Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.12.2015, Az. XII ZB 211/12

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 1403

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[X.]:[X.]:[X.]:2015:021215BXIIZB211.12.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII [X.]

vom

2. Dezember 2015

in der Familiensache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
FamFG § 117 Abs. 5; ZPO §§ 233 [X.], 234 Abs. 1 Satz 2
Der Anwalt hat durch geeignete Organisationsmaßnahmen sicherzustellen, dass bei ausbleibender Reaktion des Gerichts auf sein Fristverlängerungsge-such noch vor Ablauf der beantragten verlängerten Frist dort Nachfrage gehal-ten wird, ob und in welchem Umfang dem Antrag stattgegeben wurde. Kommt er dem nicht nach, wird die [X.] spätestens zu dem Zeitpunkt in Gang gesetzt, zu dem er eine klärende Antwort auf eine solche Nachfrage erhalten hätte (im [X.] an [X.] Beschluss vom 13.
Oktober 2011

VII
ZR
29/11
NJW 2012, 159; Abgrenzung zu Senatsbeschluss vom 28.
März 2001
XII
ZB
100/00
rsR 2002, 1045).
[X.], Beschluss vom 2. Dezember 2015 -
XII [X.] -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-

Der XII. Zivilsenat des [X.] hat am 2.
Dezember 2015 durch [X.], die Richterin [X.] und [X.]
Klinkhammer, Dr.
Nedden-Boeger und Guhling
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 33.
Zivilsenats

zugleich Familiensenat

des [X.]s [X.] vom 26.
März 2012 wird auf Kosten der Antragsgegnerin verworfen.
Wert: 11.975

Gründe:
I.
Die Antragsgegnerin wendet sich in einer Familienstreitsache gegen die Verwerfung ihrer Beschwerde wegen Versäumung der [X.]
und die Verweigerung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
In dem Verfahren wird die Antragsgegnerin vom Antragsteller, ihrem früheren Ehemann, auf [X.] nach rechtskräftig [X.] Ehe in Anspruch genommen. Die Antragsgegnerin begehrt mit ihrem Wi-derantrag die Zustimmung des Antragstellers zum Verkauf eines Grundstücks. Das Amtsgericht hat dem Antrag überwiegend stattgegeben und den [X.] zurückgewiesen. Gegen den ihr am 26.
Oktober 2011 zugestellten [X.] des Amtsgerichts hat die Antragsgegnerin am 22.
November 2011 Be-schwerde eingelegt.

1
2
-
3
-

Am 9. Dezember 2011 hat die Geschäftsstelle des [X.]s
der Antragsgegnerin den Eingang der Beschwerde bestätigt sowie fälschlich den 26.
November 2011 als Zustellungsdatum und den 26.
Januar 2012 als das Ende der [X.] bezeichnet. Die Beschwerdebegrün-dung ist beim [X.] am 18.
Januar 2012 eingegangen. Mit [X.] vom 16.
Februar 2012 hat das [X.] die Beteiligten darauf hingewiesen, dass bei [X.] Durchführung des Verfahrens mit erheblichen Kosten wegen eines
einzuholenden Sachverständigengutachtens zu rechnen sei. Deswegen werde der Abschluss eines Vergleichs empfohlen.
Mit Verfügung vom 9.
März
2012, die der Antragsgegnerin am 15.
März 2012
zugestellt worden ist, hat das [X.] darauf hingewiesen, dass die Beschwerde nicht rechtzeitig begründet worden und deshalb deren
Verwerfung beabsichtigt sei. Am 15.
März 2012 hat die Antragsgegnerin [X.] in den vorigen Stand beantragt. Ihre Verfahrensbevollmächtigte hat
anwaltlich versichert, sie
habe mit einem per Computerfax übermittelten
Schriftsatz vom 20.
Dezember 2011 die Verlängerung der [X.] um einen Monat beantragt. Den Schriftsatz sowie ein
Faxprotokoll, das einen "OK"-Vermerk
für die Versendung des Faxes
am 20.
Dezember 2011 ausweist, hat sie
beigefügt. Dieser Schriftsatz ist beim [X.] nicht eingegangen.
Das [X.] hat die Beschwerde der Antragsgegnerin unter Zurückweisung des [X.] verworfen. Hiergegen richtet sich ihre Rechtsbeschwerde.

