Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.11.2017, Az. VII ZR 65/14

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 2440

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:141117U[X.]65.14.0

[X.]UN[X.]SGERI[X.]HTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
VII ZR 65/14
Verkündet am:

14. November
2017

Klein,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja
[X.]G[X.] §§ 242 [X.]a, 133 [X.] und [X.], 157
[X.]; VO[X.]/[X.] (2006) §
13 Nr.
1
1. Der Auftragnehmer schuldet gemäß §
13 Nr.
1 VO[X.]/[X.] (2006) grundsätzlich die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik zum Zeitpunkt der [X.]. Dies gilt auch bei einer Änderung der allgemein anerkannten Regeln der Technik zwischen Vertragsschluss und Abnahme.
2. a) In einem solchen Fall hat der Auftragnehmer den Auftraggeber regelmäßig über die Änderung und die damit verbundenen Konsequenzen und Risiken für die [X.]au-ausführung zu informieren, es sei denn, diese sind dem Auftraggeber bekannt oder ergeben sich ohne Weiteres aus den Umständen.
b) Der Auftraggeber hat sodann im Regelfall zwei Optionen.

-
2
-

Der Auftraggeber kann zum einen die Einhaltung der neuen allgemein anerkannten Regeln der Technik verlangen mit der Folge, dass ein aufwändigeres Verfahren zur Herstellung erforderlich werden kann, als im Zeitpunkt des Vertragsschlusses von den Parteien vorgesehen. Der Auftragnehmer kann, soweit hierfür nicht von der [X.] erfasste Leistungen erforderlich werden, im Regelfall eine Ver-gütungsanpassung nach §
1 Nr.
3 oder 4, §
2 Nr.
5 oder 6 VO[X.]/[X.] (2006)
verlangen.
Der Auftraggeber kann zum anderen von einer Einhaltung der neuen allgemein aner-kannten Regeln der Technik und damit von einer etwaigen Verteuerung des [X.] absehen.
VO[X.]/[X.] (2006) §
4 Nr.
7, §
8 Nr.
3 Abs.
2 Satz
1
3. Ein Anspruch aus §
4 Nr.
7, §
8 Nr.
3 Abs.
2 Satz 1 VO[X.]/[X.] (2006) setzt gemäß § 8 Nr.
3 Abs.
1 und Nr. 5 VO[X.]/[X.] (2006) grundsätzlich eine schriftliche Kündigungserklä-rung des Auftraggebers voraus. [X.]ei ernsthafter und endgültiger Erfüllungsverweige-rung des Auftragnehmers muss der Auftraggeber, der Vorschuss verlangt, zumindest konkludent zum Ausdruck bringen, dass er den [X.] will (Abweichung von [X.], Urteil vom 12.
Januar 2012 -
VII
ZR
76/11, [X.]Z 192, 190 Rn.
9; [X.] vom 9.
Oktober 2008 -
VII
ZR
80/07, [X.], 99 Rn.
16 = NZ[X.]au 2009, 173 und vom 5.
Juli
2001 -
VII
ZR
201/99, [X.], 1577, juris Rn.
6 = NZ[X.]au 2001, 623; Urteil vom 20.
April 2000 -
VII ZR 164/99, [X.], 1479, 1481, juris Rn.
21 = [X.], 421).

[X.], Urteil vom 14. November 2017 -
VII ZR 65/14 -
OLG Stuttgart

[X.]

-
3
-
Der VII.
Zivilsenat des [X.] hat auf
die mündliche Verhandlung vom
9.
November
2017
durch [X.] Eick, [X.]
Kartzke
und die Richterinnen [X.],
Sacher
und [X.]orris
für Recht erkannt:
Auf die Revision der [X.]eklagten wird das Urteil des 10.
Zivilsenats des [X.] vom 25.
Februar
2014
im Kos-tenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der [X.] erkannt worden ist.
Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.]erufungsgericht
zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin verlangt
von der [X.]eklagten Zahlung eines Vorschusses zur Mängelbeseitigung.
Auf der
Grundlage des Angebots der [X.]eklagten vom 14. März 2007, dem die VO[X.]/[X.] (2006) beigefügt war, erteilte die Klägerin der [X.]eklagten

