Bundessozialgericht, Urteil vom 25.04.2018, Az. B 14 AS 21/17 R

14. Senat | REWIS RS 2018, 10111

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Arbeitslosengeld II - Unterkunft und Heizung - Erfordernis der Zusicherung zum Umzug eines unter 25-Jährigen durch den kommunalen Träger - Abschluss eines Vertrages über die Unterkunft vor dem Umzug


Leitsatz

Die Zusicherung des kommunalen Trägers, nach einem Umzug eines volljährigen Leistungsberechtigten unter 25 Jahren Bedarfe für Unterkunft und Heizung anzuerkennen, ist nur bei einem Umzug in eine Unterkunft erforderlich, über die durch den Leistungsberechtigten vor dem Umzug ein Vertrag abgeschlossen wird.

Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 22. September 2016 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit ist die [X.]öhe des [X.] des [X.]lägers von [X.]ugust 2013 bis Januar 2014 nach einem Umzug.

2

Der 1990 geborene, unverheiratete [X.]läger lebte bis [X.] 2013 im [X.]aushalt seiner Mutter in [X.] ([X.]) und bezog bis [X.] als [X.]ngehöriger einer Bedarfsgemeinschaft mit seiner Mutter und [X.]eschwistern [X.] vom Jobcenter [X.] Dieses wies ihn zur Verbesserung seiner Eingliederungschancen einer Maßnahme in der Nähe von [X.]a zu, in deren Rahmen er dort internatsmäßig untergebracht werden sollte. [X.]m [X.] zog der [X.]läger zu seiner Freundin [X.], die er 2008 kennengelernt hatte und die seit ihrem [X.]uszug aus dem elterlichen [X.]aushalt bei den Eheleuten [X.] in deren Wohnung im [X.]aus S in [X.] wohnte. Eine vorherige Zusicherung des Leistungsträgers nach § 22 [X.]bs 5 Satz 1 S[X.]B II holte der [X.]läger nicht ein. Frau [X.] bezog ebenso wie die Eheleute [X.] [X.] vom beklagten Jobcenter. Nach dem Einzug des [X.]lägers reduzierte der Beklagte die Leistungen für Unterkunft und [X.]eizung für die Eheleute [X.] auf die [X.]älfte der monatlichen [X.]ufwendungen (zwei von vier [X.]opfteilen); einen [X.]opfteil von Frau [X.] berücksichtigte der Beklagte bei der Leistungsbewilligung für sie nicht.

3

[X.]uf [X.]ntrag des [X.]lägers vom [X.] bewilligte der Beklagte ihm [X.] für die Zeit vom [X.] bis 31.1.2014 in [X.]öhe von monatlich 306 Euro (Bescheid vom [X.]). Dabei berücksichtigte er neben dem Regelbedarf nur in dieser [X.]öhe keine Bedarfe für Unterkunft und [X.]eizung. Den Widerspruch des [X.]lägers, mit dem er einen höheren Regelbedarf und die anteiligen Bedarfe für Unterkunft und [X.]eizung geltend machte, wies der Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom [X.]): Der [X.]läger sei als [X.] ohne Zusicherung des kommunalen Trägers umgezogen, weshalb nach § 22 [X.]bs 5 S[X.]B II Bedarfe für Unterkunft und [X.]eizung nicht anerkannt werden könnten und nach § 20 [X.]bs 3 S[X.]B II der monatliche Regelbedarf 306 Euro betrage. Durch Änderungsbescheid vom 23.11.2013 bewilligte der Beklagte dem [X.]läger für Januar 2014 einen Regelbedarf in [X.]öhe von 313 Euro unter [X.]inweis auf die zum 1.1.2014 neu festgesetzten Regelbedarfe.

4

Die auf höhere Leistungen gerichtete [X.]lage wies das S[X.] ab (Urteil vom 12.12.2014). Die Berufung des [X.]lägers wies das LS[X.] zurück (Urteil vom 22.9.2016): Der im streitigen Zeitraum noch nicht 25 Jahre alte [X.]läger habe keinen [X.]nspruch auf die begehrten höheren Leistungen, weil er ohne die wegen seines ersten Umzugs aus dem elterlichen [X.]aushalt erforderliche vorherige Zusicherung nach § 22 [X.]bs 5 Satz 1 S[X.]B II umgezogen sei und von einer Zusicherung vorliegend auch nicht nach § 22 [X.]bs 5 Satz 3 S[X.]B II abgesehen werden könne. Das Erfordernis einer Zusicherung und die leistungsrechtlichen Folgen eines Umzugs ohne Zusicherung seien nicht verfassungswidrig.

