Mai 2006 - [X.]/05 - [X.]

AG [X.] - 2 - - 3 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 9. Mai 2006 im schriftlichen Verfahren mit Schriftsatzfrist bis 31. März 2006 durch die Vizepräsidentin Dr. [X.] und [X.] [X.], [X.], [X.] und [X.] für Recht erkannt: Die Revision des [X.] gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des [X.] vom 9. Juni 2005 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens. Von Rechts wegen

Tatbestand: Der Kläger nimmt den beklagten Haftpflichtversicherer auf restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall vom 24. Februar 2004 in Anspruch, bei dem an seinem PKW wirtschaftlicher Totalschaden entstand. Die volle Haf-tung der Beklagten für den Unfallschaden steht außer Streit. 1 In einem vom Kläger vorprozessual eingeholten Gutachten ermittelte ein Sachverständiger den Restwert des [X.], eines [X.], Erst-zulassung 2001, mit 4.255 • und den Wiederbeschaffungswert mit 12.800 • brutto, wobei er davon ausging, dass entsprechende Fahrzeuge im KFZ-Handel überwiegend differenzbesteuert mit einem Mehrwertsteueranteil von ca. 2% angeboten werden. 2 - 4 - Der Kläger hat keine Ersatzbeschaffung vorgenommen und mit der [X.] auf Grundlage des Sachverständigengutachtens abgerechnet. Die [X.] ist jedoch bei der Schadensregulierung von einem Mehrwertsteueranteil von 16% ausgegangen und hat den [X.] auf dieser Grundlage errechnet. Mit der vorliegenden Klage macht der Kläger den Diffe-renzbetrag geltend, der sich aus den beiden Berechnungsmethoden ergibt. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das [X.] das erstinstanzliche Urteil entsprechend abgeändert und die Klage insoweit abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revi-sion erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. 3 Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht hat zwar mit dem Amtsgericht bei der Ermittlung des [X.]es des unfallbeschädigten Fahrzeuges ent-scheidend darauf abgestellt, ob ein entsprechendes Fahrzeug auf dem [X.] überwiegend mit 16% Umsatzsteuer regelbesteuert oder mit ca. 2% differenzbesteuert gehandelt wird. Es hat sich jedoch nach Anhö-rung eines weiteren Sachverständigen die Überzeugung gebildet, dass das un-fallbeschädigte Fahrzeug des [X.] zum Unfallzeitpunkt überwiegend regel-besteuert angeboten worden sei. An dieser vom Amtsgericht abweichenden Feststellung hat es sich nicht durch eine Erklärung des Prozessbevollmächtig-ten der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] gesehen, dass die Feststellungen in dem vom Kläger vorgelegten und sei-nem Vortrag zugrunde gelegten Schadensgutachten nicht bestritten würden. Es meint, der in der mündlichen Verhandlung nach wie vor bestehende Streit zwi-4 - 5 - schen den [X.]en über die Abzugsfähigkeit von 2% oder 16% Umsatzsteuer wäre von Seiten der Beklagten sinnlos gewesen, wenn mit der entsprechenden Erklärung zum Schadensgutachten auch der Tatsachenvortrag des [X.] zur überwiegenden Differenzbesteuerung des Fahrzeuges habe zugestanden [X.]n sollen. I[X.] Das Urteil des Berufungsgerichts hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand. 5 1. Da das schädigende Ereignis nach dem 31. Juli 2002 eingetreten ist, bestimmt sich die Ersatzpflicht der Beklagten gemäß Art. 229 § 8 Abs. 1 EG[X.] nach den Vorschriften der §§ 249 ff. [X.] in der Fassung des zweiten Gesetzes zur Änderung schadensrechtlicher Vorschriften vom 19. Juli 2002 ([X.]l. I 2674). Nach dieser gesetzlichen Neuregelung schließt der bei der [X.] zur Wiederherstellung erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist (§ 249 Abs. 2 Satz 2 [X.]). Dies gilt auch im Falle eines wirtschaftlichen Totalscha-dens (vgl. Senatsurteile vom 1. März 2005 - [X.] ZR 91/04 - [X.], 994; vom 20. April 2004 - [X.] ZR 109/03 - [X.] 158, 388, 389 und vom 18. Mai 2004 - [X.] ZR 267/03 - [X.], 927, 928). 