in Abände-1
2
-
4
-
rung eines bereits im Juli 2006 geschlossenen Vertrags

noch im März 2007 den Auftrag zur Errichtung dreier Pultdachhallen in verzinkter Stahlkonstruktion in [X.] In
der Gebäudebe-schreibung
ist für die Hallen eine Schneelast von 80 kg/m² angegeben. Dies entsprach der [X.] 1055-5
(1975) und der im [X.] erteilten [X.]augenehmi-gung. Nach den technischen Vorgaben der geänderten [X.] 1055-5 (2005), de-ren verbindliche bauaufsichtliche Einführung für [X.]auvorhaben
erfolgte, deren Genehmigung nach
dem 1. Januar
2007 beantragt wurde,
und die vorab im Jahr 2005 im [X.] erschienen war, ist in [X.] eine Schneelast von 139
kg/m² anzusetzen.
Die [X.]eklagte errichtete die Hallen in der Zeit
bis August 2007. Nachdem das mit der Montage der vorgesehenen Photovoltaikanlage auf dem Dach [X.] Unternehmen wegen der Durchbiegung der Dachkonstruktion [X.]edenken angemeldet hatte, forderte die Klägerin die [X.]eklagte zur Verstärkung der [X.] auf. Die [X.]eklagte kam dem nicht nach, stellte unter dem 30.
Juni
2008 die Schlussrechnung und zeigte am 1. Juli 2008 Fertigstellung an. Die Klägerin verweigerte eine förmliche Abnahme.
Die Klägerin hat auf der Grundlage eines im Rahmen des von ihr einge-leiteten selbständigen [X.]eweisverfahrens eingeholten Sachverständigengutach-tens Mängelbeseitigungskosten
in Höhe von ca. 856.800

brutto
veranschlagt. Dabei ist
sie von einer Verpflichtung der [X.]eklagten ausgegangen, die [X.] unter [X.]erücksichtigung der nach der [X.] 1055-5 (2005)
vorgesehenen Schneelast von 139 kg/m² zu ertüchtigen.
Nach Abzug eines Einbehalts von der Werals Vorschuss gefordert.

3
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-
5
-
Das Landgericht hat der Klage hinsichtlich der Hauptforderung in vollem Umfang stattgegeben. Auf die [X.]erufung der [X.]eklagten hat das [X.]erufungsgericht das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert und diese unter Abweisung der

vom [X.] zugelassenen
Revision strebt die [X.]eklagte die vollständige Abweisung der [X.] an.