5

Mit seiner vom BS[X.] zugelassenen Revision rügt der [X.]läger eine Verletzung der [X.]nsprüche auf den höheren Regelbedarf nach § 20 [X.]bs 2 Satz 1 S[X.]B II und auf [X.]nerkennung der Bedarfe für Unterkunft und [X.]eizung nach § 22 [X.]bs 1 Satz 1 S[X.]B II sowie eine Verletzung des [X.]rundrechts auf [X.]ewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums. Bei der verfassungsrechtlich gebotenen restriktiven [X.]nwendung des § 22 [X.]bs 5 S[X.]B II sei eine Zusicherung nicht erforderlich, wenn vor dem Umzug kein Vertrag über die Unterkunft abgeschlossen worden sei, sondern die Bedarfe für Unterkunft und [X.]eizung ausschließlich entstünden, weil der Betroffene in einen anderen [X.]aushalt einziehe und das Jobcenter die [X.] nach dem [X.]opfteilprinzip zwischen den [X.]aushaltsangehörigen verteile. So liege es hier, weil der [X.]läger keine eigene Wohnung bezogen und keinen eigenen Mietvertrag unterschrieben habe, sondern sich einem bestehenden [X.]aushalt angeschlossen habe. Seine Bedarfe für Unterkunft und [X.]eizung ergäben sich aus der Verteilung der [X.] nach dem [X.]opfteilprinzip auf die [X.]aushaltsangehörigen.

6

Der [X.]läger beantragt,
die Urteile des [X.] vom 22. September 2016 und des Sozialgerichts [X.]elsenkirchen vom 12. Dezember 2014 aufzuheben sowie den Beklagten unter Änderung des Bescheids vom 12. [X.]ugust 2013 in [X.]estalt des Widerspruchsbescheids vom 4. September 2013 und des Änderungsbescheids vom 23. November 2013 zu verurteilen, ihm für die Zeit von [X.]ugust 2013 bis Januar 2014 höheres [X.]rbeitslosengeld II zu zahlen.

7

Der Beklagte verweist auf das angefochtene Urteil und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision des [X.] ist iS der Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das [X.] begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Auf der Grundlage der Feststellungen des [X.] kann der [X.] nicht abschließend entscheiden, ob dem Begehren des [X.] nach höheren Leistungen die leistungsrechtlichen Folgen der unterlassenen Einholung einer Zusicherung nach § 22 Abs 5 [X.] entgegenstehen.

9

1. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens sind die Urteile des [X.] und des SG und der Bescheid des Beklagten vom [X.] in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom [X.] sowie der Änderungsbescheid vom 23.11.2013, der für Januar 2014 eine ersetzende Neuregelung enthält und nach § 96 SGG Gegenstand des [X.]lageverfahrens geworden ist. Mit seiner zulässig auf den Erlass eines Grundurteils im Höhenstreit (§ 130 Abs 1 SGG; BSG vom 16.4.2013 - [X.] [X.]/12 R - [X.] 4-4225 § 1 [X.] Rd[X.]0) gerichteten kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1, Abs 4 SGG) begehrt der [X.]läger als höhere Leistungen den Regelbedarf für eine alleinstehende Person nach § 20 Abs 2 Satz 1 [X.] statt des ihm nur bewilligten geringeren Regelbedarfs nach § 20 Abs 3 iVm Abs 2 Satz 2 [X.] [X.] und die Bedarfe für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 Satz 1 [X.] in Höhe seines [X.]opfteils an den Aufwendungen für die (auch) von ihm bewohnte Wohnung. Streitig ist der [X.]raum von August 2013 bis Januar 2014.

2. Rechtsgrundlage des geltend gemachten höheren Leistungsanspruchs des [X.] sind § 19 Abs 1 Satz 1 und 3 iVm § 20 Abs 2 Satz 1 und § 22 Abs 1 Satz 1 [X.] (in der ab 1.4.2011 geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 13.5.2011, [X.]; [X.], vgl BSG vom 19.10.2016 - [X.] [X.]/15 R - [X.] 4-4200 § 11 [X.] Rd[X.]4 f).