3
4
5
-
4
-

II.
Die gemäß §§
117 Abs.
1 Satz
4
FamFG, 574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
1, 522 Abs.
1 Satz
4, 238 Abs.
2 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig,
weil die Voraussetzungen des §
574 Abs.
2 ZPO nicht erfüllt sind.
Der Sache kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu (§§
117 Abs.
1 Satz
4 FamFG, 574 Abs.
2 Nr.
1 ZPO), noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Siche-rung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] (§§
117 Abs.
1 Satz
4 FamFG, 574 Abs.
2 Nr.
2
Alt.
2 ZPO).
1. Das [X.] hat zur Begründung seiner Entscheidung aus-geführt: Die [X.] sei mit dem 27.
Dezember 2011 ab-gelaufen. Sie sei bei Eingang der Beschwerdebegründung am 18.
Januar 2012 daher bereits verstrichen
gewesen. Der Antragsgegnerin sei keine
Wiederein-setzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der [X.] zu gewähren, da der entsprechende Antrag nicht binnen der
Monats-frist der
§§
117 Abs.
5 FamFG, 234 Abs.
1 Satz
2 ZPO gestellt worden sei. Die Antragsgegnerin sei spätestens zwei bis drei Wochen nach Stellung des [X.] gehalten gewesen nachzufragen, ob die beantragte Fristver-längerung bewilligt worden sei. Auch wenn eine Erkundigungspflicht erst am Ende
der beantragten verlängerten Frist angenommen werde, hier also zum 27.
Januar 2012, sei die [X.] mit dem 27.
Februar 2012 ab-gelaufen. Der am 15.
März 2012 eingegangene Wiedereinsetzungsantrag sei daher verspätet.
2. Diese
Ausführungen
halten sich im Rahmen der Rechtsprechung des [X.] und lassen auch sonst keinen Zulassungsgrund erkennen.
a) Das [X.] hat zutreffend erkannt, dass die [X.] die Beschwerdebegründung erst nach dem Ende der mit dem 27.
Dezem-6
7
8
9
-
5
-

ber 2011 ablaufenden Zweimonatsfrist des §
117 Abs.
1 Satz
3 FamFG und damit verspätet eingereicht hat (vgl. Senatsbeschluss vom 22.
Juli 2015

XII
ZB
583/14
Z 2015, 1878 Rn.
10).
b) Auch die Entscheidung des [X.]s, der Antragsgegnerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Verschuldens ihrer Rechtsan-wältin zu versagen, steht mit der Rechtsprechung des [X.]
in Einklang.
aa) Ein Rechtsanwalt darf auf die Gewährung einer
beantragten Fristver-längerung nicht so lange vertrauen, wie er keine anders lautende Nachricht vom Gericht erhält ([X.] Beschluss vom 24.
November 2009

VI
ZB
69/08

FamRZ 2010, 370 Rn.
9). Er hat vielmehr durch geeignete Organisationsmaßnahmen sicherzustellen, dass bei ausbleibender Reaktion des Gerichts auf sein Fristver-längerungsgesuch noch vor Ablauf der beantragten verlängerten Frist dort Nachfrage gehalten wird, ob und in welchem Umfang dem Antrag stattgegeben wurde ([X.]
Beschluss vom 16.
Oktober 2014

VII
ZB
15/14

NJW-RR 2015, 700 Rn.
12 mwN). Kommt der Rechtsanwalt dem nicht nach, wird die Monats-frist des
§
234 Abs.
1 Satz
2 ZPO spätestens zu dem Zeitpunkt in [X.], zu dem er eine klärende Antwort auf eine solche Nachfrage erhalten [X.]. Denn die [X.] beginnt, sobald die [X.] oder ihr Pro-zessbevollmächtigter erkannt hat oder bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt hätte erkennen können, dass die Begründungsfrist versäumt worden ist ([X.] Beschluss vom 13.
Oktober 2011

VII
ZR
29/11

NJW 2012, 159 Rn.
9
mwN).
Soweit dem Senatsbeschluss vom 28.
März 2001
(XII
ZB
100/00