Entscheidungsgründe:
Die Revision führt zur Aufhebung des [X.]erufungsurteils im tenorierten Umfang und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das [X.].
I.
Das [X.]erufungsgericht hat, soweit für die Revision von [X.]edeutung, im Wesentlichen ausgeführt:
Die von der [X.]eklagten errichteten Hallen seien mangelhaft unabhängig davon, ob die Standsicherheit auf der Grundlage einer Schneelast von 80 kg/m² oder 139 kg/m² zu berechnen sei. Denn in allen drei Hallen seien bauliche Mängel vorhanden, die die Standsicherheit der Hallen selbst unter der [X.] einer zu berücksichtigenden Schneelast von 80 kg/m² gefährdeten.
Grundlage für den geltend gemachten [X.] sei §
4 Nr.
7 i.V.m. §
8 Nr.
3 Abs.
2 Satz
1 VO[X.]/[X.] (2006), da das Werk nicht abgenommen 5
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-
6
-
worden sei. Dem Auftraggeber stehe danach die Differenz zwischen den zur Fertigstellung bzw. Mangelbeseitigung erforderlichen Kosten und der nach dem Vertrag an den Auftragnehmer zu bezahlenden restlichen Vergütung zu.
Die Kosten richteten sich danach, welche Maßnahmen
zur Ertüchtigung der Hallen unter [X.]erücksichtigung einer Schneelast von 139 kg/m² erforderlich seien.
Nach §
13 Nr.
1 VO[X.]/[X.] (2006) habe der Auftragnehmer die Leistung zum Zeitpunkt der Abnahme frei von [X.] zu verschaffen. Die Leistung sei im Zeitpunkt der Abnahme frei von [X.], wenn sie die vereinbarte [X.]e-schaffenheit habe und den anerkannten Regeln der Technik entspreche. [X.] für die Frage, ob das Werk den anerkannten Regeln der Technik ent-spreche, sei nicht der Zeitpunkt des Vertragsschlusses, sondern der Zeitpunkt der Abnahme. Da bisher weder eine Abnahme erfolgt noch die vorliegenden Mängel beseitigt worden seien, komme es für die Frage, welche Anforderungen den durchzuführenden Mangelbeseitigungsmaßnahmen zugrunde zu legen [X.], auf den Zeitpunkt des Schlusses der letzten mündlichen Verhandlung an.
Spätestens ab dem [X.] und damit auch im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem [X.]erufungsgericht sei die
[X.] 1055-5 (2005)
in der seit 1.
Januar 2007 geltenden Fassung als anerkannte Regel der Technik im Hinblick auf die zu berücksichtigenden Schneelasten anzusehen gewesen.
Dem stehe nicht entgegen, dass nach der Parteivereinbarung lediglich eine Schneelast von 80
kg/m² habe maßgeblich sein sollen, was der
[X.]
1055-5
(1975)
in der bis 31.
Dezember 2006 geltenden Fassung entspre-che. Unstreitig
sei im Zusammenhang mit dem Vertragsschluss zwischen den Parteien nicht ausdrücklich darüber gesprochen worden, dass die Ausführung
von den anerkannten Regeln der Technik abweichen solle. Daher sei die [X.] Vereinbarung einer Schneelast von 80 kg/m² zwar dahingehend zu 10
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-
7
-
verstehen, dass dadurch die von der [X.]eklagten geschuldete Leistung bestimmt worden sei, aber nicht dahingehend, dass ausdrücklich eine Abweichung von den geltenden Regeln der Technik habe vereinbart werden sollen.
Die formalen Voraussetzungen des [X.]s seien erfüllt. Zwar seien
die von §
8 Nr.
3 Abs.
2 Satz
1 VO[X.]/[X.]
(2006)
grundsätzlich voraus-gesetzte Fristsetzung mit Androhung der Auftragsentziehung und die anschlie-ßende Auftragsentziehung nicht erfolgt. Dies sei nach der Rechtsprechung des [X.] jedoch entbehrlich, wenn der Auftragnehmer
die vertrags-gemäße Fertigstellung ernsthaft und endgültig verweigert habe.
In der E-Mail des Prozessbevollmächtigten der [X.]eklagten vom 12. April 2011 liege eine sol-che ernsthafte und endgültige Verweigerung
der
vertragsgemäßen
Fertigstel-lung, die bereits zu diesem Zeitpunkt die [X.]erücksichtigung einer Schneelast von 139 kg/m² beinhaltet habe.
Damit stehe der Klägerin ein Kostenvorschuss für Maßnahmen zu, nach deren Durchführung die Hallen
einer Schneelast von
139
kg/m² standhielten, obwohl zwischen den Parteien als maßgebliche Schneelast 80
kg/m² vereinbart gewesen sei. Dieser Vorteil führe jedoch nicht zu einer Kürzung des klägeri-schen Anspruchs unter dem Gesichtspunkt von
Sowieso-Kosten.
Sowieso-Kosten, mit denen der Auftragnehmer nicht belastet werden dürfe,
seien Kosten für Maßnahmen, die dieser nach dem Vertrag nicht zu erbringen gehabt habe und um die das Werk bei ordnungsgemäßer Ausführung von vornherein teurer gewesen wäre. Eine solche Konstellation liege jedoch nicht vor. Denn die bei [X.]erücksichtigung einer Schneelast von 139
kg/m² entstehenden Mehrkosten wären
nicht angefallen, wenn die [X.]eklagte ihre Leistung von vornherein [X.] erbracht hätte. [X.]ei einer im Übrigen mangelfreien [X.]auausführung
im Jahr 2007 auf der Grundlage einer Schneelast von 80 kg/m² hätte nicht deshalb eine mangelhafte Leistung der [X.]eklagten vorgelegen, weil
sich die Anforderun-13
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-
8
-
gen der [X.] 1055 geändert hätten. Die verschärften Anforderungen hätten nämlich noch nicht für [X.]auvorhaben gegolten, die aufgrund einer vor dem 1.
Januar
2007 beantragten [X.]augenehmigung errichtet
worden seien.
Erst nachdem die [X.] 1055-5 (2005)
-
spätestens ab dem [X.] -
als [X.] Regel der Technik anzusehen sei, habe sich dies geändert.
Eine Kürzung des klägerischen Anspruchs komme ferner nicht unter dem Gesichtspunkt des Vorteilsausgleichs in [X.]etracht. Die [X.]eklagte habe nicht vor-getragen, in welcher Höhe dem Vermögen der Klägerin durch die Ertüchtigung der Hallen unter [X.]erücksichtigung der erhöhten Schneelast von 139 kg/m² ein Vermögensvorteil zuwachse.
Da die Klägerin vorsteuerabzugsberechtigt sei, stehe ihr indes nur der Nettobetrag der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten in Höhe von
382.049,24

