Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.11.2012, Az. IX ZR 184/09

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 1368

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
IX [X.]/09
Verkündet am:

15. November 2012

Preuß

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
StBerG § 68 aF; BGB § 199 Abs. 1 Nr. 1
Die Verjährung des Schadensersatzanspruchs gegen einen Steuerberater, welcher verschuldet hat, dass Verluste seiner Mandanten
niedriger als möglich festgestellt worden sind, beginnt regelmäßig mit der Bekanntgabe der entsprechenden Grundla-genbescheide (im [X.] an [X.], [X.], 138).

[X.], Urteil vom 15. November 2012 -
IX [X.]/09 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom
20. September 2012
durch [X.] [X.],
[X.], Prof. Dr.
Gehrlein, [X.] und die Richterin Möhring

für Recht erkannt:

Auf die Revision des [X.]n wird das Urteil des 15.
Zivilsenats des [X.] vom 23.
September 2009 auf-gehoben, soweit zu dessen Nachteil erkannt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Berufung der Kläger gegen das Urteil der 4.
Zivilkammer des [X.] vom 10.
November 2008 zurückgewiesen.

Die Kläger haben auch die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der beklagte Steuerberater entwarf für die klagenden Eheleute die Ein-kommensteuererklärungen der Veranlagungszeiträume 1995 bis 2001. Aus der Vermietung dreier Gewerbeimmobilien, die im Wege vorweggenommener [X.] erworben worden waren, erwirtschafteten die Kläger in dieser Zeit [X.]. Für die Supermärkte S.

und K.

entstanden durch Aufhebung der vorbehaltenen [X.] gegen Übernahme von [X.]
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bindlichkeiten am 1.
Januar 1995 nachträgliche Anschaffungskosten, die mit dem Gebäudeanteil abschreibungsfähig waren. Das übersah der [X.] aus nicht näher dargelegten Gründen. Derselbe Vorgang wiederholte sich zum 1.
Januar 1997 bei dem Grundstück Se.

in M.

. [X.] der Kläger wurden durch entsprechende Bescheide danach niedriger fest-gestellt als möglich. Alle drei genannten Objekte, die sich im Privatvermögen der Kläger befanden, veräußerten sie im Dezember 2005. [X.] hatten die Kläger erhebliche Gewinne zu versteuern. Für diese Steuerbelastung ma-chen die Kläger teilweise den [X.]n verantwortlich, weil ihnen die Verrech-nung mit Verlusten nach den getroffenen Feststellungen nicht mehr in dem sonst höchstmöglichen Umfang offenstand.

Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat den [X.]n unter Abweisung der weitergehenden Klage verurteilt, an die Kläger als Gesamtgläubiger Schadensersatz in Höhe von 128.494,27

Zinsen und Ersatz vorgerichtlicher Kosten zu leisten.

Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt der [X.] seinen Klagabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist begründet,
die Berufung der Kläger nicht.

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4
-
I.

Das Berufungsgericht hat angenommen, es habe sich um eine mit jeder Erklärungsabfassung neu begangene Pflichtverletzung des [X.]n gehan-delt, so dass keine verjährungsrechtliche Schadenseinheit bestehe. Unter Be-rücksichtigung der Sekundärverjährung sei nur der Feststellungsschaden der Jahre 1995 bis 1997 verjährt. Der Verlustvortrag der Jahre 1998 bis 2000 habe um 294.142,14

s-sen sei den Klägern im Jahre 2006 eine vermeidbare Steuerbelastung von 128.494,27

II.

Das hält rechtlicher Prüfung nicht stand.

1. Die verjährungsrechtliche Schadenseinheit hat das Berufungsgericht im Ergebnis mit Recht verneint, ohne die Abgrenzung des [X.] vom 14.
Juli 2005 ([X.], [X.], 2106, 2107 unter [X.]) ganz zu erfassen. [X.] einem Steuerberater infolge der Jährlichkeit von Steuererklärungen mehrmals der gleiche Fehler, so handelt es sich um eine Fehlerwiederholung, die jeweils eine eigene haftungsausfüllende Kausalität in Gang setzt und einen eigenen Schaden in Gestalt ungünstiger
Steuerbescheide bewirkt. Die Scha-denseinheit ist demnach in solchen Fällen zu verneinen, anders als wenn ein abgeschlossener Beratungs-
oder Gestaltungsfehler in mehrere nachfolgende Veranlagungszeiträume fortwirkt (vgl. dazu [X.], Urteil
vom
18.
Dezember 1997 -
IX
ZR 180/96, [X.], 779, 780 unter II.
1.). Mit der vom Berufungs-5
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gericht in den Vordergrund gestellten Frage, ob der Irrtum des Steuerberaters auf tatsächlichem oder rechtlichem Gebiet liegt, hat das nichts zu tun.

2. Zutreffend rügt die Revision, das Berufungsgericht habe mit seinen Grundsätzen zur Sekundärverjährung das genannte [X.]surteil vom 14.
Juli 2005
unberücksichtigt gelassen. In sachlicher Abweichung von seinem Urteil vom 4.
April 1991 (IX
ZR 215/90, [X.]Z 114, 150, 159 [X.]), auf welches sich das Berufungsgericht stützt, hat der [X.] in seinem Urteil vom 14.
Juli 2005 (aaO S.
2007
f unter II.
2.) in der bloßen Wiederholung eines früheren Fehlers keinen Anlass zur Überprüfung der bisherigen Tätigkeit gesehen, wenn sich keine neuen Umstände sachlicher oder rechtlicher Art ergeben hatten, durch die der Steuerberater veranlasst war, seine Beurteilung einer Überprüfung zu unterziehen. Damit fehlt die Grundlage des verjährungsrechtlichen [X.].

