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Steuerberaterhaftung: Entstehenszeitpunkt für einen Sekundäranspruch bei mehrfach wiederholtem Fehler in Steuererklärungen
Der verjährungsrechtliche Sekundäranspruch eines Mandanten entsteht trotz besonderer Augenfälligkeit eines mehrfach wiederholten Fehlers bei der Abfassung von Steuererklärungen grundsätzlich nicht ohne einen neuen Anhaltspunkt, der den Berater veranlassen muss, seine fehlerhaften Annahmen zu überprüfen.
Auf die Rechtsmittel des Beklagten werden das Urteil des 24. Zivilsenats des [X.], Zivilsenate in [X.], vom 23. April 2009 und das Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts [X.] vom 30. Mai 2008 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als in Höhe von mehr als 35.258,47 € nebst Zinsen zum Nachteil des Beklagten erkannt worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben zu tragen der Kläger 56 vom Hundert der Kosten erster und zweiter Instanz sowie die Kosten des Revisionsverfahrens, der Beklagte 44 vom Hundert der Kosten erster und zweiter Instanz sowie die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde, soweit sie nicht auf die Kosten des Revisionsverfahrens angerechnet werden.
Von Rechts wegen
Der beklagte Steuerberater hat für sich, den Kläger und einen dritten Beteiligten in der Grundstücksgesellschaft bürgerlichen Rechts [X.]die Steuererklärungen zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Grundlagen für die Einkommensbesteuerung abgegeben. Wegen der für die Veranlagungszeiträume 1999 bis 2003 unterbliebenen Abschreibungen der Gebäudemodernisierungskosten aus der [X.] von 1996 bis 1998 hat das Berufungsgericht dem Kläger Ersatz seines Steuerschadens und eines Teils der hierfür aufgewendeten Rechtsverfolgungskosten zugesprochen. Den für das [X.] geltend gemachten Schadensbetrag hat es wegen Verjährung abgewiesen. Der [X.] hat die Revision gegen dieses Urteil zugelassen, soweit sich die Verurteilung zum Schadensersatz auf die Veranlagungszeiträume 1999 und 2000 bezieht. Der Beklagte verfolgt in diesen Punkten seinen Klagabweisungsantrag weiter.
Die Revision ist begründet. Das Berufungsgericht hat zwar den Grund einer Schadensersatzpflicht des Klägers gegen den [X.]n rechtsfehlerfrei bejaht. Die hierauf gestützten Ansprüche begegnen jedoch wegen der Steuerschäden in den [X.] 1999 und 2000 ebenso wie schon derjenige des Vorjahres einem dauernden Leistungsverweigerungsrecht des [X.]n nach § 214 Abs. 1 BGB wegen Verjährung.
I.
Das Berufungsgericht hat angenommen, Gegenstand der Klage sei eine Mehrzahl von Schäden, welche durch die Abgabe mangelhafter Steuererklärungen zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Grundlagen für die Einkommensbesteuerung innerhalb der Grundstücksgesellschaft [X.]eingetreten seien. Der Grundsatz der Schadenseinheit sei deshalb hier nicht anzuwenden. Das trifft zu, wie der Senat in seinem Beschluss vom 21. Juni 2012 in dieser Sache dargelegt hat. Weiterhin hat das Berufungsgericht jedoch für die Folgen der Feststellungsbescheide 1999 und 2000 dem Kläger die Grundsätze der Sekundärhaftung zugutegehalten, die den Rechtsberater hindert, sich auf das ihm zuzurechnende Verstreichen der gesetzlichen Verjährungsfrist gegenüber dem Mandanten zu berufen. Der [X.] sei bei Abgabe der Steuererklärungen für die Grundstücksgesellschaft keinem Rechtsirrtum in einer steuerlichen Vorfrage unterlegen, sondern habe die Geltendmachung von Sonderabschreibungen nach dem Fördergebietsgesetz seit 1998 vollkommen übersehen und infolgedessen eine Null in das dafür vorgesehene Feld des Erklärungsvordrucks eingetragen. Dieser Fehler sei so offensichtlich, dass er dem [X.]n bei Abgabe der Steuererklärungen für die Folgejahre ohne weiteres habe auffallen müssen. Dies genüge als Anlass, um die Pflicht zu begründen, den Mandanten auf den unterlaufenen Fehler, die Haftung und ihre Verjährung hinzuweisen. Dem sei der [X.] nicht nachgekommen. Dagegen wendet sich die Revision mit dem Argument, Offensichtlichkeit des unterlaufenen Fehlers allein könne den verjährungsrechtlichen [X.] nicht auslösen.