3. Der [X.]läger erfüllte nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des [X.] die Grundvoraussetzungen des § 7 Abs 1 Satz 1 [X.] (erwerbsfähiger Leistungsberechtigter), aber keinen Ausschlusstatbestand.

Er bildete im streitigen [X.]raum von August 2013 bis Januar 2014 keine Bedarfsgemeinschaft mit anderen Personen, sondern war alleinstehend. Alleinstehend - iS des § 20 Abs 2 Satz 1 [X.] (dazu 4.) - ist, wer keiner Bedarfsgemeinschaft mit anderen hilfebedürftigen Personen angehört bzw allein für seine Person "eine Bedarfsgemeinschaft" bildet (BSG vom 17.7.2014 - [X.] [X.]/13 R - [X.], 200 = [X.] 4-4200 § 7 [X.], Rd[X.]7; zur Auslegung des § 20 Abs 2 [X.] mit Blick auf den Zweck der Zuweisung des Regelbedarfs vgl BSG vom 1.12.2016 - [X.] [X.] R - [X.] 4-4200 § 21 [X.]6 Rd[X.]6). Der Bedarfsgemeinschaft mit seiner Mutter gehörte der [X.]läger nach seinem Auszug nicht mehr an. Mit den Eheleuten [X.] bildete er nach seinem Einzug keine Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs 3 [X.] oder [X.], weil zu diesen keine [X.] bestand. Nach den Feststellungen des [X.] ergeben sich zudem keine Anhaltspunkte dafür, dass der [X.]läger im streitigen [X.]raum mit [X.] eine Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs 3 [X.] und [X.], [X.] bildete, weil danach beide in dieser [X.], die mit dem Einzug des [X.] in die Wohnung der Eheleute [X.] am [X.] begann, nicht als Partner und Partnerin in einem gemeinsamen Haushalt als Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft zusammenlebten (zu den Anforderungen an die Feststellung ihres Bestehens vgl BSG vom [X.] AS 34/12 R - [X.], 250 = [X.] 4-4200 § 7 [X.], Rd[X.]3 ff, [X.] [X.]/15 R - [X.] 4-4200 § 7 [X.] Rd[X.]5 ff).

4. Als Regelbedarf werden nach § 20 Abs 2 Satz 1 [X.] bei Personen, die alleinstehend sind, im streitigen [X.]raum von August bis Dezember 2013 monatlich 382 Euro und im Januar 2014 391 Euro anerkannt (Bekanntmachung über die Höhe der Regelbedarfe nach § 20 Absatz 5 des [X.] für die [X.] ab 1. Januar 2013 vom 18.10.2012, [X.]; Bekanntmachung über die Höhe der Regelbedarfe nach § 20 Absatz 5 des [X.] für die [X.] ab 1. Januar 2014 vom 16.10.2013, [X.] 3857).

Abweichend von § 20 Abs 2 Satz 1 ist nach § 20 Abs 3 [X.] bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und ohne Zusicherung des zuständigen kommunalen Trägers nach § 22 Abs 5 [X.] umziehen, bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres der in § 20 Abs 2 Satz 2 [X.] [X.] genannte, geringere Betrag als Regelbedarf anzuerkennen. Ob diese Abweichung vorliegend zulasten des [X.] eingreift, kann der [X.] auf der Grundlage der Feststellungen des [X.] nicht entscheiden (dazu 7.).

Anhaltspunkte für das Bestehen eines Mehrbedarfs (§ 21 [X.]) des [X.] lassen sich den Feststellungen des [X.] nicht entnehmen.

5. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden nach § 22 Abs 1 Satz 1 [X.] in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Dies setzt bei Mitnutzung einer Wohnung keine vertragliche Verpflichtung zur Tragung von Aufwendungen für diese voraus. Das im Rahmen des § 22 Abs 1 Satz 1 [X.] anzuwendende [X.]opfteilprinzip weist vielmehr bei der gemeinsamen Nutzung einer Wohnung durch mehrere Personen unabhängig von schuldrechtlichen Verpflichtungen jeder Person einen gleich hohen individuellen Bedarf zu, soweit nicht abweichende vertragliche Vereinbarungen bestehen oder sonst eine Abweichung vom [X.]opfteilprinzip anzuerkennen ist (BSG vom 14.2.2018 - [X.] AS 17/17 R - vorgesehen für [X.] und [X.] 4-4200 § 22, Rd[X.]3 ff).