6 a) Will der Geschädigte seinen Schaden fiktiv auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens abrechnen, ist von einem dort angegebenen [X.] eine darin enthaltene Umsatzsteuer abzuziehen. Hierfür hat der Tatrichter zu klären, ob solche Fahrzeuge üblicherweise auf dem Gebrauchtwagenmarkt nach § 10 UStG regelbesteuert oder nach § 25a UStG 7 - 6 - differenzbesteuert oder von Privat und damit umsatzsteuerfrei angeboten [X.]n (vgl. Senatsurteil vom 1. März 2005 - [X.] ZR 91/04 - aaO). Dabei ist es aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, wenn sich der Tatrichter im Rahmen der Schadensschätzung im Sinne des § 287 ZPO an der überwiegenden Wahr-scheinlichkeit orientiert, mit der das Fahrzeug diesbezüglich auf dem [X.] gehandelt wird. b) Der von der Revision im [X.] an eine Entscheidung des [X.] (NJW 2004, 1465) vertretenen Auffassung, auch bei einem überwiegend regelbesteuert gehandelten Unfallfahrzeug könne der [X.] aus Gründen der Dispositionsfreiheit nicht darauf verwiesen werden, ein [X.] Fahrzeug zu erwerben, vielmehr könne er ebenso ein differenzbesteuertes Fahrzeug anschaffen, kann nicht gefolgt werden. 8 Im Rahmen der gebotenen "subjektbezogenen Schadensbetrachtung" kann es dem Geschädigten zwar nicht zum Nachteil gereichen, wenn er bei der konkreten Ersatzbeschaffung auf dem Gebrauchtwagenmarkt von den umsatz-steuerrechtlich möglichen verschiedenen Erwerbsmöglichkeiten nicht gerade diejenige realisiert, die der Sachverständige als die statistisch wahrscheinlichste bezeichnet hat (vgl. Senatsurteil vom 1. März 2005 - [X.] ZR 91/04 - aaO). Er-wirbt der Geschädigte tatsächlich ein Ersatzfahrzeug zu einem Preis, der dem in einem Sachverständigengutachten ausgewiesenen Brutto-Wiederbe-schaffungswert des unfallbeschädigten Kraftfahrzeuges entspricht oder diesen übersteigt, kann er im Wege konkreter Schadensabrechnung die Kosten der Ersatzbeschaffung bis zur Höhe des [X.]es des un-fallbeschädigten Kraftfahrzeuges - unter Abzug des Restwertes - ersetzt ver-langen. Auf die Frage, ob und in welcher Höhe in dem im Gutachten ausgewie-senen [X.] Umsatzsteuer enthalten ist, kommt es in 9 - 7 - diesem Zusammenhang nicht an (Senatsurteil vom 1. März 2005 - [X.] ZR 91/04 - aaO). 10 Verzichtet jedoch der Geschädigte - wie im Streitfall - auf eine Ersatzbe-schaffung und fällt tatsächlich keine Umsatzsteuer an, dann ist eine solche im Rahmen einer fiktiven Schadensabrechnung auf der Grundlage eines Sachver-ständigengutachtens nach der gesetzlichen Neuregelung des § 249 Abs. 2 Satz 2 [X.] nicht ersatzfähig, weil diese Vorschrift insoweit die Dispositionsfrei-heit begrenzt (vgl. Gesetzesbegründung BT-Drucks. 14/7752 S. 23). Der Rechtsstandpunkt der Revision hätte im Ergebnis zur Folge, dass auch ein [X.] eines 2%igen Umsatzsteueranteils bei überwiegender Differenzbesteue-rung zu unterbleiben hätte, wenn die Möglichkeit bestünde, dass der [X.] ein gleichwertiges Fahrzeug umsatzsteuerfrei von Privat erwirbt. Da diese Möglichkeit, mag sie im Einzelfall auch noch so gering sein, theoretisch immer besteht, wäre der Anwendbarkeit der gesetzlichen Neuregelung des § 249 Abs. 2 Satz 2 [X.] bei der fiktiven Schadensabrechnung die Grundlage entzo-gen. c) Steht mit der für eine Schadensschätzung nach § 287 ZPO ausrei-chenden Wahrscheinlichkeit fest, dass ein Ersatzfahrzeug auf dem [X.] überwiegend regelbesteuert erworben werden kann, beschränkt sich der bei der fiktiven Schadensabrechnung vorzunehmende Abzug der [X.] auch nicht - wie die Revision hilfsweise meint - auf einen Mittelwert aus dem Marktanteil der Regel- und dem der Differenzbesteuerung (vgl. [X.], [X.], 105). Damit ließe sich zwar rechnerisch ein durchschnittlicher "Net-to-Wiederbeschaffungswert" ermitteln. Dieser läge jedoch über dem Wert, den das Berufungsgericht im Rahmen seiner Schadensschätzung als überwiegend wahrscheinlich erachtet hat und würde deshalb einen fiktiven Umsatzsteueran-teil enthalten, der nach der gesetzlichen Neuregelung nicht erstattungsfähig ist 11 - 8 - (vgl. Senatsurteil vom 15. November 2005 - [X.] ZR 26/05 - [X.], 238, 239). 