als Vorschuss zu.

II.
Das hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
Mit der vom [X.] gegebenen [X.]egründung kann der [X.] nicht in der ausgeurteilten Höhe zuerkannt werden.
1. Das [X.]erufungsgericht hat festgestellt, dass eine Abnahme des [X.] durch die Klägerin bislang nicht erfolgt ist.
Es hat weiter festgestellt, dass die Vorgaben der [X.] 1055-5
(2005) zu den bei [X.]auvorhaben anzusetzenden Schneelasten spätestens ab dem [X.] zu den
allgemein
anerkannten Regeln der Technik zählen. Danach [X.] es spätestens ab diesem Zeitpunkt den
allgemein
anerkannten Regeln 15
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9
-
der Technik,
in [X.] die Standsicherheit auf der Grundlage einer
Schneelast von 139 kg/m² zu berechnen.
Die hiergegen erhobenen Verfahrensrügen hat der [X.] geprüft und für nicht durchgreifend erachtet, § 564 Satz 1 ZPO.

2. Die auf diesen Feststellungen beruhende Auslegung des [X.]erufungs-gerichts, die [X.]eklagte schulde nach dem Vertrag ungeachtet der Vereinbarung einer Schneelast von 80 kg/m² wegen der
spätestens ab dem [X.] erfolg-ten
Änderung der
allgemein
anerkannten Regeln der Technik die Errichtung der Hallen unter [X.]erücksichtigung
einer Schneelast von 139 kg/m², ist indes von [X.] beeinflusst.
Die Auslegung von Willenserklärungen ist grundsätzlich Angelegenheit des Tatrichters. Eine revisionsrechtliche Überprüfung findet allerdings dahin statt, ob Verstöße gegen gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Ausle-gungsgrundsätze, sonstige Erfahrungssätze oder Denkgesetze vorliegen oder ob die Auslegung auf Verfahrensfehlern beruht. Zu den anerkannten [X.] zählt der Grundsatz der beiderseits interessengerechten Vertragsauslegung (vgl. [X.], Urteile
vom 31.
August
2017