II.
Die Sachrüge der Revision greift durch. Die Klage ist nach dem festgestellten Sachverhältnis infolgedessen unter Aufhebung der [X.] nach § 563 Abs. 3 ZPO abzuweisen, soweit über sie nicht bereits rechtskräftig erkannt ist.
1. [X.] sind mit Recht davon ausgegangen, dass sich die Verjährung der Steuerberaterhaftung in Fällen, in denen der Schadensersatzanspruch vor dem 15. Dezember 2004 entstanden ist, gemäß Art. 229 § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 13, Satz 2 und § 6 Abs. 1 Satz 2, Abs. [X.] weiter nach § 68 StBerG in der bis zu diesem Tage geltenden Fassung richtet, wobei der verjährungsrechtliche [X.] eingeschlossen ist (vgl. [X.], Urteil vom 13. November 2008 - [X.], [X.], 283 Rn. 7 f). Das trifft für die Ansprüche des Klägers zu.
2. Die neuere Rechtsprechung des [X.] zur Entstehung des verjährungsrechtlichen [X.]s gegenüber einem Steuerberater betont, dass neben den unterlassenen Hinweis auf begangene Pflichtverletzungen und den Schaden in Gestalt der eingetretenen [X.] der Anlass treten muss, welcher der steuerliche Berater unbeachtet gelassen hat (vgl. Urteil vom 14. Juli 2005 - [X.], [X.], 2106, 2107 f unter [X.] 2.; Beschluss vom 17. Juli 2008 - [X.], [X.], 251 Rn. 2; Urteil vom 16. Oktober 2008 - [X.], [X.], 2307 Rn. 21; vom heutigen Tage - [X.], [X.]). Wiederholt der Steuerberater aufgrund fortwirkenden Irrtums über einen steuerrechtlich erheblichen Umstand bei der Anfertigung von Steuererklärungen nur seinen ersten Fehler und hat er dabei keinen neuen Anhaltspunkt, der auf den begangenen Fehler und das besondere Haftungsrisiko der zurückliegenden Tätigkeit hindeutet, so fehlt der Anlass, der den verjährungsrechtlichen [X.] wegen unterlassener Aufklärung des Mandanten über die mögliche Haftung und ihre Verjährung begründen kann (insoweit überholt Zugehör/[X.], Handbuch der Anwaltshaftung, 3. Aufl., Rn. 1396 bei [X.]. 369).
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts bedarf es eines neuen [X.], der auf den begangenen Fehler hindeutet, grundsätzlich auch dann, wenn dieser Fehler besonders auffällig ist. Drängt sich die Erkenntnis des Fehlers geradezu auf, welcher den Erstschaden verursacht hat, kann der neue Anhaltspunkt lediglich im Einzelfall schwächer sein als bei weniger leicht erkennbaren Fehlern. Ganz fehlen - wie im vorliegenden Fall - darf ein neuer Anhaltspunkt, nach dem der Steuerberater seinen früheren Fehler hätte erkennen müssen, nicht, weil der verjährungsrechtliche [X.] eine neue, eigenständige Pflichtwidrigkeit des Rechtsberaters voraussetzt ([X.], Urteil vom 13. November 2008, aaO Rn. 11 f; vom 12. Juli 2012 - [X.], [X.], 2106 Rn. 12 - zur Anwaltshaftung).
