Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.02.2014, Az. III ZR 161/13

3. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 7496

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Erstinstanzliche Urteile der Oberlandesgerichte über Entschädigungsklagen wegen unangemessener Dauer von Gerichtsverfahren: Wertgrenze für Beschwerden gegen die Nichtzulassung der Revision


Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 16. Zivilsenats des [X.] vom 28. März 2013 - 16 [X.] 5/12 - wird als unzulässig verworfen.

Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 6.600 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Kläger begehrt von dem beklagten Land Entschädigung für immaterielle Nachteile in Höhe von 6.600 € wegen unangemessener Dauer eines Verfahrens nach dem Wohnungseigentumsgesetz.

2

In dem Ausgangsverfahren nimmt der Kläger mit seiner am 28. Dezember 2007 beim Amtsgericht eingereichten Klage eine Wohnungseigentümergemeinschaft auf Ersatz von seine Wohnung betreffenden Reparaturkosten sowie Mietausfall im Umfang von insgesamt 30.067,52 € in Anspruch. Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen.

3

Der Kläger hat geltend gemacht, der Rechtsstreit sei inzwischen um mehr als 33 Monate ungerechtfertigt verzögert. Da das Amtsgericht das Verfahren vorsätzlich nicht gefördert habe, stehe ihm das Doppelte der Regelentschädigung von 1.200 € zu.

4

Das [X.] hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass eine unangemessene Verfahrensverzögerung nicht vorliege. Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des [X.].

II.

5

Die Beschwerde ist unzulässig, weil die gemäß § 201 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 [X.], § 544 ZPO, § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO erforderliche Mindestbeschwer von mehr als 20.000 € nicht erreicht wird.

6

Entgegen der Auffassung des [X.] ist § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO auf Beschwerden gegen die Nichtzulassung der Revision in erstinstanzlichen Urteilen der [X.]e über Entschädigungsklagen nach §§ 198 ff [X.] entsprechend anwendbar. Solche Urteile unterliegen daher nur dann der Nichtzulassungsbeschwerde, wenn der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € übersteigt (Senatsbeschlüsse vom 25. Juli 2013 - [X.]/12 und [X.], BeckRS 2013, 14571 und NJW 2013, 2762 jeweils Rn. 3 ff; vgl. in diesem Sinn auch [X.]/[X.], [X.], 7. Aufl., § 201 Rn. 11 i.V.m. § 133 Rn. 11; [X.] in [X.]/[X.], Rechtsschutz bei überlangen Gerichts- und Ermittlungsverfahren, § 201 [X.] Rn. 34; MüKoZPO/[X.], 4. Aufl., § 201 [X.] Rn. 19; [X.] in [X.]/[X.], Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, § 201 [X.] Rn. 24; [X.]/[X.]/[X.], ZPO, 34. Aufl., § 198 [X.] Rn. 12).

7

§ 201 Abs. 2 Satz 3 [X.] bestimmt, dass gegen die Entscheidung des [X.]s die Revision nach Maßgabe des § 543 ZPO stattfindet, wobei § 544 ZPO entsprechend anzuwenden ist. Die Revision ist damit nur statthaft, wenn dieses Rechtsmittel durch das [X.] in seinem Urteil oder auf Beschwerde durch den [X.] zugelassen worden ist. § 544 ZPO, der die Einzelheiten der Nichtzulassungsbeschwerde regelt, ist allerdings nach der Übergangsvorschrift des § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO bis einschließlich 31. Dezember 2014 nur mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht nur zulässig ist, wenn der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwerde 20.000 € übersteigt. § 26 Nr. 8 Satz 2 EGZPO nimmt lediglich das die Berufung als unzulässig verwerfende Urteil vom Anwendungsbereich der Übergangsregelung aus.

8

Soweit die Klägerin darauf abstellt, dass eine unmittelbare Anwendung von § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO ausscheide, weil das [X.] im Streitfall erstinstanzlich tätig geworden sei und die Vorschrift - wie § 544 ZPO - die Tätigkeit eines "Berufungsgerichts" voraussetze, steht dies der Anwendung des § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO nicht entgegen. Denn § 201 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 ZPO ordnet gerade für die erstinstanzlichen Urteile der [X.]e im Entschädigungsverfahren eine entsprechende Anwendung der Bestimmungen über die Nichtzulassungsbeschwerde gegen [X.] an.