VII
ZR
5/17, WM
2017, 2169
Rn.
24; vom 22. Oktober 2015 -
VII ZR 58/14, [X.], 213 Rn. 15 f., und vom 5. März 2015 -
IX [X.], [X.]Z 204, 231 Rn.
21, jeweils m.w.[X.]).
Diese Maßstäbe hat das
[X.]erufungsgericht nicht hinreichend berücksichtigt.
a) Im Ausgangspunkt zutreffend geht das [X.]erufungsgericht davon aus, dass der Auftragnehmer
im Rahmen eines Vertrags, in den die VO[X.]/[X.] (2006) einbezogen ist, gemäß §
13 Nr.
1 VO[X.]/[X.] (2006) zum
Zeitpunkt der Abnahme ein
[X.]auwerk schuldet, das
der vereinbarten [X.]eschaffenheit und den allgemein anerkannten
Regeln der Technik entspricht.
20
21
22
23
-
10
-
Danach ist die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik unabhängig davon geschuldet, ob öffentlich-rechtlich geringere Anforderungen an die [X.]auausführung gestellt werden. Der Umstand, dass ein [X.]auwerk öffent-lich-rechtlich zulässig ist und genutzt werden darf, ändert nichts daran, dass der Auftragnehmer die sich in den allgemein anerkannten Regeln der Technik wi-derspiegelnden üblichen (höheren) Qualitäts-
und Sicherheitsanforderungen einzuhalten hat.
Maßgebend sind nach §
13 Nr.
1 VO[X.]/[X.] (2006) grundsätzlich die
allge-mein
anerkannten Regeln der Technik zum Zeitpunkt der Abnahme. (vgl.
Kapellmann/[X.]/[X.],
VO[X.]
Teile A und [X.], 5. Aufl., § 13 VO[X.]/[X.] Rn.
55
f.; [X.]eck'scher VO[X.]/[X.]-Kommentar/[X.], 3. Aufl., § 13
Abs. 1
Rn. 77; [X.]/[X.], VO[X.]/[X.], 6. Aufl., § 13 Rn.
35 ff.; [X.] in [X.]/
Koeble, Kompendium des [X.]aurechts, 4.
Aufl., 6. Teil Rn. 35; [X.]/
[X.]/Drossart, Privates [X.]aurecht, 2. Aufl., §
633 [X.]G[X.] Rn.
32; vgl. zum gesetzli-chen Werkvertragsrecht auch [X.], Urteil vom 14. Mai 1998 -
VII ZR 184/97, [X.]Z 139, 16, 19 juris Rn. 11).
Dies gilt im Regelfall
auch bei einer Änderung der allgemein anerkannten Regeln der Technik zwischen Vertragsschluss und
Abnahme. In einem solchen Fall hat
der Auftragnehmer den Auftraggeber über die Änderung und die damit verbundenen Konsequenzen und Risiken für die [X.]auausführung zu informieren, es sei denn,
diese sind
dem Auftraggeber bekannt
oder ergeben
sich ohne
Wei-teres
aus den Umständen. Ein nach beiden Seiten hin interessengerechtes
Verständnis
des [X.]auvertrags führt unter [X.]erücksichtigung von [X.] und Glau-ben regelmäßig
dazu, dass für den Auftraggeber zwei
Optionen
bestehen.
Der Auftraggeber kann
zum einen
die Einhaltung der neuen allgemein
anerkannten Regeln der Technik verlangen
mit der Folge, dass
ein aufwändige-24
25
26
27
-
11
-
res Verfahren zur Herstellung
des Werks
erforderlich werden kann, als im Zeit-punkt des Vertragsschlusses von den Parteien vorgesehen, oder dass ein be-reits erstelltes [X.]auwerk für die Abnahme noch ertüchtigt werden muss.
Der [X.] kann, soweit hierfür nicht von der Vergütungsvereinbarung erfasste Leistungen erforderlich werden, im Regelfall eine Vergütungsanpassung nach §
1 Nr. 3 oder 4, § 2 Nr. 5 oder 6 VO[X.]/[X.] (2006) verlangen.
Der
Auftraggeber kann
zum anderen von einer Einhaltung der neuen
all-gemein
anerkannten Regeln der Technik und damit von einer etwaigen
Verteu-erung des [X.]auvorhabens absehen.
b) Nach der Rechtsprechung des [X.] können die [X.] allerdings bei Vertragsschluss auch eine Vereinbarung treffen, nach der die [X.]auausführung hinter
den aktuellen oder den künftigen allgemein anerkannten Regeln der Technik, soweit deren Einführung bereits absehbar ist, zurückbleibt. Dies erfordert, dass der Auftragnehmer den Auftraggeber auf die [X.]edeutung der allgemein anerkannten Regeln der Technik und die
mit der Nichteinhaltung verbundenen Konsequenzen und Risiken hinweist, es sei denn, diese sind dem Auftraggeber bekannt oder ergeben sich ohne Weiteres aus den Umständen. Ohne eine entsprechende
Kenntnis kommt eine rechtsgeschäftliche Zustim-mung des Auftraggebers zu einer hinter
den
allgemein
anerkannten Regeln der Technik zurückbleibenden Ausführung regelmäßig nicht in [X.]etracht
(vgl. [X.], Urteil vom 7. März 2013 -
VII ZR 134/12,
[X.] 2013,
952 Rn.
15 = NZ[X.]au 2013, 295; Urteil vom 4. Juni 2009 -
VII ZR 54/07, [X.]Z 181, 225 Rn. 14;
je-weils m.w.[X.]; vgl. auch [X.]
in [X.]/Koeble, Kompendium des [X.]aurechts, 4. Aufl., 6. Teil Rn. 37).
Die Parteien können eine solche Vereinbarung auch nach Vertragsschluss treffen.