Zu einer neuen, eigenständigen Pflichtwidrigkeit des Beraters kommt es nicht, wenn ein Fehler nur aufgrund der bisherigen Annahmen zur Sach- und Rechtslage in die nächstfolgende Steuererklärung übernommen wird. Dies begründet eine weitere Primärhaftung des Beraters, aber keine Sekundärhaftung für den ersten Fehler. Für diese Würdigung ist es hier nicht von Belang, ob der [X.] die Möglichkeit zu weiteren Abschreibungen gemäß § 4 Abs. 3 des Fördergebietsgesetzes rechtlich komplett übersehen hat, wie das Berufungsgericht meint, oder ob er in Kenntnis des Gesetzes aufgrund einer falschen Berechnung das Abschreibungsvolumen durch die Ansätze in den Jahren 1996 bis 1998 für erschöpft hielt, wie es der [X.] in der Revisionsinstanz vorgetragen hat. Ebenso kommt es nicht darauf an, dass der [X.] hier nicht nur als Steuerberater gehandelt hat, sondern auch als geschäftsführender Gesellschafter mit den Steuerangelegenheiten der Grundstücksgesellschaft befasst war.
Hat ein Berater selbst seinen Fehler vor Mandatsbeendigung erkannt, ist ein äußerer Hinweis auf den vorgefallenen Irrtum über Rechts- oder Tatfragen als Anlass einer neuen Prüfung unnötig. Die eigene Erkenntnis des begangenen Fehlers gibt dann Anlass genug, dass der beklagte Berater den Mandanten über die möglichen Haftungsfolgen seiner (ersten) Pflichtwidrigkeit und ihre Verjährung aufklärt. Eine solche Erkenntnis seiner Fehler in den Steuererklärungen hat der [X.] jedoch bestritten.
3. Die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen des verjährungsrechtlichen [X.]s liegt bei dem geschädigten Mandanten, der damit die ansonsten begründete Verjährungseinrede des beklagten Steuerberaters entkräften will ([X.], Urteil vom 1. Februar 2007 - [X.], [X.], 801 Rn. 14; vom 12. Juli 2012, aaO Rn. 18). Zu dieser Last des Mandanten gehört nach dem Schutzzweck des [X.]s auch der Vortrag und Nachweis, dass der Anlass, den Mandanten über die Möglichkeit der eigenen Haftung und ihre Verjährung aufzuklären, sich so rechtzeitig ergeben hat, dass bei Erfüllung dieser Pflicht des Beraters der Mandant die [X.] noch hemmen konnte (vgl. [X.], Urteil vom 12. Juli 2012, aaO, Rn. 12). Zu diesen, den verjährungsrechtlichen [X.] begründenden Umständen ist jedoch dem Sachvortrag und den [X.] nichts weiteres zu entnehmen.
Der Schadensersatzanspruch des Klägers gegen den [X.]n für die Veranlagungszeiträume 1999 und 2000 ist damit nach dem Zeitpunkt der Bekanntgabe der entsprechenden Feststellungsbescheide gemäß § 68 StBerG verjährt gewesen, bevor der [X.] auf die Erhebung der Einrede am 13. September 2005 für alle nicht schon verjährten Ansprüche verzichtet hat.
[X.] Vill
Lohmann Pape
Meta
15.11.2012
Bundesgerichtshof 9. Zivilsenat
Urteil
Sachgebiet: ZR
vorgehend OLG München, 23. April 2009, Az: 24 U 421/08
§ 68 StBerG vom 04.11.1975, Art 229 § 6 Abs 1 S 2 BGBEG, Art 229 § 6 Abs 3 BGBEG, Art 229 § 12 Abs 1 S 1 Nr 13 BGBEG, Art 229 § 12 Abs 1 S 2 BGBEG, § 214 Abs 1 BGB
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 15.11.2012, Az. IX ZR 109/09 (REWIS RS 2012, 1335)
Papierfundstellen: REWIS RS 2012, 1335
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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