9

Dass § 201 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 [X.] die Übergangsregelung des § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO nicht ausdrücklich erwähnt, ist ohne Bedeutung. Die Bestimmung verweist auf § 544 ZPO, der nach § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO für eine Übergangszeit bis Ende 2014 nur mit der dort gesetzlich festgelegten Mindestbeschwer anzuwenden ist. Der bis zu diesem Zeitpunkt maßgebliche Inhalt des § 544 ZPO erschließt sich deshalb erst, wenn die Vorschrift im Zusammenhang mit § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO gelesen wird (Senatsbeschlüsse vom 27. Juli 2013 aaO Rn. 7).

Für die Auffassung der Klägerin, der Gesetzgeber habe die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde beim Rechtsschutz in Entschädigungssachen nach §§ 198 ff [X.] unabhängig vom Erreichen einer Mindestbeschwer zulassen wollen, ergeben sich im Übrigen auch aus der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 17/3802 S. 25) keinerlei Anhaltspunkte. Vielmehr belegt die Gesetzgebungsgeschichte, dass eine Ausweitung der Rechtsschutzmöglichkeiten gerade nicht angestrebt wurde. Vorgesehen war zunächst ein völliger Rechtsmittelausschluss, weil man in der Verkürzung des [X.] eine Steigerung der Effektivität der neuen Entschädigungsregelung sah ([X.] aaO Einführung Rn. 286). Nach dem Referentenentwurf vom 15. März 2010 (abgedruckt bei [X.]/[X.] aaO Anhang 5 S. 410 ff) sollte die Revision nur nach Maßgabe des § 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO statthaft sein. Um die Effektivität des Entschädigungsprozesses nicht zu beeinträchtigen, sollte eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision nicht möglich sein (§ 201 Abs. 1 Satz 4 [X.]-RefE), da bei Durchführung dieses Rechtsmittels erhebliche Verfahrensverzögerungen ohne einen Ertrag für die Rechtssicherheit befürchtet wurden ([X.]/[X.] aaO Anhang 5 S. 445). Im weiteren Gesetzgebungsverfahren wurde der von Länder- und [X.] geäußerten Kritik am völligen Ausschluss der Nichtzulassungsbeschwerde dadurch Rechnung getragen, dass § 201 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 ZPO nunmehr die entsprechende Anwendung des § 544 ZPO anordnete, um auf diese Weise das Urteil des [X.]s im Entschädigungsprozess und das Berufungsurteil hinsichtlich der Rechtsmittel gleichzustellen (vgl. [X.] aaO Einführung 324 und [X.] aaO § 201 [X.] Rn. 22 ff). Dass dabei die im Zivilprozess für die Nichtzulassungsbeschwerde geltende Wertschwelle (§ 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO) nicht zur Anwendung kommen sollte, wurde zu keinem Zeitpunkt erwogen.

[X.]                        Herrmann                        Wöstmann

                Seiters                             Reiter

Meta

III ZR 161/13

27.02.2014

Bundesgerichtshof 3. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Frankfurt, 28. März 2013, Az: 16 EntV 5/12, Urteil

§ 198 GVG, §§ 198ff GVG, § 201 Abs 2 S 3 Halbs 2 ZPO, § 544 ZPO, § 26 Nr 8 S 1 ZPOEG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.02.2014, Az. III ZR 161/13 (REWIS RS 2014, 7496)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 7496

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

III ZR 161/13 (Bundesgerichtshof)


III ZR 413/12 (Bundesgerichtshof)

Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision gegen erstinstanzliche Urteile des OLG über Klagen auf Entschädigung …


III ZR 400/12 (Bundesgerichtshof)

Erstinstanzliche Urteile der Oberlandesgerichte über Klagen auf Entschädigung wegen unangemessener Dauer von Gerichtsverfahren: Wertgrenze für …


III ZR 413/12 (Bundesgerichtshof)


III ZR 400/12 (Bundesgerichtshof)


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.