Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.06.2014, Az. XII ZB 134/13

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 4578

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII [X.] 134/13

vom

25. Juni 2014

in der Familiensache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
FamFG §
117 Abs.
1 Satz
1
Zum notwendigen Inhalt einer Beschwerdebegründung in Ehe-
und Familienstreitsa-chen.
[X.], Beschluss vom 25. Juni 2014 -
XII [X.] 134/13 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am 25.
Juni 2014 durch den Vorsitzenden Richter
Dose
und [X.], Dr.
Günter,
[X.] und Dr. Botur

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den
Beschluss des 7.
Zivilsenats

4.
Senat für Familiensachen

des [X.]s [X.]
vom 7.
Februar
2013
wird auf Kosten der Antragstellerin verwor-fen.
[X.]: 9.792

Gründe:
I.
Die Antragstellerin wendet
sich mit der Rechtsbeschwerde gegen die Verwerfung ihrer Beschwerde.
Das Amtsgericht hat die Ehe der Antragstellerin und des Antragsgegners geschieden
und
den Versorgungsausgleich durchgeführt.
Zudem hat es im We-ge der Säumnisentscheidung die
zum Verhandlungstermin nicht erschienene Antragstellerin zur Zahlung von Ehegattenunterhalt
verpflichtet
und deren [X.] auf güterrechtlichen Ausgleich zurückgewiesen. Die Entscheidung ist
dem
früheren Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin am 6.
August 2012 zugestellt worden.
Dieser hatte bereits mit Schreiben vom 10.
April 2012
ge-genüber dem Amtsgericht angezeigt, dass er die Antragstellerin nicht mehr [X.].
1
2
-
3
-
Mit einem am 21.
August 2012 beim Amtsgericht eingegangenen Schrift-satz hat der neue Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin Beschwerde und Einspruch gegen die Entscheidung vom
26.
Juli 2012 eingelegt.
Nachdem die Antragstellerin auf die Verfristung ihres Einspruchs gegen den Teilversäumnisbeschluss hingewiesen worden ist, hat ihr Verfahrensbe-vollmächtigter
am 30.
August 2012 die mit dem Verfahren befasste [X.] wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt
und vorsorglich Wiedereinset-zung in die versäumte Einspruchsfrist beantragt.
Mit Beschluss vom
7.
Dezem-ber 2012 ist dem Ablehnungsgesuch der Antragstellerin stattgegeben worden. Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 9.
Januar 2013 den
Antrag der Antrag-stellerin auf Wiedereinsetzung in die Einspruchsfrist zurückgewiesen und den Einspruch gegen den Teilversäumnisbeschluss als unzulässig verworfen.
[X.] diesen Beschluss hat die Antragstellerin Beschwerde eingelegt und diese hinsichtlich der Folgesachen nachehelicher Unterhalt und Zugewinnausgleich begründet.

Das [X.] hat die gegen die Entscheidung zum Schei-dungsausspruch und zum Versorgungsausgleich gerichtete Beschwerde [X.]. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der
Antragstellerin.