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-
12
-
c) Soweit das [X.]erufungsgericht eine solche Vereinbarung allein deshalb verneint, weil anlässlich des Vertragsschlusses nicht ausdrücklich darüber ge-sprochen worden sei, dass mit der Vereinbarung einer Schneelast von 80 kg/m² eine von den
allgemein
anerkannten Regeln der Technik abweichende Ausfüh-rung vereinbart werden sollte,
lässt
die Auslegung
wesentliche, für eine beider-seits interessengerechte Auslegung bedeutsame
Umstände unberücksichtigt.
Das [X.]erufungsgericht setzt sich
bei der Auslegung nicht hinreichend mit dem
im Revisionsverfahren zugrunde zu legenden, teilweise unter [X.]eweis ge-stellten
Vortrag der [X.]eklagten auseinander. Danach beruhte die Vereinbarung einer Schneelast von 80
kg/m² auf ausdrücklichen
Vertragsverhandlungen der Parteien, wobei der fachkundigen Klägerin und deren Architekten und Statiker die Änderung der Vorgaben zur Schneelast in der [X.] 1055-5 (2005)
bekannt gewesen sei.
Es sei
der Klägerin im Hinblick auf einen engen Finanzspielraum gerade darauf angekommen, die
öffentlich-rechtlich noch zulässige und deutlich preiswertere Herstellungsart,
die eine Schneelast von nur 80
kg/m² gemäß der [X.] 1055-5 (1975) vorsah, zu verwirklichen.
Entsprechend sei auch in den [X.]aubesprechungen über die neue Schneelastnorm gesprochen worden, ohne dass eine Änderung der [X.]auausführung verlangt
worden sei. [X.]ei Zugrundele-gung dieses Vortrags kommt in [X.]etracht, dass die Klägerin eines besonderen Hinweises auf die [X.]edeutung der Schneelastnormen und die mit der Vereinba-rung einer geringeren Schneelast gemäß
der [X.] 1055-5 (1975) verbundenen Konsequenzen und Risiken nicht bedurfte, da diese
für sie
auf der Hand lagen, und sie in Kenntnis der maßgebenden Umstände
aus Preisgründen diese [X.]au-ausführung vereinbart hat.
3. Im Ausgangspunkt zutreffend hat das [X.]erufungsgericht mangels [X.] den [X.] auf § 4 Nr. 7 in Verbindung mit § 8 Nr. 3 Abs. 2 Satz
1
VO[X.]/[X.]
(2006) gestützt (vgl. [X.], Urteil vom 20.
April
1989 30
31
32
-
13
-

