Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.12.2008, Az. 2 StR 479/08

2. Strafsenat | REWIS RS 2008, 246

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[X.]/08 vom 12. Dezember 2008 in der Strafsache gegen wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u. a. - 2 - Der 2. Strafsenat des [X.] hat auf Antrag des Generalbundes-anwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 12. Dezember 2008 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen: 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 3. Juni 2008, soweit es ihn betrifft, im [X.] über den Verfall von [X.] mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere [X.] des [X.]. 3. Die weitergehende Revision wird verworfen. Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von [X.] in nicht geringer Menge in 20 Fällen, jeweils in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, we-gen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln sowie wegen tateinheitlich begangener Ausübung der tatsächlichen Gewalt über eine Schusswaffe und eine verbotene Waffe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen. Es hat seine Unterbringung in einer Entzie-hungsanstalt bei [X.] eines Teils der Strafe angeordnet. Ferner hat es auf den Verfall von [X.] in Höhe von 246.430 Euro erkannt. 1 - 3 - Hiergegen richtet sich die auf Verfahrensrügen und die Sachrüge ge-stützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat in dem aus der [X.] ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. 2 1. Die [X.] (§ 338 Nr. 3 StPO) greifen nicht durch. Das gilt auch für das am 6. Mai 2008 von Rechtsanwalt M. -M. gestellte [X.]. 3 a) Dem liegt folgendes Verfahrensgeschehen zu Grunde: Im [X.] am 6. Mai 2008 ist der Zeuge U. vernommen worden. Zu Beginn haben die Verteidiger des Angeklagten angeregt, den Zeugen gemäß § 55 StPO zu belehren. Nach dem Vortrag der Revision ist der Vorsitzende dem nicht sofort nachgekommen. Nach einem Disput über die Form des dieserhalb angekündigten [X.] hat Rechtsanwalt M. -M. mündlich einen Ablehnungsantrag gegen den Vorsitzenden der erkennenden [X.] gestellt. Unter dessen Mitwirkung hat die Kammer das Ablehnungsgesuch am 19. Mai 2008 als unzulässig verworfen, weil es ohne Rücksprache mit dem Angeklagten angebracht worden sei. 4 b) Das [X.] hat das Ablehnungsgesuch des Angeklagten im Er-gebnis zu Recht verworfen. Dabei kann hier offen bleiben, ob die Kammer den Antrag unter Mitwirkung des abgelehnten Vorsitzenden mit Recht als unzulässig behandelt hat. 5 aa) Zwar ist in Fällen, in denen das Gericht über ein Ablehnungsgesuch in falscher Besetzung entschieden hat und dadurch das Recht auf den gesetzli-chen [X.] nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt worden ist, allein deswe-gen der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 3 StPO gegeben ([X.] NJW 2005, 3410, 3413 f.; StraFo 2006, 232, 236; [X.]St 50, 216, 219; NStZ 2007, 6 - 4 - 161, 162). Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. Denn ein Verstoß gegen die Zuständigkeitsregelungen der §§ 26 a, 27 StPO führt nicht stets, sondern nur dann zu einer Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, wenn die Vorschriften willkürlich angewendet werden, der abgelehnte [X.] sich mithin zum "[X.] in eigener Sache" macht, oder die richterliche Entscheidung die Bedeutung und Tragweite der Verfassungsgarantie verkennt. Dagegen liegt bei einer "nur" schlicht fehlerhaften Anwendung der Zuständigkeitsvorschriften ein Verfas-sungsverstoß nicht vor (vgl. [X.] aaO). Erfolgt wie hier die Verwerfung allein aus formalen Erwägungen, wurden die Ablehnungsgründe aber nicht inhaltlich geprüft, ist daher danach zu diffe-renzieren, ob die Entscheidung des Gerichts auf einer groben Missachtung oder Fehlanwendung des Rechts beruht, ob also Auslegung und Handhabung der Verwerfungsgründe offensichtlich unhaltbar oder aber lediglich schlicht [X.] sind ([X.]St 50, 216, 219 f.). In letzterem Fall entscheidet das Revisi-onsgericht nach [X.] sachlich über die Besorgnis der Be-fangenheit ([X.], 161, 162; NStZ-RR 2008, 246, 247; Beschl. vom 27. August 2008 - 2 [X.]). 