12 2. Entgegen der Auffassung der Revision war das Berufungsgericht auch nicht durch ein erstinstanzliches Geständnis der Beklagten nach §§ 288, 535 ZPO gehindert, eine von dem erstinstanzlichen Urteil abweichende Feststellung zur wahrscheinlichen Umsatzsteuer bei Ersatzbeschaffung zu treffen. a) Die Frage, ob ein Geständnis gemäß §§ 288 Abs. 1, 289 Abs. 2 ZPO vorliegt, ist revisionsrechtlich uneingeschränkt nachprüfbar (vgl. Senatsurteil vom 22. Mai 2001 - [X.] ZR 74/00 - VersR 2001, 1442, 1443 m.w.N.). Als gericht-liches Geständnis ist die innerhalb des Rechtsstreits abgegebene Erklärung einer [X.] anzusehen, dass eine vom Gegner behauptete, ihr im Rechtssinne ungünstige Tatsache wahr sei. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] kann die Erklärung, eine tatsächliche Behauptung des Gegners [X.] nicht bestritten, als Geständnis nur gewertet werden, wenn weitere [X.] hinzutreten, die den Schluss auf ein Geständnis nahe legen (vgl. [X.], [X.] vom 7. März 1983 - [X.]II ZR 331/83 - [X.], 448, 449; vom 7. Juli 1994 - [X.] - [X.] 1995, 90; vom 25. April 1996 - [X.]I ZR 157/94 - NJW-RR 1996, 1044 und vom 19. Mai 2005 - [X.]/04 - NJW-RR 2005, 1297 m.w.N.). Derartige Umstände, die auf einen Geständniswillen der Beklagten hindeuten, zeigt die Revision aber nicht auf. 13 b) Vielmehr lässt unter den Umständen des vorliegenden Falles die Er-klärung des Prozessbevollmächtigten der Beklagten in der mündlichen [X.] vom 24. Februar 2005 vor dem Amtsgericht, dass die Feststellung in dem Schadensgutachten vom 5. August 2004 nicht bestritten werde, kein Ges-tändnis im Sinne des § 288 ZPO erkennen. Insbesondere spricht das weitere Prozessverhalten der Beklagten - worauf das Berufungsgericht zutreffend [X.] - gestellt hat - gegen die Annahme, dass die Behauptung eines überwiegend dif-ferenzbesteuerten Handels vergleichbarer Ersatzfahrzeuge auf dem [X.] zugestanden werden sollte. Aus dem erstinstanzlichen Ur-teil ergibt sich, dass die [X.]en in der mündlichen Verhandlung trotz der be-sagten Erklärung nach wie vor über die Abzugsfähigkeit von 2% oder 16% [X.] vom [X.] gestritten haben. Ein solcher Streit wäre aber, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, auf der Grundlage der Rechtsauffassung des Amtsgerichts auf Seiten der Beklagten sinnlos gewesen, wenn sie den Tatsachenvortrag des [X.] zur [X.] hätte zugestehen wollen. Gegen die Annahme eines Geständnisses spricht letztlich auch entscheidend die Tatsache, dass das Amtsgericht, vor dem die umstrittene Erklärung abgegeben wurde, in seinem Urteil selbst nicht von einem Geständnis ausgegangen ist, sondern ausgeführt hat, das als quali-fizierter [X.]vortrag zu bewertende Vorbringen des [X.] zur überwiegen-den Differenzbesteuerung des Fahrzeuges sei beklagtenseits nicht, jedenfalls nicht substantiiert bestritten worden. - 10 - II[X.] 15 [X.] erfolgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. [X.] [X.] [X.] Diederichsen

[X.] Vorinstanzen: AG [X.], Entscheidung vom 24.02.2005 - 1 C 24/05 - [X.], Entscheidung vom 09.06.2005 - 3 S 24/05 -

Meta

VI ZR 225/05

09.05.2006

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.05.2006, Az. VI ZR 225/05 (REWIS RS 2006, 3647)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 3647

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