VII
ZR
80/88, [X.], 462, 464, juris Rn. 15).
Allerdings ist die Auffassung des [X.]erufungsgerichts, im Rahmen dieses Anspruchs sei eine Kündigungser-klärung der Klägerin entbehrlich gewesen, von [X.] beeinflusst.
Ein Anspruch aus §
4 Nr.
7, §
8 Nr.
3 Abs.
2 Satz 1 VO[X.]/[X.] (2006) setzt gemäß § 8 Nr.
3 Abs.
1 und Nr.
5 VO[X.]/[X.] (2006) grundsätzlich eine schriftliche Kündigungserklärung des Auftraggebers voraus. Allerdings hat der [X.]undesge-richtshof bei ernsthafter und endgültiger Erfüllungsverweigerung des [X.] eine Kündigungserklärung des Auftraggebers nach [X.] und Glauben gemäß § 242 [X.]G[X.] für entbehrlich gehalten. Er
hat die Entbehrlichkeit der [X.] damit begründet, dass der Auftragnehmer durch seine end-gültige Weigerung das Recht zur Vertragserfüllung verloren habe, so dass es zu unklaren Verhältnissen über die weitere [X.]auabwicklung nicht mehr kommen könne
(vgl. [X.], Urteil vom 12.
Januar 2012 -
VII ZR 76/11, [X.]Z 192, 190 Rn.
9; [X.] vom 9. Oktober 2008 -
VII ZR 80/07, [X.], 99 Rn.
16 = NZ[X.]au 2009, 173 und vom 5. Juli 2001 -
VII ZR 201/99,
[X.], 1577, juris
Rn.
6 = NZ[X.]au 2001, 623; Urteil vom 20. April 2000 -
VII ZR 164/99, [X.], 1479, 1481, juris
Rn.
21 = [X.], 421). An dieser Recht-sprechung hält der [X.] nicht uneingeschränkt fest. Allein
der Verlust des Rechts des Auftragnehmers, den Vertrag zu erfüllen, beschränkt nicht das Recht des Auftraggebers, auf Erfüllung zu bestehen
und gegebenenfalls Erfül-lungsklage zu erheben.
Es ist daher für einen Anspruch aus §
4 Nr.
7, §
8 Nr.
3 Abs.
2 Satz
1 VO[X.]/[X.] (2006) neben der ernsthaften und endgültigen Erfüllungs-verweigerung des
Auftragnehmers auch ein Verhalten des Auftraggebers
erfor-derlich, das dem mit der Regelung verfolgten Zweck, klare Verhältnisse zu schaffen, gerecht wird. Das ist der Fall, wenn der Auftraggeber, der Vorschuss verlangt, zumindest konkludent zum Ausdruck bringt, dass er den [X.] beenden will.
33
-
14
-
III.
Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das [X.]erufungsgericht zurückzuverweisen, §
563 Abs.
1 Satz
1 ZPO.
Das [X.]erufungsgericht wird die erforderlichen Feststellungen zu treffen haben.
Insoweit weist der [X.] vorsorglich auf Folgendes hin:
Kommt das [X.]erufungsgericht nach Aufklärung weiterhin zu dem [X.],
dass die Voraussetzungen eines [X.]s vorliegen und die [X.]eklagte die Errichtung der Hallen unter [X.]erücksichtigung einer Schneelast von 139 kg/m² schuldet, wird es zu überprüfen haben, inwieweit der Anspruch der Klägerin unter dem Gesichtspunkt der Sowieso-Kosten zu kürzen ist. Mit der vom [X.]erufungsgericht gegebenen [X.]egründung kann eine Kürzung nicht ver-neint werden.
1.
Haben die Parteien neben dem [X.] eine bestimmte Herstel-lungsart nach Vorgaben des Auftraggebers ausdrücklich vereinbart, so wird re-gelmäßig nur diese durch die Vergütungsvereinbarung abgegolten. Schuldet
der Auftragnehmer zur Erreichung des vereinbarten [X.]s zusätzlichen Herstellungsaufwand, der nicht von der Vergütung erfasst ist, ist das rechtsge-schäftlich festgelegte Äquivalenzverhältnis zwischen Leistung und Gegenleis-tung gestört. Im Rahmen eines Vertrags, in den die VO[X.]/[X.] (2006) einbezogen ist,
schaffen die Regelungen in § 1 Nr.
3 und 4, § 2 Nr.
5 und 6 VO[X.]/[X.] (2006) hierfür einen Ausgleich. Danach kann der Auftraggeber den zur Erreichung des [X.]s
erforderlichen zusätzlichen Herstellungsaufwand anordnen. Dem Auftragnehmer steht hierfür eine Nachtragsvergütung zu, die sich nach § 2 Nr.
5 oder
6 VO[X.]/[X.] (2006) oder bei fehlender Anordnung nach § 2 Nr. 8 VO[X.]/[X.] (2006) bestimmt.
Liegen in einem solchen Fall
die Voraussetzungen für einen
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36
37
-
15
-
Anspruch auf Vorschuss der im Rahmen einer Ersatzvornahme voraussichtlich anfallenden Mängelbeseitigungskosten
vor, sind die Kosten für den zusätzli-chen Herstellungsaufwand im Rahmen von
Sowieso-Kosten zu berücksichtigen. Es besteht kein Anlass, den Auftraggeber im Rahmen eines
Anspruchs gemäß §
4 Nr.
7, §
8 Nr.
3 Abs.
2 Satz
1 VO[X.]/[X.] (2006) oder im Rahmen von
Mängel-ansprüchen
besser zu stellen
(vgl. [X.], Urteil vom 25.
November
1999