Ob der [X.]läger Anspruch auf die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 Satz 1 [X.] in Höhe seines [X.]opfteils an den Aufwendungen für die Wohnung der Eheleute [X.] hat oder ob dem die abweichende Regelung des § 22 Abs 5 [X.] entgegensteht, kann der [X.] auf der Grundlage der Feststellungen des [X.] nicht entscheiden (dazu 7.).

Auf die Frage der Angemessenheit ggf anzuerkennender Aufwendungen des [X.] käme es vorliegend schon mangels [X.]ostensenkungsaufforderung nach § 22 Abs 1 Satz 3 [X.] nicht an.

6. Dass zu berücksichtigendes Einkommen oder Vermögen den Bedarfen des [X.] im streitigen [X.]raum entgegenstehen könnte, lässt sich den Feststellungen des [X.] nicht entnehmen. Vielmehr hat nach diesen der Beklagte mit seinen angefochtenen Bescheiden den von ihm für den [X.]läger anerkannten Regelbedarf nach § 20 Abs 2 Satz 2 [X.] [X.] in voller Höhe ohne Berücksichtigung von Einkommen oder Vermögen bewilligt.

7. Ob Ansprüchen des [X.] auf den Regelbedarf nach § 20 Abs 2 Satz 1 [X.] und auf anteilige Bedarfe für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 Satz 1 [X.] widerstreitet, dass er als Person, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte, ohne vorherige Zusicherung des kommunalen Trägers umgezogen ist, oder ob vorliegend die Einholung einer Zusicherung nach § 22 Abs 5 [X.] nicht erforderlich war, kann der [X.] auf der Grundlage der Feststellungen des [X.] nicht entscheiden.

a) § 22 Abs 5 [X.] bestimmt: Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die [X.] nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat (Satz 1). Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn 1. die oder der Betroffene aus schwerwiegenden [X.] Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann, 2. der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder 3. ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt (Satz 2). Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen (Satz 3). Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen (Satz 4).

b) Der [X.]läger ist als unter 25 Jahre alte volljährige erwerbsfähige leistungsberechtigte Person aus der bisherigen elterlichen Wohnung ausgezogen und mit seinem Einzug in die Wohnung der Eheleute [X.] in eine andere Unterkunft iS des § 22 Abs 5 Satz 1 [X.] umgezogen, ohne zuvor eine Zusicherung eingeholt zu haben. Es handelte sich um seinen erstmaligen Umzug, sodass es vorliegend nicht darauf ankommt, ob § 22 Abs 5 Satz 1 [X.] stets nur auf den erstmaligen Umzug (so [X.] in [X.], 6. Aufl 2017, § 22 Rd[X.]85 f; [X.] in [X.]/[X.], [X.], [X.] § 22 Rd[X.]65 f, 268, Stand 10/12; [X.] in Eicher/[X.], [X.], 4. Aufl 2017, § 22 Rd[X.]94 f) oder auch auf Folgeumzüge (so Piepenstock in jurisP[X.]-[X.], 4. Aufl 2015, § 22 Rd[X.]94) Anwendung zu finden vermag. Mit seinem Umzug hat der [X.]läger als Alleinstehender "eine Bedarfsgemeinschaft" neu begründet (zu diesem Aspekt eines Umzugs iS des § 22 Abs 5 Satz 1 [X.] vgl [X.], aaO, § 22 Rd[X.]02).

c) Das [X.] vor einem Umzug und die leistungsrechtlichen Folgen seiner Nichteinhaltung greifen nach § 22 Abs 5 Satz 1 [X.] nur dann, wenn eine Person, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, in eine Unterkunft umzieht, über die durch den jungen Erwachsenen vor dem Umzug ein Vertrag abgeschlossen wird (vgl [X.] in [X.], 6. Aufl 2017, § 22 Rd[X.]85, 191; [X.] in Eicher/[X.], [X.], 4. Aufl 2017, § 22 Rd[X.]03). Zwar kann eine Zusicherung nach § 22 Abs 5 [X.], anders als die nach § 22 Abs [X.], auch ohne ein konkretes Wohnungsangebot für eine zu beziehende Wohnung eingeholt werden (vgl [X.] in [X.]/[X.], [X.], [X.] § 22 Rd[X.]73, 275, Stand 10/12). Doch das Erfordernis der Zusicherung nach § 22 Abs 5 [X.] erfasst nur Umzüge in eine Unterkunft, über die vor dem Umzug ein Vertrag abgeschlossen wird. Allein ein Umzug löst nicht bereits das [X.] aus.