VersR 2002, 1045, 1046)
im Hinblick auf die

dort verneinte

Erforderlichkeit, sich über den Eingang eines Fristverlängerungsantrags bei Gericht zu erkundigen, eine ab-weichende Auffassung entnommen werden kann, hält der Senat an diesen, die seinerzeitige Entscheidung ohnehin nicht tragenden, Ausführungen nicht fest.
10
11
-
6
-

bb)
Dem Rechtsanwalt wäre es allerdings nicht anzulasten, wenn seine irrige Rechtsauffassung über den Fristablauf vom Gericht veranlasst und hier-durch ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden
wäre. Voraussetzung [X.] ist aber, dass die zur Fristversäumung führende Fehlvorstellung
des [X.] unmittelbar durch unzutreffende gerichtliche Hinweise verursacht wurde (vgl. BVerfG
NJW 2004, 2887, 2888). Im Übrigen
gilt
auch insoweit, dass der Rechtsanwalt sich auf eine unzutreffende Rechtsauskunft des Gerichts nicht ohne weiteres verlassen darf, sondern verpflichtet ist, die sich bei der [X.] stellenden Rechtsfragen
in eigener Verantwortung zu überprüfen. Dementsprechend schließen selbst ursächliche Gerichtsfehler im Allgemeinen ein anwaltliches Verschulden nicht aus
(Senatsurteil vom 15.
Dezember 2010

XII
ZR
27/09

FamRZ 2011, 362 Rn.
30 mwN).
cc) Nach diesen Maßgaben begegnet es keinen
rechtlichen Bedenken, dass das [X.] angenommen hat, der am 15.
März 2012 gestellte Wiedereinsetzungsantrag sei nach §§
117 Abs.
5 FamFG, 234 Abs.
1 Satz
2 ZPO verspätet gestellt.
(1) Dabei kann offen
bleiben, ob die Verfahrensbevollmächtigte der An-tragsgegnerin

wie das [X.] meint

spätestens zwei bis drei [X.] nach Stellung des Verlängerungsantrags gehalten war nachzufragen, ob die beantragte Fristverlängerung bewilligt wurde. Sie hätte

wie das
Oberlan-desgericht zutreffend ausführt

jedenfalls spätestens
zum
27.
Januar 2012, dem letzten Tag der von ihr beantragten verlängerten Frist, beim [X.] Nachfrage halten müssen, ob und in welchem Umfang ihrem [X.] stattgegeben wurde.
Das [X.] hat zwar keine ausdrücklichen Feststellungen dazu getroffen, wann die Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin eine klärende Antwort auf eine solche Nachfrage erhalten hätte. Es hat diesen Um-12
13
14
15
-
7
-

stand aber für
entscheidungserheblich gehalten und ist ersichtlich davon aus-gegangen, dass die Auskunft jedenfalls vor dem 15.
Februar 2012 erteilt [X.] wäre. Dagegen ist nichts zu erinnern.
(2) Soweit die Rechtsbeschwerde geltend macht, eine Nachfragepflicht habe
vorliegend nicht bestanden,
weil das [X.] durch seine Hin-weise bei der Antragsgegnerin eine Fehlvorstellung in Bezug auf den Ablauf der [X.] hervorgerufen und damit einen [X.] begründet habe, vermag sie damit nicht durchzudringen.
Die zweimonatige [X.] des §
117 Abs.
1 Satz
3 FamFG lief mit dem
27.
Dezember 2011 ab und nicht

wie von der Geschäfts-stelle des [X.]s mitgeteilt

mit dem
26.
Januar 2012.
Diesen [X.] hätte die Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin bei einer [X.] bemerken müssen, zumal auch das in der Verfügung angegebene Zustel-lungsdatum unzutreffend war (26.
November 2011, statt richtig: 26.
Oktober 2011). Zur eigenverantwortlichen Überprüfung der Frist
bestand
jedenfalls An-lass, als der
Verfahrensbevollmächtigten
die Akte
im Rahmen einer fristgebun-denen Verfahrenshandlung

hier des Antrags auf Verlängerung der Beschwer-debegründungsfrist

vorgelegt wurde
(vgl. Senatsbeschluss vom 15.
Januar 2014

XII
ZB
431/13
NJW-RR 2014, 697 Rn.
8).
16
17
-
8
-

Der Hinweisbeschluss vom 16.
Februar 2012 konnte eine Fehlvorstellung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin, dass die nach ihrem [X.] beantragte Fristverlängerung gewährt worden sei, bereits deshalb nicht hervorrufen, weil sich diese Verfügung zur Frage des [X.] bzw. möglicher gewährter Fristverlängerung nicht verhält.

Dose

[X.]

Klinkhammer

Nedden-Boeger

Guhling
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 21.10.2011 -
1 [X.]/10 -

OLG [X.], Entscheidung vom 26.03.2012 -
33 UF 2143/11 -

18

Meta

XII ZB 211/12

02.12.2015

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.12.2015, Az. XII ZB 211/12 (REWIS RS 2015, 1403)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 1403

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