Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.06.2017, Az. 1 StR 45/17

1. Strafsenat | REWIS RS 2017, 9718

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:[X.]:2017:090617B1STR45.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 45/17

vom
9. Juni
2017
in der Strafsache
gegen

wegen
Steuerhinterziehung u.a.

-
2
-
Der 1. Strafsenat des [X.] hat
nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers
am 9. Juni
2017
gemäß §
349 Abs.
2 und 4 StPO beschlossen:

1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 25. August 2016 im [X.] mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2.
Die weitergehende Revision wird verworfen.
3.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe:
I.
Das [X.] hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in vier tatmehrheitlichen Fällen sowie wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Die in dieser Sache in [X.] in der [X.] vom 17.
Dezember 2015 bis zum 28.
Dezember 2015 erlittene [X.] hat die Kammer im Verhältnis 1:1 auf die ausgeurteilte Freiheits-strafe angerechnet.
Die hiergegen gerichtete und auf die Verletzung formellen und materiel-len Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist sie aus den Grün-1
2
-
3
-
den der Antragsschrift des [X.] vom 30.
März 2017 unbe-gründet im Sinne des §
349 Abs. 2 StPO. Auf die eine rechtsstaatswidrige Ver-fahrensverzögerung betreffende Verfahrensrüge kommt es nicht an.
II.
Die Überprüfung des Urteils aufgrund der [X.] hat zum Schuldspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§
349 Abs. 2 StPO). Der Rechtsfolgenausspruch kann hingegen nicht [X.] bleiben, weil die Strafzumessung durchgreifende Rechtsfehler enthält.
1. Die vom [X.] festgesetzten Einzelstrafen in den Fällen III. 3. (G.

GmbH) und III. 4. (K.

GmbH) der Urteilsgründe haben kei-nen Bestand. Das [X.] hat insoweit

in Fall III.
3. der [X.] dem Regelbeispiel des § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 [X.]

jeweils das Regel-beispiel der bandenmäßigen Begehung nach § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 [X.] be-jaht und die Strafe dem Strafrahmen des § 370 Abs. 3 Satz 1 [X.] entnommen. Die Feststellungen des [X.] tragen hingegen die Annahme einer ban-denmäßigen Begehung nicht.
Eine Bande setzt im Fall des § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 [X.]
den Zusam-menschluss von mindestens drei Personen voraus, die sich zur fortgesetzten Begehung einer noch unbestimmten Vielzahl von Taten nach § 370 Abs. 1 [X.] verbunden haben. Erforderlich ist eine Bandenabrede, bei der das einzelne Mitglied den Willen hat, sich mit mindestens zwei anderen Personen zur Bege-hung solcher Straftaten in der Zukunft für eine gewisse Dauer zusammenzutun. Als Bandenmitglied ist danach anzusehen, wer in die [X.] eingebunden ist, die dort geltenden Regeln akzeptiert, zum Fortbestand der Bande beiträgt und sich an den Straftaten als Täter oder Teilnehmer beteiligt (vgl. [X.], Beschluss vom 16. März 2010

4 StR 497/09, [X.], 3
4
5
-
4
-
S.
347
f
[X.], Beschluss vom 22. März 2001

[X.], [X.]St 46, 321, 325).
Den Feststellungen des [X.], die sich jeweils in der [X.] der Mitwirkung weiterer Personen an dem den Gegenstand der [X.] bildenden Fall der Steuerhinterziehung bezogen auf die G.

GmbH (Fall III.
3. der
Urteilsgründe) bzw. die K.

GmbH (Fall III.
4. der Ur-teilsgründe) erschöpfen, lässt sich nicht hinreichend entnehmen, dass der An-geklagte, der gesondert Verurteilte Dr. F.

und die weiteren genannten [X.] sich jeweils mit dem
Willen verbunden haben, zukünftig und für eine ge-wisse Dauer mehrere selbständige, im Einzelnen noch ungewisse Steuerhinter-ziehungen zu begehen. In beiden Fällen fehlt es überdies an ausreichend kon-kreten Feststellungen zu der Art der zukünftigen Tatbeteiligung der weiteren Personen.
2. Unabhängig von dem zuvor Ausgeführten, haben alle festgesetzten Einzelstrafen auch bereits deshalb
keinen Bestand, weil
die Ausführungen des [X.] besorgen
lassen, dass es bei der für die Bemessung der Strafen erforderlichen Gesamtwürdigung aller für die Wertung der Taten und des [X.] in Betracht kommender Umstände einen wesentlichen mildernden Ge-sichtspunkt nicht berücksichtigt hat.
Die [X.] hatte

freilich rechtsfehlerhaft erst bei Bemessung der Gesamtstrafe

zwar im Blick, dass zwischen den abgeurteilten Taten und dem u-e-hung der Tat und ihrer Aburteilung einen wesentlichen Strafmilderungsgrund darstellt (vgl. [X.], Urteile vom 20. Dezember 1995

2 StR 468/95, [X.]R 6
7
8
-
5
-
StGB § 46 Abs. 2 [X.]ablauf 1 mwN
und
vom 29.
September 2015

2 StR 128/15, [X.], 7). Daneben hätte das Tatgericht bei der Bemessung aller Einzelstrafen hier zu bedenken gehabt, dass auch einer überdurchschnitt-lich langen Verfahrensdauer eine eigenständige strafmildernde Bedeutung zu-kommt, wenn sie für den Angeklagten mit besonderen Belastungen verbunden ist ([X.], Beschlüsse vom 16. Juni 2009

3 [X.], [X.]R StGB § 46 Abs. 2 Verfahrensverzögerung 20; vom 29.
September 2015

2 StR 128/15, [X.], 7 und
vom 17. Januar 2008

[X.], [X.]St 52, 124, 142).
Die Nichterwähnung in den Urteilsgründen legt nahe, dass das Tatge-richt
diesen bestimmenden [X.] im Sinne des § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO in seiner Bedeutung verkannt hat (vgl. [X.], Beschluss vom 16. März 2011

5 StR 585/10, NStZ-RR 2011, 171). Dies gilt besonders vor dem [X.], dass die Kammer die Verfahrensdauer vorliegend gar nicht

auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer möglichen rechtsstaatswidrigen Verfahrensver-zögerung (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK)

in den Blick genommen hat.
Damit sind auch der [X.], die im vorliegenden Fall damit zusammenhängende Entscheidung über das Vorliegen einer rechts-staatswidrigen Verfahrensverzögerung und die

für sich genommen nicht zu 9
10
-
6
-
beanstandende

Anrechnungsentscheidung sowie die dem [X.] zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben. Dem neuen Tatgericht wird so die Möglichkeit gegeben, über den Rechtsfolgenausspruch insgesamt neu zu befinden.
Raum Graf Jäger

Bellay Hohoff

Meta

1 StR 45/17

09.06.2017

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.06.2017, Az. 1 StR 45/17 (REWIS RS 2017, 9718)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 9718

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

1 StR 45/17 (Bundesgerichtshof)

Strafzumessung: Bedeutung einer langen Verfahrensdauer als Strafmilderungsgrund


1 StR 116/11 (Bundesgerichtshof)

Steuerhinterziehung: Anforderungen an die Urteilsgründe im Hinblick auf das Vorliegen eines besonders schweren Falls bei …


1 StR 606/16 (Bundesgerichtshof)

Strafzumessung bei Steuerhinterziehung: Berücksichtigung des Merkmals der "verschuldeten Auswirkungen der Tat"


1 StR 116/11 (Bundesgerichtshof)


1 StR 431/15 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

1 StR 45/17

4 StR 497/09

2 StR 128/15

5 StR 585/10

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.