aa) Nach seinem Wortlaut setzt § 22 Abs 5 Satz 1 [X.] für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die [X.] nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres voraus, dass der kommunale Träger die Anerkennung "vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft" zugesichert hat. Hiernach bedarf es der Zusicherung nicht bei jedem Umzug, sondern nur vor einem Umzug in eine Unterkunft, über die ein Vertrag abgeschlossen wird.

bb) Der Sinn und Zweck des [X.]ses und der leistungsrechtlichen Folgen seiner Nichteinhaltung, wie er durch die Materialien zum Gesetz zur Änderung des [X.] und anderer Gesetze vom [X.] ([X.]) bestätigt wird, ergibt nichts Anderes.

Durch § 20 Abs 2a [X.] (als Vorläuferregelung zu § 20 Abs 3 [X.] in [X.] getreten am [X.]) und § 22 Abs 2a [X.] (als Vorläuferregelung zu § 22 Abs 5 [X.] in [X.] getreten am [X.]) sollte als Folgeregelung zur Einbeziehung von im Haushalt lebenden volljährigen [X.]indern, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, in eine Bedarfsgemeinschaft mit den Eltern oder einem Elternteil der Anreiz vermindert werden, auf [X.]osten der Allgemeinheit erstmalig eine eigene Wohnung bei gleichzeitigem Bezug der vollen Regelleistung (heute: Regelbedarf) zu beziehen. [X.]ünftig sollten diese Personen grundsätzlich vor Abschluss des Mietvertrags die Zustimmung des Leistungsträgers einholen müssen (Beschlussempfehlung und Bericht vom [X.], BT-Drucks 16/688 S 14; zu den Motiven des Gesetzgebers s auch [X.], info also 2006, 51, 52 ff: Begrenzung des kostenträchtigen Erstbezugs einer eigenen Wohnung; zur rechtstatsächlichen Ausgangslage vor der Neuregelung [X.], [X.] 2005, 413).

Diese Anknüpfung der Zusicherung nach § 22 Abs 5 Satz 1 [X.] an einen Vertrag ist auch sachgerecht, denn für sie spricht die Warnfunktion des beabsichtigten Vertragsschlusses über die neue Unterkunft. Bevor ein hilfebedürftiger junger Erwachsener rechtsverbindliche vertragliche Pflichten mit Blick auf nach einem Umzug zu tragende Aufwendungen für Unterkunft und Heizung für eine neue Unterkunft eingeht, besteht für diesen grundsätzlich Veranlassung, die künftige Anerkennung von Aufwendungen für Unterkunft und Heizung als Bedarfe nach § 22 Abs 1 Satz 1 [X.] durch den kommunalen Träger bei [X.] Hilfebedürftigkeit zu klären. Bei einem Umzug, der nicht mit der Eingehung vertraglicher Zahlungsverpflichtungen für die neue Unterkunft verbunden ist, kommt diese Warnfunktion nicht zum Tragen.

cc) Es besteht kein Anlass, das [X.] und damit auch die leistungsrechtlichen Folgen seiner Nichteinhaltung über den nach Wortlaut, Sinn und Zweck sowie Entstehungsgeschichte nur erfassten Fall des Umzugs in eine Unterkunft, über die vor dem Umzug ein Vertrag abgeschlossen wird, hinaus auf jegliche Umzüge von Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, anzuwenden. Dagegen spricht, dass bereits zum [X.] mit § 22 Abs 2a Satz [X.] (heute: § 22 Abs 5 Satz [X.]) eine Regelung zur Vermeidung einer Umgehung des [X.]ses eingeführt wurde (Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom [X.], [X.] 1706), die nicht auf die Einbeziehung jeglicher Umzüge zielt (zum Anwendungsbereich dieser Missbrauchsklausel vgl [X.] in Eicher/[X.], [X.], 4. Aufl 2017, § 22 Rd[X.]92, 216 ff).