Dieser Rechtsprechungswandel ist in der weiteren Spruchpraxis des Se-nats durch das Urteil vom 16.
Oktober 2008 (IX
ZR 135/07, [X.], 2307 Rn.
21)
und den Beschluss vom 17.
Juli 2008 (IX
ZR 174/05, [X.], 251 Rn.
2)
bestätigt worden, an letztgenannter Stelle mit dem ausdrücklichen Zu-satz, hierdurch sei die ältere Sichtweise des Urteils vom 4.
April 1991 ([X.]Z aaO) modifiziert worden. Darauf hat sich der [X.] in der Berufungsinstanz zu Recht, aber erfolglos berufen. Der [X.] sieht keinen Anlass, von seiner neueren Rechtsprechung zu den Voraussetzungen der verjährungsrechtlichen Sekundärhaftung nach dem hier noch anwendbaren §
68 StBerG aF abzuge-hen.
Das Berufungsurteil kann danach mit der gegebenen Begründung nicht aufrecht erhalten bleiben.
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-
[X.]

Die Entscheidung des Berufungsgerichts erweist sich auch nicht aus an-deren Gründen als richtig (§
561 ZPO). Ohne Erfolg zieht die Revisionserwide-rung in Zweifel, dass die Bekanntgabe der ergangenen Feststellungsbescheide vom 26.
November 2001 und früher im Streitfall schon die Verjährung in Lauf setzte. Die Grundlage für einen Steueranspruch war damit zwar anders als in dem vom [X.] entschiedenen Fall eines Grundlagenbescheides, welcher Ge-winne nach §
182 Abs.
1 [X.] mit bindender Wirkung für Folgebescheide fest-stellte, noch nicht selbständig gelegt
(vgl. dazu [X.], Urteil vom 10.
Januar 2008 -
IX
ZR 53/06, [X.], 613 Rn.
7 mwN). Die Wirkung der ergangenen Verlustfeststellungsbescheide der Jahre 1998 bis 2000 war jedoch wirtschaftlich die einer Steuergutschrift. Bereits ihr Verlust stellte einen Schaden dar. Darauf, ob dieser Schaden sich erst später beziffern ließ, kommt es nicht an. Den [X.] ist es gelungen, durch Einsatz ihrer bestandskräftig festgestellten Verlust-abzüge gemäß §
10d Abs.
3 EStG aF
höhere Steuerfestsetzungen in das [X.] zu verschieben. Dieser Zeitpunkt ist jedoch für den Verjährungsbeginn nicht maßgebend.

1. Die Beurteilung der Finanzverwaltung war mit den ergangenen Fest-stellungsbescheiden abgeschlossen. Das zuvor lediglich bestehende [X.] hatte sich nach der Feststellungs-
und Beurteilungstätigkeit der [X.] zu einem Schaden verdichtet. Der teilweise Verzehr festgestell-ter Verlustvorträge bis Ende 2001 ließ eine spätere steuerliche Mehrbelastung mit hoher Wahrscheinlichkeit erwarten. Der Erhebung einer Klage, welche die Ersatzpflicht des [X.]n für die erst später bezifferbare steuerliche [X.] dem Grunde nach feststellen sollte, stand dies nicht im Wege. Für ihre Begründetheit genügte die Wahrscheinlichkeit, dass ein bezifferbarer Schaden 10
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eintrete (vgl. [X.], Urteil vom 20.
März 2008 -
IX
ZR 104/05, [X.], 1042 Rn
10). Ein solches Vorgehen war den Klägern nach Erlass der Feststellungs-bescheide daher möglich und zumutbar.

2. Zum Verjährungsbeginn eines Schadensersatzanspruchs infolge ver-ringerter Verlustzuweisungen hat der [X.] bereits entschieden, dass es auch hier regelmäßig auf die Bekanntgabe der entsprechenden Feststellungsbe-scheide ankommt, selbst wenn es dem Mandanten gelungen ist, die höhere Steuerbelastung durch das Vorziehen anderer Werbungskosten zunächst hin-auszuschieben (vgl. [X.], Urteil vom 12.
November 2009 -
IX
ZR 218/08, [X.], 138 Rn.
10). Dieser Fall liegt hinsichtlich des [X.] mit dem Streitfall gleich. Das von der Revisionserwiderung herangezogene [X.]s-urteil vom 16.
Oktober 2003 (IX
ZR 167/02, [X.], 472, 473
f unter [X.] 2. a) betrifft dagegen eine andere Fallgestaltung, weil bei dem eingetretenen steuer-lichen Objektverbrauch noch völlig offen war, ob die damaligen Kläger in [X.] ein weiteres Gebäude erwerben würden, für welches sie erhöhte [X.] nach §
7b
EStG oder §
10e Abs.
1 EStG nicht mehr in Anspruch nehmen konnten. Danach war hier die Klageforderung bei Eintritt der [X.] bereits insgesamt verjährt. Das Berufungsurteil kann aus diesem

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Grunde nicht bestehen bleiben. Das landgerichtliche Urteil ist nach dem festge-stellten Sachverhältnis wiederherzustellen (§
563 Abs.
3 ZPO).

Kayser
Raebel
Gehrlein

[X.]
Möhring

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 10.11.2008 -
43 O 536/08 -

OLG [X.], Entscheidung vom 23.09.2009 -
15 U 5611/08 -

Meta

IX ZR 184/09

15.11.2012

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.11.2012, Az. IX ZR 184/09 (REWIS RS 2012, 1368)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 1368

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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IX ZR 184/09

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