7 [X.]) Eine grob fehlerhafte Bedeutung und Tragweite von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verkennende Anwendung des Befangenheitsrechts lag hier nicht vor. Dabei lässt der Senat dahinstehen, ob die Begründung des [X.]s zutrifft; jedenfalls ist sie nicht willkürlich. Nach dem vorgetragenen Verfahrens-ablauf schloss sich - wie die Kammer in dem Verwerfungsbeschluss näher aus-führt - der Befangenheitsantrag unmittelbar einem Disput mit dem Vorsitzenden an. Eine vorherige Kontaktaufnahme mit dem Angeklagten sei "erkennbar nicht erfolgt". Auch wenn in der Regel anzunehmen ist, dass der Verteidiger ein Ab-lehnungsgesuch im Namen des Angeklagten anbringt ([X.] 8 - 5 - 51. Aufl. § 24 Rdn. 20), kann die Begründung der [X.] hier nach dem Verfahrensablauf nicht als willkürlich bezeichnet werden. Die dem Senat damit eröffnete Prüfung des [X.] nach [X.] ergibt keine die Besorgnis der Befangenheit rechtferti-gende Einstellung des abgelehnten [X.]s. Über die Frage, wann ein Zeuge gemäß § 55 Abs. 2 StPO zu belehren ist, entscheidet - jedenfalls zunächst - der Vorsitzende im Rahmen der ihm gemäß § 238 Abs. 1 StPO obliegenden Sach-leitung nach pflichtgemäßem Ermessen; derartige Maßnahmen vermögen grundsätzlich nicht die Besorgnis der Befangenheit gemäß § 24 Abs. 2 StPO zu begründen (vgl. [X.] aaO § 24 [X.] f.; § 55 Rn. 14 f.; § 238 Rdn. 5); für ein sachwidriges Hinauszögern der Belehrung gibt der [X.] schon deshalb nichts her, weil er eine gegen den Zeugen bestehende Verdachtslage nicht vorträgt. 9 Die Weigerung des Vorsitzenden, die mündlich vorgetragenen Ableh-nungsgründe in das [X.] aufzunehmen, entspricht der Rechtslage; gemäß § 273 Abs. 1 StPO wird bei einem mündlich in der [X.] gestellten Ablehnungsgesuch lediglich der Antrag protokolliert ([X.] StPO 6. Aufl. § 24 Rdn. 2). 10 2. Die Anordnung des [X.]verfalls in Höhe von 246.430 Euro hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. 11 Hierzu hat der [X.] in seiner Antragsschrift vom 21. Oktober 2008 ausgeführt: 12 "Die Nichtanwendung der Härtevorschrift des § 73 c StGB indessen ist nicht nachvollziehbar begründet. Zwar hat die Kammer die Höhe des [X.] im Sinne des § 73 a StGB rechtsfehlerfrei festgestellt. Das Gericht kommt 13 - 6 - außerdem in nicht zu beanstandender Weise zu dem Ergebnis, dass von dem [X.] nur noch der PKW [X.] vorhanden ist ([X.]), so dass es zu Recht geprüft hat, ob die Anordnung nach § 73 c Abs. 1 StGB unterbleiben konnte. Indessen ermöglichen die Urteilsgründe nicht die revisionsgerichtliche Überprüfung, ob das [X.] den Begriff der unbilligen Härte nach § 73 c Abs. 1 Satz 1 StGB richtig angewandt und sein Ermessen nach § 73 c Abs. 1 Satz 2 StGB fehlerfrei ausgeübt hat. Der Angeklagte verfügte vor seiner Fest-nahme über ein Nettoeinkommen von 690 Euro ([X.]). Soweit aus den Feststellungen im Urteil ersichtlich, waren außer dem PKW keine [X.] vorhanden. Der Angeklagte gewärtigt die Verbüßung einer langjährigen Freiheitsstrafe. Angesichts dessen dürfte sich seine Vermögenslage in [X.] nicht verbessern, jedenfalls aber verhält sich das Urteil dazu nicht. Bei dieser Sachlage kommt es entscheidend darauf an, wie sich die Anordnung konkret auf sein Vermögen auswirkt. Dazu enthält das Urteil keine Feststellun-gen (vgl. [X.]R StGB § 73 c Härte 3). Auch hat das [X.] nicht in seine Erwägung einbezogen, ob eine Zahlungsverpflichtung von über 246.000 Euro im konkreten Fall möglicherweise die Resozialisierung nach einer [X.] erschwert ([X.], 75)." - 7 - Dem tritt der Senat bei, weil er nicht ausschließen kann, dass der [X.] bei [X.] Ermessensausübung nicht auf den vollen Verfalls-betrag erkannt hätte (vgl. auch [X.], Urteil vom 2. Oktober 2008 - 4 [X.]). 14 Rissing-van Saan [X.] Roggenbuck Cierniak

Meta

2 StR 479/08

12.12.2008

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.12.2008, Az. 2 StR 479/08 (REWIS RS 2008, 246)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 246

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