II.
Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§
111
Nr.
1, 121 Nr.
1, 117 Abs.
1 Satz
4
FamFG
i.[X.]. §
522 Abs.
1 Satz
4, 574 Abs.
1 Nr.
1 ZPO
statthaft. Sie ist jedoch nicht zulässig, weil es an den Voraussetzungen des §
574 Abs.
2 ZPO fehlt. Eine Entscheidung des [X.] ist entgegen der 3
4
5
6
7
-
4
-
Auffassung der Antragstellerin nicht
zur Sicherung einer einheitlichen Recht-sprechung erforderlich.
2. Das [X.] hat die Beschwerde der Antragstellerin zu Recht als unzulässig verworfen, weil das Rechtsmittel nicht innerhalb der Frist des §
117 Abs.
1 Satz
3
FamFG begründet worden ist.
a)
Der
Antragstellerin
ist
die angegriffene Entscheidung
am 6.
August
2012 wirksam zugestellt
worden. [X.] ist dabei, dass die Zustellung an den ehemaligen Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin erfolgt ist, ob-wohl dieser bereits
am 10.
April 2012 gegenüber dem Amtsgericht angezeigt
hatte, dass er die Antragstellerin nicht mehr vertritt.
Gemäß §
113 Abs.
1 Satz
2 ZPO i.[X.]. §
87 Abs.
1 ZPO
konnte die Entscheidung an ihn wirksam zugestellt werden, weil sich erst mit der am 21.
August 2012 bei Gericht eingegangenen Einspruchsschrift ein
neuer
Rechtsanwalt für
die Antragstellerin gemeldet
hat.
Die zweimonatige [X.] des §
117 Abs.
1 Satz
3 FamFG lief damit am Montag, dem
8.
Oktober
2012 ab (§
113 Abs.
1 Satz
2
FamFG i.[X.].
§
222 Abs.
2 ZPO). Eine
Beschwerdebegründung ist jedoch erst auf den Hinweis des [X.]s am 6.
Februar
2013
dort
eingegangen.
b) Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der [X.] kommt nicht in Betracht. Die Antragstellerin hat dies weder nach §
113 Abs.
1 Satz
2 FamFG i.[X.]. §
236 Abs.
1 ZPO [X.], noch kann die Wiedereinsetzung nach §
113 Abs.
1 Satz
2 FamFG i.[X.]. §
236 Abs.
2 Satz
2 Halbsatz
2 ZPO von Amts wegen erfolgen. Die Antragstel-lerin hat die [X.] nicht unverschuldet versäumt.
Soweit die Rechtsbeschwerde hierzu die Auffassung vertritt, die Antrag-stellerin habe die [X.] nicht schuldhaft versäumt, weil 8
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12
-
5
-
das Amtsgericht den Schriftsatz vom 30.
August 2012 als Beschwerdebegrün-dung hätte ansehen müssen und deshalb die Begründungsfrist eingehalten worden wäre, wenn das Amtsgericht seiner Verpflichtung, diesen Schriftsatz im Rahmen des ordentlichen Geschäftsgangs an das Beschwerdegericht weiterzu-leiten, nachgekommen wäre, kann dem nicht gefolgt werden.
aa) Zwar geht die Rechtsbeschwerde im Ansatz zutreffend davon aus, dass das erstinstanzliche Gericht grundsätzlich verpflichtet ist, eine entgegen §
117 Abs.
1 Satz
2 FamFG bei ihm eingegangene fristgebundene Beschwer-debegründung in einer Familienstreitsache im ordentlichen Geschäftsgang an das Rechtsmittelgericht weiterzuleiten (Senatsbeschluss vom 15.
Juni 2011

XII
[X.]
468/10
FamRZ 2011, 1389 Rn.
12). Dies folgt aus dem verfassungs-rechtlichen Anspruch des Rechtsuchenden auf ein faires Verfahren (Art.
2 Abs.
1 GG i.[X.]. dem Rechtsstaatsprinzip). Geht der Schriftsatz so zeitig ein, dass die fristgerechte Weiterleitung an das Rechtsmittelgericht im ordentlichen Geschäftsgang ohne weiteres
erwartet werden kann, darf die [X.] darauf ver-trauen, dass der Schriftsatz noch rechtzeitig beim Rechtsmittelgericht eingeht. Geschieht dies tatsächlich nicht, wirkt sich das Verschulden der [X.] oder ih-rer Verfahrensbevollmächtigten nicht mehr aus, so dass ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist (Senatsbeschluss vom 23.
Mai 2012