Gegen die Anwendung des [X.]ses bei einem Umzug, der nicht mit dem Abschluss eines Vertrags über die Unterkunft verbunden ist, sprechen mit Blick auf die leistungsrechtlichen Folgen einer Nichteinhaltung des [X.]ses zudem verfassungsrechtliche Erwägungen. Die durch § 20 Abs 3 und § 22 Abs 5 [X.] vorgesehenen leistungsbegrenzenden Ausnahmeregelungen für junge Erwachsene sind wegen ihrer Strenge eng auszulegen, um deren von [X.] wegen zu schützende Belange zu wahren und ihnen eine grundsicherungsrechtlich folgenlose Auflösung des bisherigen gemeinsamen Haushalts mit den Eltern oder einem Elternteil nicht über das durch § 22 Abs 5 [X.] nach Wortlaut, Sinn und Zweck sowie Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift gebotene Maß hinaus zu erschweren (vgl BSG vom 14.3.2012 - [X.] AS 17/11 R - [X.] 110, 204 = [X.] 4-4200 § 9 [X.]0, RdNr 30; vgl auch [X.] in Eicher/[X.], [X.], 4. Aufl 2017, § 22 Rd[X.]90). Hieran ist nach dem Beschluss des [X.] vom [X.] (1 BvR 371/11 - [X.]E 142, 353 = [X.] 4-4200 § 9 [X.]5) festzuhalten.

Zwar hat das [X.] das - mit der [X.]beschwerde nicht angegriffen gewesene - [X.] des § 22 Abs 2a [X.] (heute: § 22 Abs 5 [X.]) bei seiner Entscheidung berücksichtigt, für zumutbar gehalten und als Einschränkung des Selbstbestimmungsrechts für zu rechtfertigen angesehen. Doch es hat dabei ausdrücklich nicht darüber entschieden, ob es verfassungsrechtlich zu rechtfertigen ist, Bedürftigen bei Auszug aus der Wohnung einer Bedarfsgemeinschaft ohne Zustimmung des Leistungsträgers weiter nur 80 % der existenzsichernden Regelleistung für Alleinstehende und keinerlei [X.]osten der Unterkunft und Heizung zu zahlen, obgleich der existenznotwendige Bedarf stets zu sichern ist ([X.] vom [X.] - 1 BvR 371/11 - [X.]E 142, 353 = [X.] 4-4200 § 9 [X.]5, RdNr 66 f). Die hierin anklingende verfassungsrechtliche Relevanz der leistungsrechtlichen Folgen einer Nichteinhaltung des [X.]ses streitet dafür, es in seiner Anwendung beschränkt zu lassen auf die Umzüge in eine Unterkunft, über die durch den Leistungsberechtigten vor dem Umzug ein Vertrag abgeschlossen wird.

d) Ausgehend von diesen rechtlichen Maßstäben kann der [X.] nicht beurteilen, ob der ohne vorherige Zusicherung erfolgte Umzug des [X.] dem [X.] nach § 22 Abs 5 [X.] unterlag. Es fehlen konkrete tatsächliche Feststellungen des [X.] dazu, ob der Umzug mit der Eingehung vertraglicher Verpflichtungen durch den [X.]läger zur Zahlung von Aufwendungen für seine neue Unterkunft verbunden war. Weder den Abschluss eines Vertrags durch den [X.]läger über die Unterkunft, der vor seinem Abschluss Anknüpfungspunkt für eine Entscheidung des kommunalen Trägers über die Zusicherung nach § 22 Abs 5 Satz 1 [X.] hätte sein können, noch das Fehlen eines Vertrags über die Unterkunft hat das [X.] konkret festgestellt. Dies wird das [X.] zu klären haben, das den Abschluss eines Vertrags vor dem Umzug ungeprüft gelassen hat.

Das [X.] wird auch über die [X.]osten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Meta

B 14 AS 21/17 R

25.04.2018

Bundessozialgericht 14. Senat

Urteil

Sachgebiet: AS

vorgehend SG Gelsenkirchen, 12. Dezember 2014, Az: S 40 AS 2392/13, Urteil

§ 22 Abs 1 S 1 SGB 2, § 22 Abs 5 S 1 SGB 2, § 20 Abs 3 SGB 2

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 25.04.2018, Az. B 14 AS 21/17 R (REWIS RS 2018, 10111)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 10111

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