VII
ZR 468/98, [X.], 571, 573, juris
Rn.
18 = [X.], 131 zum Anspruch
gemäß §
4 Nr.
7, §
8 Nr.
3 Abs.
2 Satz
1 VO[X.]/[X.] (2006); [X.], Urteile vom 27. Juli 2006 -
VII ZR 202/04, [X.]Z 168, 368 Rn. 25; vom 17. Mai 1984

VII ZR 169/82, [X.]Z 91, 206, 209
ff., juris
Rn. 17 ff.,
und vom 22. März
1984

VII
ZR
50/82,
[X.]Z 90, 344, 348, juris
Rn. 34 zu Mängelansprüchen).
Als Sowieso-Kosten sind danach diejenigen Mehrkosten zu berücksichtigen, um die das Werk bei ordnungsgemäßer Ausführung von vornherein teurer geworden wäre.
2.
Gleiches gilt, wenn bei der [X.]estimmung des geschuldeten [X.]s
eine vor Abnahme eingetretene Änderung der
allgemein
anerkannten Regeln der Technik zu berücksichtigen ist
und der
zur Erreichung des [X.]s er-forderliche zusätzliche Herstellungsaufwand nicht von
der vereinbarten Vergü-tung erfasst ist. Auch in diesem Fall sind die hierfür anfallenden Kosten gemäß §
1 Nr.
3 und
4, §
2 Nr.
5 und 6 VO[X.]/[X.] (2006) oder unter dem Gesichtspunkt der Sowieso-Kosten vom Auftraggeber zu tragen.
3.
Sollte das [X.]erufungsgericht weiterhin zu dem Ergebnis kommen, dass die vertragliche Vergütungsvereinbarung
nur auf eine Schneelast von 80
kg/m² bezogen ist, ist die Auffassung des [X.]erufungsgerichts, eine Kürzung des [X.] unter dem Gesichtspunkt der Sowieso-Kosten sei
abzu-lehnen, weil im Jahr
2007 die Errichtung der Hallen unter [X.]erücksichtigung [X.] von 80
kg/m² noch ohne zusätzlichen Herstellungsaufwand 38
39
-
16
-
mangelfrei
möglich gewesen wäre, nicht tragfähig. Damit wird verkannt, dass die
Klägerin mit der geforderten Mangelbeseitigung unter [X.]erücksichtigung [X.] von 139 kg/m² ein [X.]auwerk erhält, für das sie wegen des von der Vergütungsvereinbarung nicht erfassten zusätzlichen Herstellungsaufwan-des von vornherein mehr hätte zahlen müssen.

Eick
Kartzke
[X.]

Sacher

Ri'in[X.] [X.]orris ist wegen

dienstlicher Abwesenheit an

der Unterschriftsleistung

gehindert.

Eick

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 05.12.2012 -
2 O 273/11 -

OLG Stuttgart, Entscheidung vom 25.02.2014 -
10 [X.] -

Meta

VII ZR 65/14

14.11.2017

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.11.2017, Az. VII ZR 65/14 (REWIS RS 2017, 2440)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 2440

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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VII ZR 65/14

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VII ZR 76/11

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