XII
[X.]
375/11
Z 2012, 1205 Rn.
26 mwN).
[X.]) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde konnte
der Schrift-satz vom 30.
August 2012 jedoch nicht als Beschwerdebegründung i.S.v. §
117 Abs.
1 Satz
1 FamFG verstanden werden.
(1) Nach §
117 Abs.
1 Satz
1 FamFG hat der Beschwerdeführer in Ehe-sachen und Familienstreitsachen zur Begründung der Beschwerde einen be-stimmten Sachantrag zu stellen und diesen zu begründen. Der Beschwerdefüh-13
14
15
-
6
-
rer muss demnach in der Beschwerdebegründung darlegen, in welchem [X.] er die erstinstanzliche Entscheidung angreifen will und wie
er den [X.] begründet. Da §
117 FamFG keine speziellen Regelungen zum Inhalt der [X.] beinhaltet, beurteilt es sich nach den allgemeinen Grundsätzen, ob ein Beschwerdeantrag hinreichend bestimmt und ausreichend begründet ist. Deshalb können für den notwendigen Inhalt der [X.] im Wesentlichen die Anforderungen
herangezogen werden, die für eine Berufungsbegründung nach §
520 Abs.
3 Satz
2 ZPO gelten, auch wenn §
117 Abs.
1 Satz
4 FamFG nicht auf §
520 Abs.
3 ZPO verweist (Senatsbe-schluss vom 23.
Mai 2012

XII
[X.]
375/11
amRZ 2012, 1205 Rn.
13 mwN).
Gemäß §
520 Abs.
3 Satz
2 Nr.
1 ZPO muss die Berufungsbegründung die Erklärung beinhalten, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen
des Urteils beantragt werden. Nach der Rechtsprechung des [X.] erfordert der Zweck des §
520 Abs.
3 Satz
2 Nr.
1 ZPO zwar nicht zwingend einen förmlichen Sachantrag. Durch die Vorschrift soll der Berufungskläger aber im Interesse der Beschleunigung des Berufungsverfah-rens dazu angehalten werden, sich eindeutig über Umfang und Ziel seines Rechtsmittels zu erklären und das Berufungsgericht sowie den Prozessgegner über Umfang und Inhalt seiner [X.]e möglichst schnell und zuverlässig ins Bild zu setzen. Daher reicht es aus, wenn die innerhalb der Begründungsfrist eingereichten Schriftsätze des Berufungsklägers ihrem gesamten Inhalt nach eindeutig ergeben, in welchem Umfang und mit welchem Ziel das Urteil ange-fochten werden soll (vgl. [X.] Urteil vom 22.
März 2006

VIII
ZR
212/04
NJW 2006, 2705 Rn.
8 mwN; vgl. auch Senatsbeschluss vom 15.
Oktober 2003

XII
[X.]
103/02
Z 2004, 179, 180 zu §
519 Abs.
3 Nr.
1 ZPO aF).
Danach sind die Anforderungen, die §
117 Abs.
1 Satz
1 FamFG an ei-nen "bestimmten Sachantrag"
stellt, erfüllt, wenn die Beschwerdebegründung 16
17
-
7
-
erkennen lässt, in welchem Umfang
der angegriffene Beschluss abgeändert werden soll (Senatsbeschluss vom 23.
Mai 2012

XII
[X.]
375/11
FamRZ 2012, 1205 Rn.
15).
(2) Gemessen an diesen Anforderungen genügt der Schriftsatz des Ver-fahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin vom 30.
August 2012 nicht den formalen Anforderungen des §
117 Abs.
1 Satz
1 FamFG an einen Beschwer-deantrag. Dem Schriftsatz lassen sich weder Umfang noch
Ziel der Beschwerde hinreichend bestimmt entnehmen.
Die am 21.
August 2012 von der Antragstellerin eingelegte Beschwerde ist nur statthaft, soweit die Entscheidung nicht auf der Säumnis beruht. Dies betrifft lediglich den Scheidungsausspruch und die Regelung des [X.]. Hierzu verhält sich der Schriftsatz der Antragstellerin vom 30.
Au-gust 2012 indes nicht.
Mit diesem an das Amtsgericht adressierten Schriftsatz lehnt die Antrag-stellerin

wie sich bereits aus dem Einleitungssatz ergibt

nur die erstinstanz-lich mit dem Verfahren befasste Amtsrichterin wegen Besorgnis der Befangen-heit ab. Der Inhalt des
Schriftsatzes beschränkt sich darauf, das [X.] zu begründen. Als Umstand, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit der Richterin zu rechtfertigen, beruft sich die Antragstellerin auf deren Weigerung, den Termin zur mündlichen Verhandlung zu verlegen, ob-wohl der Richterin bekannt gewesen sei, dass der frühere Verfahrensbevoll-mächtigte der Antragstellerin sein Mandat niedergelegt hatte. Zudem vertritt die Antragstellerin in dem Schriftsatz die Auffassung, sie habe aufgrund der abge-lehnten Terminsverlegung den Verhandlungstermin nicht schuldhaft versäumt und der Teilversäumnisbeschluss sei daher aufzuheben.

18
19
20
-
8
-
Insgesamt wendet sich die Antragstellerin mit diesem Schriftsatz, der er-kennbar eine Reaktion auf die gerichtliche Mitteilung vom 22.
August 2012 dar-stellt, mit dem die Antragstellerin auf die Verfristung ihres Einspruchs hingewie-sen worden war, nur gegen den amtsgerichtlichen Beschluss, soweit er auf-grund der Säumnis der Antragstellerin im Verhandlungstermin ergangen ist. Auch
ihr Befangenheitsantrag zielt letztlich allein auf eine Korrektur der Säum-nisentscheidung ab. Hingegen lassen sich dem Schriftsatz keinerlei Anhalts-punkte dafür entnehmen, inwieweit die Antragstellerin den [X.] oder die Entscheidung über den Versorgungsausgleich für fehlerhaft hält und in welchem Umfang sie insoweit eine Abänderung des Beschlusses errei-chen will.
Daran ändert auch nichts, dass die Antragstellerin in dem Schriftsatz rügt, sie hätte zu den [X.] persönlich gehört werden müssen. Soweit hierin die Rüge eines Verstoßes gegen Art.
103 Abs.
1 GG zu sehen sein sollte, ist dieser Vortrag ausschließlich in den Zusammenhang mit der Begründung des [X.] gestellt. Die Ausführungen lassen nicht erkennen,
dass die Antragstellerin hinsichtlich des [X.] oder der Entscheidung über den Versorgungsausgleich eine entsprechende Verfahrensrüge erheben will.
Da sich dem Schriftsatz vom 30.
August 2012 somit weder Umfang noch Ziel der Beschwerde entnehmen lassen, sind entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde die Anforderungen, die §
117 Abs.
1 Satz
1 FamFG an den Inhalt der Beschwerdebegründung stellt, nicht erfüllt. Deshalb kann das Ableh-nungsgesuch
entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde auch nicht
in
entsprechender Anwendung des §
140 BGB in eine Beschwerdebegrün-
dung umgedeutet werden (vgl. dazu Senatsurteil vom 6.
Dezember 2000

XII
ZR
219/98

NJW 2001, 1217, 1218 mwN). Das Amtsgericht war deshalb 21
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9
-
nicht gehalten, diesen Schriftsatz
als Beschwerdebegründung an das Be-schwerdegericht weiterzuleiten. Andere Gründe, die die Versäumung der [X.]sfrist entschuldigen könnten, hat die Antragstellerin nicht vorgetragen.

Dose

Schilling

Günter

Nedden-Boeger

Botur
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 26.07.2012 -
16 [X.]/03 -

OLG [X.], Entscheidung vom 07.02.2013 -
7 UF 855/12 -

Meta

XII ZB 134/13

25.06.2014

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.06.2014, Az. XII ZB 134/13 (REWIS RS 2014, 4578)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 4578

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XII ZB 134/13

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